Saguaro National Park West
Saguaro National Park West

herbstliche odyssee im wilden westen (5/8)

Fortsetzung von 4/8 – 
Ein letztes Mal Wandern auf den Gipsdünen, danach beherrschen wundervolle Felsformationen und Kakteen das Bild.

mittwoch, 4. oktober 2023

noch ein letztes mal weissen sand unter den füssen

Während wir gestern das Motelfrühstück ausgeschlagen hatten, machten wir heute den Fehler, hier das traurigste Frühstück, was man sich vorstellen kann, zu uns zu nehmen. Der Kaffee war grusig und als ich beobachtete, wie zuerst die Stühle und danach die Frühstückstheke mit demselben Lappen gereinigt wurde, verging mir der Appetit. Das passte zum Rest. Es schien zwar alles bis auf die Aussentreppe oberflächlich sauber zu sein, aber beim genauen Hinschauen war vieles im Argen. Die Duschbrause sowie der Wasserhahn waren komplett verkalkt. Und als wir nach dem Frühstück unser Gepäck aus dem Zimmer holen wollten, funktionierte weder meine noch Reiners Karte. An der Rezeption wurde Reiner mitgeteilt, dass die Karten abgelaufen seien, weil wir heute auszuchecken hätten. Ja, um elf, aber doch nicht schon um sieben!

Ein letztes Mal ging es in einen unserer Lieblingsparks, den White Sands National Park. Diesmal fuhren wir direkt zum Alkali Flat Trail. Ich mit Wanderstöcken, Reiner ohne, wanderten wir die Dünen hoch und runter. Ich war hin und weg. Auf jeder Düne veränderte sich der Blick auf die Landschaft. Ein Traum! Zwar waren sowohl mein Knie wie auch Reiners Rücken wieder in Ordnung und es funktionierte gut mit Wandern, trotzdem waren wir noch nicht ganz fit und wollten es nicht übertreiben. Deshalb kürzten wir den eigentlichen Weg ab, nicht ohne noch ein paar der wundervollen Dünen zu erklimmen und immer wieder neue Aussichten zu geniessen.

White Sands National Park
White Sands National Park
White Sands National Park
White Sands National Park
White Sands National Park
White Sands National Park
White Sands National Park
White Sands National Park
White Sands National Park

Anschliessend liefen wir den Boardwalk. Auffallend war, dass hier ein anderes Publikum anzutreffen war als auf den Wanderwegen in den Dünen. Elegantes Schuhwerk und teure Kleidung war auszumachen. Wanderausrüstung war auf dem rollstuhlgängigen Holzsteg auch nicht erforderlich.

Zum Abschluss veranstalteten wir ein kleines Shooting mit dem Hyundai als Fotomodell. Wir montierten die GoPro am Auto und fuhren langsam und auch einmal schnell durch eine grosse Pfütze. Eine Border Patrol mit zwei Personen hielt an und schaute kurz, was wir trieben. Ohne auszusteigen, verschwanden sie wieder. Unser Auto sah aus wie die Sau. Weisser Sand klebte am Radkasten. Reiner fand es lustig und ich schämte mich.

hauptsache hände waschen

Die nächste Station war The Shed in Las Cruces, wo sich Reiner einen Las Cruces Burger und ich mir Fish Tacos auf der Terrasse schmecken liessen. Die Service-Angestellten waren top. Auch unsere Bedienung war nett, wenn auch etwas weniger aufmerksam als alle anderen. Als ich ins Innere trat, wurde mir sofort der Weg zu den Toiletten gedeutet. Auf der Tür war ein Schild angebracht mit vier Strichmännchen. Das eine trug Hosen, das eine ein Röckchen, das dritte auf der einen Seite eine Hose und auf der anderen ein Röckchen und das vierte Männchen war ein Alien. Darunter stand: Whatever, Hauptsache, du wäschst dir die Hände!

