Kasha Katuwe Tent Rocks
Kasha Katuwe Tent Rocks

usa 2016 - reisebericht

Reisebericht - "Die unglaubliche Anziehungskraft von Unpaved Roads im Wilden Westen"

vorwort

Vor über einem Jahr begann ich mit der Planung der diesjährigen USA-Reise. Aus einem unübersichtlichen Haufen von Sehenswürdigkeiten wurde eine abwechslungsreiche Route, die zwar lang, aber für Reiner und mich stimmig ist. Flug (Lufthansa), Hotels (booking.com) und Mietwagen (Alamo) wurden gebucht und stundenlang weiterrecherchiert. Meine Leidenschaft für das Planen endete in einem 248-seitigen, ganz persönlichen Reiseführer, aus welchem wir je nach Lust und Laune die jeweiligen Tagesplanungen zusammenstellen können.

Letzten Sommer musste ich mich einer Knieoperation unterziehen, die mich für Monate blockierte. Zur Vorfreude auf die Reise mischte sich die Angst, nicht richtig gehen zu können und deswegen auf Wanderungen oder sogar den Flug verzichten zu müssen. Doch jetzt, ein knappes Jahr später, sieht es ganz gut aus. Und sollte es Probleme geben, so können wir immer noch von einem View Point zum anderen fahren.

Der nächste Schock folgt im April: Die Gewerkschaften Verdi und VC kündigen Streiks für die Lufthansa an. Erst will das Bodenpersonal und danach könnten möglicherweise die Piloten streiken. Auch wenn es nichts ändert, verfolge ich in Sorge jede diesbezügliche Nachricht.


tag 1 > basel – colorado springs (do 12.05.2016)

anreise

Meine Befürchtungen haben sich zum Glück in Luft aufgelöst. Pünktlich hebt der nur leicht besetzte Flieger in Basel ab. In Frankfurt warten wir darauf, dass sich die Tür öffnet, doch nichts passiert. Die gute Stunde Zeit zum Umsteigen schmilzt dahin. Nach einem Weilchen meldet der Kapitän, dass wir auf den Bus warten müssten, er von seiner Position aus einen sehe, dieser aber offensichtlich einen Schaden hätte. Dasselbe wiederholt er in englischer Sprache: «I can see from my position aus...».

Nach einer gefühlten Ewigkeit, in der ich immer unruhiger werde, dürfen wir endlich in einen Bus einsteigen. Wir fahren an einem Pendent mit kaputtem Fenster vorbei, dessen Scherben eben vom Boden gekehrt werden. Die Fahrt dauert und dauert. Wir hätten gleich von Basel nach Frankfurt fahren können. Als wir endlich halten, rennen wir von einem Terminal zum nächsten. Das Boarding beginnt gerade und ich bin völlig ausser Atem. Mein Knie schmerzt – nein, nicht das Operierte, sondern das andere.

Der Flug selber ist sehr angenehm. Wir haben uns die preislich interessante Premium Economy gegönnt und sind froh darüber, mehr Platz für uns zu haben. Während in der Economy, die gleich hinter uns beginnt, drei Personen sitzen, ist in der Premium Eco nur Platz für zwei. Ansonsten ist der Unterschied nicht gross, soweit ich das beurteilen kann.

Wir kommen ein paar Minuten vor der geplanten Zeit in Denver an. Ich kann kaum mehr gehen, so sehr schmerzt mein Knie. Das kann ja heiter werden! Obwohl uns die Leute überholen, weil ich mich wie eine Schildkröte bewege, gibt es kein Anstehen bei der Immigration. Die Automaten, bei denen bereits die Fingerabdrücke, das Foto und die wichtigsten Fragen gespeichert werden, erleichtern das Prozedere erheblich. Der Zöllner will dann bloss noch von uns versichert bekommen, dass wir auch ja wieder abreisen und fragt, wie lange wir in den Staaten bleiben. Die Antwort «five weeks» löst in seinem sonst emotionslosen Gesicht eine Regung aus. Ob ihm das zu lang ist? Für uns ist es auf jeden Fall genau richtig.

Wir müssen ein Weilchen auf unser Gepäck warten, also beobachte ich eine Zollbeamtin, die einen süssen Beagle alle Leute beschnüffeln lässt. Der eine oder andere muss sein Gepäck öffnen, aber die meisten dürfen ohne Drogenverdacht den Flughafen verlassen.

Die nächste Station ist die Autovermietung. Im Shuttlebus lasse ich meine Jacke liegen, die mir zum Glück nachgetragen wird. Ich schiebe das meiner Müdigkeit zu. Mit unserem Bypass-Ticket von Alamo können wir direkt zum Parkplatz und dürfen zwischen vier Autos auswählen: Einem Hyundai Santa Fe in Rot, einem Hyundai Santa Fe in Schwarz, einem Hyundai Santa Fe in Dunkelgrau und einem Hyundai Santa Fe in Weinrot. Wir entscheiden uns für einen Hyundai Santa Fe AWD in Dunkelgrau. Nicht wegen der Farbe, sondern weil er mit rund 11'000 Meilen am wenigsten gefahrene Meilen auf dem Buckel hat. Nach wenigen Minuten sind wir bereits auf dem Weg nach Colorado Springs.

colorado springs (co)

Mit knapp einer halben Million Einwohnern ist Colorado Springs die zweitgrösste Stadt in Colorado. Sie liegt rund 100 Kilometer südlich von Denver am Fusse des Pikes Peak auf einer Höhe von 1832 Metern. Verschiedene militärische Einrichtungen der US-Luftwaffe sind in der Stadt beheimatet.

