Es war Anfang 2020, als ein heimtückisches Virus die Erde heimsuchte. Im Frühling desselben Jahres tauchten nur noch einzelne Fälle in den Statistiken auf, wir hatten das Virus besiegt. Das war der Zeitpunkt, um für 2021 eine zweimonatige Reise in die USA zu buchen.
es war einmal ...
Das Virus kam zurück und stellte die Welt auf den Kopf. An eine Reise in die USA war nicht mehr zu denken. Es folgten Stornierungen, Rückzahlungen und ein bisschen Ärger. Trotzdem wagte ich bereits im Frühsommer 2021 eine erneute Buchung. Am Karfreitag 2022 sollte es losgehen.
Im September wurde klar, die Reise sollte stattfinden können, das Bangen hatte ein Ende. Um auch richtig gut Laufen zu können, unterzog ich mich noch kurz einer Knieoperation, hatte aber nicht mit der Zickigkeit meines neuen Knies gerechnet. Auch Reiner kämpfte mit gesundheitlichen Problemen. Eine Spritze in den Rücken sollte Abhilfe schaffen.
es geht los
Am Karfreitag 2022 um 3:15 Uhr klingelte mein Wecker. Ich lag bereits eine Viertelstunde wach. Wir hatten eine Stunde Zeit, um die letzten Sachen zusammenzupacken, bis uns Uber-Fahrer Mark zum Euroairport fuhr.
Mark war überpünktlich und wir glitten durch Basels menschenleere Nacht. Auf der Höhe des Casinos durchzuckte mich ein schrecklicher Gedanke. Hatte ich mein Tablet eingepackt? Ich durchsuchte meinen kleinen Rucksack, konnte es aber nicht finden. So ein Mist aber auch. Das Tablet mit SIM-Karte sollte das Tor zum Internet sein. Damit wollte ich in den USA navigieren, mich über Sehenswürdigkeiten informieren und Restaurants auskundschaften.
Als wir am Flughafen ankamen, öffnete die Lufthansa eben ihre Schalter. Wir gaben unser Gepäck ab und gingen zur Sicherheitskontrolle. Ich wollte meinen neu erworbenen Implantatsausweis zücken, was mir verwehrt wurde. Natürlich piepste der Scanner. Eine Sicherheitsbeamtin liess ihren Frust über ihren Arbeitgeber, ihren Mann und ihr Leben an mir aus, zumindest kam mir das so vor, als sie mich sehr grob abtastete. Vor den Augen sämtlicher Passagiere hob sie mein T-Shirt hoch und fasste mir vorne und hinten in die Hose sowie in den Ausschnitt. Finden konnte sie selbstverständlich nichts.
Nun Handgepäck zusammensammeln und nichts wie weg. Doch Halt! Mein Handgepäckköfferchen musste geöffnet werden. Ich stiess einen Jubelschrei aus: "Mein Tablet!". Der Typ von der Sicherheit konnte meiner Freude nichts abgewinnen und legte Tablet und Köfferchen getrennt voneinander zum erneuten Scannen aufs Band. Den bösen Blick ignorierte ich, zu gross war meine Freude über das vermeintlich vergessene Gerät.
Maske aufsetzen, das Boarding begann. Kaum in der Luft, landeten wir auch schon in Frankfurt. Ich hatte mich gefreut, vor dem langen Flug noch etwas ohne Maske verschnaufen zu können. Doch obwohl ich gelesen hatte, dass die Maskenpflicht für den Flughafen Frankfurt aufgehoben worden war, trug jede und jeder ein solches Ding im Gesicht. Also behielt ich meine auch auf.
Vor dem Boarding musste jeder zu einem Sicherheitscheck, bekam einen Stempel auf das Ticket oder bei elektronischem Ticket einen Kleber auf den Pass. Die Schlange war riesig, wir warteten. Das Boarding begann. Links die Economy und Premium Economy, rechts die Business Class und irgendwo dazwischen der Security Check. Wir stellten uns rechts in die Reihe, obwohl der Sicherheitscheck bei uns noch nicht durchgeführt worden war. Nichts da, wir mussten erst zum Sicherheitscheck nebendran, erst dann konnten wir einsteigen. Nunja, zeigten wir halt unsere Papiere zweimal.
