Route 66
Route 66

USA 2022 - 12 route 66 die zweite und das grosse finale - 09

das war’s

Der June Gloom tat sein Bestes, ein trübes Bild zu vermitteln. Fröstelnd assen wir das Frühstück im Freien. Zwei junge deutsche Paare und eine Gruppe ebenfalls junge Männer waren bereits da. Die Jungs hatten alle Milch weggetrunken, sodass ich die Packung Kellogg’s Frosties wieder zurücklegte und stattdessen ein Sandwich wärmte.

Wir packten die Koffer. Die Kühlbox und die beiden Stühle hinterliessen wir mit einem guten Trinkgeld dem Hotel. Nach dem Auschecken fuhren wir langsam auf dem Pacific Coast Highway Richtung Flughafen nach Los Angeles. Unser Plan, die wunderbare Aussicht auf das Meer zu geniessen, wurde durch den verhangenen Himmel getrübt.

Die Tankanzeige signalisierte, dass das Benzin wohl nicht ganz reichen würde, also hielten wir für ein paar Tropfen an einer Tankstelle. Wir hatten noch eine Flasche Scheibenputzmittel, das wir am Anfang der Tour gekauft, aber wegen des Autotauschs nicht gebraucht hatten. Ich schnappte sie und schenkte sie einem verdutzten Autofahrer mit der Begründung, dass wir auf dem Weg zurück nach Europa seien und das Mittel nicht mitnehmen konnten. Er strahlte und bedankte sich überschwänglich.

Auf der Höhe der Leo Carrillo State Beach zweigten wir auf den Mullholland Highway ab. Das war ein Glücksgriff, denn das Grau lichtete sich und eine strahlende Sonne kam zum Vorschein. Eine wunderbare Hügellandschaft erwartete uns. Irgendwann landeten wir wieder auf dem Pacific Coast Highway, wo es noch immer grau war.

Dann kam es, wie es kommen musste: Ich sollte aufs Klo. Mit jedem gefahrenen Kilometer verstärkte sich der Druck auf meine Blase. In Santa Monica in der Nähe des Piers entdeckten wir einen McDonald’s. Das Parkieren war für Gäste sogar kostenlos, was mich sehr überraschte. Reiner wollte bestellen, während ich die Örtlichkeiten aufsuchte, doch die Türklinke liess sich nicht runterdrücken. Sowas Dummes aber auch. Brauchte ich jetzt echt einen Schlüssel? Ich wartete, während Reiner sich mit dem Automaten abmühte, da sah ich einen anderen Gast die WC-Tür aufstossen und eintreten. Okay, darauf musste man erst kommen.

Während wir an unseren Getränken nippten, begann auf einmal ein Streit zwischen zwei Männern. Lautstark warfen sie sich sehr persönliche Dinge an den Kopf, die niemand etwas angingen. Ein paar Gäste verliessen das Lokal und auch ich fürchtete, dass es zu Handgreiflichkeiten kommen könnte. Doch so hart sie sich gegenseitig verbal angingen, so soft waren sie in Wirklichkeit. Der eine wollte gehen und der andere meinte, dass dann Schluss sei zwischen ihnen. Der erste ging und der zweite blieb mit hängendem Kopf zurück.

Eine knappe halbe Stunde später waren wir bei der Autorückgabe, die problemlos vonstattenging. Das Öl, das wir in Beatty erstanden hatten, sollte uns erstattet werden. Vielleicht hatte ich den Mitarbeiter falsch verstanden und ich hätte dafür ins Office gehen müssen, denn das Geld wurde nicht gutgeschrieben. In Anbetracht der Tatsache, dass wir durch die dreifache Tauscherei immer mal wieder einen halbleeren Tank abgegeben und einen vollen angenommen hatten, war das kein Weltuntergang.

Der Shuttle-Service brachte uns zum Terminal, wo wir die Abflughalle nicht fanden und nach dem Weg fragen mussten. Bei der Gepäckabgabe beim Lufthansa-Schalter herrschte wie auch im Flugzeug Maskenpflicht. Nun folgte der Security-Check. Es war Hochbetrieb. Wir stellten uns in eine von zwei Schlangen. Sicherheitsbeamte schienen nervös und hielten die Leute an, aufzuschliessen. Gehorchte jemand nicht, wurden sie laut. Die beiden vordersten dieser Schlangen mussten gleichzeitig zügig, aber nicht zu schnell an einem Hund vorbeilaufen, der auf keinen Fall angefasst werden durfte. Reiner war vor mir und sein temporärer Partner zögerte. Der Sicherheitsbeamte schrie ihn an, dass er laufen soll. Bei mir und meinem Gegenüber verlief alles tadellos.

Beim eigentlichen Check hiess es überraschenderweise, dass man die Schuhe anbehalten soll. Auf einer Tafel stand, dass alle Geräte, die grösser als ein Handy sind, auszupacken seien, aber der Beamte deutete mir, mein Tablet im Rucksack zu lassen. Ich erklärte ihm, dass ich ein Implantat im Knie hätte. Er meinte, ich soll mich anstellen und dann durch den Ganzkörperscanner gehen. Ich sah ihn mit einer Beamtin reden und auf mich zeigen. Sie winkte mich zu sich, ich musste mich in den Scanner stellen. Danach wurde ich abgetastet, aber im Gegensatz zu der Frau im Euroairport Basel Mulhouse war diese sehr freundlich und behutsam.