Viel bekommen wir von der Stadt nicht zu sehen, denn das Drury Inn & Suites, das wir uns für die ersten beiden Nächte ausgesucht haben, liegt ein paar Meilen vor der eigentlichen Stadt in der Nähe der US Air Force Academy. Der Rezeptionist Tony empfängt uns herzlich. Die Lobby riecht nach Popcorn, das den Gästen zur freien Verfügung steht. Wir bekommen die Schlüsselkarten für ein Zimmer im 5. Stock mit zwei bequemen Queensize-Betten und einem wunderschönen Blick auf den Pikes Peak.

Trotz Müdigkeit schleppen wir uns noch zum Walmart, um die ersten wichtigen Dinge wie eine Kühlbox und Wasser zu erstehen. Viel mehr schaffen wir nicht mehr, der Jetlag hat uns volle Breite erwischt.


tag 2 > colorado springs (fr 13.05.2016)

Als ich am frühen Morgen aus dem Fenster schaue, leuchtet mir der Pikes Peak golden entgegen. Das ist ein Zeichen. Er ruft: «Komm zu mir!». Und das ist genau das, was wir nach einem ausgiebigen Hotelfrühstück in Angriff nehmen.

Pikes Peak (CO)

Früher hiess der 4'301 Meter hohe Berg «Pike's Peak» - benannt nach dem Forschungsreisenden «Zubulon Pike», heute wird das Apostroph weggelassen. Er liegt in der Front Range der Rocky Mountains. Es handelt sich um einen von 53 Bergen in Colorado, die die Marke von 14'000 Fuss (4'267 m) überschreiten. Der Zugang wir über eine durchgängig asphaltierte Serpentinenpiste mit imposantem Ausblick oder mittels einer Zahnradbahn – der «Manitou and Pike's Peak Railway» - gewährleistet. Bei der Zahnradbahn handelt es sich um die höchste Zahnradbahn der Welt. Sie wird von einem Dieseltriebwagen angeführt.

Wir fahren am Garden of the Gods vorbei in Richtung Manitou Springs, bis ein Wegweiser zum Pikes Peak und – wir trauen unseren Augen nicht – zum Nordpol führt. Der Nordpol liegt also mitten in Colorado, das wussten wir bislang noch nicht. Es dauert auch nicht lange, da kommen wir am «North Pole – Home of Santa's Workshop» an. Da wir jedoch aus dem Alter heraus sind, um noch an den Weihnachtsmann zu glauben, fahren wir weiter in die Höhe. Der freundliche Ranger an der Entrance Station erklärt uns, dass es oben ganz schön windig sei und dass wir beim Abwärtsfahren die Motorbremse benützen sollen.

Der Pikes Peak Highway an sich ist das Ziel. Ein View Point jagt den nächsten. Am Horizont ist die schneebedeckte Bergkette der Rocky Mountains auszumachen und das Crystal Creek Reservoir ist besonders schön anzusehen. Die Bewölkung nimmt etwas zu und die Temperatur ab. Am Gipfel angekommen, herrscht wie angekündigt ein eisiger Wind und Temperaturen um den Gefrierpunkt lassen uns die warmen Jacken anziehen. Ich bin überrascht über die vielen Touristen, die sich da oben tummeln, obwohl wir kaum ein Auto gesehen haben, bis mir einfällt, dass auch eine Zahnradbahn hochfährt. Das macht sich ganz besonders im Innern des Gebäudes bemerkbar, wo eine lange Schlange darauf wartet, einen Donut zu ergattern oder ein Souvenir mitzunehmen. Wir schauen uns die rote, menschenleere Bahn an und mich überkommt ein kleines bisschen Nationalstolz im Wissen darum, dass es sich dabei um ein Schweizer Werk handelt.

Die Fahrt ins Tal bietet dieselben Ausblicke, allerdings bereitet mir der schnelle Abstieg gewaltigen Ohrendruck, den ich erst im Tal wieder loswerde.

Eigentlich würde der Garden of the Gods auf dem Weg liegen, doch die Blechlawine und die grelle Sonne bewegen uns dazu, zuerst in der American Air Force Academy vorbeizuschauen.

american air force academy, colorado springs (co)

Die United States Air Force Academy (USAFA) ist eine Einrichtung zur Offiziersausbildung der United States Air Force. Der Campus befindet sich in Colorado Springs und wurde 1954 gegründet. Nach einem vierjährigen Studium erhalten die Absolventen den Titel «Bachelor of Science» und in der Regel das Offizierspatent sowie den Dienstgrad «Second Lieutenant of United States Air Force».
Die Akademie gehört zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten von Colorado. Das auffälligste Bauwerk ist die multikonfessionelle Kapelle der Kadetten mit ihren 17 Türmen. Sie enthält getrennte Räumlichkeiten für die Protestanten, Katholiken, Juden und Buddhisten.

