Route 66
Route 66

USA 2022 - 12 route 66 die zweite und das grosse finale

In der letzten Etappe trafen wir auf bettelnde Esel, besuchten eine Geisterstadt, sahen einen Garten voller Flaschen und beendeten die lange Reise in Santa Barbara.

ein bergpass, eine verpasste chance und bellende hunde

Nach einem sehr guten Frühstück checkten wir aus und begaben uns wieder auf die Route 66. Nach ein paar Kilometern parallel zur oder auf der I-40 entfernten wir uns bei Seligman immer weiter von ihr. Wir kamen durch Peach Springs, Truxton und Valentine. In Hackberry entdeckten wir den Hackberry General Store, der ursprünglich vom Route 66-Künstler Bob Waldmire betrieben worden war, der die Strasse in seinem orangefarbenen Volkswagen Microbus von 1972 bereist hatte.

Eine Gruppe Harley-Fahrer hielt sich dort auf. Wir schauten uns erst ausserhalb und dann im Ladeninnern um. Ein Sammelsurium an Kuriositäten wurde verkauft. Auf einem Stapel Badetüchern lag eine Katze, die es genoss, als Reiner sie kraulte. Wir kauften uns ein Erfrischungsgetränk und gesellten uns zu den Töfffahrern, die zu unserer Überraschung berndeutsch sprachen.

 

Sie zogen weiter und nach einer kurzen Pause waren wir wieder auf der Strasse. Draussen wurde es immer wärmer. Das Thermometer zeigte 41 Grad Celsius an. Der Oatman Highway wand sich zum Sitgraves Pass hoch. Wile Esel stoppten uns und bettelten um Futter, welches wir nicht dabeihatten. So zottelten sie zum nächsten Auto und hofften dort auf etwas Essbares. Auf der Passhöhe genossen wir den herrlichen Blick in die Weite.

 
 

Auf der anderen Seite des Passes kamen wir nach Oatman, einer ehemaligen Goldgräberstadt. Heute ist es ein touristischer Anziehungspunkt für die Route 66-Nostalgiker und Biker, die die Fahrt über den malerischen Sitgreaves-Pass utner die Räder nahmen. Burros, wie die wilden Esel genannt werden, liefen frei in der Stadt umher. Sie stammten von Lasteseln ab, die von ihren Besitzern freigelassen worden waren, als sie sie nicht mehr gebraucht hatten. Überall gab es Eselfutter zu kaufen. Mir war es hier zu touristisch und so spazierten wir nur ein kurzes Stück durch das Städtchen, bevor es wieder weiterging.

 
 

Mit dem Überqueren des Colorado Rivers in Topock kamen wir in Kalifornien an. Wir mussten wieder für ein Weilchen auf die I-40, weil die ursprüngliche Route 66 nicht mehr existierte. Erst in Fenner zweigte sie von der Interstate ab und führte über Chambless nach Amboy.


In Amboy befand sich der Punkt, an dem die Route 66 die Strasse kreuzte, auf der wir vor einigen Wochen von Las Vegas nach Twentynine Palms gefahren waren. Dort wollten wir das Roy’s Motel & Cafe fotografieren, das wir uns damals für heute aufgespart hatten. Das war der Plan, aber die Strasse war wegen Bauarbeiten gesperrt. Kein Problem, dachten wir, dann nahmen wir halt die Essex Road. Als diese aber wie auch die Kelbaker Road geschlossen war, wurde uns bewusst, dass wir damals einen Fehler gemacht hatten, uns nicht in dem historischen Diner umgesehen zu haben. Nun blieben uns lediglich ein Foto vom Vorbeifahren und ein achtminütiger Film eines Zuges vom Anfang der Reise.