Von Frankfurt nach Los Angeles flogen wir im Oberdeck einer Boeing B747-8. Ich war begeistert vom Stauraum, vom Comfort, vom Service und vom Essen in der Business Class. Das Meilenupgrade hatte sich gelohnt. Trotzdem war ich ziemlich müde, als wir in LA ankamen. Es war 13:20 Uhr Ortszeit, als wir uns in die lange Schlange vor der Immigration stellten. Um 13:50 Uhr fragte der Grenzbeamte nach Reisezweck und Zielen, nach meinem Beruf, wie ich zu acht Wochen Ferien komme und wie mein Arbeitgeber zu der langen Abwesenheit stehe. "Sechs Wochen Jahresurlaub plus zwei Wochen Geschenk der Firma für das zehnjährige Jubiläum" schienen ihm als Antwort zu genügen, er wünschte uns eine gute Reise.
wo ist alamo?
Wo war nun der blöde Car Rental? Normalerweise ist das in jedem Flughafen gross angeschrieben, warum nicht in Los Angeles? Ich fragte eine Angestellte, die schickte uns nach rechts und sagte etwas von "purple". Wir liefen und liefen, aber fanden keine Haltestelle für den Shuttle zu Alamo, unserem Autovermieter. Die nächste Person musste helfen - sie zeigte in die entgegengesetzte Richtung, also kehrten wir um. Mir war heiss, mein Knie schmerzte, mein Gepäck war mir zu schwer und überhaupt war ich inzwischen völlig fertig. Als uns dann wieder einer zurückschicken wollte, schaffte ich es, ihn zu verärgern, indem ich ihm nicht glaubte. Die rettende Lösung bot ein geduldiger, netter Mann, der uns zu einer Tafel führte, auf einen violetten Stern zeigte und meinte, dass an der Haltestelle eine Tafel in dieser Farbe sei. Ah klar: Purple!
Der Shuttle kam, wir stiegen ein und mit uns eine deutsche Familie. Die stellten ihre Koffer so blöd ab, dass sie ständig in meine Richtung rollten. Ich behielt sie im Blick, nicht aber den darüber, der mir prompt auf mein operiertes Bein fiel. "Aua!", schrie ich. Die Frau entschuldigte sich umständlich auf Englisch, ich war aber zu kaputt für Fremdsprachen, nicht einmal mehr Hochdeutsch brachte ich hin. Sie verstand meine gemurmelten schweizerdeutschen Worte nicht, was mir in dem Moment egal war.
Nun kam der Teil, vor dem ich mich fürchtete. Wir hatten nämlich einen SUV Standard Elite (RFAR) gemietet, bereits bezahlt und dafür von FTI einen Voucher erhalten. Als wir jedoch versucht hatten, "Skip-the-Counter" zu aktivieren, um uns nicht in die lange Schlange stellen zu müssen, war bloss ein SUV Standard (SFAR) hinterlegt. Als Beispielmodell für den RFAR war ein Jeep Grand Cherokee genannt, das Beispielmodell für den SFAR war ein deutlich kleineres Auto, was wir nicht haben wollten. Ausserdem hatte auch Skip-the-Counter nicht funktioniert.
Die Wartezeit war dann mit ein oder zwei Minuten völlig in Ordnung. Die Dame am Schalter schien etwas überfordert mit unserer Vertragsdauer von 57 Tagen zu sein. Sie brauchte ewig und musste mit jemand Kompetenterem Rücksprache nehmen. Ich machte den Fehler, meine Daten angeben zu wollen, um als Zusatzfahrer eingetragen zu werden. Sie erfasste die Daten und nannte einen hohen Betrag, den ich zu zahlen hätte. Aber unsere Buchung beinhaltete doch noch drei Zusatzfahrer! Reiner beruhigte mich, dass es sich bei dem Betrag um eine Kaution handle, also wollte ich schon bezahlen, als die Dame aufschrie: "Sie sind verheiratet???" Ja, sind wir. Das habe sie nicht gesehen, weil wir unterschiedliche Namen tragen würden. Tun wir nicht. Aber wir hätten unterschiedliche Nationalitäten. Erwischt! Ich hatte mir erlaubt, einen Deutschen zu heiraten. Das ändere alles, denn in Kalifornien sind Ehepartner grundsätzlich kostenlose Zusatzfahrer. Oh, dann war das also doch keine Kaution, die ich beinahe bezahlt hätte!