Von Süden herkommend verlassen wir die Interstate beim Schild South Entrance, sehen dann aber schnell, dass für Besucher der Nordeingang die bessere Wahl ist. Dort erwartet uns ein junger Kadett und verlangt unsere Pässe sowie Einblick in den Kofferraum um sich zu vergewissern, dass wir keine Waffen dabeihaben. «Germany and Switzerland», meint er überrascht beim Betrachten unserer Pässe. Vermutlich kommt es nicht oft vor, dass zwei Personen mit demselben Namen unterschiedliche Nationalitäten haben. Er lässt uns (trotzdem) passieren.

Ich bin überrascht, wie gross das Gelände ist. Auch hätte ich mir das Ganze viel militärischer vorgestellt. Es ist aber vielmehr ein riesiges Unigelände. Nur im Visitor Center sind ein paar Männer im Kampfanzug zu sehen. Wir wollen uns den Film anschauen, der sehr interessant sein soll, doch das Theater ist geschlossen. Auch das Innere der Kirche ist wegen einer Veranstaltung nicht zugänglich. So begnügen wir uns mit der Aussenansicht, die auch sehr spektakulär ist.

Nach einer Weile verlassen wir mit einem leichten Sonnenbrand die Akademie. Inzwischen hat die Bewölkung etwas zugenommen und wir hoffen, trotzdem noch einen schönen Blick auf den Garden of the Gods erhaschen zu können.

garden of the gods, colorado springs (co)

Der Garden of the Gods besteht aus roten Sandsteinformationen, die denen in den Red Rocks westlich von Denver ähneln. Der Name «Colorado» soll auf diesen farbigen Sandstein zurückgehen. Die bizarren Formationen tragen Namen wie «Kissing Camels» oder «Weeping Indian». Obwohl es wegen des instabilen Sandsteins sehr gefährlich ist, sind die Felsen für Bergsteiger ein Anziehungspunkt. Im Park ist es möglich zu wandern, zu reiten und Rad zu fahren. Es gibt diverse Picknickplätze.

Wie schon gelesen, handelt es sich beim Garden of the Gods um eine Morgenlocation. Da für morgen Regen angesagt ist, besuchen wir die roten Steine trotzdem schon heute Abend. Wir gehen ein bisschen zwischen den Steinen entlang. Auch wenn das Licht nicht perfekt ist, so geniessen wir den Ausblick auf die Formationen. An einer Stelle können wir ein unprofessionelles Fotoshooting beobachten. Drei Frauen, davon eines das Modell und ein Mann, der sich als Fotograf entpuppt, streifen umher und suchen einerseits nach einer Möglichkeit, sich umzuziehen und andererseits eine gute Position für die Bilder.

Für uns das hübschere Modell ist ein Piñon Jay, der sich in seinem leuchtenden Blau präsentiert. Allerdings wartet er immer genau auf den Moment, wo ich fokusiert habe und abdrücken will, um einen neuen Ort für sein Spiel aufzusuchen.

Ausklingen lassen wir den ersten vollen Tag in Amerika im Garden of the Gods Gourmet bei einem Kobe Burger, der hervorragend schmeckt und mit herrlichen French Fries (hier «Paris Fries») serviert wird.


tag 3 > colorado springs - alamosa (sa 14.05.2016)

Wir checken aus und obwohl es sehr verhangen ist, schauen wir uns nochmals Garden of the Gods an. Wegen des Regens und weil wir so früh unterwegs sind, haben wir den Rundkurs für uns alleine. Erst nachdem wir ein paar Bilder vom Balanced Rock gemacht haben, kommt eine Familie, um auf dem Stein herumzuklettern. Für uns ein Zeichen zu gehen.

Statt auf direktem Weg Richtung Süden zu fahren, nehmen wir den Umweg rund um den im Nebel liegenden Pikes Peak. Vorher halten wir kurz in Old Colorado City mit seinen hübschen Häusern. Schon bald verflüchtigt sich der Nebel und wir geniessen unsere Fahrt bei schönstem Sonnenschein.