Enttäuscht kamen wir schliesslich in Barstow, unserem heutigen Etappenziel, an. Wir traten in die kleine Rezeption des Rodeway Inn On Historic Route 66 ein. Niemand war da, da linste ich über die Theke in den Raum dahinter. Zwei Hunde begannen zu bellen, worauf eine dunkelhäutige Frau erschien und uns ein Zimmer gab. «S’Hondertfüfi», sagte ich zu Reiner, um ihm zu signalisieren, dass wir das Zimmer Nummer 105 hatten. Die Frau hatte mich verstanden und erklärte, dass sie aus Südafrika stamme und Afrikaans dem Schweizerdeutschen sehr ähnlich sei. Die beiden Hunde rasten derweil auf die Strasse, sie hatten eine Katze entdeckt und diese zu jagen gehörte zu ihren Vorlieben.


eine geisterstadt und die marines

Das Frühstück wurde in der kleinen Rezeption serviert, wo ein paar Tische standen. Ein Mann in meinem Alter begrüsste uns. Waffeln und Eier konnten wir bei ihm bestellen, der Rest stand auf einem Buffet zur Verfügung. Wir bestellten Spiegeleier und Waffeln. Der Mann konnte wohl zaubern. Das waren mit Abstand die besten Spiegeleier, die ich je hatte und auch die Waffeln waren sehr lecker. Es stellte sich heraus, dass er und die Frau von der Rezeption verheiratet waren und das Motel gemeinsam betrieben. Der Sohn, der frische Eier in den Kühlschrank einsortierte, half ihnen ab und zu.

Am Nebentisch sass eine Familie aus Rumänien. Es entstand ein Gespräch über die Schweiz. Der Motelbesitzer war bereits einmal in Zürich gewesen und fand es sehr schön aber unglaublich teuer. Die Rumänen, allen voran die Mutter der kleinen Kinder, schwärmten von Schweizer Schokolade. Besonders liebe sie die Lindor Kugeln. Der Motelbesitzer behauptete, dass er Schweizer Schokolade habe und holte tatsächlich eine Tafel Lindt-Schokolade, die er dem Kind am Nebentisch schenkte.

Nicht weit von Barstow entfernt liegt die Geisterstadt Calico, die wir bei noch erträglichen Temperaturen am frühen Morgen besuchten. Es war noch nicht viel los, so konnten wir die Gebäude und Ausstellungen in Ruhe anschauen. Mit dem Zug fuhren wir als einzige Gäste eine Runde und erfuhren, wie die Chinesen hier in der Mine gearbeitet hatten, was erklärte, weshalb es ein chinesisches Bad gab. Mir gefiel Calico sehr gut. Auch die Aussicht von der leichten Anhöhe war wunderschön.

Von Calico aus fuhren wir nach Süden bis Dagget, wo wir rechts auf die Route 66 abbogen. Auf einmal kamen wir an ein Häuschen, das mit «Marines» beschriftet war. Wir zögerten, stellten uns vor dem Häuschen auf einen Platz und als wir sahen, dass andere Autos dort vorbeifuhren, reihten wir uns ebenfalls ein. Der Vordermann zückte einen Ausweis, da war mir klar, dass wir hier nicht erwünscht waren, doch zum Umdrehen war es zu spät. Hinter uns standen bereits mehrere Fahrzeuge.

Am Häuschen fragte ich einen uniformierten Mann, ob es erlaubt wäre, hier entlangzufahren. Er fragte nach unserem Vorhaben und wie erwartet, war es für das Befahren der Route 66 nicht erlaubt, ins Militärgebiet zu fahren. Er erklärte ausgesprochen freundlich den Weg, um nach der gesperrten Zone wieder auf die historische Strasse zu gelangen. Wir mussten noch ein paar Sekunden warten, bis ein grosser Lastwagen, der uns entgegenkam, vorbeigefahren war, bevor wir wenden konnten. Freundlich, fast schon herzlich, verabschiedete der Militärangehörige sich von uns.


viele flaschen und ein grandioser burger

Bei Oro Grande war auf einem privaten Grundstück eine grossflächige Skulpturen-Installation errichtet worden. Elmer’s Bottle Tree Ranch besteht auf flaschenbestückten Metallgerüsten, die den Ressourcenverbrauch der Wegwerfgesellschaft thematisiert. Neben den Glasflaschen waren unzählige andere Dinge an den Gerüsten befestigt oder standen in dem grossen Garten. So konnten wir alte Schreibmaschinen, Strassenschilder und viel Schrott entdecken.

