Auf dem Weg von Durango nach Silverton
Auf dem Weg von Durango nach Silverton

herbstliche odyssee im wilden westen (8/8)

Fortsetzung von 7/8 -
Die letzte Etappe führt uns wieder nach Colorado zurück, über den Million Dollar Highway nach Denver. Wir brauchen viel Geduld, bis wir zu Hause ankommen.

sonntag, 15. oktober 2023

kurven und höhenangst

Heute schliefen wir aus und standen erst um halb sieben auf. Gemütlich packten wir unsere Sachen zusammen, checkten aus und fuhren zum Twin Rocks Cafe um zu frühstücken. Reiner bekam zu seiner Omelette ein himmlisches Fry Bread, welches ich ihm zum grössten Teil wegass. Aber auch meine Blue Corn Pancakes waren sehr lecker. Wir wurden ausgesprochen freundlich bedient, obwohl wegen der gestrigen Sonnenfinsternis das Lokal brechend voll war.

Twin Rocks in Bluff
Twin Rocks in Bluff
Twin Rocks in Bluff
Twin Rocks in Bluff

Das Ereignis hatte seine Spuren hinterlassen. Die Geldautomaten waren leer, die Tankstellen hatten kaum mehr Benzin und das wenige, das sie hatten, verkauften sie für teures Geld. Wir tankten nicht voll, aber genug, um nicht auf der Strecke stehenzubleiben.

Eigentlich war heute ein Fahrtag und es sollte Richtung Colorado gehen. Doch vorher wollten wir den Moki Dugway hoch- und runterfahren. Am Fusse dieser Passstrasse montierten wir die GoPro am Auto und filmten die Kehren. Die Aussichten waren grandios, hoffentlich hatte die GoPro dies auch mitbekommen. Oben angekommen wollte Reiner wenden, doch ich setzte meinen Kopf durch, zum Muley Point zu fahren. Noch einmal wollte ich einen Blick auf die Windungen des San Juan River werfen. Reiner blieb im Auto zurück, während ich die Aussicht fotografierte. War er sauer? Hatte ich etwas falsch gemacht? Nein, er mag einfach nicht ohne Geländer in die Tiefe blicken, das verbot ihm seine leichte Höhenangst.

Muley Point
Muley Point
Muley Point
Muley Point

Kehre für Kehre folgten wir dem Moki Dugway nach unten. Bei der Einfahrt zum Valley of the Gods wollte ich kurz die mobile Toilette aufsuchen, schloss aber die Tür so schnell wieder von aussen, so schnell konnte man nicht mal zugucken.

Moki Dugway
Moki Dugway

Sollten wir nochmals durch das Valley of the Gods fahren? Ich war dagegen, doch diesmal setzte sich Reiner durch. Ein paar Autos, Wohnmobile und Pick-Ups kamen uns entgegen, aber die meisten Plätze waren geräumt und so sauber, als ob nie ein Event stattgefunden hätte. Ich war sehr überrascht. Jedes Fitzelchen Papier, jedes Stück Plastik, alles war aufgehoben und mitgenommen worden. Lediglich bei den verbliebenen Autos lag noch Unrat herum, aber ich war zuversichtlich, dass auch dieser ordnungsgemäss entsorgt oder verräumt wurde.

Valley of the Gods
Valley of the Gods
Valley of the Gods
Valley of the Gods

 


willkommen in colorado

Zurück auf der Strasse fuhren wir wieder nach Bluff und weiter dem San Juan River entlang Richtung Colorado. In Montezuma Creek tankten wir den Hyundai voll. Dafür musste ich ins Innere der Tankstelle, einen bestimmten Betrag blocken lassen. Das gab mir die Gelegenheit, die saubere Toilette aufzusuchen. Mit vollem Tank und leerer Blase ging es weiter dem Highway 262 entlang, der immer wieder von herbstlich gelb gefärbten Bäumen flankiert wurde.

Bei Aneth bogen wir in die Ismay Trading Post Road ab. Dies war zwar eine Abkürzung, aber die Fahrzeit verlängerte sich aufgrund der schmaleren Strasse um ein paar Minuten. Das waren gut investierte Minuten, denn die Landschaft war wunderschön. Kurz vor dem Sand Canyon and Rock Creek Trailhead stand die Polizei bei einem verunfallten Auto. Wir machten ein paar Bilder von der Gegend und setzten unsere Fahrt fort in der herrlichen Natur mit dem Herbstlaub am Wegesrand.