Kurz vor der Goldgräberstadt Victor biegen wir zum «American Eagle Overlook» ab. In der Ferne sind schneebedeckte Berge auszumachen und in der Umgebung sind diverse Überreste aus der Goldgräberzeit zu sehen. Auf einer Wiese, wo einige Erdhörnchen zuhause sind, ist ein alter Eisenbahnwagen abgestellt.

victor (co)

Die auf 2959 Metern hoch gelegene Goldgräberstadt Victor ist die Schwesterstadt von Cripple Creek, einer der zu Zeiten des Goldrausches berühmtesten Goldgräberstädte in Colorado. Früher war die Gegend vulkanisch sehr aktiv. Dadurch wurden grosse Mengen Gold in die Nähe der Erdoberfläche gebracht. Im August 1899 wurde das gesamte Geschäftsviertel durch einen fünfstündigen Brand zerstört. Deshalb stammen die St. Victor Roman Catholic Church, die First Baptist Church of Victor, the Victor Hotel und viele andere Gebäude aus dem Jahr 1899.1900 waren Cripple Creek und Victor vermögende Siedlungen. Zu der Zeit lebten bis zu 18'000 Menschen in Victor, heute sind es gerade mal noch knapp 400.

In der Goldgräberstadt Victor gehen Reiner und ich ein paar Strassen den schönen Häusern entlang. Während Reiner das Auto holt, um mich ein paar Strassen weiter wieder abzuholen, spaziere ich weiter. Vor einem der alten Häusern sitzt ein uriger, pfeifenrauchender Mann auf einer Holzbank. Als ich an ihm vorbeigehe, spricht er mich an. Ich verstehe kein Wort. Er fragt, woher ich komme und auf die Antwort «Switzerland» meint er in akzentfreiem Deutsch: «Dann sprichst du deutsch oder was?» und bricht in kehliges Gelächter aus. Ich stimme in sein Lachen ein, bejahe und gehe weiter zum Anfang der Phantom Canyon Road.

phantom canyon road (co)

Bei der Phantom Canyon Road handelt es sich um einen Teil des beliebten «Gold Belt Tour Scenic and Historic Byway» im zentralen Süden von Colorado. Sie verfügt über grün gefleckte Felswände und kurvige Windungen, die auf der Höhe der ehemaligen Elektrizitätskraftwerk Eisenbahn «The Florence and Cripple Creek Railroad» liegen. Die Gravel Road verbindet die im 19. Jahrhundert lukrativen Bergbaugebiete von Cripple Creek und Victor mit den Städten Cañon City und Florence.

Die unbefestigte, aber gut zu fahrende Strasse bietet wunderbare Ausblicke, führt über Brücken, entlang eines Baches, durch Tunnels, an steilen Abhängen vorbei und teilweise durch enge Passagen. Für Naturliebhaber ein Traum, sie zu fahren und diverse Fotostopps bei Vogelgezwitscher und Rauschen des Baches einzulegen. Wer Höhen- oder Platzangst hat, muss vielleicht darauf verzichten.
An einer der engeren Teilstrecken kommen uns zwei lustige Offroadfahrzeuge entgegen. Der erste fährt zum Ausweichen mit dem rechten Vorderrad den Hang hoch und der Fahrer hat sichtlich Spass dabei.

In Cañon City verspüren wir ein Hüngerchen, also suchen wir das erstbeste Lokal mit dem einladenden Namen «Pizza Madness» auf. Ein schummrig beleuchteter, grosser Saal mit allem möglichem an lustigem Dekor finden wir vor. Der Laden brummt, scheinbar ist er das Ausflugsziel Nummer eins für Familien an einem Samstagnachmittag. Wir vergessen, wie gross die Portionen in den USA sind und bestellen je eine Pizza, die herrlich schmeckt und auch für den Abend noch genug hergeben wird.

Bei schönstem Sonnenschein verlassen wir Cañon City, doch je weiter südlich wir kommen, desto trüber wird der Himmel. Bei den Great Sanddunes ist er dann schon ziemlich schwarz.

great sand dunes nationalpark (co)

Die Sanddünen sind vor rund 12'000 Jahren durch Sandablagerungen des Rio Grande und seinen Nebenflüssen entstanden. Winde haben über Jahrtausende die Sandkörner von den Flussufern durch das Tal geweht und auf der Ostseite, am Fuss des Sangre de Cristo Range, abgelagert. Durch die Berge wird die Windgeschwindigkeit langsamer und der Sand wurde zu Dünen aufgehäuft. Dadurch, dass der Sand das Wasser der vielen Bäche aufsaugt, ist er so schwer, dass er nicht mehr davongetragen werden kann.

Trotz Müdigkeit durch die lange Fahrt und der Enttäuschung über das Wetter, wollen wir die gigantische Sanddüne von Nahem sehen. Wir stellen das Auto auf den Parkplatz und waten in Wanderschuhen durch das Wasser. Viele Familien mit Kindern kommen uns barfuss entgegen. Für sie ist der Nationalpark wohl ein überdimensionaler Sandkasten und somit ein wahres Paradies für Kinder jeden Alters. Wir müssen unseren Sandspaziergang bald abbrechen, denn das Motel in Alamosa möchte uns noch vor sieben Uhr sehen.

alamosa (co)

Als Tor zum Great Sand Dunes National Park liegt Alamosa ideal, um die besagten Sanddünen zu besichtigen. Im Jahre 2010 zählte die Kleinstadt 8'780 Bewohner. Sie trägt den Nickname: «Hub of the San Luis Valley» und liegt auf 2'300 Metern Höhe.