Auf dem Vertrag stand natürlich wie befürchtet SFAR statt RFAR, doch mit dieser Person wollte ich mich nicht weiter unterhalten. Mal sehen, was wir auf dem Parkdeck erreichen konnten. Das Parkdeck war kein Deck, sondern ein Parkplatz, vor dem zwei Menschen auf Plastikstühlen hinter einem kleinen Tischchen sassen. Die freundlich lächelnde Frau fragte: "Nissan XY oder Jeep Grand Cherokee?" "Jeep Grand Cherokee!", war meine Antwort, noch bevor Reiner die Chance hatte, etwas zu sagen. Die Parkdeckmitarbeiterin überreicht uns einen Schlüssel und deutete neben sich: Da stand er. Er war weiss und gross. Obwohl er bereits über 50'000 Meilen auf dem Buckel hatte, sah er aus wie neu. Die Ledersitze waren sauber, alles glänzte. Die Sitze waren elektrisch in jede Richtung verstellbar. Sie liessen sich nicht nur verstellen, sondern auch beheizen und kühlen. Ein grosses Sonnendach war durch eine Sonnenblende geschützt. Der vordere Teil liess sich als Schiebedach öffnen. Selbst ein Navi hatte das Teil. Das nenne ich mal einen gelungen Start ins Abenteuer!
wir sind da!
Unser erstes Hotel der Reise befand sich in Downtown LA und hatte vier Sterne. Jeder, der sich in Los Angeles auskannte, hatte mir von Downtown abgeraten. Es stinke und es habe unendlich viele Obdachlose dort. Weil sich in der Nähe die meisten Sehenswürdigkeiten befanden, die mich interessierten, beliess ich es trotzdem bei der Buchung. Immerhin waren die Bewertungen top.
Wie es sich für noble Leute gehörte, hielten wir vor dem Hoteleingang. Die Herren vom Valet Parking wähnten uns vor dem falschen Hotel, änderten aber die Tonlage, als sie feststellten, dass dem nicht so war. Wir gaben die Autoschlüssel ab und nahmen die Zimmerschlüssel entgegen. Das Gepäck wurde aufs Zimmer gebracht. Das Hotel und auch das Zimmer waren schön, mit vielen netten Details ausgestattet, aber ich hatte übersehen, dass ich nur ein Queens-Bett für uns beide zusammen gebucht hatte. Dabei hatte ich doch bei der Buchung darauf geachtet, dass wir entweder ein grosses Doppelbett oder zwei Einzelbetten hatten.
Sehr nett war die Dachterrasse mit Pool und Blick über die Stadt. Hier konnte man die Seele baumeln lassen und mit einem Cocktail in der Hand feststellen, dass die Ferien richtig teuer werden würden.
los angeles und der öffentliche verkehr
Die Übernachtung unseres Autos in der Hotelgarage kostete mehr, als ein billiges Motelzimmer, deshalb wollten wir den Platz auch ausgiebig ausnutzen und versuchen, uns die Tage mit dem öffentlichen Verkehr rumkutschieren zu lassen. Im Internet hatten wir uns schlau gemacht, und wussten nun, dass wir dazu eine "TAP-Card" brauchten. Die Rezeptionistin, die uns eben noch mit "Grüezi" und "Danke" empfangen hatte (damit war ihr schweizerdeutscher Wortschatz aufgebraucht), verwies uns an die nächste Metro-Haltestelle "Pico".
Den Fussmarsch dorthin unterbrachen wir am nächsten Morgen, um in einem kleinen alternativen Café den besten Avocado-Toast meines Lebens zu essen. Während es rund um das Hotel keine Obdachlosen gab, begegneten uns nun die ersten. Einer schlief in einem Bushaltestellen-Häuschen in einem Schlafsack, während seine Kleidung penibel ordentlich gefaltet, daneben lagen. Was ihm wohl widerfahren war?
Die TAP-Cards kosteten je zwei Dollar und darauf luden wir gleich eine Tageskarte zum halben Preis, also nur drei Dollar fünfzig, statt sieben pro Person. Nun aber los, wir hatten nämlich Tickets für "The Broad". Diese waren kostenlos, mussten aber im Vorfeld über das Internet für eine bestimmte Uhrzeit gebucht werden. Über Google Maps suchten wir uns eine Busverbindung heraus. Das funktionierte ganz gut, zumal auch die Verspätungen angezeigt wurden. Schwieriger war es herauszufinden, an welcher Haltestelle der nächste Bus eintreffen würde. Eine halbe Stunde brauchten wir mit einmal Umsteigen, um gerade noch pünktlich beim Museum anzukommen. So lange hätten wir auch zu Fuss gebraucht, aber wozu hatten wir dann die Tickets gekauft? Das Umsteigen war unangenehm, drei Obdachlosen-Zelte waren an der Haltestelle aufgebaut und der Uringeruch hing mir noch lange in der Nase. Die Busse waren alt und schäbig, die Passagiere eher nicht von der reichen Sorte.
