auf die andere seite der sierra nevada
Bei der Planung der Reise war mir schon klar gewesen, dass die Strasse zum Cedar Grove noch zu sein würde, aber dass sie genau am Tag unserer Abreise öffnen würde, fand ich dann doch etwas gemein. Ich rechnete, ob es sich ausgehen würde, noch einen Abstecher dahin zu machen, doch das wäre eine Hetzerei geworden. Ausserdem war am Morgen so dichter Nebel, dass man kaum mehr etwas von der schönen Landschaft erkennen konnte. Deshalb verliessen wir das nette Haus so, wie wir es vorgefunden hatten, in dieselbe Richtung, aus der wir gekommen waren.
Schon bald lichtete sich der Nebel und es wurde ein herrlich sonniger Tag. Etwa auf halber Strecke vor Bakersfield bogen wir links ab. Irgendwann landeten wir auf der Evans Road, wo uns eine ockerfarbene Hügellandschaft erwartete. Die Umgebung war wundervoll. Nicht so gut gefiel mir, was sich vor uns am Himmel zusammenbraute. Dichte Wolken waren am Horizont zu erkennen, das sah nach Regen aus. Als ein Schneeräumfahrzeug mit Schneeresten auf der Schaufel entgegenkam, wurde mir etwas mulmig zumute. Da wird doch nicht etwa noch Schnee liegen? Und tatsächlich wurden die Hügel immer weisser und zu allem Unglück fing es auch noch an zu schneien. Das war zu viel für Reiner, er traute das unserem Jeep mit Zweiradantrieb und Sommerpneus nicht zu. Er bog auf einen Platz ein und wollte wenden. Ich haderte, der Umweg zurück und südlich um die Sierra Nevada herum hätte uns Stunden gekostet. Da fiel mir ein, dass ich eben ein Schild mit Aufschrift "Greenhorn Summit 6102 ft" gesehen hatte. Das musste die Passhöhe gewesen sein. Mit diesem Argument konnte ich Reiner überzeugen, doch noch weiterzufahren. Die ersten paar Kurven abwärts Richtung Tal waren wir noch ziemlich angespannt, doch schnell wurden die Strassenverhältnisse besser und der Himmel klarte auf.
Es war schon weit über Mittag und inzwischen knurrte der Magen. Ich hatte in Lake Isabella ein hawaiianisches Restaurant entdeckt und wir hofften, dass es noch geöffnet hatte. Es hatte und wir bestellten an der Theke bei einem witzigen Typen die von ihm empfohlenen Gerichte. Er war begeistert davon, dass wir aus der Schweiz kamen und wollte mir Schweizer Geld abkaufen. Leider hatte ich nur ein paar kleine Münzen dabei, die ich ihm über die Theke schob. Die Dollarnote als Gegenwert durfte er behalten, das bisschen konnte ich gerade noch verschmerzen. Er verkündete in der Küche freudenstrahlend, dass er jetzt reich sei, da er Schweizer Geld besitze.
Das Lokal war klein, rustikal eingerichtet und sehr bunt. Mir gefiel die Atmosphäre mit den Gitarren, die herumstanden, auf denen aber leider niemand spielte. Das Essen kam und die Crevetten in meinem Surf and Turf waren wie versprochen super saftig und aromatisch.
Nach dem leckeren Essen führte unser Weg am Lake Isabella vorbei und über den Walker Pass. Joshua Trees blühten am Wegrand. Es wurde immer wärmer und nichts deutete mehr darauf hin, dass es noch vor kurzem geschneit hatte.
Als wir beim Trailhead zu den Fossil Falls ankamen, brannte die Sonne auf das schwarze Lavagestein. Mir war der Weg zu uneben, deshalb wartete ich nach ein paar hundert Metern Wanderung auf Reiner, der noch einige Biegungen mehr machte, um dann wieder zurück zum Auto zu gehen.
Nun war es nicht mehr weit bis Lone Pine zu unserer Unterkunft für diese Nacht. Wir bezogen unser Zimmer in dem netten, kleinen Motel und machten uns auf, die Alabama Hills zu erkunden.
Die Alabama Hills sind eine Formation aus abgerundeten Felsen und erodierten Hügeln am Fusse der zerklüfteten Gipfel der Sierra Nevada. Sie dienten für zahlreiche Westernfilme als Drehort, aber auch Gladiator und andere Filme wurden hier gedreht.
Rechtzeitig zum Sonnenuntergang standen wir auf einem Parkplatz mit bestem Blick auf den Mount Whitney. Mit seinen 4421 Metern ist er der höchste Berg der USA ausserhalb Alaskas. Wir beschlossen, diesen Platz morgen früh für den Sonnenaufgang zu nutzen, was wir dann auch taten.