Eine letzte Border Control war das Spannendste auf der Interstate 10 Richtung Westen, wobei selbst die uns lediglich einen schönen Tag wünschte und nichts von uns wissen wollte.

Bereits um drei checkten wir im Comfort Inn & Suites Lordsburg Interstate 10 ein. Gemäss Booking.com seien keine Parkplätze verfügbar, was ich mir aber bei einem Hotel direkt an der Interstate nicht vorstellen konnte.

Wie vermutet, waren rund um das Hotel Plätze in genügender Anzahl vorhanden. Ich versuchte mit der Revolut zu bezahlen, doch der Betrag wurde nicht angenommen. Beim zweiten Versuch funktionierte es. Auf der Revolut-App war der Betrag doppelt vorhanden. Der Rezeptionist versicherte mir, dass der Zimmerpreis nur einmal abgebucht würde. Das bewahrheitete sich auch. Trotzdem blieb das Geld blockiert, was ärgerlich war, denn pro Monat kann bloss 1'000 Franken kostenlos getauscht werden. Bis mir der Wert gutgeschrieben würde, wären wir längst zu Hause und bräuchten keine Dollar mehr.

Eine grosse Auswahl an Restaurants war in Lordsburg nicht zu finden, weshalb wir ins bestbewertete Lokal der Stadt essengingen. Bereits einige Kilometer vor der Ausfahrt befanden sich einige Werbeplakate für das Kranberry’s Chatter am Strassenrand. Der Eingang war mit einem Skelett für Halloween dekoriert. Zwei Kellnerinnen bedienten die Gäste. Die eine war charmant, aufmerksam und flirtete mit den männlichen Gästen, die andere war desinteressiert und hektisch. Letztere servierte mir ein trockenes Hühnchen und geschmackloses, fast rohes Gemüse. Wenigsten war der Eistee gut.


donnerstag, 5. oktober 2023

ein wunderland der felsen

Trotz der Fehlbuchung war dies ein sehr angenehmes Hotel. Auch das Frühstück war gut, das Zimmer sehr gross. Wir packten unser Gepäck um, damit wir je nach Unterkunft einen Teil der Koffer im Auto lassen konnten.

Es windete und auf Schildern entlang der Strasse war zu lesen: «feet of brakes» - «pull of roadway» - «in dust». Ich erinnerte mich an den überraschenden Sandsturm, in den ich letztes Jahr geraten war. Von einer Sekunde auf die andere konnte ich nichts, aber auch gar nichts mehr sehen. Diesmal kam es zum Glück nicht so weit.

Um viertel nach neun kamen wir in Arizona an und bekamen eine Stunde geschenkt. In Bowie verliessen wir die Interstate 10 in Richtung Fort Bowie National Historic Site und kamen an einer riesigen Pistazienplantage vorbei. Die rosafarbenen Nüsse waren erntereif. Es folgte ein Schild «paved road ends». Reiner lachte mich aus, ich würde ihn stets auf Gravel roads führen, dabei war das gar nicht meine Absicht gewesen. Ein paar Mule Deers rannten über die malerische South Apache Pass Road. Nach gut zwanzig Meilen hatten wir wieder Asphalt unter den Rädern.

Welcome to Arizona
 

Im Chiricahua National Monument Visitor Center schauten wir uns kurz um, liessen den acht Minuten lange Film über die Felsformationen und die Gründung des Parks, sowie den Krieg gegen die Indianer, laufen. Als die Rangerin frei war, fragten wir sie nach den attraktivsten, einfachen Wanderwegen. Sie gab uns begeistert Tipps und meinte, dass wir mit etwas Glück Coatis sehen könnten.

Chiricahua National Monument
Mexican Jay
Mexican Jay

Es dauerte nicht lang, da huschte ein Coatmundi nach dem anderen über die Strasse. Der Weissrüssel-Nasenbär, wie der «Coati» auf Deutsch heisst, ist eine Raubtierart aus der Familie der Kleinbären. Der kleine Nasenbär ist in Mexiko und Mittelamerika bis in das nördliche Kolumbien heimisch. Lediglich in Arizona sind sie nördlich von Mittelamerika anzutreffen.

