Alcazaba
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málaga, boquerones und ein malheur - das ende

montag, 12. februar 2024

Dies teilte ich Reiner am Morgen mit. Auch ihm war klar, dass unter diesen Umständen keine angenehmen Ferien mehr möglich waren. Heute würde ein Flug bereits um 9:00 Uhr gehen, das schafften wir nicht mehr, aber morgen flog EasyJet um 15:50 Uhr nach Basel. Das war perfekt. Ich buchte uns auf diesen Flug um und bezahlte die 195 Franken Umbuchungsgebühr inklusive Mehrpreis für die Tickets. Wir bekamen Plätze in Reihe zwei, wie ursprünglich gebucht. Reiner verkürzte inzwischen die Mietdauer für den Mietwagen. Die nicht gebrauchten Tage wurden anstandslos erstattet.

Daraufhin schickte ich den Bericht und die abfotografierten Röntgenbilder ans Universitätsspital Basel. Ich bat darum, mit Reiner Kontakt aufzunehmen, da ich im Ausland kein inkludiertes Roaming hatte.

Während ich an der Rezeption eine weitere Nacht buchte, rief die Oberärztin an. Ihr Vorschlag war, direkt nach der Landung über den Notfall ins Universitätsspital Basel einzutreten, wo ich dann am Mittwoch, meinem Geburtstag, operiert würde.

Zum Frühstück gingen wir um die Ecke in die Cafetería Torrú. Ich schaffte lediglich ein halbes Brötchen und ein paar Schluck Wasser. Der Gedanke an Kaffee oder gar frisch gepressten Orangensaft rief Übelkeit hervor. Unser Vorhaben, zum Abschluss etwas aufs Land zu fahren, um Mandelblüten zu sehen, verwarfen wir. Stattdessen begaben wir uns ins Hotel und hängten das «Bitte-nicht-stören-Schild» vor die Tür. Ich legte mich ins Bett, fühlte mich unwohl, setzte mich in den Sessel, fühlte mich unwohl, setzte mich aufs Bett, fühlte mich unwohl. So ging es den ganzen Tag.

Ich hatte Hunger, aber keine Lust zu essen. Reiner ging in die Stadt, um die Schmerzmittel und etwas zu Essen zu besorgen. Als er zurückkam, konnte er die Zimmertür nicht öffnen. Wir hätten die Karten für die Verlängerung neu registrieren müssen, was Reiner nun nachholte.

Für zwei riesige Packungen Schmerzmittel musste er lächerliche 2.24 Euro bezahlen und das Rezept war in der Apotheke bereits registriert. Scheinbar sind die Spitäler in Spanien mit den Apotheken vernetzt.

Ich ass etwas Reis mit Gemüse und nahm den Wechsel von Sessel zu Bett und zurück wieder auf. Der arme Reiner musste meine depressive Stimmung ertragen, aber er weigerte sich, nochmals allein loszuziehen, um ein paar Fotos zu schiessen. Lieber wollte er mich umsorgen. Auf einmal klopfte es. «Moment», rief ich und versuchte, die geöffnete Hose zu schliessen, doch da hatten die Zimmermädchen bereits die Tür geöffnet. Ich murmelte «estoy enferma», woraufhin sich die beiden entschuldigten. Das «Bitte-nicht-stören-Schild» war auf den Boden gefallen und nun wussten sie nicht, ob wir Housekeeping wollten oder nicht.

Am Abend riss ich mich zusammen und wir gingen raus, um in der Nähe eine Kleinigkeit zu essen. Leider wurden wir nicht fündig, Montag war vielerorts Ruhetag und mir ging es sehr bescheiden.

dienstag, 13. februar 2024

Ich hatte gut geschlafen und fühlte mich viel besser. Diesmal ass ich im Torrú das ganze Mollete und trank auch wieder einen Zumo zum Café con leche. Die Cafetería gefiel mir. Viele Einheimische trafen sich hier zum Frühstück in kleineren und grösseren Gruppen und das Essen schmeckte hervorragend.

Wir packten die Koffer und eine Tasche fürs Spital, die Reiner ins Aussenfach des Koffers steckte. Dann checkten wir aus und fuhren bei schönem Wetter noch etwas am Meer entlang, bis es Zeit für den Rückflug war. Mir graute vor der Sicherheitskontrolle. Nun hatte ich nicht bloss Metall im Knie, sondern auch noch Gips am Arm. Hoffentlich gingen sie sanft mit mir um.

Die Dame bei der Gepäckabgabe wollte Geld für Übergewicht des Koffers. Nicht mit uns. Reiner packte ein paar Dinge vom Koffer in den Handgepäck-Rucksack. Das Flugzeug wurde dadurch nicht leichter, aber wir behielten das Geld für die Gebühr.