Sand Canyon and Rock Creek Trailhead
Sand Canyon and Rock Creek Trailhead

In Cortez kehrten wir in der Wild Edge Brewing Collection ein. Das industrielle Ambiente war genau nach unserem Geschmack. Die charmante Bedienung erklärte uns, dass sie nur Pretzel oder Knabberzeugs anbieten könne. Wir bestellten eine Brezel mit Honigsenf und Frischkäse. Welches Bier passte dazu? Wir bekamen kleine Probiergläschen mit hausgemachten Bieren und wählten für mich ein helles und für Reiner ein dunkles aus. Die Brezel war ofenfrisch, der Frischkäsedip und vor allem der Senf dazu schmeckten uns.

Wild Edge Brewing Collection

Die Weiterfahrt führte an weiteren gelben Bäumen vorbei. Manche waren bereits kahl, was der herrlichen Landschaft keinen Abbruch tat. Wir checkten gegen sechs im Holiday Inn Express Durango Downtown – Animas River ein. Unser Zimmer verfügte über einen kleinen Balkon mit Blick auf den Fluss. Ich nahm im bequemen Sessel Platz und wollte etwas im Internet surfen, da stellte ich entsetzt fest, dass ich meinen Stift zum Tablet verloren hatte. Verzweifelt suchten wir ihn auf und unter dem Sessel und Reiner leuchtete mit einer Taschenlampe in jede Ritze des Autos, doch der Stift blieb verschwunden. Er konnte eigentlich nur in Bluff im Bett liegen, wo ich das Tablet am frühen Morgen das letzte Mal verwendet hatte. Ich schrieb die Unterkunft an, doch sie blieb mir bis heute eine Antwort schuldig.

Blick aus dem Hotelzimmer
Blick aus dem Hotelzimmer

 


montag, 16. oktober 2023

dampf-lok

Ich stand wieder früh auf und Reiner folgte mir bald. Das Frühstück war gut und der Blick auf den Animas River war sehr nett. Wir machten Pläne, zwischen Weihnachten und Neujahr nach Wien zu Reiners Familie zu fahren. Reiner fragte seine Schwester per WhatsApp, ob sie dann anzutreffen sein würde. Es dauerte nicht lange, da folgte ihre positive Antwort. Es schien ihr besser zu gehen.

Nach dem Frühstück gingen wir über die stark befahrene Strasse in die historische Altstadt von Durango bis fast zum Bahnhof. Um neun Uhr tutete es laut und begann zu dampfen. Der Silverton Steam Train der Durango & Silverton Narrow Gauge Railroad hatte ihre Fahrt aufgenommen. In sehr gemütlichem Tempo rollte der Zug an uns vorbei. Die Wagen waren voll besetzt, die Leute winkten uns fröhlich zu.

Silverton Steam Train der Durango & Silverton Narrow Gauge Railroad
Silverton Steam Train der Durango & Silverton Narrow Gauge Railroad

Wir schauten uns im Bahnhof und dem dazugehörigen Shop etwas um, wurden aber nicht fündig. Es gäbe zwar einen Pulli, der mir gefallen hätte, aber ohne ihn anzuprobieren, wollte ich ihn nicht kaufen. Zurück auf der Main Avenue schauten wir in die verschiedenen Schaufenster und traten in einige Shops ein, die inzwischen ihre Türen geöffnet hatten. Die meisten waren für Halloween geschmückt oder sie hatten das Thema Weihnachten auf dem Programm. Ganz skurril wurde es, wenn die beiden Themen gemischt wurden.

Bahnhof Durango
Bahnhof Durango
Bahnhof Durango
Schaufenster an der Main Avenue Durango

Ich überlegte, eine Halskette zu kaufen. Sie war eingepackt, sodass ich die Länge nicht sehen konnte. Ob die wohl lang genug wäre? Ich fragte die Verkäuferin, doch die hatte keine Fantasie, wie wir das hätten herausfinden können. Ich legte die Kette zurück und war verwundert, wie wenig ambitioniert sie war, mir etwas zu verkaufen.

hiobsbotschaft

Zurück beim Hotel schnappten wir uns das Auto und fuhren zum Mesa Verde National Park und statteten dem Visitor Center einen Besuch ab. Ich lauschte, wie die Ranger anderen Besuchern Tipps für Wanderungen und Besichtigungen gaben.