 
 

Eine weitere Sehenswürdigkeit fanden wir in Emma Jean’s Holland Burger Cafe. Von aussen war der Diner unscheinbar und innen war er klein. Wir bekamen die letzten beiden Plätze auf festgeschraubten roten Hockern an der Theke. Dahinter waren zwei Köche damit beschäftigt, Burger zu braten und Pommes frites zu frittieren. Zwei Frauen übernahmen die Bedienung der Gäste, die vorwiegend aus Arbeitern bestanden, die hier vorbeigekommen waren.

Das Gebäude war von Bob und Kate Holland 1947 erbaut worden und hatte von da an Einheimische und hungrige Reisende verköstigt. Richard Gentry fuhr 31 Jahre lang einen Zement-Truck und hatte seit der Eröffnung in diesem Cafe gegessen. Seine Frau Emma Jean hatte als Bedienung in dem Lokal gearbeitet. 1979 hatte Richard den Burgerladen gekauft und in Emma Jean’s Holland Burger Cafe umbenannt. Als Emma Jean 1996 und Richard 2008 gestorben waren, hatten ihr Sohn Brian Gentry und dessen Frau Shawna das Restaurant übernommen. Brian war einer der beiden Köche und seine Frau bediente die Gäste mit viel Charme und Witz.

Reiner ass einen Brian Burger, welcher aussergewöhnlich und unglaublich lecker war. Das Brot war eher rustikal und knusprig, das Fleisch saftig und die weiteren Zutaten unbeschreiblich. Auch mein Mushroom Burger war ausgesprochen gut, aber bei einem nächsten Mal würde ich mich ebenfalls für den Brian Burger entscheiden.

Mit vollen Bäuchen ging es weiter. Je näher wir zu Los Angeles kamen, desto mehr nahm der Verkehr zu. Irgendwann verliessen wir die Route 66 und fuhren Richtung Santa Barbara. Das «End of the Trail»-Schild in Santa Monica hatten wir bereits am Anfang der Reise ausgiebig fotografiert, deshalb sparten wir uns die letzten eher langweiligen Meilen der legendären Route 66.


zurück am pazifik

Wir machten noch einen Abstecher zum Premium Outlet Camarillo und erstanden mehrere Skechers. Die waren dringend nötig, denn meine konnte ich nach dem vielen Wüstensand und Staub wegschmeissen.

In Santa Barbara wollten wir im Inn at East Beach einchecken. Eine Frau vor uns hatte irgendwelche Probleme, die der Rezeptionist nicht lösen konnten und so mussten wir lange warten. Auf die Frage, ob wir Haustiere dabeihätten, antwortete ich mit «Nein, aber ein Auto». Der junge Mann lachte laut auf. Er überliess es uns, ob wir für 22 Dollar die Nacht einen Parkplatz buchen oder einen Gratisparkplatz an der Strasse nehmen wollten. Wir hatten keine Lust auf Parkplatzsucherei, deshalb wählten wir die Variante, die etwas kostete. Auf diese paar Dollar kam es nicht mehr an. Wir bekamen ein Zimmer im Obergeschoss mit Balkon und Meersicht. Das Inn war zwei Strassen vom Strand entfernt, auf den ich mich schon sehr freute.

Wir suchten den Sonnenuntergang, fanden ihn aber nicht. Hunger hatten wir keinen, die Burger lagen noch immer im Magen und so legten wir uns ohne Z’Nacht ins Bett.

eine mission

In der Buchung stand, dass keine Mahlzeit enthalten sei, trotzdem gab es ein kleines Frühstück. Ich wärmte mir ein abgepacktes Frühstücksandwich in der Mikrowelle, nahm einen Saft und einen Kaffee mit nach draussen, wo wir uns an einen Tisch setzten und frühstückten.