Vor der Security stauten sich die Reisenden. Als ich endlich an der Reihe war, beschrieb ich der Sicherheitsbeamtin meine beiden Handicaps, die ihre Kollegin hinter dem Scanner informierte. Diese nahm mich mit einem freundlichen Lächeln in Empfang, nachdem der Scanner erwartungsgemäss gepiepst hatte. Sie tastete mich äusserst vorsichtig ab, nahm von der Schlinge einen Abstrich, der unauffällig war, und schon war die Kontrolle vorbei.

Im Giraffe World Kitchen assen wir eine Kleinigkeit. Als das Gate bekannt war, begaben wir uns dorthin und warteten nur kurz, bis das Boarding begann. Ich stieg als zweite ins Flugzeug ein und nahm am Fenster der Reihe zwei Platz. Der Flug war angenehm. Als wir uns über Lausanne befanden, ging die Sonne unter. Der Genfer-, Neuenburger-, Murten und der Bielersee spiegelten wundervoll im Abendlicht. Ich konnte die Augen kaum von dem Schauspiel nehmen. Leider waren unsere Handys im Gepäckfach und wir wollten die Frau neben Reiner deswegen nicht stören, weshalb wir keine Fotos von der Szenerie machen konnten.

Da wir aus dem Schengen-Raum kamen, mussten wir nicht durch die Passkontrolle. Das Gepäck war auch schnell da und schon konnten wir unseren Nachbarn entdecken, der uns freundlicherweise vom Flughafen abholte. Ich war ihm unglaublich dankbar, denn er fuhr uns nicht nur zum Spital, sondern trug auch die beiden Koffer ins Dachgeschoss und stellte sie uns vor die Wohnungstür.

Bei der Anmeldung im Notfall war ich mir nicht sicher, ob sie über mein Kommen informiert waren. Sie schickten mich zur Triage. Dort sah es zumindest so aus, als ob mein Name schon vermerkt war. Ich bekam eine Akte, die ich auf der zweiten Anmeldung abgeben musste. Schliesslich wurde mir ein Armband mit QR-Code angelegt und ich durfte mich zu zwei Wartenden setzen. Die beiden waren sehr aufgebracht über die lange Wartezeit. Der eine fragte, ob erst jemand sterben müsse, bevor man behandelt würde. Damit stachelte er den anderen auf und so begann auch der zu toben. Ein Sicherheitsbeamter kam deeskalierend hinzu. Noch bevor einer der beiden an der Reihe war, wurde ich aufgerufen.

Ich bekam ein Nachthemd und es wurde mir ein Venenkatheter angelegt. Ärzte kamen und gingen. Der Gips musste vom Arm und ich musste geröntgt werden. Reiner verabschiedete sich. Den Rest schaffte ich auch allein.

Der Notfallarzt meinte, dass die Oberärztin, die mich operieren würde, eine Spezialistin und sehr gute Operateurin wäre. Klang vielversprechend. Bereits morgen um 7 Uhr würde ich als erstes operiert werden. Gut, dann hatte ich es hinter mir.

Ich wartete und wartete und wartete. Es war 00:15 Uhr. Ich hatte Geburtstag und niemanden interessierte das. Das stimmte zwar nicht, denn ich hatte keine Lust, das Handy einzuschalten. Sonst hätte ich gesehen, dass bereits die ersten Glückwünsche eingetrudelt waren.

Um 01:00 Uhr holten mich zwei Pflegefachfrauen ab, um mich aufs Zimmer 5134 zu bringen. Sie gratulierten mir zum Geburtstag, was mich sehr freute. Als ich erzählte, dass ich in Málaga gestürzt war, hatte die eine der beiden ein Déjà-vu. Eben war eine andere Frau aus Spanien eingeliefert worden, die sich nun in Isolation befinde. Zum Glück war dies aber bei mir nicht nötig.

Im Zimmer war ich allein, der zweite Platz war nicht belegt. Ich machte mich bettfertig und versuchte zu schlafen.

mittwoch, 14. februar 2024

Kurz nach sechs wurde ich geweckt, dann hiess es warten. Um zehn ging es endlich los, ich wurde in den Operationsbereich geschoben. Ein Schmerzkatheter sollte gelegt werden, dann … Abbruch! Eine Schockpatientin wurde in MEINEM Operationssaal operiert. Der Pfleger meinte, «er bringe mich um die Ecke» und parkierte mich im Aufwachraum.

Ich hatte mich gestern beim Anästhesiegespräch für eine lokale Betäubung entschieden. Doch die Wirkung war ungenügend, weshalb sie schliesslich doch zur Vollnarkose griffen. Etwas schlafen war gar nicht so schlecht.