Mesa Verde National Park
Mesa Verde National Park
Mesa Verde National Park

Während wir in den Park einfuhren, erhielt Reiner eine Nachricht von seinem Bruder. Das verhiess nichts Gutes. Statt die Aussicht zu bewundern, rief Reiner ihn von einem Viewpoint aus an. Wie befürchtet, hatte dieser eine Hiobsbotschaft zu verkünden. Die Schwester der beiden hatte eine niederschmetternde Diagnose bekommen. Noch sei Zeit, sie zu sehen, aber Weihnachten sei es vermutlich zu spät.

Dies mussten wir erstmal verarbeiten. Wie durch einen Schleier nahmen wir die Landschaft wahr. Wir blieben bei den verschiedenen Punkten stehen, schauten die Ruinen von dort an und wanderten auch ein paar kleinere Strecken, aber so richtig bei der Sache waren wir nicht.

Mesa Verde National Park
Mesa Verde National Park
Mesa Verde National Park
Mesa Verde National Park
Mesa Verde National Park
Mesa Verde National Park
Mesa Verde National Park
Mesa Verde National Park
Mesa Verde National Park

Am späteren Nachmittag fuhren wir ins Hotel zurück. Reiner buchte sich einen Flug für nächste Woche nach Wien und ein Hotel, damit er seine Schwester treffen konnte. Ich nehme es hier vorweg: Die Geschwister haben eine nette Zeit zusammen verbracht. Reiner ist erleichtert, sich von seiner Schwester persönlich verabschiedet zu haben. Am 18. November ist sie ihrer schweren Krankheit erlegen. Wir sind unendlich traurig.

Nun aber zurück zu erfreulicheren Themen, zum Beispiel zum Essen. Dafür gingen wir in die Main Avenue zu Carver Brewing Co. Es war «Oktoberfest», das heisst, es gab vermeintlich deutsche Gerichte und nach deutscher Art gebrautes Bier. Beides war ganz nach meinem Geschmack und die süsse Kellnerin tat ihr Übriges, uns einen netten Abend zu bescheren.

Carver Brewing Co

 


dienstag, 17. oktober 2023

es dampft schon wieder

Wir verliessen Durango. Vorher war aber dringend eine Autowäsche fällig. Dem weissen Gips von den White Sand Dunes haftete nun der rote Utah-Staub an. In Utah hatte jedes Fahrzeug diesen Look, aber in Colorado fiel unser dreckiges Auto auf und ich schämte mich in Grund und Boden. Das günstigste Programm reichte, um die Karosserie wieder dunkelgrau hinzukriegen. Nur ein paar kleine, verborgene Stellen verrieten die gefahrenen Gravel Roads und Sandpisten.

Was nun folgte, war meiner Meinung nach die schönste Strecke unseres Roadtrips. Sie verlief entlang des Animas River auf der rechten und der Durango & Silverton Narrow Gauge Railroad auf der linken Seite in den San Juan National Forest. Für das volle Herbstprogramm des Laubs waren wir etwas spät dran, aber viele Espen leuchteten noch im schönsten Gelb.

Da vorne dampfte es, wir hatten den Silverton Steam Train eingeholt, der gemächlich von Durango nach Silverton unterwegs war. Wir folgten weiter der U. S. Route 550 und bogen zum Haviland Lake ab. Nach einem kurzen Stopp an diesem idyllischen See passten wir an einer übersichtlichen Stelle den historischen Zug ab und warteten, bis die winkenden Passagiere an uns vorbeigefahren waren.

Silverton Steam Train
Silverton Steam Train
Silverton Steam Train
Silverton Steam Train
Silverton Steam Train

Im weiteren Verlauf fuhren wir am Electra Lake vorbei und kamen zum Coal Bank Pass. Dafür, dass wir uns auf einer Höhe von 10'640 Fuss (3'243 Meter) befanden, waren die Temperaturen erstaunlich mild. Eine Jacke brauchten wir dennoch, als wir ein paar Schritte gingen, um zu schauen, wie der Blick vom Ende des kleinen Weges war. Schnee lag keiner, nicht einmal die Berge waren stark verschneit. Die Aussicht wurde durch Bäume versperrt und war deshalb weniger spektakulär als erhofft.

Weiter gings zum Molas Pass, der mit 3'325 Meter sogar noch höher lag, von wo wir einen wunderbaren Panoramablick auf den Molas Lake, den Animas River Gorge und den Snowdown Peak hatten.