Das Motel nennt sich «Riverside Inn of Alamosa» und ist für uns ein Reinfall. Ich verstehe nicht mehr, wieso ich das gebucht hatte. Vermutlich hat mich «Riverside...» gereizt. Neben dem unangenehmen Empfang dürfen wir die Nacht im schmutzigsten und schäbigsten Zimmer unserer gemeinsamen Reisen verbringen. Die Böden sind morsch, es riecht schlecht und das Bad ist extrem schmutzig. Die Betten sind allerdings sauber und bequem, also schlafen wir darin – Augen zu und durch!


tag 4 > alamosa – santa fe (So 15.05.2016)

«Bloss weg von hier» ist die Devise, als wir so früh am Morgen wach sind, dass wir noch keine Chance auf ein Frühstück haben. Ein paar Meilen später steht links ein Güterzug mit fünf Lokomotiven und 132 Wagen – ich habe sie gezählt. Danach kommen weitere Güterwagen, allerdings immer mal wieder vom Zug getrennt. Insgesamt fahren wir sieben Meilen an Wagen vorbei, bis wir Antonito erreichen.

cumbres & toltec scenic railroad: antonito depot (co)

Die «Cumbres & Toltec Scenic Railroad» ist eine Schmalspur-Museumseisenbahn in den Rocky Mountains und gehörte zum Schmalspurnetz der stillgelegten «Denver and Rio Grande Western Railroad». Das kurze Teilstück mit einer Länge von 103 km nach Antonito konnte durch Eisenbahnfreunde vor dem Rückbau bewahrt werden.

Das als eine Art Freilichtmuseum gestaltete Depot von Antonito gibt eine nette Fotolocation ab. Die historischen Züge erinnern an Westernfilme, aber der Zustand der alten Lokomotiven und Wagen lässt die Vermutung zu, dass die Attraktion bald mal Geschichte sein könnte. Darauf deutet auch die Tatsache hin, dass der dazugehörige Giftshop zum Verkauf steht.

Weiter geht's. Fast hätten wir den Staatsübertritt nach New Mexico verpasst. Nur eine Vollbremsung ermöglicht es mir, ein Foto des Schildes für meine Staatensammlung, die ich ich für diese Reise anlegen will, zu knipsen. Allerdings hat sich da New Mexico im Gegensatz zu Colorado nicht besonders viel einfallen lassen. Ich bin gespannt, welche Schilder uns auf unserem Trip noch begegnen werden.

rio grande gorge bridge (nm)

Der Rio Grande Gorge ist eine durch den Rio Grande in den Basalt des Taos Plateaus geschnittene 125 km lange und bis zu 300 Meter tiefe Schlucht. Über diese Schlucht führt die Rio Grande Gorge Bridge, die auch als «The Gorge Bridge» oder «The High Bridge» bekannt ist. Es handelt sich um eine Stahlbogenbrücke, die 16 km nordwestlich von Taos liegt. Mit 172 Metern ist es die siebthöchste Brücke in den USA und die 82. höchste der Welt.

Die Rio Grande Gorge Bridge hält eine besondere Attraktion für uns parat: Eine kleine Herde Mountain Bighorn Sheeps gibt uns die Ehre. Sie lassen sich von uns nicht beirren und wir geben ihnen im Gegenzug keinen Anlass zur Sorge, indem wir genügend Abstand halten.

Als Brückenjunkie lasse ich es mir nicht nehmen, über das Bauwerk zu spazieren. Immer wieder fallen mir die Sorgentelefone auf, die wohl verzweifelte Menschen vom Suizid abhalten sollen. Mir ist diese Massnahme lieber, als eine überhohe Abzäunung, denn so hat man den freien Blick auf die imposante, tiefe Schlucht und den Rio Grande.

taos (nm)

Die kleine Stadt Taos zählte im Jahr 2010 gut 5'700 Einwohner. Sie liegt auf einer Höhe von 2'124 Metern am Fuss der Sangre de Cristo Mountains im Tal des Rio Grande. In der Nähe befindet sich mit Taos Pueblo die älteste ununterbrochen bewohnte Siedlung des amerikanischen Kontinents. Die Nachfahren, die Taos Indianer, leben bis heute in den beiden bis zu 800 Jahre alten Pueblos, mehrstöckigen Gebäuden in Terrassen-Bauweise aus Adobe-Lehmziegeln.

Schliesslich erreichen wir mit knurrendem Magen die hübsche Touristenstadt Taos. Im Café «Elevation» wird diesem Übel mit einem herrlichen mexikanischen Kaffee und einem leckeren Frühstücksburrito ein Ende bereitet. Das Café ist nicht besonders gross, aber äusserst charmant.

Frisch gestärkt sind wir bereit für neue Schandtaten, also fahren wir ein Stück in die Richtung, aus der wir gekommen sind, um die «Enchanted Circle Scenic Byway» zu fahren.