Die Zeit, bis unser Flug aufgerufen wurde, verbrachten wir in der Business Lounge, was ganz nett war. Das Flugzeug war kleiner, der Sitz und vor allem der Stauraum waren nicht ganz so gross, wie beim Hinflug. Ich drückte ein paar Knöpfe, bis ich fast lag, doch als ich mich wieder in Sitzposition bringen wollte, funktionierte das nicht. Der Kabinenchef schaute sich das Malheur an und erklärte mir, dass die Elektronik defekt sei. Er müsse jeweils manuell die Position ändern. Ich soll ungeniert zu ihm kommen und ich bekäme als Entschädigung Meilen gutgeschrieben. Einen anderen Platz konnte er mir nicht anbieten, da das Flugzeug komplett ausgebucht war.

In Frankfurt hatten wir keine Eile. Durch die Streichung unseres Fluges nach Basel hatten wir fast sieben Stunden Aufenthalt. Wir sahen im Bereich Z einen Wegweiser zur Business Lounge. Fast gleichzeitig mit uns kam ein anderer Gast an, den wir vorliessen. Der junge Mann beim Eingang der Lounge erklärte uns, dass wir durch den Zoll in den Bereich A müssten und es dort ebenfalls Business Lounges gäbe, die aber voller seien. Er meinte, wir hätten ja genügend Zeit, um erst im Z ein paar Stündchen zu chillen und dann später in den Bereich A zu wechseln.

Das war eine sehr gute Idee. Es waren kaum andere Gäste da. Wir tranken den ein oder anderen Kaffee, ein paar Gläschen Sekt und dann tingelten wir zum Bereich A. Derselbe Mann war beim Check-In, wie vorhin im Bereich Z. Er erkannte uns wieder und sagte lachend, dass er heute ein Läufer sei. In der Lounge war die Hölle los. Wir fanden trotzdem ein gemütliches Plätzchen. Die Müdigkeit übermannte mich, ich hatte auf dem Flug kaum geschlafen.

Das Personal im Flug nach Basel war sehr nett. Ich schaffte es kaum, mein Essen zu vertilgen, da landeten wir auch schon. Die Einreise dauerte nur ein paar Minuten und das Gepäck war auch schnell da. Wir nahmen ein Taxi nach Hause, wo gleichzeitig ein Nachbar eintraf. Er bot an, einen Koffer hochzutragen, was ich dankend annahm. Dann waren wir wieder zu Hause – ohne Katze, denn die war noch immer in den Ferien und kam erst am Montag zurück.

nachwehen

Todmüde fiel ich ins Bett und schlief und schlief und schlief. Den Sonntag verbrachten wir vor dem Fernseher und mit Nichtstun. Für Montag hatte ich Homeoffice in den Kalender eingetragen und war froh darüber, denn der Jetlag hatte mich volle Breite erwischt. Am Dienstag klingelte der Wecker bereits um 4:15 Uhr, denn ich hatte in der Hauptniederlassung in der Nähe von Zürich eine Besprechung und danach eine weitere auf der anderen Seite der Stadt. Völlig erschöpft kam ich zurück und ging früh schlafen. Am Tag darauf hatte sich zum Jetlag, der noch immer nicht abgeklungen war, eine Erkältung mit etwas Fieber dazugesellt. Meine Termine nahm ich per Microsoft Teams wahr und arbeitete von zu Hause aus. Am liebsten hätte ich den ganzen Tag geschlafen, aber nach so langer Abwesenheit hatte sich eine Menge Arbeit angesammelt, die sich nicht verschieben liess.

Am Donnerstag war meine Stimme weg, ich hatte Fieber und mir ging es nicht gut. Meine Kollegen fragten mich in einer Teams-Konferenz, ob ich einen Corona-Test gemacht hätte. Nein, ich hatte doch bloss eine Erkältung. Zur Sicherheit bohrte ich mit einem Stäbchen in meiner Nase und in dem Moment, wo ich auf die Anzeige des Strichs wartete, war mir klar, dass zwei davon erscheinen würden. Dem war dann auch so und die Apotheke stellte mir daraufhin ein Genesenen-Zertifikat für in 10 Tagen aus, denn innert Sekunden war auch dieser Test positiv ausgefallen.

Tja, das war’s! Acht Wochen Roadtrip durch den Südwesten der USA liegen hinter mir. Ein Highlight hatte das andere gejagt. Das Schönste der Reise war die Zeit, die wir uns für alles nehmen konnten und die unglaubliche Vielfalt an Städten, Landschaften, Pflanzen und Tieren, die wir gesehen hatten. Ich habe unendlich viele Eindrücke gewonnen, jede Menge Erfahrungen gesammelt und zu guter Letzt - als verzichtbares Souvenir - Corona mitgebracht.

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