Auf einer Anhöhe zwischen dem Stillen Ozean und den Santa Ynez Mountains steht die Old Mission Santa Barbara 1786. Die spanische Missionsstation der Franziskaner war 1786 errichtet worden, um den örtlichen Stamm der Chumash (Canaliño) zum Christentum zu bekehren. Spanien hatte versucht, lokale indigene Stämme zu guten spanischen Bürgern zu machen, was eine religiöse Bekehrung und Integration in die spanische Kolonialwirtschaft bedeutet hatte. Für die lokale Chumash-Bevölkerung hatte die Umweltveränderungen, die durch die grosse Viehherde der Mission verursacht worden waren in Kombination mit Epidemien und militärischer Gewalt bedeutet, dass Stammesmitglieder oft keine andere Wahl gehabt hatten, als sich der Mission anzuschliessen. Dies hatte zu einer Art erzwungener Knechtschaft geführt.

Die Mission ist der Namensgeber der Stadt Santa Barbara sowie des Santa Barbara County. Oft wird sie als «Königin der Missionen» bezeichnet. Sie ist die einzige Mission, die seit ihrer Gründung unter der Leitung der Franziskanermönche geblieben ist. Heute ist sie eine Pfarrkirche der Erzdiözese Los Angeles. Der Name stammt aus der Legende der Heiligen Barbara, einem Mädchen, das von seinem Vater enthauptet worden war, weil es dem christlichen Glauben gefolgt war.

Der grosse Platz vor der Kirche war voll mit bunten Kreidemalereien, als wir dort ankamen. Es herrschte bereits buntes Treiben, die Mission zog die Besucher wie ein Magnet an.


the beach

Nach Besichtigung der alten Mission fuhren wir zum Hafen. Wir schlenderten etwas umher und schauten den Arbeitern zu. Bei GoGo Sushi assen wir für wenig Geld den Tageshit mit Blick auf die Boote und das Treiben am Hafen.

Anschliessend wollte ich unbedingt an den Strand. Reiner liess mich aussteigen und fuhr das Auto zur Unterkunft zurück. Ich schnappte die beiden roten Stühle und suchte mir ein nettes Plätzchen in der Nähe der Beachvolleyballfelder. Dort war ein hartes Training im Gange.

Einige Familien hatten es sich gemütlich gemacht. Zwei kleine nackte Mädchen, das eine mit hellblonden und das andere mit schwarzen Haaren, buddelten mit ihrem Vater Löcher in den Sand und rannten lachend herum. Irgendwann wurden sie geschnappt und unter die Dusche gestellt, dann waren sie weg.

Eine Gruppe, bestehend aus vier Frauen und vielen Kindern unterschiedlichen Alters, hatte sich vor mir platziert. Die Frauen unterhielten sich auf Spanisch, die Kinder sprachen englisch. Der grösste Junge, er war etwa zwölf, zog stets eine Show ab. Er ging ins Wasser und kam mit üppigem Seegras behängt zurück, um seine Geschwister, Cousins und Cousinen zu erschrecken. Ich wollte eigentlich auch ein Bad im Meer nehmen, überlegte es mir aber anders, nachdem ich das Wasser um meine Waden gespürt hatte. Weniger das eiskalte Wasser schreckte mich ab als vielmehr das viele Seegras, das mich grauste.

Nach einer gefühlten Ewigkeit kam Reiner ebenfalls an den Strand. Das Beachvolleyballtraining war inzwischen beendet und die meisten Familien waren gegangen. Auch wir blieben nicht mehr allzu lange.

Zurück im Zimmer setzten wir uns auf den Balkon und orderten über Uber Eats Pizza und gerösteten Blumenkohl. Die Pizza war gut und der Blumenkohl war fantastisch.


die shoppingmuffel

Der letzte Tag brach an, den wir mit dem Frühstück im Innenhof begannen. Es war trüb, die Sonne getraute sich noch nicht, sich zu zeigen. Das war also der June Gloom, das Pendent zum May Gray, wie die Kalifornier das Phänomen nennen, wenn die strukturlosen Stratuswolken der Meeresschicht in niedrigen Schichten der Atmosphäre auftreten. Sie dienen als natürlicher Hitzeschild für die dicht besiedelte Küste Südkaliforniens und reflektieren die Sonnenstrahlen effizient zurück in den Weltraum. So wichtig dies für das Klima ist, wir hätten lieber Sonne pur.