Kurz nach dem beschaulichen Touristendorf «Red River» fängt es an, wie aus Kübeln zu regnen. Für einen Moment sieht es aus, als ob die Welt unterginge. Kurze Zeit darauf ist der Spuk vorbei und wir können wieder die Sonne durch die Wolken scheinen sehen. An einem Scenic View Point erblicken wir ein fettes Streifenhörnchen. Auf Reiners Zurufen kommt es her und macht Männchen. Ich vermute nun den Grund für seinen kugelrunden Bauch zu kennen. Weil die Strasse so schön war, nehmen wir mit der «High Road of Taos» gleich die nächste Scenic Byway in Angriff.

Nachdem wir die Kirche in Las Trampas besichtigt haben, machen wir einen Abstecher zum Santa Cruz Lake. Die 5$ Eintritt lohnen sich für uns nicht besonders, da es ausser Angeln kaum eine Möglichkeit zum Verweilen gibt. Ich glaube, die richten diesen Ausflugsort gerade für den Tourismus her, aber sind noch nicht ganz bereit für Camper, Ausflügler und Badegäste.

Auf der anderen Seite des Sees und einige Meter weiter oben befindet sich der Santa Cruz Lake Overlook und dieser ist spektakulär. Wir geniessen den Blick auf das Wasser und die umliegenden Berge, dann nehmen wir den Rest der heutigen Etappe in Angriff.

santa fe (nm)

Kaum einer kennt den vollständigen Namen der ältesten Hauptstadt der USA: «La Villa Real de la Santa Fé de San Francisco de Asis» (Königliche Stadt des heiligen Glaubens des heiligen Franz von Assisi). Die knapp 70'000 Einwohner zählende Stadt liegt nahe der Sangre de Cristo Range mit ihren über 3'000 Metern aufragenden Bergen. Der Spitzname «The City Different» ist Programm. Jeder Neubau muss im traditionellen Pueblo-Baustil (Adobe-Bauweise) errichtet werden, dadurch ergibt sich ein einzigartiges Stadtbild.

Wir checken im «Santa Fe Sage Inn» ein und sind mit unserer Wahl ganz zufrieden. Nach dem Reinfall in Alamosa kann es bloss aufwärtsgehen. Die Anlage ist überraschend gross und verfügt neben einer netten Lobby auch über eine Bar, in der man gut essen kann, einen Minipool und eine Guest Laundry. Kaum sind wir im Zimmer, öffnen sich die Schleusen und es regnet Bindfäden. Für uns ist Feierabend und wir freuen uns auf einen entspannten, meilenarmen Tag morgen.


tag 5 > santa fe (mo 16.05.2016)

Dass es gestern noch geregnet hat, kann man heute nicht mehr erkennen. Es ist sonnig bei angenehmen 18°C.

Als erstes fahren wir nach dem für Amerika typischen Continental Breakfast ins Fashion Outlet in der Hoffnung, etwas Nettes für uns zu finden. Wir sind fast die einzigen dort, so haben wir die volle Bewegungsfreiheit und Aufmerksamkeit des Personals. Eine Verkäuferin im Levis Outlet macht mich besonders glücklich. Eigentlich suchen wir für Reiner eine Jeans, doch die Verkäuferin meint, dass sie auch für mich etwas findet. Ich folge ihr skeptisch zu einem der vielen Stapel Hosen, sie schaut ihn kurz durch, funkt etwas in den Background und schon stehe ich mit einer perfekt passenden Levis in der Umkleidekabine. Einen schönen Rabatt dafür, dass auch Reiner fündig geworden ist, gibt es obendrauf.

Im Hotel verstauen wir unsere Errungenschaften und begeben uns in die Guest Laundry. Zu bequem, das im Zimmer vergessene Waschpulver zu holen, bestücken wir den Waschmittelautomaten mit Quarters, die er dann auch prompt frisst, ohne etwas zu liefern. Nun muss halt doch das eigene Waschmittel her.

the plaza, santa fe (nm)

Der Marktplatz ist umsäumt von Häusern im Adobe-Stil. Unter den Arkaden gibt es Schmuck und Souvenirs zu kaufen. Denkmäler, Restaurants, Geschäfte und Galerien einschliesslich des Palace of the Governors, welches das älteste öffentliche Gebäude der Staaten ist, sind hier angesiedelt. Auch das New Mexico Museum of Art, die Cathedral Basilica of Saint Francis of Assisi und die Loretto Chapel befinden sich in der Nähe von «The Plaza».

Zwei Stunden später ist der Stapel Wäsche sauber und wir verlassen die Hotelanlage für einen Spaziergang in die Stadt. Den Weg hat uns die Rezeptionistin genau erklärt. Wir müssen am «Market» vorbei, nach ein paar Minuten rechts in die West San Francisco Street einbiegen. Doch diese Strasse kommt einfach nicht. Vermutlich hat sich die Dame an der Rezeption mit der Zeit vertan, die man zu Fuss bis zum Plaza braucht. Als die Häuser immer grössere Abstände zueinander aufweisen, versucht Reiner sich mit dem Navi auf seinem Handy zu orientieren. «The Plaza» liegt genau in der entgegengesetzten Richtung des Hotels. Wir haben zu unserem Pech den «Whole Food Market» mit dem «Santa Fe Farmers Market» verwechselt und sind in die falsche Richtung marschiert. Es bleibt uns nichts Anderes übrig, als die gesamte Strecke zurückzugehen.

