tag 27 > yellowstone (di 07.06.2016)
Für heute stehen Geysire auf dem Programm. Wir nehmen dazu den weiteren Weg über das Hayden Valley. Dort steht am linken Strassenrand ein Wapiti beim Äsen. Reiner hält an und ich steige aus, um ihn zu fotografieren. Er nimmt keinerlei Notiz von mir. Ich will einen besseren Winkel, also mache ich noch ein paar Schritte auf ihn zu. Auf halber Strasse ruft Reiner mir zu, dass ich nicht näher rangehen soll. Da wird mir bewusst, welche Dummheit ich eben begehen will und bereits getan habe. Noch gestern habe ich mich so über die Unvernunft der Leute geärgert, die den Tieren auf die Pelle rücken und ich mache genau dasselbe. Sofort trete ich den Rückzug an und steige in das Auto ein. Zwar war die Situation keinen Augenblick lang brenzlig, aber man weiss ja nie, wie so ein Tier reagiert, wenn es sich bedroht fühlt.
Auf der Weiterfahrt begegnen wir einigen Gänsen und Trompetenschwänen. Um 7:53 Uhr sind wir beim Old Faithful. Als erstes möchten wir ins Visitor Center die Ausbruchszeiten der Geysire checken, doch dieses hat noch geschlossen. Es gibt einen handgeschriebenen Aushang der besagt, dass der Ausbruch des Old Faithful um 8:04 Uhr stattfinden soll. Das ist ja mal ein Timing!
Halbkreisförmig um den Old Faithful sind von West über Süd bis Ost Holzbänke in zwei Reihen angebracht. Wir entscheiden uns für die Südseite, damit die Sonne von rechts in den Geysir scheinen wird. Ausser uns sind nur relativ wenig Leute vor Ort. Ich schätze, rund ein Viertel der Bänke sind besetzt. "Der Getreue" verspätet sich um rund zehn Minuten, dann stösst er erst etwas Dampf aus und ein paar kleinere Spritzer, um kurze Zeit später in die Höhe zu schiessen. Das Spektakel dauert ein paar Minuten, dann zieht sich der Wasserstrahl wieder zurück.
Inzwischen hat das Visitor Center geöffnet, welchem wir einen Besuch abstatten. Kaum sind wir da, kommt per Lautsprecher die Durchsage, dass gleich der Beehive Geysere ausbrechen werde. Wir werfen zur Orientierung einen kurzen Blick auf die Tafel und folgen den Leuten zum "Bienenstock". Wir schaffen es nicht ganz bis hin, da schiesst die Fontäne bereits in die Luft. Dieser kleine Geysir gefällt mir fast besser, als der Old Faithful, weil er einen höheren Druck hat. Obwohl wir uns am Durchgangsweg platzieren, sind die Leute, die vorbeigehen extrem rücksichtsvoll. Sie ducken sich unter der Kamera durch, um nicht ins Bild zu laufen.
Nun ist aber Zeit für ein Frühstück, welches wir in der Cafeteria der Old Faithful Lodge zu uns nehmen wollen. Doch diese hat noch geschlossen, also gibt es eine viel zu süsse heisse Schokolade und ein Sandwich in der Lobby. Wir holen die abgebrochene Besichtigung des Visitor Centers nach und notieren uns die Ausbruchszeiten der anderen Geysire. Da inzwischen bereits der nächste Ausbruch des Old Faithful ansteht, setzen wir uns neben einen jungen Mann auf der Ostseite. Diesmal sind die Bänke bereits ganz gut gefüllt. Mein Sitznachbar fragt mich, wann der Ausbruch stattfindet und woher wir kämen. Es stellt sich heraus, dass er Rene heisst und aus Erfurt kommt. Er ist im Rahmen eines "Travel and Work"-Programms ein Jahr lang von Argentinien bis Kanada unterwegs. Mit Grenzübertritt in die USA hat er sich ein Auto gekauft und nun ist er hier.
Der diesmalige Ausbruch ist etwas kürzer und weniger spektakulär, aber trotzdem sehenwert. Wir verabschieden uns von Rene und schwimmen mit dem Strom der Leute. In ein paar Minuten soll Daisy ausbrechen, aber ich glaube, die schaffen wir nicht mehr. Ich mag nicht hetzen. Für den Riverside Geysir reicht die Zeit, insbesondere, wenn wir ihn von Norden her ansteuern. Das bedeutet, dass wir uns ins Auto setzen und zum Biscuit Basin fahren.