Ein Mann, der ein paar Jahre älter war als wir, unterhielt sich mit uns. Er war aus San Francisco und reiste unglaublich gern. Er war sehr an unserem Roadtrip interessiert und als er hörte, dass wir aus der Schweiz sind, holte er seinen Partner, der drei Jahre lang in Lugano gelebt hatte. Deshalb war auch er oft in der Schweiz. Einmal waren sie mit dem Schiff von Basel nach Rotterdam gefahren. Ihnen gefällt die Schweiz so gut, dass sie immer wieder Zeit dort verbringen.

Auf unserer Liste standen einige Dinge, die wir einkaufen wollten. Als Shoppingmuffel hatten wir das bis auf wenige Sachen auf den letzten Tag verschoben. Vermutlich würden wir unerledigter Dinge nach Hause fliegen, aber eines musste her, nämlich ein Rucksack. Wir wollten den Handgepäckkoffer aufgeben und ich plante, stattdessen einen Rucksack als Handgepäck mit ins Flugzeug zu nehmen.

Ich hatte einen gut bewerteten Laden gefunden, der Reiseausrüstung verkaufte. Dort angekommen, war der halbe Raum leer, nur ein sehr schöner Rucksack hing an der Wand. Der Preis von ein paar hundert Dollar war uns der schönste Rucksack nicht wert, also machten wir augenblicklich kehrt und gingen zu Macy’s. Das Gepäck war im Untergeschoss, doch Rucksäcke in der gewünschten Grösse waren Fehlanzeige. Ein netter Verkäufer verstand sofort, was wir suchten und versprach, an anderer Stelle nachzufragen. Ein paar Minuten später kam er zurück und schickte uns ins Obergeschoss, wo Macy’s eine Art Outlet betrieb. Dort wurden wir auch tatsächlich fündig. Damit hatten wir bereits genug vom Shopping.

mehr als nur ein baum

In Santa Barbara stand der grösste Feigenbaum der Vereinigten Staaten, den wollte ich mir nicht entgehen lassen.

Ein Seemann hatte 1876 einem Mädchen einen Sämling eines australischen Moreton Bay Fig Tree geschenkt, den es in der 201 State Street eingepflanzt hatte. Nachdem das Mädchen ein Jahr später weggezogen war, hatte ihre Freundin den Baum an der Ecke der Strassen Montecito und Chapala gepflanzt. Das Grundstück war nur wenige Blocks vom Meer entfernt und hatte der Southern Pacific Transportation gehört. Der Baum war 1970 offiziell als historisches Wahrzeichen ausgewiesen worden und sechs Jahre später an die Stadt Santa Barbara übertragen worden. Die Wurzeln werden durch eine Kettenbarriere in der Grösse des Kronendachs geschützt, das einen Durchmesser von über 50 Meter aufweist.

Als wir beim Moreton Bay Fig Tree ankamen, war der Baum abgezäunt. Ausgerechnet jetzt war dort eine Baustelle. Das Ausmass des Baumes war trotzdem zu erkennen, nur war er nicht so fotogen, wie ich es mir gewünscht hätte. Er hing über und über voller Feigen. Was wohl mit den Früchten gemacht wird?

relaxen und schlemmen, das hatten wir uns verdient

Wir fuhren kreuz und quer durch Santa Barbara und schauten uns die hübschen Häuser vom Auto aus an. Inzwischen schien die Sonne in voller Pracht. In einem Whole Food Market kauften wir Sushi und kehrten ins Hotel zurück. Dort schmissen wir uns in Badesachen, setzten uns an den Pool und assen das gekaufte Sushi. Wir waren die einzigen Gäste, später gesellte sich eine Mutter mit einem zuckersüssen kleinen Jungen hinzu. Der Kleine schwamm stets zu uns und bot uns eine kleine Show. Die Mutter wollte ihn erst zurückrufen, aber als sie merkte, dass er uns alles andere als störte, grinste sie bloss ab seinen Kapriolen.