Zur Sicherheit lassen wir uns jetzt durch den Hotelshuttle chauffieren und kommen endlich am beschaulichen Platz an, auf dem reges Treiben herrscht. Eine richtig coole Musikgruppe zieht jede Menge begeisterter Zuhörer an, Kinder schlecken ein Eis und Pärchen schlendern händchenhaltend die Wege entlang. Es gibt auch skurrile Gestalten zu bewundern. Zwei Harley-Fahrerinnen fallen uns auf. Die eine ist eine schwarze Rockerbraut, die stolz ihren männlichen Sozius spazieren fährt.

Bald haben wir den Platz sowohl umrundet wie auch durchschritten und diverse Parkbänke getestet, die St. Francis Cathedral von innen und aussen gesehen und die nähere Umgebung erkundet. Da bereits wieder dunkle Wolken aufziehen und ich zu frösteln beginne, ist es Zeit, den nächsten Shuttle zu nutzen, um sicher ins Hotel zu kommen. Eine ältere, geschwätzige Frau aus Georgia nimmt vorne neben der Fahrerin und ihre ruhige Schwester auf der hintersten Bank Platz. Die Beifahrerin erzählt, wie die rüstigen Rentnerinnen gestern das Tanzbein geschwungen haben, wo was los ist und sie unterhält sich mit der Fahrerin über das Autofahren. Als sie jammert, wie schnell und waghalsig die Europäer fahren würden, müssen Reiner und ich schmunzeln.

Auf dem Hotelparkplatz angekommen, fallen uns zwei Harleys auf und auch bevor wir die Lady mit ihrem Partner sehen, erkennen wir die Maschinen sofort wieder. Manchmal stimmt das Sprichwort: «Man sieht sich immer zweimal im Leben».


tag 6 > santa fe - farmington (di 17.05.2016)

Wir verlassen Santa Fe in Richtung Tent Rocks. Auf diese einmaligen Felsformationen freue ich mich ganz besonders.

kasha-katuwe tent rocks national monument (nm)

Das Gebiet ist ein Wüstental mit bizarren Erosionsformen in vulkanischem Gestein. «Kasha Katuwe» bedeutet in der Sprache der Pueblo-Indianer: «Weisse Klippen». Es handelt sich um eine mehrere hundert Meter dicke Schicht aus Bims- und Tuffgestein. Im bis zu 180 m tief eingeschnittenen Tal stehen in dessen mittleren Teil an den Flanken zeltförmige Gesteinskegel (die Tent Rocks).Vom Parkplatz aus führt ein teilweise befestigter Rundweg durch den unteren Teil des Tals. Im hinteren Bereich kann durch einen Slot Canyon auf das Plateau aufgestiegen werden, von dem ein Blick über das Tal mit den Erosionen und die benachbarten Ketten der Jemez Mountains und Sangre de Cristo Mountains möglich ist.

Es dauert knapp eine Stunde, bis wir den Parkplatz im Kasha-Katuwe Tent Rocks National Monument erreichen. Das Wetter könnte besser sein. Hin und wieder fallen ein paar Tropfen. Das ist mir jetzt aber egal, ich will die Zähne sehen. Wir laufen los und entscheiden uns bei der Verzweigung für den kürzeren, befestigten Weg. Den längeren können wir immer noch zurückgehen, falls wir noch nicht genug haben.

Plötzlich fällt Reiner ein, dass er möglicherweise vergessen hat, das Auto abzuschliessen. Ich setze mich auf eine Parkbank und warte, während er nachschauen geht. Unterdessen kommt ein älteres Paar vorbei. Nach einem freundlichen Gruss und der Frage, ob ich ganz alleine sei, spazieren die beiden gemütlich weiter und machen immer wieder eine Fotopause. Reiner kommt zurück und tatsächlich waren die Türen offen. Seltsam, sowas passiert doch sonst nur mir.

Wieder kommt eine Verzweigung. Links geht der Rundweg über den längeren Teil zurück und der Weg geradeaus führt in den Slot Canyon. Für uns ist es keine Frage, wir wollen heute hoch hinaus. Trotz vieler Fotostopps und gemächlichem Wandern, überholen wir die Herrschaften, die mich bei der Parkbank angesprochen haben.

Auch wenn er mit seinen weissen Wänden nicht so spektakulär ist, wie seine farbigen Brüder in Arizona und Utah, gefällt mir der Canyon richtig gut. Ein paar Stellen sind eine Herausforderung für mein Knie. Seit der Landung in Denver hat zwar der Schmerz deutlich nachgelassen, aber ich verspüre noch immer ein Stechen, wenn eine höhere Stufe zu überwinden ist.