Von Durango nach Silverton
Von Durango nach Silverton
Von Durango nach Silverton
Von Durango nach Silverton
Von Durango nach Silverton
Von Durango nach Silverton
Von Durango nach Silverton
Von Durango nach Silverton
Von Durango nach Silverton
Von Durango nach Silverton
Von Durango nach Silverton
Von Durango nach Silverton
Von Durango nach Silverton
Von Durango nach Silverton

Kurz nach zwölf trafen wir in Silverton, einer kleinen Gemeinde auf 2'837 Metern Höhe, ein. Das Städtchen war das Ende der Durango & Silverton Narrow Gauge Railraod und bald sollte der Zug ankommen. Doch wo war der Bahnhof? Wir wurden fündig, aber das sah aus, als ob dort längst kein Zug mehr gehalten hätte. Es war ein verlassenes, heruntergekommenes Gebäude.

Im Internet fand ich die «Silverton Train Station» auf der East 12th Street. Mitten auf der Strasse hörten die Schienen auf und es war kein Bahnhof zu erkennen. Das konnte es also auch nicht sein. Noch einmal zum Bahnhof und doch wieder zurück dorthin, wo mitten im Städtchen die Schienen endeten. Wir parkierten, stiegen aus und lasen auf einem Schild, dass wir tatsächlich am richtigen Ort angekommen waren.

Silverton
Silverton
Silverton
Silverton
Silverton
Silverton
Silverton
Silverton

Gleich gegenüber war das High Noon Hamburgers. Wir holten uns Getränke und setzten uns auf die kleine Terrasse mit perfektem Blick auf die Kreuzung, wo bereits ein paar Leute und ein Fotograf die Ankunft des Zuges erwarteten.

Silverton

Von weitem konnte man den Dampf sehen und die Lok tuten hören. Das war unser Zeichen. Ich stellte mich mit der GoPro direkt ans Ende der Schienen. Das würde bestimmt cool aussehen, wenn der Zug auf mich zufährt.

Mit einer saftigen Verspätung bog der Zug um die letzte Kurve. Leider war vor die historische Lok ein orangefarbener Zugwagen gehängt worden, der nicht annähernd so attraktiv war, wie die dampfende alte Dame. Die Menschen stiegen aus und strömten in alle Richtungen. Einige stürmten die umliegenden Restaurants und Shops, andere gingen strammen Schrittes geradeaus, rechts oder links, wo weitere Lokale darauf warteten, ihre lukullischen Genüsse stillen zu können. Für eine kurze Zeit war Silverton voller Leben. Wir warteten nicht, bis der Zug wieder zurück nach Durango aufbrach, sondern setzten unsere eigene Reise fort.

Ankunft des Silverton Steam Train
Ankunft des Silverton Steam Train
Ankunft des Silverton Steam Train
Ankunft des Silverton Steam Train VORHER
Ankunft des Silverton Steam Train NACHHER

 


million dollar highway

Es heisst, der Million Dollar Highway sei die schönste Strasse Amerikas. Er führt von Silverton nach Ouray über den 3'358 Meter hohen Red Mountain Pass und angeblich sei die Fahrt auf der Passstrasse nicht ungefährlich. Schön war der Streckenabschnitt, das war keine Frage, aber gefährlich? Die gut ausgebaute, zweispurige Strasse bot jede Menge herrlicher Ausblicke, war aber sehr gut zu befahren, zumal kein Hauch von Schnee lag. Möglicherweise war von einer alten Strassenführung die Rede.

Von Silverton nach Montrose
Von Silverton nach Montrose

Besonders gut gefiel mir der Red Mountain Overlook mit spektakulärem Ausblick auf rote Berge und alte Bergbaustrukturen. Ein Bock der 1979 eingestellten Idarado Mine war zu sehen. Sie hatte Blei, Silber und Zink sowie geringere Mengen Gold und Kupfer produziert. Während des Zweiten Weltkrieges war Idarado ein grosser Lieferant von dringend benötigtem Blei und Zink gewesen.

