Route 66
Route 66

USA 2022 - 09 route 66 die erste - 06

versteinerte bäume

Seit Las Vegas hatten wir ausser uns niemanden mehr deutsch sprechen hören. Ich fragte Reiner beim Frühstück, wann er denke, dass wir auf die ersten deutschsprachigen Touristen treffen würden - ob heute oder erst morgen. Er tippte gar, dass dies erst in knapp einer Woche der Fall sein würde. Im Denny’s, wo wir frühstückten, waren sie gnadenlos unterbesetzt. Eine Bedienung, die so dünn war, dass ich mir Sorgen machte und eine etwas stämmigere, tätowierte Frau mit Piercings und bunten Haaren mussten den gesamten Laden allein schmeissen. Einzig ein Koch war noch anwesend, aber der hatte in der Küche mehr als genug zu tun. So warteten wir, bis das Essen kam und nochmals, um die Rechnung zu bezahlen.

Beim Safeway deckten wir uns noch mit Salaten ein, bevor wir zum Südeingang des Petrified Forest National Park fuhren. Vor dem Parkeingang standen unzählige versteinerte Bäume vor dem Crystal Forest Museum & Gifts und dem gegenüberliegenden Petrified Forest Gift Shop. Kaum zu glauben, dass die Bäume in dieser riesigen Anzahl vorkamen, dass sie sogar verkauft werden konnten. Wir fuhren mangels Interesses an einem Baumstamm daran vorbei und stellten uns auf den Parkplatz beim Rainbow Forest Museum. Die grosse Amerikafahne wehte auf Halbmast. Später erfuhren wir, dass gestern im ein paar hundert Kilometer von hier entfernten Texas ein 18-Jähriger 19 Kinder und zwei Erwachsene in einer Primarschule erschossen hatte.

Hinter dem Museum bot der Giant Logs Trail ein Wegesystem an einigen der grössten und farbenfrohsten Baumstämme des Parks an. Die Stellen waren nummeriert und auf der dazugehörigen Broschüre konnten wir nachlesen, was die einzelnen Punkte bedeuteten. Das war schon mal ein schöner Einstieg in die Welt des Petrified Forest.

Weitere versteinerte Baumstämme fanden wir auf dem Crystal Forest Trail. Der Wanderweg war gut besucht, aber die meisten drehten die Runde gegen den Uhrzeigersinn und kamen uns entgegen. Auf einer Anhöhe wurden wir wieder mit einer herrlichen Aussicht auf die Badlands belohnt.

Wir fuhren zum Jasper Forest, wo uns ein weiterer Aussichtspunkt einen Blick in die Tiefe und Weite erlaubte. Anschliessend gingen wir zur Agate Bridge, die ursprünglich Natural Bridge genannt worden war. Es handelt sich um einen teilweise freigelegten versteinerten Baumstamm, der eine Schlucht bei Agate Mesa überspannt und eine Brücke bildet. Aus Angst vor dem Einsturz dieses Wahrzeichen durch die Erschütterung der Eisenbahn, waren 1903 Pfeiler darunter gemauert worden, die später durch Beton ersetzt worden waren. Das Betreten des Baumstammes war verboten.

Nun war es Zeit für das Mittagessen. Es ging an den Tepees vorbei, unter der I-40 hindurch und hoch zur Chinde Point Picnic Area, wo wir unsere Salate auspackten. Fünf überdachte Picknickplätze mit je vier bis sechs Tischen waren in einem Halbkreis angeordnet. Unter dem ersten Dach war ein älteres Paar beim Essen, wir nahmen das mittlere in Beschlag. Nach und nach füllte sich ein Platz nach dem anderen. Kinder waren fasziniert von den bärensicheren Mülleimern, in denen sie den Abfall entsorgten. Als ich Richtung Toilettenhäuschen ging, rief mir ein Mann zu, dass die Toiletten geschlossen wären. Ich vertraute ihm, kehrte wieder um und benutzte die Toilette beim Painted Desert Visitor Center am Nordeingang des Parks.

Damit hatten wir die komplette Petrified Forest Road von Süden bis Norden einmal unter den Rädern gehabt, allerdings hatten wir Sehenswürdigkeiten ausgelassen, die wir uns für den Nachmittag aufgespart hatten. Bei den meisten View Points, die wir bereits gestern besucht hatten, hielten wir erneut kurz an, um die Aussicht zu bewundern. Nach dem verrosteten Auto der Route 66 kam lange Zeit nichts, bis wir beim Puerco Pueblo parkierten. Reiner hatte keine Lust auf Steinruinen bei der Hitze, also ging ich den Weg allein und filmte Puerco Pueblo sowie die Petroglyphen am Südende des Rundwegs mit meiner GoPro.

Den Newspaper Rock wollte Reiner sich erst auch nicht anschauen, hätte es aber bereut, wenn er nicht mitgekommen wäre. Die archäologische Stätte verfügt über mehr als 650 Petroglyphen, die eine Gruppe von Felswänden bedecken. Als wir ankamen, waren wir die einzigen. Ich schaute durch jedes der drei Ferngläser und war so voller Euphorie. Ich schwärmte Reiner von den Felszeichnungen vor, wie cool die seien, da hörte ich hinter mir eine Frauenstimme «Grüezi» sagen. Huch, Schweizer hier? Ich war völlig überrumpelt. Es war ein älteres Paar aus der Ostschweiz, das wir danach bei jedem View Point auf der Blue Mesa Scenic Road erneut trafen. Sie kamen von Las Vegas und waren auf dem Weg nach Tucson. Somit hatte sich die Frage vom Morgen auch geklärt: Heute war also der Tag, an dem wir nach Wochen wieder deutschsprechende Menschen angetroffen hatten.

 

Am Abend assen wir im Mesa Italian Restaurant. Für mich gab es Kalbsschnitzeli mit einer Zitronen-Kapern-Sauce und für Reiner Lachs. Beides schmeckte uns nach ein bisschen Nachsalzen sehr, sehr gut.

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