Route 66
Route 66

USA 2022 - 09 route 66 die erste - 03

ein land aus feuer und eis

Das Frühstück war gut, besonders gefielen mir die grünen Chilis zum Rührei. Wir waren in New Mexico, dort waren grüne Chilis Grundnahrungsmittel.

Gestern hatten wir uns vorgenommen, den heutigen Tag im El Morro National Monument zu verbringen. Glücklicherweise konsultierte ich die offizielle Website, bevor wir losdüsten, denn so erfuhren wir, dass es ausnahmsweise geschlossen war, weil alle Ranger an einer Weiterbildung waren. Deshalb disponierten wir um. Das neue Ziel im Navi und ich am Steuer ging es auf der NM-602 Richtung Süden. Um nicht zu schnell zu fahren, stellte ich den Tempomat auf 55 Meilen pro Stunde. Ein Auto nach dem anderen überholte mich, sogar Lastwagen und Camper empfanden mich als zu langsam. Auch mir kam es vor, als würde ich kriechen, dabei waren das immerhin fast 90 Stundenkilometer. Kilometer pro Stunde? Huch, irgendjemand hatte den Tacho von Meilen auf Kilometer umgestellt. Beinahe wäre ich statt wegen übersetzter Geschwindigkeit wegen Behinderung des Strassenverkehrs aufgehalten worden, das konnte auch nur mir passieren.

Am Himmel hatten sich einige Wolken gebildet und es war mit knapp 20 Grad Celsius ziemlich kühl, als wir am Parkplatz zu Ice Cave and Bandera Volcano ankamen. In der Tradingpost fragte ich nach den Wanderwegen und erklärte mein Problem mit dem Knie. Die nette Frau erklärte, dass der Weg hoch zum Vulkan einfach sei, eine kurze steile Steigung beinhalte, aber sie mir den Rückweg auf derselben Strecke empfehlen würde. Es gäbe die Möglichkeit für einen Rundweg, aber der sei sehr uneben und könnte mir Schwierigkeiten bereiten. Die Strecke zur Eishöhle sei ebenfalls einfach, am Ende müssten einige Stufen überwunden werden. Sie riet, erst zum Vulkan hochzugehen und anschliessend zu den Ice Caves, liess es uns aber frei, wie wir vorgehen und was wir uns ansehen wollten.

Wir folgten ihrem Ratschlag und starteten mit der Wanderung zum Vulkan. Der Weg hoch führte an wundervollen Bäumen und herrlichen Aussichten vorbei. Als eidgenössisch geprüfte Bänklitester probierten wir fast jede Parkbank aus und liessen die Umgebung auf uns wirken. Beim steilen Stück kam ein Typ von unten hoch, der vom Berner Oberland hätte stammen können, wenn er uns nicht mit «howdy» begrüsst hätte. Im Schlepptau hatte er seine schwer atmende Frau, die vermutlich nur zu gerne ein Päuschen eingelegt hätte. Doch er marschierte strammen Schrittes voraus und achtete nicht darauf, dass sie mit den Kräften am Kämpfen war.

 
 

Nach einem Weilchen nahmen wir die letzte Etappe in Angriff, da kam uns «Howdy» mit seiner Frau entgegen, deren Gesichtsfarbe mir nun wesentlich besser gefiel. Es gehe bloss noch um die Ecke, raunte er uns zwinkernd zu. Und tatsächlich waren wir nach der nächsten Kurve am Ende des Weges angelangt, vor uns der Vulkan Bandera, der vor 10'000 Jahren ausgebrochen war. Der Blick auf den Schlackenkegel war spektakulär.

Beim Rückweg kam uns eine junge Frau fast im Laufschritt entgegen. Es sah aus, als wäre sie beim Sport, nicht beim Geniessen der herrlichen Landschaft. Der Himmel zog sich immer mehr zu und ich fröstelte leicht, als wir beim Parkplatz ankamen. Wir holten eine Jacke für mich und Proviant für uns beide und setzten uns an einen der Picknicktische. Wer war bereits an einem der anderen Tische? Howdy mit seiner Frau.

Nach dem Essen machten wir uns auf den Weg zu der Eishöhle. Selbst auf diesem kurzen Weg von rund 400 Metern nutzten wir eine Parkbank für ein Päuschen. Die junge Frau, die beim Vulkan war, kam mit einer alten Frau von der Höhle her. Die Mutter oder eher Grossmutter war mit ihren Kräften am Ende. Wir machten ihr Platz, damit sie sich etwas erholen konnte und ich fürchtete mich schon vor der Anstrengung. Doch so schlimm war es nicht. Der Weg war sehr einfach und die 70 Holzstufen waren keine grosse Herausforderung.

Die Grotte mit dem ewigen Eis, die sich in einem Abschnitt der eingestürzten Lavaröhre von Bandera befindet, bildet sich seit über 3'400 Jahren. Durch eine Kombination physikalischer Faktoren war eine natürliche Eismasse von sechs Metern Dicke gebildet worden, die sich in einer gut isolierten Höhle aus poröser Lava angesammelt hatte und richtig geformt ist, um kalte Luft einzufangen und ständig neues Eis zu erzeugen. Uns fiel ein lustiges Phänomen auf: Es gab auf der Treppe eine Stelle, da wechselte die Temperatur schlagartig von warm zu kalt. Es fühlte sich an, als ob man durch eine Wand ginge.

Die Ice Cave war sehr faszinierend, das Eis schimmerte grün und die Lavawände violett. Nur doof, dass ein paar Deppen es nicht hatten sein lassen können, Steine auf die Oberfläche zu werfen und somit die Eisschicht an wenigen Stellen etwas beschädigt war. Ein Schild verbot genau dies, was eigentlich selbstverständlich sein sollte.

Als wir die Stufen hochgegangen und wieder auf dem Weg waren, kam ein Vater mit vier Jungs an, die zögerten, die Treppe hinabzusteigen. In typischer Vater-Manier meinte er zu den Kleinen: «Los, ist nur eine Treppe». Ich wette, eine Mutter hätte die Kinder vor den Gefahren der Treppe gewarnt. Grinsend gingen wir wieder zurück und begegneten bei der Trading Post ein paar Kolibris.

Ich fuhr uns auf der Westseite des El Malpais National Monuments. Wieder waren viele Wandervögel unterwegs. Warum die auf der Strasse gingen, wo es doch viele Wanderwege im Park gab, erschloss sich mir nicht. Der Himmel wurde immer dunkler und der Wind blies rollende Strohballen über die Strasse. Es knackte, als ich über so einen Ballen fuhr, weil er mir überraschend vor die Räder geweht worden war. Gemäss Wetterbericht lag das Regenrisiko bei fast Null. Schon seltsam, bei uns hätte ich gesagt, dass es nach Regen aussah. Als ich dann auf der Route 66 kurz vor Gallup war, tröpfelte es leicht und dann begann es zu regnen.

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