Coatmundis
 

Am Ende des Scenic Drives, der an atemberaubenden Felsformationen vorbeiführte, parkierten wir beim Massai Point und begaben uns auf den gleichnamigen Trail. Ich war hin und weg ab der Schönheit, die die Aussichten boten. Auf der Nationalparkseite zu diesem Park lautete die Überschrift «Ein Wunderland der Felsen», was die Gegend treffend beschrieb.

Grossartige Ausblicke auf die umliegenden Täler und Bergketten taten uns auf. Ein kurzes Stück vom Parkplatz bis zum Ausstellungsgebäude war für Rollstuhlfahrer zugänglich, der restliche Weg hatte es in sich. Es waren hohe Stufen zu überwinden, die der Oma eines Mannes aus Phoenix sichtlich zu schaffen machten. Trotzdem liess sie es sich nicht nehmen, die Runde zu laufen und sich über die Natur zu freuen, indem sie die Felsen hinauf- und hinunter kraxelte. Meinen Respekt hatte sie.

Chiricahua National Monument
Chiricahua National Monument
Chiricahua National Monument
Chiricahua National Monument
Chiricahua National Monument
Chiricahua National Monument
Chiricahua National Monument
Woodpecker
Chiricahua National Monument
Chiricahua National Monument

Nach einer kurzen Rast mitten im Gebüsch, wo wir süsse Vögelchen beobachten konnten, machten wir uns auf zur nächsten Wanderung, dem Echo Canyon Trail. Wenn auch nicht so spektakulär wie der Massai Point Trail, so war auch dieser Weg von herrlichen Steinformationen gesäumt.

Chiricahua National Monument
Chiricahua National Monument
Chiricahua National Monument
Chiricahua National Monument
Chiricahua National Monument
Chiricahua National Monument
Chiricahua National Monument
Chiricahua National Monument
Chiricahua National Monument
Chiricahua National Monument
Chiricahua National Monument
Chiricahua National Monument

Als wir den Bonita Canyon Drive Richtung Parkausgang hinunterfuhren, begegnete uns ein Hirsch. Er lief längere Zeit vor uns her, um dann rechts im Gebüsch zu verschwinden. Wir hielten an einem Aussichtspunkt, ich filmte die Gegend, da raschelte es am Abhang zu meinen Füssen. Der Hirsch schaute mich mit grossen Augen an.

Chiricahua National Monument
Chiricahua National Monument

Die Rangerin hatte empfohlen, zur Faraway Ranch zu gehen, wo sich viele der Coatis aufhalten würden. Die Nasenbärchen liessen sich zwar nicht blicken und die Ranch wurde gerade renoviert, trotzdem war das Historic District nett anzuschauen. In den Bäumen veranstalteten unzählige Vögel ein lautes Pfeifkonzert.

Faraway Ranch im Chiricahua National Monument
Faraway Ranch im Chiricahua National Monument
Faraway Ranch im Chiricahua National Monument
Faraway Ranch im Chiricahua National Monument
Faraway Ranch im Chiricahua National Monument

Meine Bewertung für das Chiricahua National Monument war eine Zehn von Zehn. Kein Wunder, stand das Monument auf der Liste, als nächstes zu einem Nationalpark hochgestuft zu werden. Meiner Meinung nach stand dieser Park einem der grossen Nationalparks in nichts nach. Allerdings liegt er sehr abgelegen und wird deshalb vermutlich weniger stark besucht als die Vertreter in Gebieten mit mehr touristischer Infrastruktur.