Red Mountain Overlook
Red Mountain Overlook
Red Mountain Overlook

Je nördlicher wir kamen, desto mehr war das Laub bereits von den Bäumen gefallen. Was für eine Pracht musste das gewesen sein, als es noch in allen Farben geleuchtet hatte. Wir hielten kurz beim Crystal Lake und bei Bear Creek Falls, wo sich das Wasser in die Tiefe stürzte. Dann war der Million Dollar Highway zu Ende, wir hatten Ouray erreicht. Hübsche Gebäude zierten die Kleinstadt mit nicht einmal 900 Einwohnern. Uns war aber nicht nach Stadtspaziergang, also fuhren wir weiter nach Ridgway, wo wir im Cinamarron Cafe & Bookshop Kaffee und Chai trinken gingen. Im Innern des netten Cafés waren Besucher dabei, Bücher zu lesen, wir aber gesellten uns mit den warmen Getränken draussen zu einer Gruppe Radfahrern, die gerade Pause machte.

Von Silverton nach Montrose
Von Silverton nach Montrose
Von Silverton nach Montrose
Von Silverton nach Montrose
Von Silverton nach Montrose
Von Silverton nach Montrose
Von Silverton nach Montrose
Von Silverton nach Montrose

Wir kamen in Montrose an, einer Kleinstadt mit etwas mehr als 20'000 Einwohnern, und checkten in der Minecart Motor Lodge ein. In der Art eines typischen Motels waren die Zimmer U-förmig um die Lobby und den Pool herum angeordnet. An der Rezeption war niemand, ein Schild verwies auf eine Telefonnummer, die wir anrufen sollten. Ich zierte mich ein bisschen, da kam aus dem Backoffice auch schon ein junger Mann mit knallroten Augen an. Er jammerte, wie heiss es sei, dabei waren es gerade mal 24 Grad Celsius. Ob er etwas geraucht hatte oder nur beim Fernsehen eingeschlafen war, vermochte ich nicht zu beurteilen, aber auf jeden Fall war er sehr freundlich und hilfsbereit. Er händigte uns die Schlüssel aus und nannte uns die Frühstückszeiten.

Das «Deluxe Doppelzimmer» entpuppte sich als riesigen Raum mit zwei Schlafnischen. Auf der linken Seite war vor dem Queensize-Bett mit zwei Nachttischchen ein runder Tisch und zwei Stühle und rechts befand sich ebenfalls ein Queensize-Bett mit einem Nachttisch und einem Schreibtisch davor. Zwischen den beiden Schlafnischen war eine Mininasszelle mit einem Lavabo, einem WC und einer kleinen Dusche.

Bei Zimmers BBQ, Burgers & Beers, nur knapp dreihundert Meter die Strasse hinunter, beschlossen wir den Abend mit Wings, Brisket und Oktoberfest-Bier. Zu den Wings gab es eine göttliche, hausgemachte Sauce und den besten Cole Slaw sowie einen sehr leckeren Gurken-Zwiebel-Salat.

 


mittwoch, 18. oktober 2023

viel los auf den strassen

Das Frühstück bestand aus süssen Teilchen und sehr gutem Joghurt. Dafür, dass eigentlich kein Essen im Zimmerpreis enthalten war, war das völlig in Ordnung. Ein Mann schaute nach dem rechten. Er sah demjenigen gestern an der Rezeption wie aus dem Gesicht geschnitten. Bloss seine Augen hatten eine gesündere Farbe, er war um einiges grösser und breiter. Ich vermute, dass die beiden Brüder waren. Die Freundlichkeit lag wohl in der Familie. Auch er war sehr herzlich, als ich uns auscheckte. Die Campingstühle hatten wir zusammen mit einem Briefchen und einem Tip dem Motel vermacht. Wir hatten keine Verwendung mehr dafür, denn morgen schon war unsere Reise zu Ende.

Bereits zu Hause hatte ich von den Baustellen an der U. S. 50 gelesen und war somit nicht überrascht, als ein gelangweilter Bauarbeiter uns zum Halten aufforderte. Als er sich vergewissert hatte, dass wir stehen blieben, wanderte er mit seiner Haltetafel wie mit einem Spazierstock hundert Meter vor und wieder zurück. So legte er bestimmt einige Kilometer zurück. Nach ein paar Minuten durften wir dann passieren. Weitere Baustellen folgten. Gefährlich wurde es, als ein Bauarbeiter hinter einem Lastwagen auf die Strasse direkt vor unser Auto lief. Erschrocken hüpfte er zur Seite während Reiner hart auf die Bremsen trat. Das hätte ins Auge gehen können. Mit erhöhtem Puls diskutierten wir noch lange darüber, wie unvernünftig der Mann gehandelt hatte und wie viel Glück wir alle gehabt hatten.

