Im Februar fand unser erstes und hoffentlich nicht letztes Running Dinner statt.
Irgendwann hing im Treppenhaus ein Zettel, auf dem gefragt wurde, wer beim Running Dinner mitmachen würde. Überraschenderweise interessierten sich sieben der acht Parteien in unserem Mietshaus dafür. Der Termin wurde fixiert und die Spielregeln wurden bekanntgegeben. In jeder Wohnung sollte ein Gang serviert werden. Dafür war jeweils eine halbe Stunde reserviert. Alle machten mit bis auf ein Paar, das schon über fünfzig Jahre im Haus lebt und unser direkter Nachbar, der zu der Zeit im Ausland weilte.
Es war Sonntagabend, als wir in der ersten Wohnung starteten. Im ersten Stock links duftete es schon lecker nach asiatischen Köstlichkeiten. Der junge Vater von zweieinhalb Kindern (das Dritte sollte bald geboren werden) war auf dem Balkon mit dem Frittieren von Frühlingsrollen beschäftigt. Der Tisch war wundervoll gedeckt und dekoriert. Er stammt aus dem Baselbiet, sie ist Engländerin und beide haben einen asiatischen Touch, den sie ihren philippinischen Müttern verdanken. Unter dem Motto "Asian Street Food" wurden jede Menge asiatische Köstlichkeiten aufgetischt. In Anbetracht dessen, dass noch fünf weitere Gänge folgen sollten, versuchte ich mich etwas zurückzuhalten, was aber schwer fiel.
Eine halbe Stunde später wanderten wir einen Stock tiefer, um bei einem Spanier und seiner jungen Frau aus Paraguay den zweiten Gang einzunehmen. Unzählige Kerzen verbreiteten eine gemütliche Stimmung. Sie warteten mit Sangria und einem Tisch voller Tapas sowie südamerikanischen Gerichten auf. Auch hier war es wieder ausgesprochen gut und der Magen schon ordentlich gefüllt, so dass es ganz gut tat, drei Treppen hoch zu uns zu laufen.
Reiner und ich setzten auf Risiko und servierten Jakobsmuscheln auf Süsskartoffelpüree mit Birnensambal. Alternativ hätten wir Pouletbrust angeboten, doch allen elf Personen schien unser exotisches Gericht mit der Jakobsmuschel gemundet zu haben.
Nun ging es wieder ins Erdgeschoss zu einer Amerikanerin, die mit einem exzellent gewürzten Roastbeef und einer extrem leckeren Variante von Cole slaw überraschte. Inzwischen sind wir Besitzer ihrer Rezepte und werden die beiden Gerichte bestimmt mal nachkochen.
Im dritten Stock rechts wohnt ein portugiesisches Pärchen mit einem kleinen Kind, das eben seinen einjährigen Geburtstag gefeiert hatte. Sie hatten ihr Nationalgericht "Bacalao" vorbereitet, wovon ich schon viel gehört hatte, es aber noch nie gegessen hatte. Der Auflauf aus Stockfisch schmeckte mir ausgezeichnet und der portugiesische Wein war ebenfalls sehr lecker.
Zum Schluss ging es zu den Nachbarn gegenüber der Portugiesen. Sie und die Amerikanerin aus dem Erdgeschoss hatten die wundervolle Idee für das Running Dinner unter den Nachbarn. In der sechsten Wohnung dieses Abends war für Kaffee und Kuchen aufgedeckt. Die Männer durften im Esszimmer, die Frauen im Wohnzimmer Platz nehmen. Die Gastgeberin hatte einen Kuchen gebacken und diesen hübsch beschriftet. Schade, dass ich so satt war, dass ich den Kuchen nicht mehr ganz schaffte.
Der Abend war ein riesen Erfolg. Wir durften die Menschen kennenlernen, die mit uns unter einem Dach leben, die man sonst aber nur mal kurz im Treppenhaus sieht. Wir hatten Einblick in fünf weitere Wohnungen, teilten den Abend mit insgesamt elf Menschen und sieben Nationalitäten, unterhielten uns auf deutsch und englisch. Danke Laura, Ute und Hendrik für die tolle Idee!