daddy, daddy, daddy

Knapp dreissig Grad Celsius und ein paar Wölkchen am Himmel, das war der aktuelle Wetterbericht, als wir den Park verliessen. In Tucson angekommen hatten wir knackige 37 Grad und es zog leichte Schleierbewölkung auf. Diesmal hatten wir uns das Best Western Innsuites Tucson Foothills Hotel & Suites ausgesucht. Wir bekamen ein Zimmer mit zwei Queensize-Betten direkt neben dem Pool. Eine Liste mit Restaurants lag auf dem Nachttisch. Ich entdeckte den nahegelegenen Red Lobster darauf. Hungrig machten wir uns auf den Weg dahin. Gut gesättigt und glücklich kamen wir zurück. Im Pool tollten Kinder lautstark mit ihrem Vater herum. Bis spät am Abend war «Daddy», «Daddy», «Daddy» zu hören. Selbst als die Familie den Pool verlassen hatte, hörten wir sie durch die Verbindungstür einen Trickfilm schauen. Der Vater der Rasselbande war in seinem Element und ahmte die Stimmen der Trickfilmfiguren nach. Irgendwann war Zapfenstreich und ich schlief den Schlaf der Gerechten.


freitag, 6. oktober 2023

lazy people

Der Frühstücksraum war erstaunlich klein in Anbetracht der vielen Zimmer. Einige Gäste nahmen das Essen mit, sodass trotzdem genügend Stühle für die Gäste vorhanden waren. Die Dame, die für die Ordnung und das Nachfüllen zuständig war, machte ihren Job sehr gut. Sie war freundlich, war immer da, wo sie gebraucht wurde.

Kurz nach acht Uhr waren wir beim Sabino Canyon. Für dreissig Dollar kauften wir am Automaten zwei Tickets für die Sabino Canyon Tour. Während der Eingabe sprach mich ein Mann an. Was wollte er von mir? War etwas nicht in Ordnung? Ich entschuldigte mich wegen meines schlechten Englischs, und er entschuldigte sich wegen seiner Aussprache, die an unserem Kommunikationsproblem schuld sei. Er deutete uns, ins Häuschen zu kommen, an dem der Automat angebracht war. Dort händigte er uns Kopfhörer für den Audioguide aus.

Wir waren viel zu früh. Während wir auf die Abfahrt des Elektrofahrzeuges warteten, kam eine Frau - ich schätzte sie auf Mitte Siebzig - auf uns zu. Sie erzählte, dass sie bereits 125 Länder bereist hätte, unter anderem wäre sie mit ihrem inzwischen verstorbenen Mann oft in der Schweiz gewesen. Sie stamme aus Tucson und käme täglich her, um zu spazieren.

Um neun Uhr startete die humorvolle Fahrerin den Elektro-Shuttle in Richtung Canyon. Bis zu sechzig Passagiere könnten Platz in dem offenen Fahrzeug finden, aber zum Glück war nicht einmal die Hälfte der Plätze belegt. Sie erzählte, dass es dieses Jahr unerträglich heiss sei. Zehn Tage lang über 110 Grad Fahrenheit (43.3 Grad Celsius) kenne sie, aber dieses Jahr sei es nicht normal gewesen. Wochenlang war es heiss und der ansonsten übliche Monsun sei ausgeblieben. Die Flüsse seien ungewöhnlich trocken.

Am Ende der North Sabino Canyon Road angekommen, stiegen alle aus und ein paar – inklusive wir – wieder ein. Ob wir nicht wandern wollten, fragte die Fahrerin. «No!». «Lazy people!», war ihre Reaktion darauf und brachte ihr schallendes Gelächter ein.

Kurz vor Ende der Strasse standen einige Kinder mit zwei Erwachsenen am Wegrand und schauten den Hang hoch. Bestimmt sahen die etwas – womöglich ein Wildtier! Tatsächlich lag eine grosse Klapperschlange in sicherer Entfernung im Gebüsch.