Am späteren Nachmittag kamen immer mehr Gäste an den Pool. Es war herrlich, wir genossen die gute Laune und die entspannte Atmosphäre. Als die Sonne hinter den Häusern verschwand, wurde es kühl. Es wurde Zeit, uns fürs Abendessen frisch zu machen.

Wir fuhren zur Stearns Wharf und gingen nach einem Spaziergang auf dem Steg ins Moby Dick Restaurant. Eine junge Kellnerin, die ihren ersten Tag hatte, bediente uns. Ich bestellte Linguine mit Seafood, worauf sie meinte, dass das ihr Favorit sei. Reiner wählte den Seabass. Das sei aber ein ganzer Fisch, was genau das war, was Reiner haben wollte. Zur Feier des Tages bestellten wir uns eine Flasche American Champagner. Ich hatte zwar gedacht, dass der Name «Champagner» geschützt sei, aber das war egal. Die Kellnerin war mit der Flasche überfordert und holte sich Rat bei der Chefin, die sie stets im Auge behielt. Während die junge Frau sehr ungeschickt die Gläser füllte, fragte sie, ob das unser Lieblingswein sei. Sie war so charmant und süss, dass wir ihr jeden Fehler verziehen.

Der Fisch war perfekt gebraten und sah so gut aus, dass rund um uns herum auch der Wolfsbarsch bestellt wurde, bis er ausverkauft war und hinter uns ein Gast enttäuscht etwas anderes ordern musste. Wir hatten einen Platz am Fenster auf das Meer hinaus und konnten sehen, wie die Sonne immer weiter Richtung Horizont wanderte. Den Sonnenuntergang beobachteten wir anschliessend auf dem Steg der Stearns Wharf neben Fischern, Einheimischen und Touristen. Es war ein wunderbarer Anblick und ein würdiger Abschluss für eine wundervolle Reise.


das war’s

Der June Gloom tat sein Bestes, ein trübes Bild zu vermitteln. Fröstelnd assen wir das Frühstück im Freien. Zwei junge deutsche Paare und eine Gruppe ebenfalls junge Männer waren bereits da. Die Jungs hatten alle Milch weggetrunken, sodass ich die Packung Kellogg’s Frosties wieder zurücklegte und stattdessen ein Sandwich wärmte.

Wir packten die Koffer. Die Kühlbox und die beiden Stühle hinterliessen wir mit einem guten Trinkgeld dem Hotel. Nach dem Auschecken fuhren wir langsam auf dem Pacific Coast Highway Richtung Flughafen nach Los Angeles. Unser Plan, die wunderbare Aussicht auf das Meer zu geniessen, wurde durch den verhangenen Himmel getrübt.

Die Tankanzeige signalisierte, dass das Benzin wohl nicht ganz reichen würde, also hielten wir für ein paar Tropfen an einer Tankstelle. Wir hatten noch eine Flasche Scheibenputzmittel, das wir am Anfang der Tour gekauft, aber wegen des Autotauschs nicht gebraucht hatten. Ich schnappte sie und schenkte sie einem verdutzten Autofahrer mit der Begründung, dass wir auf dem Weg zurück nach Europa seien und das Mittel nicht mitnehmen konnten. Er strahlte und bedankte sich überschwänglich.

Auf der Höhe der Leo Carrillo State Beach zweigten wir auf den Mullholland Highway ab. Das war ein Glücksgriff, denn das Grau lichtete sich und eine strahlende Sonne kam zum Vorschein. Eine wunderbare Hügellandschaft erwartete uns. Irgendwann landeten wir wieder auf dem Pacific Coast Highway, wo es noch immer grau war.