Selbst beim Parkplatz blubbert und dampft es und ein Mini-Geysir bricht gerade aus. Wir überqueren die Strasse und laufen Richtung Upper Geyser Basin. Dazu müssen wir einen Umweg gehen, denn der ursprüngliche Weg ist wegen thermischer Aktivität gesperrt. Die Sonne hat die anfänglich kühle Luft inzwischen komplett aufgeheizt, so dass es eine Wohltat ist, im Wald zu wandern. Wir kommen am Mirror Pool, Gem Pool, Atomizer Geyser und dem wunderprächtigen Artemisia Geyser vorbei. Danach folgt ein längeres poolarmes Teilstück, bis wir in Begleitung von Vogelgezwischter beim farbenfrohen Morning Glory Pool angelangen. Dort treffen wir auf einige Leute, die sich das Naturschauspiel ebenfalls nicht entgehen lassen möchten. Ich glaube, dieser Pool ist für viele die Endstation, wenn sie vom Old Faithful her das Upper Geyser Basin erkunden.
Nach ein paar Schritten sind wir beim Riverside Geyser. Obwohl es bis zum Ausbruch noch etwas dauern soll, haben sich bereits einige Leute hier eingefunden, um in praller Sonne zu warten. Im Hintergrund sind noch die letzten Züge der Daisy-Eruption auszumachen.
Der sich unmittelbar am Fluss befindende Geysir lässt uns ziemlich lang schmoren. Endlich fängt er an zu dampfen und schliesslich schiesst eine Wasserfontaine in hohem Bogen über den Fluss. Die Sonne macht mir ganz schön zu schaffen. Zum Glück können wir beim Rückweg wieder durch den Wald spazieren.
Beim Artemisia Geyser kommen uns drei Amerikanerinnen entgegen. Sie wirken etwas verwirrt, denn obwohl es eigentlich nur einen Weg gibt, wollen sie quer dazu hochklettern, weil sie dort den Morning Glory Pool vermuten. Nach viel Gekichere fragt mich eine von ihnen, was für eine Sprache ich sprechen würde. Ah, die eine von ihnen könne perfekt deutsch! Sie wird gerufen und sie soll mich fragen, wo es weitergehe, aber sie ziert sich. Schliesslich ist "ich liebe dich" das einzige, was sie rausbekommt, natürlich gefolgt von einem riesigen Gelächter. Ich erbarme mich ihnen und erkläre auf englisch, dass sie bloss rund einen Kilometer den Weg entlanglaufen müssten.
Der Parkplatz beim Midway Geyser Basin ist so voll, dass wir die Besichtigung des Grand Prismatic Spring auf morgen verschieben. Stattdessen fahren wir den Firehole Lake Drive. Dort gibt es mehrere hübsche Pools und den Great Fountain Geyser. Mein Traum wäre es, diesen beim Sonnenuntergang ausbrechen zu sehen, doch voraussichtlich sollte seine Eruption erst gegen elf Uhr abends sein. Mir gefällt er aber auch ohne Fontäne, denn in den kleinen Terrassen sind hübsche Spiegelungen zu sehen. Vom Firehole Lake selber sehe ich kaum etwas, so sehr dampft er.
Kurz vor Madison biegen wir links in den Firehole Canyon Drive ein und kommen so durch wunderschöne Landschaft und an den Firehole Falls vorbei. Auch die Gibbon Falls nehmen wir mit. Leider tröpfelt es jetzt leicht, so lassen wir die Artists Paintpots und das Norris Geyser Basin ausfallen und fahren in die Unterkunft zurück, um uns etwas auszuruhen.
So richtig regnen will es nicht, aber dunkle Wolken am Himmel versprechen nichts Gutes. Trotzdem fahren wir gegen Abend zum North Rim des Grand Canyon of the Yellowstone. Beim Lookout Point haben wir einen wunderschönen Blick auf den Wasserfall. Auf dem kurzen Weg zu dem Aussichtsplatz fotografiert und beobachtet ein Paar die Felsen in Richtung Nordosten. Erst können wir nichts erkennen, doch dann sehen wir zumindest mit vollausgefahrenem Zoom der Kompaktkamera einen Adlerhorst mit einem Fischadlerweibchen beim Brüten.
Als wir uns aufmachen, im Hayden Valley nach Tieren zu schauen, öffnet Petrus die Schleusen. Ein heftiges Gewitter bricht über uns herein und verscheucht sämtliches Wild, so dass wir ausser ein paar nassen Bisons nichts sehen können. Wir brechen die Übung ab und gehen in der Cafeteria der Canyon Lodge essen. Ich bestelle eine Gemüselasagne und kann zwischen Kartoffeln, Reis und Spinat als Beilage wählen. Seltsame kulinarische Sitten haben die hier. Es gibt Spinat dazu, zum einen, weil ich der Meinung bin, dass dies das einzige ist, was zu Lasagne passt und zum anderen, weil das eines meiner Lieblingsgemüse ist. Mit etwas Salz und Pfeffer schmeckt der dann auch richtig lecker. Am liebsten hätte ich eine zweite Portion davon gehabt.