Sabino Canyon
Sabino Canyon
Sabino Canyon
Klapperschlange im Sabino Canyon
Sabino Canyon
Sabino Canyon

Eine gute Stunde später warfen wir den Plan, in der Gegend zu wandern, über den Haufen. Es war uns zu heiss, ausserdem hatten wir die Old Tucson Studios noch nicht gesehen. Letztes Jahr waren sie wegen Corona geschlossen gewesen. Dies war unsere Chance, das 1.3 Quadratkilometer grosse Filmstudio für Western zu besuchen.

wegen zu geschlossen

Die Old Tucson Studios lagen neunzehn Kilometer westlich von Tucson. Seltsam! Der Parkplatz war fast leer. Irgendetwas stimmte hier nicht.

Im Shop erfuhren wir, dass wegen Dreharbeiten das Studio für Besucher geschlossen war und erst im November wieder zugänglich sein würde. Was für ein Pech aber auch!

Ein Mann und eine Frau in den Siebzigern stiegen aus ihrem Auto aus. Er fragte uns, ob denn die Studios nicht geöffnet hätten. Sie wären bereits zweimal vergebens angereist und masslos enttäuscht, dass sie dieses Mal wieder unverrichteter Dinge abreisen müssten.

kakteen und ein unfall

Nicht weit von hier war der Saguaro National Park West. Warum nicht eine Runde an den wundervollen Kandelaber-Kakteen vorbeifahren? Im Visitor Center schauten wir uns den Parkfilm an und waren wieder begeistert, obwohl wir ihn bereits kannten. Wir fragten die Rangerin, wann genau das Gate schliessen würde. Geöffnet «from dawn to dusk» (vom Morgengrauen bis zur Abenddämmerung) war uns zu ungenau. Wir waren gebrannte Kinder – standen wir doch vor wenigen Tagen bereits vor einem verschlossenen Tor.

Es gäbe keine Tore hier, war die Antwort, der Park sei 24 Stunden offen. Nun hatten wir einen Plan für unser Abendprogramm.

Wir fuhren auf der West Gates Pass Road Richtung Tucson. Beim Gates Pass Scenic Lookout hatte ein Sheriff die Strasse abgesperrt. Entweder parkieren und warten, bis die Strassensperre aufgehoben war oder umdrehen, war die Devise. Wir wendeten und sahen beim Gates Pass ein Auto im Hang hängen, das eben geborgen wurde. Ein Fahrer hatte die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren und war nach der Kurve den Abhang hinunter gerauscht. Er hatte mit leichten Verletzungen mit dem Helikopter geborgen und ins Spital geflogen werden müssen.

sonoran hot dog

Wir hatten neuen Rekord: Das Dashboard im Auto zeigte vierzig Grad Celsius. In Erinnerung an die Empfehlung des Barkeepers in Albuquerque, steuerten wir das El Güero Canela an. Ich war sehr gespannt, ob der Sonoran Hot Dog wirklich so gut war, wie er behauptet hatte.

Ein Augenschmaus war das Restaurant von aussen nicht. Und auch das Innere der Blechhütte erinnerte mehr an eine Fabrikhalle als an ein Restaurant. Vom Optischen unbeirrt bestellten wir je einen Sonoran Hot Dog.

Diese Art Hotdog war Ende der 1980er Jahre in Hermosillo, der Hauptstadt des mexikanischen Bundesstaates Sonora entstanden und ist seither auch im Süden Arizonas sehr beliebt. Das Würstchen wird in Speck eingewickelt, gegrillt und in einem Hotdog-Brötchen im Bolillo-Stil serviert. Darauf kommen Pintobohnen, Zwiebeln, Tomaten und viele Gewürze. Garniert wird der Hotdog mit Mayonnaise, Senf und einer Jalapeño-Salsa.

Der Barkeeper hatte recht. Es schmeckte so gut, dass sich Reiner einen zweiten Hotdog einverleibte.

sonnenuntergang und noch mehr kakteen

Am späten Nachmittag hatten wir immer noch vierzig Grad. Wir kauften bei Albertsons ein. Der Kassier wollte wissen, ob wir zu Besuch wären. Wir erzählten ihm, woher wir kamen, und er fragte, ob in der Schweiz dieselben Temperaturen herrschten, wie hier. Nein, auch wenn es ein sehr milder Oktober war, fehlten noch einige Grad dafür.