the broad, mehr als nur ein museum
The Broad ist ein privates Museum für zeitgenössische Kunst und wurde vom New Yorker Architekturbüro Diller Scofidio + Renfro entworfen. Die Ausstellung war grossartig. Die Werke von Roy Lichtenstein fielen mir besonders ins Auge. Leider war ich mit der Buchung zu spät, um noch ein Ticket für den Spiegelsaal zu ergattern. Neben der Kunst interessierte ich mich für die Architektur, was auch für die daneben stehende Walt Disney Concert Hall galt, die die typische Handschrift ihres Erbauers Frank O. Gehry trug.
auch die umgebung lässt sich sehen
Die South Grand Avenue bot noch mehr nette Anblicke. Wir verliessen die Strasse durch den Innenhof des Museum of Contemporary Art und gönnten uns eine Fahrt auf der historischen Standseilbahn "Angels Flight". Mit knapp hundert Meter galt die Bahn bei ihrer Eröffnung 1901 als die kürzeste Bahnstrecke der Welt, was zwar nicht ganz stimmte, denn die Standseilbahn Zagreb war mit 66 Meter Länge bereits 1893 eröffnet worden. Dank unseren TAP-Cards kamen wir in den Genuss von einem 50-prozentigen Rabatt im Wert von sagenhaften fünfzig Cent pro Person und Fahrt.
Nun waren wir beim Grand Central Market angelangt, wo es Speis und Trank aus aller Herren Ländern gab. Wir genossen unseren ersten Pulled Pork Burger und löschten den Durst mit einem kühlen Bier.
ostersonntag, aber keinen interessiert's
Am nächsten Morgen, es war der Ostersonntag, der in Los Angeles keine Bedeutung hat, wollten wir in dem sehr gut bewerteten Hotelrestaurant frühstücken. Wir freuten uns auf die angepriesenen Eierspezialitäten. Aber wo gab es die? Auf jeden Fall nicht an der kleinen Theke im Café neben der Lobby, da wurden lediglich Kaffee und süsse Teilchen verkauft. Ach so, im Rooftop-Restaurant! Nichts wie hoch. Frühstück mit Ausblick, das klang verlockend. Leider war das Restaurant erst ab 10:30 Uhr geöffnet, also musste eine Alternative her.
Die Alternative fanden wir beim Grand Central Market. Es gab ein Ei im Glas auf Kartoffelpüree, was verdammt gut, aber auch sauteuer war. Zuerst aber brauchten wir ein Tagesticket, um dahin zu kommen. App gab es leider keine für ausländische Touristen, aber Reiner hatte eine Website gefunden. Dort konnte er die Karten registrieren. Blöderweise zeigte diese noch immer die gestrige Tageskarte als gültig an, weshalb keine neue gekauft werden konnte. Reiner lud je zwei Dollar auf die Karten, doch auch die wurden im Konto nicht angezeigt. Wir versuchten es also mit der angeblich noch gültigen Tageskarte von gestern, was der Automat im Bus nicht gut fand. Deshalb schob Reiner einen Fünfdollarschein nach. Rückgeld gab es keins. Auch meine Karte wurde nicht akzeptiert, der Buschauffeur winkte mich aber ungeduldig durch. Mit den fünf Dollar hatten wir mehr als genug für die beiden Tickets bezahlt.
Beim Grand Central Market gab es eine Metrohaltestelle, dazu mussten wir eine lange Treppe hinuntersteigen. Der Ticketautomat zeigte bei Reiners Karte ein Guthaben von 5.25 Dollar und bei mir zwei Dollar an. Nach Adam Riese waren das die zwei Dollar, die Reiner auf die Karten geladen hatte und zusätzlich bei ihm die fünf Dollar, die er im Bus gezahlt hatte. Davon wurde der Fahrpreis von 1.75 Dollar abgezogen. Voilà!