Mitten in einem Traum hörte ich meinen Namen sagen. Ich befand mich im Aufwachraum und hatte Halsschmerzen. Ich fragte, ob ich noch etwas dösen dürfe oder ob ich wach bleiben müsse. «Dösen sie ruhig noch ein bisschen!» Die Oberärztin besuchte mich und rief Reiner an, um ihn zu informieren. Die Operation war erfolgreich verlaufen. Ich dürfe den Arm sechs Wochen lang nicht belasten, ihn aber frei bewegen, wenn er dann wieder aufwachte. Momentan war er taub. Ich spürte nichts und konnte lediglich den kleinen Finger ein klein wenig bewegen. Dieser Zustand könne bis zu einem Tag anhalten, hatte der Anästhesist mich vorgängig informiert.

Es gab Schichtwechsel beim Pflegepersonal. Die beiden gratulierten mir zum Geburtstag. Am meisten freute ich mich über den Geburtstagskuchen mit Luftballons, den die Pflegefachfrau auf das Whiteboard gemalt hatte.

Malaga 66 von 66

Besuch trudelte ein. Ich bekam Blumen und Geschenke. Obwohl ich keine Schmerzen hatte, war ich komplett erschöpft. Bei jeder Bewegung musste ich das seltsame Etwas links von mir platzieren. Es war unglaublich, wie fremd sich ein Arm anfühlte, den man ihn nicht spürte. Inzwischen konnte ich auch den kleinen Finger nicht mehr bewegen.

Irgendwann war Schicht im Schacht. Ich zwang mich, bis zehn wach zu bleiben, um die letzte Ration Schmerzmittel zu schlucken, dann schlief ich ein. Gerade, als ich wunderbar träumte, kam die Nachtschwester, um den Blutdruck zu messen. Noch immer hatte ich kein Gefühl im Arm, was mich inzwischen etwas beunruhigte. Was, wenn der Arm lahm blieb? Lange sinnierte ich nicht, denn ich schlief schnell wieder ein.

donnerstag, 15. februar 2024

Die Angst war unbegründet. Beim Erwachen konnte ich den Arm, die Hand und die Finger wieder bewegen. Es kribbelte noch, aber das verging im Laufe des Vormittags. Die Hand war stark geschwollen.

Die Agenda für den Vormittag war voll: Entfernen des Venenkatheters, Besuch der Orthopädin, die mitoperiert hatte, Besuch der Anästhesie, Arztvisite, Mittagessen. Das Essen war sehr lecker. Keine Ahnung, wieso alle immer auf Krankenhauskost schimpfen. Mir hatte es sehr gut geschmeckt.

Am Nachmittag wurde ich zum Röntgen abgeholt. «Im Rollstuhl oder im Bett?», fragte der Transportdienst allen Ernstes. Ich konnte laufen und dies tat ich auch. Ein kleiner Spaziergang unterirdisch vom Klinikum 1 zum Klinikum 2, wo sich die Röntgenapparate für stationäre Patienten befanden, tat ganz gut.

Als Reiner wieder bei mir war, kam auch der Schmerzkatheter weg. Zwei junge Frauen, fast noch Mädchen, tapsten schüchtern mit einem Klemmbrett im Arm in mein Zimmer. Waren das Zeugen Jehovas oder Scientologinnen? Nein, die beiden stellten Fragen zum Gesundheitszustand meines Arms vor dem Unfall. Die Frage «Arbeiten sie noch?» amüsierte mich. Für die muss ich mit meinen 55 Jahren etwas zwischen alt und scheintot sein.

Ich sass den ganzen Tag am Tisch und benutzte das Bett nur noch zum Schlafen. Als der Pfleger mir auch die Schiene vom Arm nahm, war ich quasi wieder mobil und bereit dafür, nach Hause zu gehen. Das sahen sie im Spital anders. Sie wollten mich noch mindestens eine Nacht behalten.

freitag, 16. februar 2024

Ich hatte wieder sehr gut geschlafen. Unglaublich, wie müde ich war. Die Narkose hatte mir zugesetzt. Ansonsten fühlte ich mich gut und war schmerzfrei. Ich wusch mich und zog mich an. Einzig die ABS-Socken behielt ich an, war aber bereit, sie gegen Socken zu tauschen, die Schuhe anzuziehen und nach Hause zu gehen.

Die Pflegefachfrau entfernte den Verband und meinte mit Blick auf das Blut unter dem Pflaster, dass ich mir nicht zu viel Hoffnung auf eine Heimkehr machen sollte. Die Narbe müsse bei einem Spitalaustritt trocken sein und das sah bei mir nicht so aus. Mir entglitt vor Enttäuschung das Gesicht. Alles verlief so gut und jetzt das? Ich wollte heim!

Kurz darauf kam die Visite. Es hatte sich ein Blutpfropfen gebildet. Der konnte entfernt werden und es quoll kein weiteres Blut nach. Die Narbe sah sehr schön aus. Also durfte ich gehen, musste nur noch auf den Abschlussbericht warten.

Dieser wurde mir nur kurze Zeit später überreicht und ich war frei! Noch etwas Ruhe, Arm hochlagern, Physiotherapie und ich war wieder die Alte. Und so endet der Reisebericht, der zu einem Unfallbericht mutiert ist.

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