Auf dem Gates Pass waren die Spuren des verunfallten Autos noch erkennbar. Die Räumungsarbeiten waren jedoch abgeschlossen und die Sperrung aufgehoben.

Erneut im Saguaro National Park West angekommen, war die Sonne hinter einer Wolke versteckt. Mit der GoPro nahmen wir einen Time Warp von der Fahrt des dreizehn Kilometer langen Bajada Loop Drive auf. Am Ende der Runde war die Sonne wieder voll da und tauchte die Landschaft in ein goldiges Licht. Wir drehten um und bogen zum Signal Hill ab, wo wir beobachteten, wie die Sonne orangerot hinter den Bergen verschwand.

Saguaro National Park West
Saguaro National Park West
Saguaro National Park West
Saguaro National Park West
Saguaro National Park West

Wir verliessen den Park. Wegen zwei Sperrungen wurden wir anstelle der Gates Pass Road über den Norden des Nationalparks umgeleitet. In stockdunkler Nacht und bei immer noch vierunddreissig Grad kamen wir im Hotel an.


samstag, 7.oktober 2023

kein deutsches bier

Unseren Plan, das vielseits empfohlene Pima Air & Space Museum zu besuchen, verwarfen wir zu Gunsten einer Fahrt Richtung Mount Lemmon Sky Center Observatory. Den malerischen Mount Lemmon Highway hatten wir in guter Erinnerung, ausserdem war es in der Höhe etwas kühler als in der Stadt.

Es herrschte reges Verkehrsaufkommen auf dem Scenic Byway. Wir stoppten beim Babad Do’ag Scenic Overlook, gingen beim Molino Canyon Vista den Weg sowohl links wie rechts zu der ausgetrockneten Schlucht, schauten uns den gleichnamigen Berg bei der Thimble Peak Vista an und genossen weitere Aussichten auf der Strasse.  

Bei der Windy Point Vista, wo beidseitig der Strasse parkiert werden konnte, war viel los. Auto- und Motorradfahrer sowie Fussgänger tummelten sich auf und neben der Strasse. Auch wir stellten unser Auto ab und folgten dem felsigen Weg bis zum steil abfallenden Ende mit weitem Blick in die Tiefe. «The rocky snail», ein Fussweg, mit beidseitigem Natursteinmäuerchen (rührte daher der Name?), führte neben der Strasse zu einem mit Geländer und Infotafeln versehenen Aussichtspunkt.

Bei der Hoodoo Vista waren wir fast die einzigen Besucher, die die Landschaft genossen und auch beim Palisades Visitor Center fuhren die vielen Autofahrer vorbei. Ich wollte aber den Smokey the Bear-Stempel abholen und nach Wanderwegen fragen. Die Rangerin zeigte uns auf einer Karte den Weg zu einem Wanderweg, warnte uns aber, dass oben beim Mount Lemmon Ski Valley wegen des Oktoberfests viel los sein würde. Oktoberfest? Ja, das sei beliebt, aber die Leute hätten reklamiert, dass es Hot Dog statt Bratwurst und amerikanisches, statt deutsches Bier gäbe. Nicht mit uns, dachte ich, keine zehn Pferde würden mich an so eine Veranstaltung bringen.

Mount Lemmon Highway
Mount Lemmon Highway
Mount Lemmon Highway
Mount Lemmon Highway
Mount Lemmon Highway
Mount Lemmon Highway
Mount Lemmon Highway
Mount Lemmon Highway
Mount Lemmon Highway
Mount Lemmon Highway

Kopfschüttelnd fuhren wir an den Parkplätzen zum Fest beidseitig der Strasse vorbei, die sich langsam füllten. Je höher wir kamen, desto herbstlicher wurde der Wald. Die Espen hatten sich gelb verfärbt. Die Strasse zum Observatorium war gesperrt und der Parkplatz zum Trailhead voll. Warum nicht ans Oktoberfest statt Wandern? Wir waren uns sofort einig. Vergessen war die vorherige Häme. Wir waren gespannt, wie ein Oktoberfest in den Bergen Arizonas aussehen würde.

und es gibt doch deutsches bier

Der Parkplatz kostete fünf Dollar, der Eintritt zum Festgelände war kostenlos. Beim Eingang wurden wir instruiert, was alles erlaubt und verboten war, wo es was zu Essen gäbe, wo Musik mit Tanz stattfinden würde und dass sich die mobilen Toilettenhäuschen auf dem Parkplatz befänden.