Baustellen auf der U. S. 50
Baustellen auf der U. S. 50
Baustellen auf der U. S. 50

Zu gerne wäre ich in den Black Canyon of the Gunnison National Park und hätte einen Blick in die Schlucht geworfen. Doch wir hatten noch eine lange Strecke zu fahren, sodass es sich nicht ausging. Wir stoppten kurz am Gunnison River, der an dieser Stelle zu einem See angewachsen war. Ich wunderte mich, dass keine Boote zu sehen waren, erinnerte mich aber daran, dass wir Mitte Oktober hatten und somit die Saison auf diesen Höhen längst vorbei war.

Auf der Passhöhe vom Monarch Pass zeigte eine Tafel die Höhe von 11'312 Fuss (3'448 Meter) an. Wir waren an der Wasserscheide angekommen, wo das Wasser auf der einen Seite in den Atlantik und auf der anderen in den Pazifik floss. Wir hatten acht Grad und herrlichen Sonnenschein.

Von Montrose nach Denver
Von Montrose nach Denver
Von Montrose nach Denver
Von Montrose nach Denver
Von Montrose nach Denver

In Poncha Springs bogen wir links ab. Der Magen knurrte. Ich suchte im Internet und fand in Buena Vista viele sehr gut bewertete Restaurants. Die Wahl fiel auf Simple Eatery, mit moderner US-amerikanischer Küche.

Das Restaurant teilte sich den Raum mit The Trailhead, einem Outdoor-Sportgeschäft. Simple Eatery war nicht nur ein Restaurant, sondern auch eine Bäckerei. Brote stapelten sich auf Wagen sowie hinter der Theke und fanden reissenden Absatz.

Reiner bestellte Black Angus Burger mit Kohlrabi Slaw und ich ein Chicken Sandwich und eine Chili-Soup. Wir setzten uns mit einer Nummer bewaffnet draussen an einen Tisch und warteten darauf, dass das Essen serviert wurde. Es windete kräftig. Reiner holte mir die Jacke aus dem Auto und wir mussten aufpassen, dass die Nummer nicht davonwehte.

Das Essen war fantastisch. Es fing mit der aromatischen Suppe an, die würzig war und genau die richtige Konsistenz hatte und ging mit saftigem Fleisch, knackigem Salat und vor allem mit einem himmlischen Brötchen weiter. Ich kam aus dem Schwärmen nicht heraus. Man merkte, dass frisch gebacken wurde.

Weiter ging’s. Wir kamen durch Leadville und einem weiteren Pass, dem Fremont Pass, mit einer Höhe von 3'450 Metern mitten in den Rocky Mountains. Auch über diesen Pass führt die Kontinentale Wasserscheide. Viel gab es nicht zu sehen. Noch immer blies der Wind heftig und es zogen Wolken auf.

Im weiteren Verlauf fuhren wir auf die Interstate 70. Wir hätten von Montrose Richtung Norden und schon viel früher die Interstate nehmen können, aber dann hätten wir viel vom farbenfrohen Colorado verpasst. Das wurde uns bewusst, als wir Meile um Meile auf der Autobahn zurücklegten.

Auf einmal zeigte das Navi einen Unfall an. Später wurden zwei Unfälle daraus und bald stauten sich die Autos. Spuren wurden gewechselt. Zwischen der ersten und der zweiten entstand eine Lücke, auf der ein Feuerwehrfahrzeug entlangfuhr. Ein Sheriff und ein Krankenwagen folgten, dann schloss sich die Lücke wieder. Ein Fahrzeug mit Aufschrift «Incident Response» passierte die Kolonne rechts.

Es dauerte ewig, bis wir von der Interstate an der Unfallstelle vorbei abgeleitet wurden. Rettungsfahrzeuge veranstalteten eine Lichtershow. Ich konnte einen Sattelschlepper am rechten Fahrbahnrand und einer in der Mitte zwischen den beiden Fahrrichtungen ausmachen. Im Nachhinein habe ich nachgelesen, dass zwei Sattelschlepper ineinander gekracht und ein weiterer Sattelschlepper mit einem Lieferwagen kollidiert waren. Einer der Fahrer musste in kritischem Zustand ins Spital gebracht werden.

