Monument Valley Tribal Park
Monument Valley Tribal Park

herbstliche odyssee im wilden westen (7/8) - der tag der tage

 

samstag, 14. oktober 2023

der tag der tage

Nun war er da, der Tag der Tage. Nur noch ein paar Stunden bis zur Sonnenfinsternis. Wir standen um fünf auf. Um sieben waren wir bereits beim Forrest Gump Hill und waren nicht die ersten. Manche hatten wohl die Nacht hier verbracht. Ein paar Hasen und ein Bobcat hatten bei völliger Dunkelheit unseren Weg gekreuzt.

Bei Kühlschranktemperaturen harrten wir aus, bis die Sonne sich langsam erhob und die Formation beim Monument Valley beleuchtete. Ich fror trotz zwei Fleece, die ich übereinander angezogen hatte und einem Tuch, das mir die Ohren schützte. Im Motelzimmer lag meine winddichte Jacke. Ein junger Mann liess seine Drohne steigen und ich ärgerte mich unglaublich, dass meine DJI Mini 3 pro neben der Jacke in Bluff zurückgeblieben war.

Forrest Gump Hill
Forrest Gump Hill
Forrest Gump Hill
Forrest Gump Hill

Es kam, wie es kommen musste: Meine Blase drückte. Die Kälte tat ihr übriges, dass sich dieser Zustand nicht besserte. Da auf jedem Hügel und hinter jedem Grasbüschel ein Besucher herumstrolchte, konnte ich nicht hinter einen Busch. Nun war guter Rat teuer, hatten wir uns doch perfekt eingerichtet. Wir überlegten hin und her, was wir tun sollten, und fuhren letztendlich zum Navajo Welcome Center. Dass das Besucherzentrum geschlossen sein würde, war uns bewusst, denn die Navajo Nation hatte angekündigt, während fünf Stunden den Monument Valley Tribal Park geschlossen zu halten. Ich hoffte, dass die Toiletten trotzdem zugänglich wären.

Die Schliessung des Monument Valley begründete auf der tiefgreifenden kulturellen Bedeutung, die eine Sonnen- oder Mondfinsternis für die indigenen Völker, insbesondere für die Navajo-Nation, hat. Die Sonnenfinsternis wird als Ende eines Zyklus verstanden. Sie symbolisiert eine Wiedergeburt und die Umarmung von Mond und Sonne. Die Navajos haben bestimmte Protokolle zu befolgen, die das Betrachten der Sonnenfinsternis, Essen, Trinken, Schlafen oder körperliche Aktivität ausschliesst. Stattdessen werden sie ermutigt, zu Hause zu sitzen, die Fenster zu verhüllen, zu reflektieren, zu beten und den intimen himmlischen Moment zu umarmen.

Ich hatte aber Glück, die Toiletten waren von der Schliessung nicht betroffen und ich konnte erleichtert zu den Picknicktischen gehen, wo wir die Kamera mit einem selbst gebastelten Sonnenschutz Richtung Monument Valley ausrichteten. Nur wenige Besucher hatten dieselbe Idee. Später hielt ein Reisebus auf dem fast leeren Parkplatz, aber auch die Leute vermochten keinen grossen Wirbel zu verursachen.

Wir setzten unsere SoFi-Brillen auf und schauten Richtung Sonne. Oben fehlte bereits eine kleine Ecke. Reiner drückte den Auslöser. Alle paar Sekunden entstand ein Foto. Nach kurzer Zeit musste die Kamera neu ausgerichtet werden, weil die Sonne den Ausschnitt verlassen hatte. Langsam wurde der dunkle Fleck immer grösser. Die Sonne wurde erst zu einem fetten Croissant, dann zu einer schmalen Sichel und letztendlich leuchtete nur noch ein schmaler Ring rund um den dunklen Mond. Die Ringförmige Sonnenfinsternis hatte ihren Höhepunkt erreicht. Ich nahm die Brille ab, um zu schauen, ob dadurch eine Verdunkelung stattgefunden hatte, doch der Sonnenring war noch kräftig und verpasste der Landschaft lediglich eine leicht mystische Stimmung.

Wir beobachteten, wie der Mond die Sonne langsam verliess. Ein Vater mit zwei Jungs kam zu uns. Die drei waren fasziniert vom Bild auf dem Display unserer Kamera, wo die angeknabberte weisse Sonne auf schwarzem Grund entgegenleuchtete. Der Vater bat um Erlaubnis, das Display zu fotografieren und ich lieh den beiden Söhnen meine SoFi-Brille, damit sie das Phänomen mit eigenen Augen anschauen konnten. «Like a banana», rief der eine begeistert aus.

Sonnenfinsternis Monument Valley
Sonnenfinsternis Monument Valley
Sonnenfinsternis Monument Valley
Sonnenfinsternis Monument Valley
Sonnenfinsternis Monument Valley
Sonnenfinsternis Monument Valley
Sonnenfinsternis Monument Valley
Sonnenfinsternis Monument Valley
Sonnenfinsternis Monument Valley
Sonnenfinsternis Monument Valley
Sonnenfinsternis Monument Valley
Sonnenfinsternis Monument Valley

Es war zwar inzwischen ein paar Grad wärmer, aber nach stundenlangem Ausharren war ich völlig durchgefroren. Auch Reiner spürte die Kälte in den Knochen, sodass wir ein paar Minuten vor dem kompletten Austritt des Mondes aus der Sonne, den Standort verliessen.

ein downgrade

War der Monument Valley Tribal Park bereits wieder geöffnet? Einige Autos fuhren hoch, also schlossen wir uns ihnen an. Kurz vor der Eingangsstation wurden die Autos angehalten. Ein junger Navajo kam uns entgegen und fragte, ob wir eine Buchung hätten. Ja, für eine Tour um drei. Der Mann bedauerte, aber es dürften erst Besucher einfahren, die eine Hotelbuchung vorweisen könnten. Er empfahl uns, den Forrest Gump Point zu besuchen und bat uns, in einer Stunde wiederkommen.

Den Forrest Gump Point hatten wir schon ausgiebig erkundet und wir hatten keine Lust, bei grellem Sonnenschein den unvernünftigen Touristen zuzusehen, wie sie sich und ihre Kinder bei ihren Fotoshootings auf der Strasse gefährdeten.

Wir fuhren in die entgegengesetzte Richtung zum Agathla Peak oder El Capitan, wie der 460 Meter hohe Gipfel auf Spanisch genannt wurde. Reiner verpasste die Haltebucht und weil wir kaum gefrühstückt hatten, beschlossen wir, in Kayenta essen zu gehen. Wir hielten es für eine gute Idee, im sehr gut bewerteten Amigo Cafe einzukehren. Einige Leute warteten am Eingang, trotzdem trugen wir uns in die Warteliste ein.

Erst geduldig und später wie auf Nadeln warteten wir darauf, endlich aufgerufen zu werden und ins Restaurant eintreten zu können. Nach über einer Stunde Warten hörten wir unseren Namen. Wir durften im Innern des Cafes platznehmen. Dicht gedrängt sassen die Gäste zusammen. Personen, die eine halbe Stunde vor uns dran waren, sassen noch an leeren Tischen. Das würde nicht reichen, um pünktlich bei der Tour zu sein. Deshalb standen wir auf, entschuldigten uns und gingen mit leeren Bäuchen aus dem Lokal. Stattdessen assen wir eine Kleinigkeit bei McDonalds – was für ein Downgrade!

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