Die fünfzehn Dollar pro Person, um mit einem Sessellift auf einen Hügel zu fahren, schenkten wir uns. Noch war das Fest nicht eröffnet. Ein paar Minuten mussten wir uns gedulden, bis das Essen ausgegeben wurde und eine halbe Stunde später sollte die Musik aufspielen. Auf einer abschüssigen Wiese hatten sich einige Familien mit Campingstühlen eingerichtet. Das brachte uns auf die Idee, unsere aus dem Auto zu holen und uns im Schatten einer Baumgruppe zu platzieren.

Das Mount Lemmon Ski Valley befindet sich auf einer Höhe von 2'500 Metern, weshalb die Temperaturen deutlich kühler waren als unten in Tucson. Ich begann zu frösteln, trotzdem blieben wir im Schatten sitzen, um keinen Sonnenstich zu riskieren.

Immer mehr Leute strömten her. Eine Familie mit drei kleinen Jungs breitete eine Picknickdecke neben uns aus. Der rothaarige Vater spielte mit den beiden grösseren Kindern. Sie rannten den bewaldeten Abhang hinunter, auf der anderen Seite hoch, nahmen Stöcke mit und hatten sichtlich einen Riesenspass.  Das Dritte war ein Baby, das von der blondhaarigen Mutter auf die Decke gepackt wurde.

Wir unterhielten uns darüber, dass der eine Junge der Mutter ähnlichsähe und der rothaarige dem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten wäre, da meinte ich grinsend zu Reiner, dass wir leiser reden sollten, denn womöglich verständen sie Deutsch. Wohl kaum, waren doch alles Einheimische hier. Ausserdem hätten wir ja nichts Schlimmes gesagt, erwiderte Reiner, womit er Recht hatte.

Als die drei zurückkamen, begann die Frau die Jungs nach den deutschen Wörtern für verschiedene Farben zu fragen. Zu uns gewandt erklärte sie in akzentfreiem Deutsch, dass die beiden sehr gut Deutsch verständen, bloss reden würden sie es nicht. Ich war perplex. Es stellte sich heraus, dass sie zwar in Tucson geboren und aufgewachsen war, aber ihre Eltern aus Deutschland ausgewandert waren und darauf bestanden hatten, zu Hause Deutsch zu reden.

Rund um uns herum wurde Bratwurst mit Sauerkraut, Rotkraut und Kartoffelsalat gegessen und dazu Bier getrunken. Ich stellte mich in eine lange Schlange, um Bons für zwei «Brat Plates» und zwei Softgetränke zu erwerben. Auf einen halben Plastikbecher Erdinger – es gab also doch deutsches Bier! – für sieben Dollar hatte ich keine Lust.

Die Brötchen waren tatsächlich so vorbereitet, dass ein Hotdog daraus gemacht werden konnte. Die Wurst war okay und ich freute mich, dass es Gemüse dazu gab, auch wenn dieses höchstwahrscheinlich aus der Dose kam. Satt machte die Mahlzeit allerdings nicht.

Eine Plattform mit grobem Holzboden bildete die Tanzfläche, auf deren Längs- und einer Breitseite weisse Plastikstühle angeordnet waren. Auf der anderen Breitseite formierte sich die Musikgruppe bestehend aus Senioren, die sich in so etwas Ähnliches wie Lederhosen und Trachten geschmissen hatten und damit sehr verkleidet aussahen.

