Grand Canyon North Rim
Grand Canyon North Rim

USA 2022 - 11 page - grand canyon - 08

das hätte ins auge gehen können…

Am Morgen war es teilweise bewölkt und wieder kühl. Wir checkten aus und fuhren aus dem Nationalpark hinaus. Auf der dahinterliegenden Wiese erwartete uns eine Bisonherde. Wir hatten Glück, dass wir uns genau bei diesem Punkt in eine kleine Haltebucht stellen konnten, sodass wir die imposanten Tiere beobachten konnten, bevor wir zum Marble Canyon Restaurant gingen, um zu frühstücken. Die Bedienung wollte bereits schliessen, doch sie genehmigte uns doch noch, Platz zu nehmen. Wir bestellten je einen Avocadotoast, aber der konnte dem ersten Frühstück in Los Angeles nicht das Wasser reichen.

Auf der Weiterfahrt bogen wir spontan links nach Tuba City und von dort auf die AZ-264 ab. Wir wollten zum Coal Mine Canyon, wo wir 2014 bereits einmal waren und der uns so gut gefallen hatte. Doch die Einfahrt, die wir damals genommen hatten, sah privat aus und der Weg, den uns das Navi wies, führte zu einer sandigen Piste, die wir nicht getrauten, zu fahren. Daraufhin wollte Reiner zum Blue Canyon, den wir sowohl 2014 wie auch 2016 von Norden her versucht hatten, zu erreichen, aber wegen tiefem Sand aufgeben mussten. Beim zweiten Mal hatten wir die Anfahrt von Süden her geschafft.

Wir bogen wie damals in die Indian Route 7 ab und schauten genau, ob irgendwo ein Verbotsschild stand, aber da war nichts zu sehen. Ich hatte gelesen, dass es nur in Begleitung eines Hopi erlaubt war, dort entlangzufahren. Da aber nichts auf ein Verbot hinwies, hatte ich auch kein schlechtes Gewissen, den Weg zu nehmen.

An einer Stelle ging es auf sandigem Untergrund stark bergab und die Wolken nahmen zu. Wir hofften, dass das Wetter hielt, bis wir wieder geteerte Strasse unter den Rädern hatten. Der warmen Kleider hatten wir uns längst entledigt. Es war inzwischen knapp 30 Grad Celsius wärmer als noch am Morgen beim Grand Canyon.

Dann waren sie da, die wunderschönen Felsformationen, die Zipfelmützen, die Hoodoos und weitere erodierte Felsen in der Einsamkeit. Kein Auto, kein Mensch und kein Tier waren zu sehen. Nur Fuss- und Hufspuren waren im weichen Boden hinterlassen worden, als er feucht gewesen sein musste.

Beim Rückweg verlief alles gut - das Wetter hielt - bis wir an die steile, sandige Stelle kamen. Die Räder drehten durch und wir kamen nicht die Anhöhe hoch. Ich blieb ruhig, Reiner wurde nervös. Er versuchte es ein zweites Mal etwas mehr links und mit einer Spur mehr Gas, aber wir steckten wieder fest. Rückwärts runterrollen und ein neuer Anlauf. Schliesslich fuhren wir mit noch mehr Tempo die Piste hoch, gelangten in eine Sandbank und schleuderten. Reiner hatte nach einer gefühlten Ewigkeit endlich wieder Kontrolle über das Fahrzeug. Mir war fast das Blut in den Adern gefroren, so geschockt war ich. Ich malte mir aus, was alles hätte passieren können, wenn wir den Abhang hinuntergerauscht wären, kein Mensch uns gefunden hätte, wir verletzt worden wären und das Handynetz nicht funktioniert hätte. Aber zum Glück kamen wir mit dem Schrecken davon.

In Tuba City suchte ich im McDonalds die Sanitären Anlagen auf. Wegen der hier noch herrschenden Maskenpflicht musste ich vor dem Eintreten erst eine Maske suchen. Ein paar Kinder wollten uns auf dem Platz penetrant irgendeine Spielzeugfigur verkaufen. Sie gaben erst Ruhe, als ich das Steuer übernahm und wir uns vom Parkplatz entfernten.

Auf dem Highway 89 Richtung Süden sah ich auf einmal, wie sich von rechts ein Sandsturm auf die Fahrbahn zubewegte und dann war ich auch schon mittendrin. Es wurde dunkel, die Fahrbahn war nicht mehr zu erkennen. Rund um uns herum war nichts als Sand. Instinktiv bremste ich ab; stark genug, um nicht auf das vordere Fahrzeug aufzufahren oder von der Fahrbahn abzukommen, aber nicht so heftig, dass mir das hintere Auto ins Heck krachte. Reiner, der neben mir geschnarcht hatte, öffnete die Augen und trat fast den Fahrzeugboden durch. Er war ausser sich und fragte mich entsetzt, warum ich nicht gebremst hätte. Und das, wo ich so stolz auf meine Reaktion war und es auch jetzt noch bin. Vor allem, als im Juli dieses Jahres von einer Massenkarambolage in Montana mit sechs Toten und mehreren Verletzten wegen eines Sandsturms zu lesen war.

Todmüde kamen wir im Best Western Plus Inn of Williams an. Das Hotel liegt westlich von Williams auf einer kleinen Anhöhe an der Route 66. In der Lobby gab es eine Kaffeemaschine, die verschiedene Kaffeevariationen zauberte. Kleinere und grössere Kachinas zierten die Flure. Das war eines der schönsten, wenn nicht gar das schönste Hotel unserer Reise. Früher war das bestimmt ein eigenständiges Hotel, denn es hatte nichts mit den Best Western gemeinsam, die wir kannten.

Um nicht mehr wegfahren zu müssen, gingen wir fürs Abendessen ins hauseigene Western View Steakhouse. Mit Suppe, Steaks, Dessert und einem guten Tropfen in schönem Ambiente beschlossen wir den heutigen Tag.

AUCH INTERESSANT

Auf dem Weg von Durango nach Silverton
Auf dem Weg von Durango nach Silverton
Monument Valley Tribal Park
Monument Valley Tribal Park
Canyon de Chelly
Canyon de Chelly