Route 66
Route 66

USA 2022 - 12 route 66 die zweite und das grosse finale - 08

die shoppingmuffel

Der letzte Tag brach an, den wir mit dem Frühstück im Innenhof begannen. Es war trüb, die Sonne getraute sich noch nicht, sich zu zeigen. Das war also der June Gloom, das Pendent zum May Gray, wie die Kalifornier das Phänomen nennen, wenn die strukturlosen Stratuswolken der Meeresschicht in niedrigen Schichten der Atmosphäre auftreten. Sie dienen als natürlicher Hitzeschild für die dicht besiedelte Küste Südkaliforniens und reflektieren die Sonnenstrahlen effizient zurück in den Weltraum. So wichtig dies für das Klima ist, wir hätten lieber Sonne pur.

Ein Mann, der ein paar Jahre älter war als wir, unterhielt sich mit uns. Er war aus San Francisco und reiste unglaublich gern. Er war sehr an unserem Roadtrip interessiert und als er hörte, dass wir aus der Schweiz sind, holte er seinen Partner, der drei Jahre lang in Lugano gelebt hatte. Deshalb war auch er oft in der Schweiz. Einmal waren sie mit dem Schiff von Basel nach Rotterdam gefahren. Ihnen gefällt die Schweiz so gut, dass sie immer wieder Zeit dort verbringen.

Auf unserer Liste standen einige Dinge, die wir einkaufen wollten. Als Shoppingmuffel hatten wir das bis auf wenige Sachen auf den letzten Tag verschoben. Vermutlich würden wir unerledigter Dinge nach Hause fliegen, aber eines musste her, nämlich ein Rucksack. Wir wollten den Handgepäckkoffer aufgeben und ich plante, stattdessen einen Rucksack als Handgepäck mit ins Flugzeug zu nehmen.

Ich hatte einen gut bewerteten Laden gefunden, der Reiseausrüstung verkaufte. Dort angekommen, war der halbe Raum leer, nur ein sehr schöner Rucksack hing an der Wand. Der Preis von ein paar hundert Dollar war uns der schönste Rucksack nicht wert, also machten wir augenblicklich kehrt und gingen zu Macy’s. Das Gepäck war im Untergeschoss, doch Rucksäcke in der gewünschten Grösse waren Fehlanzeige. Ein netter Verkäufer verstand sofort, was wir suchten und versprach, an anderer Stelle nachzufragen. Ein paar Minuten später kam er zurück und schickte uns ins Obergeschoss, wo Macy’s eine Art Outlet betrieb. Dort wurden wir auch tatsächlich fündig. Damit hatten wir bereits genug vom Shopping.

mehr als nur ein baum

In Santa Barbara stand der grösste Feigenbaum der Vereinigten Staaten, den wollte ich mir nicht entgehen lassen.

Ein Seemann hatte 1876 einem Mädchen einen Sämling eines australischen Moreton Bay Fig Tree geschenkt, den es in der 201 State Street eingepflanzt hatte. Nachdem das Mädchen ein Jahr später weggezogen war, hatte ihre Freundin den Baum an der Ecke der Strassen Montecito und Chapala gepflanzt. Das Grundstück war nur wenige Blocks vom Meer entfernt und hatte der Southern Pacific Transportation gehört. Der Baum war 1970 offiziell als historisches Wahrzeichen ausgewiesen worden und sechs Jahre später an die Stadt Santa Barbara übertragen worden. Die Wurzeln werden durch eine Kettenbarriere in der Grösse des Kronendachs geschützt, das einen Durchmesser von über 50 Meter aufweist.

Als wir beim Moreton Bay Fig Tree ankamen, war der Baum abgezäunt. Ausgerechnet jetzt war dort eine Baustelle. Das Ausmass des Baumes war trotzdem zu erkennen, nur war er nicht so fotogen, wie ich es mir gewünscht hätte. Er hing über und über voller Feigen. Was wohl mit den Früchten gemacht wird?

relaxen und schlemmen, das hatten wir uns verdient

Wir fuhren kreuz und quer durch Santa Barbara und schauten uns die hübschen Häuser vom Auto aus an. Inzwischen schien die Sonne in voller Pracht. In einem Whole Food Market kauften wir Sushi und kehrten ins Hotel zurück. Dort schmissen wir uns in Badesachen, setzten uns an den Pool und assen das gekaufte Sushi. Wir waren die einzigen Gäste, später gesellte sich eine Mutter mit einem zuckersüssen kleinen Jungen hinzu. Der Kleine schwamm stets zu uns und bot uns eine kleine Show. Die Mutter wollte ihn erst zurückrufen, aber als sie merkte, dass er uns alles andere als störte, grinste sie bloss ab seinen Kapriolen.

Am späteren Nachmittag kamen immer mehr Gäste an den Pool. Es war herrlich, wir genossen die gute Laune und die entspannte Atmosphäre. Als die Sonne hinter den Häusern verschwand, wurde es kühl. Es wurde Zeit, uns fürs Abendessen frisch zu machen.

Wir fuhren zur Stearns Wharf und gingen nach einem Spaziergang auf dem Steg ins Moby Dick Restaurant. Eine junge Kellnerin, die ihren ersten Tag hatte, bediente uns. Ich bestellte Linguine mit Seafood, worauf sie meinte, dass das ihr Favorit sei. Reiner wählte den Seabass. Das sei aber ein ganzer Fisch, was genau das war, was Reiner haben wollte. Zur Feier des Tages bestellten wir uns eine Flasche American Champagner. Ich hatte zwar gedacht, dass der Name «Champagner» geschützt sei, aber das war egal. Die Kellnerin war mit der Flasche überfordert und holte sich Rat bei der Chefin, die sie stets im Auge behielt. Während die junge Frau sehr ungeschickt die Gläser füllte, fragte sie, ob das unser Lieblingswein sei. Sie war so charmant und süss, dass wir ihr jeden Fehler verziehen.

Der Fisch war perfekt gebraten und sah so gut aus, dass rund um uns herum auch der Wolfsbarsch bestellt wurde, bis er ausverkauft war und hinter uns ein Gast enttäuscht etwas anderes ordern musste. Wir hatten einen Platz am Fenster auf das Meer hinaus und konnten sehen, wie die Sonne immer weiter Richtung Horizont wanderte. Den Sonnenuntergang beobachteten wir anschliessend auf dem Steg der Stearns Wharf neben Fischern, Einheimischen und Touristen. Es war ein wunderbarer Anblick und ein würdiger Abschluss für eine wundervolle Reise.

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