Dann kam es, wie es kommen musste: Ich sollte aufs Klo. Mit jedem gefahrenen Kilometer verstärkte sich der Druck auf meine Blase. In Santa Monica in der Nähe des Piers entdeckten wir einen McDonald’s. Das Parkieren war für Gäste sogar kostenlos, was mich sehr überraschte. Reiner wollte bestellen, während ich die Örtlichkeiten aufsuchte, doch die Türklinke liess sich nicht runterdrücken. Sowas Dummes aber auch. Brauchte ich jetzt echt einen Schlüssel? Ich wartete, während Reiner sich mit dem Automaten abmühte, da sah ich einen anderen Gast die WC-Tür aufstossen und eintreten. Okay, darauf musste man erst kommen.

Während wir an unseren Getränken nippten, begann auf einmal ein Streit zwischen zwei Männern. Lautstark warfen sie sich sehr persönliche Dinge an den Kopf, die niemand etwas angingen. Ein paar Gäste verliessen das Lokal und auch ich fürchtete, dass es zu Handgreiflichkeiten kommen könnte. Doch so hart sie sich gegenseitig verbal angingen, so soft waren sie in Wirklichkeit. Der eine wollte gehen und der andere meinte, dass dann Schluss sei zwischen ihnen. Der erste ging und der zweite blieb mit hängendem Kopf zurück.

Eine knappe halbe Stunde später waren wir bei der Autorückgabe, die problemlos vonstattenging. Das Öl, das wir in Beatty erstanden hatten, sollte uns erstattet werden. Vielleicht hatte ich den Mitarbeiter falsch verstanden und ich hätte dafür ins Office gehen müssen, denn das Geld wurde nicht gutgeschrieben. In Anbetracht der Tatsache, dass wir durch die dreifache Tauscherei immer mal wieder einen halbleeren Tank abgegeben und einen vollen angenommen hatten, war das kein Weltuntergang.

Der Shuttle-Service brachte uns zum Terminal, wo wir die Abflughalle nicht fanden und nach dem Weg fragen mussten. Bei der Gepäckabgabe beim Lufthansa-Schalter herrschte wie auch im Flugzeug Maskenpflicht. Nun folgte der Security-Check. Es war Hochbetrieb. Wir stellten uns in eine von zwei Schlangen. Sicherheitsbeamte schienen nervös und hielten die Leute an, aufzuschliessen. Gehorchte jemand nicht, wurden sie laut. Die beiden vordersten dieser Schlangen mussten gleichzeitig zügig, aber nicht zu schnell an einem Hund vorbeilaufen, der auf keinen Fall angefasst werden durfte. Reiner war vor mir und sein temporärer Partner zögerte. Der Sicherheitsbeamte schrie ihn an, dass er laufen soll. Bei mir und meinem Gegenüber verlief alles tadellos.

Beim eigentlichen Check hiess es überraschenderweise, dass man die Schuhe anbehalten soll. Auf einer Tafel stand, dass alle Geräte, die grösser als ein Handy sind, auszupacken seien, aber der Beamte deutete mir, mein Tablet im Rucksack zu lassen. Ich erklärte ihm, dass ich ein Implantat im Knie hätte. Er meinte, ich soll mich anstellen und dann durch den Ganzkörperscanner gehen. Ich sah ihn mit einer Beamtin reden und auf mich zeigen. Sie winkte mich zu sich, ich musste mich in den Scanner stellen. Danach wurde ich abgetastet, aber im Gegensatz zu der Frau im Euroairport Basel Mulhouse war diese sehr freundlich und behutsam.

Die Zeit, bis unser Flug aufgerufen wurde, verbrachten wir in der Business Lounge, was ganz nett war. Das Flugzeug war kleiner, der Sitz und vor allem der Stauraum waren nicht ganz so gross, wie beim Hinflug. Ich drückte ein paar Knöpfe, bis ich fast lag, doch als ich mich wieder in Sitzposition bringen wollte, funktionierte das nicht. Der Kabinenchef schaute sich das Malheur an und erklärte mir, dass die Elektronik defekt sei. Er müsse jeweils manuell die Position ändern. Ich soll ungeniert zu ihm kommen und ich bekäme als Entschädigung Meilen gutgeschrieben. Einen anderen Platz konnte er mir nicht anbieten, da das Flugzeug komplett ausgebucht war.