Der Unfall hatte an meinen Nerven gezerrt. Als wir im La Quinta by Wyndham Denver Gateway Park eincheckten, war ich etwas zu wenig höflich zur Rezeptionistin, was mir im Nachhinein leidtat. Reiner beruhigte mich, so schlimm sei es nicht gewesen. Den Rest des Abends verbrachten wir damit, alles aus dem Auto ins Zimmer zu bringen, das Gepäck auszupacken und alles wieder ordentlich in den Koffern zu verstauen. Hunger hatten wir keinen mehr. Ein paar Kekse und Schokolade, die noch übriggeblieben waren, reichten an diesem letzten Abend vor dem Heimflug.

 


donnerstag, 19. Oktober 2023

bisons und andere tiere

Der Wecker klingelte um 05:30 Uhr. Oh Gott, war das früh! Trotzdem stand ich auf und duschte mich. Reiner liess ich schlafen, bis ich fertig war. Wir frühstückten, luden das Gepäck in den Kofferraum und checkten aus. Dieses Hotel musste ich mir merken. Es war sehr angenehm und das Zimmer gross. Ausserdem war es nur halb so teuer wie dasjenige, das wir zu Beginn der Reise verpasst hatten.

Nach dem Auschecken holten wir nach, was wir eigentlich für den ersten Tag geplant hatten: Wir gingen auf die Jagd nach Bisons im Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge. Auf dem Wildlife Drive trafen wir auf einen Hirsch am Wegesrand. Er äste unbekümmert weiter. Wir parkierten das Auto bei einem See und beobachteten die Wasservögel. An anderer Stelle spazierten wir zu einem Aussichtspunkt, wo die Wildtiere durch eine Wand geschützt waren, in die Gucklöcher für die Besucher angebracht worden waren. Auf der Weiterfahrt lugten Prärie Dogs aus Löchern, standen beobachtend herum, stiessen Warnpfiffe aus oder wuselten herum.

Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge
Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge
Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge
Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge
Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge
Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge
Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge
Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge
Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge
Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge
Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge
Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge
Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge
Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge
Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge
Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge
Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge
Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge

Zum Schluss des Rundwegs waren tatsächlich die Bisons auszumachen. Einige der tonnenschweren Büffel grasten oder lagen herum. Wir besuchten das Visitor Center und drehten eine zweite Runde. In der Hoffnung, noch ein paar Tiere mehr zu sehen, liefen wir nochmals zu der Aussichtplattform mit den Gucklöchern, doch ausser Enten war nicht viel mehr anzutreffen. Die Prärie Dogs waren noch immer geschäftig und die Bisons waren nun zahlreicher und auf der anderen Strassenseite zu finden.

Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge
Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge
Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge
Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge
Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge
Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge
Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge
Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge
Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge
Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge
Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge

und tschüss

Schliesslich fuhren wir zum Zen Asian Sushi Bar & Grill. Mit hervorragendem Sushi schlossen wir in Denver in dem Restaurant ab, wo wir vor viereinhalb Wochen gestartet hatten. Dies war die letzte Gelegenheit für Shopping, doch uns gelüstete nach Natur. Für eine ganze Runde reichte die Zeit nicht mehr, aber trotzdem gefiel es uns beiden, nochmals ein paar Minuten im Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge zu verbringen, ehe es zum Flughafen ging.

Für 3.299 Dollar die Gallone tankten wir das Auto bei Murphy voll. Die Autoabgabe verlief, wie bisher immer bei Alamo, sehr entspannt. Reiner informierte den Mitarbeiter über den anstehenden Ölwechsel. Dieser schrieb eine Notiz an die Seitenscheibe, nahm den Schlüssel entgegen und meinte, sie würden den ausgerissenen Anhänger ersetzen, kein Problem.

Der Shuttlebus war voll, deshalb warteten wir auf den nächsten. Der Fahrer stieg aus und fragte uns, ob wir nicht mitfahren wollten. Nein, wir hatten Zeit. Auch der nächste Chauffeur war sehr freundlich. Er lud das Gepäck in den Bus und verstaute es routinemässig in der Ablage. Ordentlicher wäre es nicht möglich gewesen.

Beim Flughafen herrschte Chaos. Wir mussten uns durch die Menschenmengen kämpfen, um das Gepäck abzugeben. Danach war der Security Check fällig. Wir gingen an den Anstehenden vorbei, bogen um eine Ecke, noch eine und stellten uns ans Ende der riesigen Schlange. Es dauerte gefühlte Stunden, bis wir endlich bei der Security ankamen. Ich teilte dem Beamten mit, dass ich einen Knieersatz hatte. Er meinte, ich solle zur Line Nummer acht gehen, wo ein grosser Scanner stehen würde. Ob Reiner mitdürfe? Hat er auch ein künstliches Gelenk? Nein? Er soll trotzdem mit, damit wir uns nicht verlieren würden.