Langsam begannen sie zu spielen. Die Betonung liegt auf «langsam». In mir kam der Wunsch auf, den Musikern einen kleinen Schups zu geben, damit sie in die Gänge kämen. Die Frau am Akkordeon sang deutsche Lieder. Ihr amerikanischer Akzent dazu war putzig. Auf der Tanzfläche hatten sie ein paar wenige eingefunden, die zur Musik herumhüpften.

Dies änderte sich nach einer Ansage, die ich nicht verstanden hatte. Sämtliche Kinder hatten sich auf der Plattform eingefunden und das waren nicht wenige. In zwei Kreisen tanzten sie gegenläufig zu einem nächsten Stück. Danach stellten sich sowohl Jung wie Alt hin und lauschten den Anweisungen für den nächsten Tanz. Es war den Ententanz, der scheinbar dem amerikanischen Publikum unbekannt war.

Sehr, sehr langsam begann das Zusammenklappen der Hände, was den Schnabel einer Gans darstellen sollte, gefolgt vom Flügelschlag und dem Watscheln der Enten. Beendet wurde die Tanzfigur mit dem Händeklatschen zum Verscheuchen der Tiere. Nach ein paar langsamen Runden zog die Musikkapelle das Tempo an. Runde für Runde wurde schneller gespielt und getanzt. Am Schluss war das Tempo so hoch, dass die meisten kaum mehr imstande war, die Bewegungen sauber auszuführen.

Oktoberfest beim Mount Lemmon Ski Valley
Oktoberfest beim Mount Lemmon Ski Valley
Oktoberfest beim Mount Lemmon Ski Valley
Oktoberfest beim Mount Lemmon Ski Valley
Oktoberfest beim Mount Lemmon Ski Valley
Oktoberfest beim Mount Lemmon Ski Valley
Oktoberfest beim Mount Lemmon Ski Valley
Oktoberfest beim Mount Lemmon Ski Valley
Oktoberfest beim Mount Lemmon Ski Valley

Statt die entstandene Bombenstimmung auszunützen, machten die Musiker Pause und fuhren später wieder gemächlich weiter. Obwohl wir erst gelästert hatten und auf keinen Fall dem Event beiwohnen wollten, entpuppte sich das Erlebnis als kleines Highlight. Dies war nicht zuletzt deswegen, weil es so unerwartet kam und wir einen Blick ins Treiben von Einheimischen werfen konnten.

Wie beliebt das örtliche Oktoberfest war, sahen wir, als wir das Festgelände verliessen. Die Parkplätze waren voll. Am Strassenrand, wo normalerweise Parkverbot war, stand eine riesige Blechlawine und auf der Strasse stauten sich kilometerlang die Autos.

Oktoberfest beim Mount Lemmon Ski Valley
 

 

ein gemütlicher abschluss

Weil die Bratwurst noch einigen Platz im Magen gelassen hatte, stoppten wir bei The Barnyard Crafthouse & Eatery. Eine hohe Mauer mit einem grossen Tor umschloss das Gelände. Dahinter verbarg sich ein grosser Platz, auf dem man spielen oder chillen konnte. Das Restaurant hatte einen Innenraum, aber wir wählten trotz der Wärme die Terrasse. Mein Ahi Burger war sehr lecker und auch Reiner war begeistert von seinem Burger mit Black Angus.

Den Tag beschlossen wir im Saguaro National Park Ost. Erst hatten wir wunderbares Licht, dann zogen im Westen Wolken auf und das schöne Licht war verschwunden. Drei Roadrunner kreuzten unseren Weg, ohne dass wir auch nur einen davon vor die Linse bekommen hätten. Zum Schluss wanderten wir ein kleines Stück und verliessen den Park mit den wunderbaren Kakteen.

Saguaro National Park Ost
Saguaro National Park Ost
Saguaro National Park Ost
Saguaro National Park Ost
Saguaro National Park Ost
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Saguaro National Park Ost
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Fortsetzung hier

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