In Frankfurt hatten wir keine Eile. Durch die Streichung unseres Fluges nach Basel hatten wir fast sieben Stunden Aufenthalt. Wir sahen im Bereich Z einen Wegweiser zur Business Lounge. Fast gleichzeitig mit uns kam ein anderer Gast an, den wir vorliessen. Der junge Mann beim Eingang der Lounge erklärte uns, dass wir durch den Zoll in den Bereich A müssten und es dort ebenfalls Business Lounges gäbe, die aber voller seien. Er meinte, wir hätten ja genügend Zeit, um erst im Z ein paar Stündchen zu chillen und dann später in den Bereich A zu wechseln.

Das war eine sehr gute Idee. Es waren kaum andere Gäste da. Wir tranken den ein oder anderen Kaffee, ein paar Gläschen Sekt und dann tingelten wir zum Bereich A. Derselbe Mann war beim Check-In, wie vorhin im Bereich Z. Er erkannte uns wieder und sagte lachend, dass er heute ein Läufer sei. In der Lounge war die Hölle los. Wir fanden trotzdem ein gemütliches Plätzchen. Die Müdigkeit übermannte mich, ich hatte auf dem Flug kaum geschlafen.

Das Personal im Flug nach Basel war sehr nett. Ich schaffte es kaum, mein Essen zu vertilgen, da landeten wir auch schon. Die Einreise dauerte nur ein paar Minuten und das Gepäck war auch schnell da. Wir nahmen ein Taxi nach Hause, wo gleichzeitig ein Nachbar eintraf. Er bot an, einen Koffer hochzutragen, was ich dankend annahm. Dann waren wir wieder zu Hause – ohne Katze, denn die war noch immer in den Ferien und kam erst am Montag zurück.

nachwehen

Todmüde fiel ich ins Bett und schlief und schlief und schlief. Den Sonntag verbrachten wir vor dem Fernseher und mit Nichtstun. Für Montag hatte ich Homeoffice in den Kalender eingetragen und war froh darüber, denn der Jetlag hatte mich volle Breite erwischt. Am Dienstag klingelte der Wecker bereits um 4:15 Uhr, denn ich hatte in der Hauptniederlassung in der Nähe von Zürich eine Besprechung und danach eine weitere auf der anderen Seite der Stadt. Völlig erschöpft kam ich zurück und ging früh schlafen. Am Tag darauf hatte sich zum Jetlag, der noch immer nicht abgeklungen war, eine Erkältung mit etwas Fieber dazugesellt. Meine Termine nahm ich per Microsoft Teams wahr und arbeitete von zu Hause aus. Am liebsten hätte ich den ganzen Tag geschlafen, aber nach so langer Abwesenheit hatte sich eine Menge Arbeit angesammelt, die sich nicht verschieben liess.

Am Donnerstag war meine Stimme weg, ich hatte Fieber und mir ging es nicht gut. Meine Kollegen fragten mich in einer Teams-Konferenz, ob ich einen Corona-Test gemacht hätte. Nein, ich hatte doch bloss eine Erkältung. Zur Sicherheit bohrte ich mit einem Stäbchen in meiner Nase und in dem Moment, wo ich auf die Anzeige des Strichs wartete, war mir klar, dass zwei davon erscheinen würden. Dem war dann auch so und die Apotheke stellte mir daraufhin ein Genesenen-Zertifikat für in 10 Tagen aus, denn innert Sekunden war auch dieser Test positiv ausgefallen.

Tja, das war’s! Acht Wochen Roadtrip durch den Südwesten der USA liegen hinter mir. Ein Highlight hatte das andere gejagt. Das Schönste der Reise war die Zeit, die wir uns für alles nehmen konnten und die unglaubliche Vielfalt an Städten, Landschaften, Pflanzen und Tieren, die wir gesehen hatten. Ich habe unendlich viele Eindrücke gewonnen, jede Menge Erfahrungen gesammelt und zu guter Letzt - als verzichtbares Souvenir - Corona mitgebracht.

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