Der Gang durch den grossen Scanner war problemlos. Kein Abtasten war erforderlich. Nun war Warten angesagt, bis das Boarding startete. Der Flieger hob pünktlich ab. Der Flug war sehr angenehm, das Personal freundlich und das Essen gut. Viele Plätze waren frei. Hätten wir uns doch um ein Upgrade in die Business Class bemüht, die ebenfalls nur zur Hälfte gefüllt war.

 


freitag, 20. oktober 2023

bombenalarm

Um 11:35 Uhr in London angekommen, ärgerte ich mich masslos, weil wir das noch verschlossene, am Flughafen in Denver nach der Security gekaufte Wasser entsorgen mussten. Was für eine Verschwendung, zumal es bereits geprüft worden war.

Ursprünglich wäre unser Weiterflug um 15:15 Uhr geplant gewesen, doch bereits letzten Dezember wurden wir informiert, dass der Abflug auf 16:15 Uhr verschoben werden musste. Stundenlanges Warten war angesagt. Ich surfte im Internet. Gestern war der EuroAirport wegen Bombenalarms geräumt worden. Hoffentlich gab es heute keine Zwischenfälle. Doch tatsächlich war wieder eine Bombendrohung erfolgt, der Flughafen evakuiert und zahlreiche Flüge entweder gestrichen oder umgeleitet worden. Die Anzeigetafel zeigte für unseren Flug die neue Startzeit von 17:22 Uhr an. Das verschob sich noch ein paar Mal auf 17:31 Uhr, 17:41 Uhr und 17:43 Uhr.

Auf der Seite von EuroAirport war zu lesen, dass der Flughafen wieder frei sei. Nun änderte sich die Startzeit auf erst 17:34 Uhr, später auf 17:40 Uhr und das Gate wurde bekanntgegeben. Punkt sechs hoben wir ab und waren bereits um zwanzig nach acht in Basel. Der Pilot meldete, er sei schneller geflogen, er habe eine Abkürzung genommen.

Wieder war Warten angesagt, diesmal für die Einreise in die Schweiz und nach Frankreich. Zum Glück haben wir einen Schweizer und einen EU-Pass, so ging es nicht ganz so lang wie für die Brexit-Geplagten.

Wegen des vielen Gepäcks wurden wir in ein riesiges Taxi verfrachtet. Die Fahrweise unseres Chauffeurs gefiel mir gar nicht. Er fuhr aggressiv und schimpfte über das Chaos, das der EuroAirport veranstaltet hätte. Seiner Meinung nach hätte man den Flughafen bereits eine Stunde nach der Evakuierung wieder freigeben können. Kein Bus und kein Taxi sei mehr gefahren. Die Leute seien einfach im Regen stehen gelassen worden. Ich fand, dass man Bombendrohungen immer ernst nehmen muss, sagte aber nichts. Stattdessen beobachtete ich schockiert das Taxameter, das im Sekundentakt einen höheren Betrag anzeigte. Letztendlich mussten wir für die paar Kilometer 52.30 Franken löhnen. Willkommen zu Hause!

fazit

Es war viel, sehr viel. Aber wo hätten wir sparen können? Keinen Park, keine Strasse, keine Aussicht hätten wir missen wollen. Besonders beeindruckt waren wir von den Carlsbad Caverns - einerseits wegen den faszinierenden Tropfsteinhöhlen und andererseits wegen den hunderttausenden von Fledermäusen.

Ein weiteres Highlight waren die Gewitter in El Paso und im White Sands National Park. Die Blitze mit dem gleichzeitigen Sonnenuntergang waren herrlich anzusehen. Auf den Gipsdünen zu wandern hatte unglaublich viel Spass gemacht und würde ich gerne wiederholen.

Das Chiricahua National Monument hatte mich mit seiner Schönheit am meisten überrascht. Die Touren mit den Navajo-Guides, die Menschen, die wir getroffen hatten und auch die Sonnenfinsternis werden mir positiv in Erinnerung bleiben.

Nicht so schön waren die verpassten Flüge bei der Hinreise, das Warten in London beim Rückflug und die Taxifahrt nach Hause. Aber so unangenehm diese Dinge waren, die schönen Momente und wertvollen Erinnerungen überwiegen alle noch so misslichen Erlebnisse um Welten!

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