der tag am santa monica pier
Mit der Metro fuhren wir dann zum Santa Monica Pier. Die Fahrt war lang und an den vielen Haltestellen stiegen Menschen zu, aber kaum welche aus. An der Endhaltestelle strömten sie dann Richtung Pier und wir mit ihnen. Auf dem Pier herrschte buntes Treiben. Leute posierten vor dem berühmten "End of Route 66"-Schild, einer sang und ein anderer spielte eine Art Gitarre. Hare Krishna-Anhänger sangen, trommelten und tanzten um die Wette. Eine Frau hielt ein Schild hoch, auf dem in grossen Lettern geschrieben stand, dass Jesus für uns gestorben sei. Aus Lautsprechern wurden wir weiter über Jesus' Heldentaten beschallt. Die Hare Krishna Brüder und Schwestern konnten es nicht lassen, sie singend zu umkreisen. Ein halbnacktes Mädchen stellte sich provokant vor sie. Und was tat die Christin? Sie wartete, bis der Spuk vorbei war, dann machte sie weiter, als ob nichts gewesen sei.
Reiner und ich genossen den kühlen Wind und die warmen Sonnenstrahlen, die ausgelassene Stimmung und den feinen Seafood. Am Abend stellten wir fest, dass die Sonne ganz schön viel Kraft hatte, wir hatten doch tatsächlich unseren ersten Sonnenbrand geholt.
die schattenseiten einer grossstadt
Für den nächsten Tag stand ein Ausflug nach Westhollywood auf dem Plan. Da wir bereits wussten, dass wir nur an einer Metro-Station unsere TAP-Cards mit einem Tagespass bestücken konnten, fuhren wir mit dem Guthaben wieder Richtung Grand Central Market, frühstückten dort und gingen dann zur Metro-Station. Unser heutiges Ziel war nicht mit der Metro erreichbar, deshalb entschieden wir, dass es reichte, wenn Reiner die lange Treppe runterstieg und ich oben auf ihn wartete. Dass das ein Fehler war, merkte ich ziemlich schnell, denn ein Randständiger in einem luftigen Sommerkleidchen tauchte auf, schob die Trägerchen von den Schultern. In dem Moment erblickte er mich und hielt inne. Ich ging ein paar Schritte weiter, bis er ausser Sichtweite war. Ich schaute in die Richtung, aus der Reiner herkommen sollte, da erblickte ich das Spiegelbild des Randständigen. Ich wollte nicht hinschauen, aber mein Blick ging automatisch immer wieder zu dieser obskuren Szenerie, wie der Obdachlose sich seines Kleidchens entledigte, sein grosses Geschäft verrichtete, sich mit dem Kleid abwischte und sich anschliessend stehend im hohen Bogen erleichterte. Ich betete, dass Reiner sich beeilte, ich wollte nur noch weg.
ein bisschen architektur
Nach dem Schock musste ich mich erstmal am Hotelpool erholen. So kam es, dass wir erst am Nachmittag den Bus Richtung Westhollywood nahmen. Dort tigerten wir am Petersen Automotive Museum vorbei. Mich interessierte dabei nur die Fassade des ehemaligen japanischen Einkaufszentrums.
ein bisschen kunst
Nicht weit davon entfernt gab es eine grossformatige Assemblage-Skulptur von Chris Burden. "Urban Light" bestand aus 202 Strassenlaternen, die in einem Raster angeordnet waren. Eigentlich war die Installation etwas für die Nacht, doch mir gefiel sie auch am Tag ganz gut. Ein weiteres Kunstprojekt befand sich auf der anderen Seite des Platzes. "Levitated Mass" war eine grossformatige Skulptur von Michael Heizer, der Reiner nicht viel abgewinnen konnte. Was soll das, einfach einen Stein auf zwei Wände zu stellen? Vielleicht lag es daran, dass der vom Künstler erzielte Effekt des Schwebens nicht erreicht werden konnte, weil die Statik es nicht erlaubte, wie ich bei Wikipedia nachlesen konnte.
ein bisschen glamour
Zum Abschluss des Ausflugs gaben wir uns noch ein bisschen Rodeo Drive. Wir setzten uns auf eine Bank und beobachteten die teuren Schlitten und die eleganten Menschen, die stolz ihre Tüten aus den edlen Boutiquen trugen. Wir trugen uns schon bald wieder zur Bushaltestelle - das war nicht wirklich unsere Welt.
Noch einmal schlafen und dann liessen wir unser Auto aus der Hotelgarage bringen. Wir waren bereit für die nächste Etappe.
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