Am Ende des Canyons steigt der Weg weiter an und ich sehe sie, die weissen Kegel, die aussehen, als ob sie von einem anderen Planeten stammen würden. Auf einer kleinen Anhöhe hat ein Fotograf eine Fachkamera aufgestellt, um die Formationen abzulichten.

Das Wetter hat sich deutlich gebessert, das anfängliche Grau ist jetzt mehrheitlich durch Blau ersetzt worden. Ich bin hingerissen von der Sicht auf die Tent Rocks. Nicht nur die Aussicht ist herrlich, auch die Blümchen am Wegesrand sind hübsch und jedes einzelne möchte gerne ein Portrait von sich haben.

Eine Frauengruppe, die von einem Mann angeführt wird, überholt uns. Er erklärt ihnen die Umgebung und scheint ein lustiger Kerl zu sein. Oben auf dem Plateau treffen wir die Gruppe wieder. Der Mann bietet uns an, uns gemeinsam zu fotografieren. Wir geniessen noch ein Weilchen das herrliche Panorama, bevor wir wieder absteigen. Auf dem Rückweg kommt uns dieser Mann von vorhin wieder entgegen. Diesmal führt er eine andere Frauengruppe an. Ich frage ihn, ob er ein Guide sei. Nein, nein, er helfe bloss, entgegnet er mit einem breiten Grinsen.

Es begegnen uns einige Leute, manche in Schuhen, mit denen ich nie und nimmer da hochgewandert wäre. Knöchelhohe Wanderschuhe, wie ich sie mag, sind bestimmt nicht zwingend erforderlich, aber mit Ballerinas in die Berge? Viel schlimmer empfinde ich aber ein paar junge Männer, die uns mit hochrotem Kopf und je einer Bierdose in der Hand entgegenkommen.

Als wir auf dem Rundweg ankommen, sind wir uns unschlüssig, ob wir auf demselben Weg zurückgehen möchten oder uns doch für die längere Wanderung an den Höhlen vorbei entscheiden sollen. Weil es so schön war, machen wir die Runde zu Ende. Die versprochenen Höhlen hauen mich nicht vom Hocker. Dafür habe ich Spass daran, einem Erdhörnchen zuzuschauen, wie es Männchen macht und herumtollt.

farmington (nm)

Farmington liegt auf einer Höhe von 1'644 Metern und zählte im Jahr 2006 43'573 Einwohner. Zwischen der Main Street und dem Broadway und zwischen der Auburn und der Miller Avenue befindet sich das historische «Farmington Historic Downtown Comerical District» mit 62 historischen Gebäuden in acht Häuserblocks.

Die Weiterfahrt zieht sich für mich trotz der wunderschönen Landschaft ziemlich in die Länge. Ich bin ganz glücklich, als wir endlich in Farmington ankommen. Ich weiss, wo sich das B&B für die nächsten drei Nächte befinden sollte, aber an dieser Stelle steht bloss ein Feuerwehrhaus. Das kann unmöglich unsere Herberge sein. Wir fahren daran vorbei, halten kurz an und geben die GPS-Daten ins Navi ein. Das Navi führt uns genau zu diesem Feuerwehrhaus. Vielleicht ist dahinter noch etwas? Und tatsächlich sehen wir ein Schild auf einem schmalen Feldweg mit der Aufschrift «B&B», das muss es sein. Der Weg führt Richtung Fluss zu einem alten Haus. Ich nehme an, dass es sich um das «Silver River Adobe Inn and Breakfast» handelt.

Ein bärtiger Mann, der sich als David vorstellt, begrüsst uns mit Handschlag und wir fühlen uns sofort wie zu Hause. Wir bekommen den «Juniper Room», das angeblich schönste Zimmer im Haus. Uns gefällt es. Es ist rustikal, aber liebevoll eingerichtet. Ein elektrischer Cheminéeofen steht uns für die kühleren Nächte zur Verfügung. David gibt uns lange Instruktionen zur Dusche, zur Handhabung des Ofens und zeigt uns den Gemeinschaftsraum mit einem grossen Holztisch, wo auch das Frühstück serviert werde.


tag 7 > farmington (mi 18.05.2016)

In der Nacht hat es heftig geregnet. Auch heute Morgen sieht es trüb aus und ist ziemlich kühl, was unseren Plänen, zu den «Bistis» (ausgesprochen «Bistais») zu fahren, nicht sehr entgegenkommt. Wir wollen es trotzdem probieren, schliesslich sind die Gesteinsformationen einer der Gründe für drei Übernachtungen in Farmington.

Zuerst begeben wir uns gemeinsam mit unseren Zimmernachbarn in den Frühstücksraum, wo Diana, Davids Frau, auf uns wartet. Sie betont den anderen Gästen gegenüber, dass wir aus der Schweiz kämen, vermutlich ist das nicht die Nation, die sie am häufigsten in ihrem B&B beherbergt. Die beiden – oder zumindest er, denn seine junge Begleiterin redet so gut wie nichts – kommen aus Colorado, nicht allzu weit von hier entfernt.

Während wir frisch gebackene Waffeln mit heissen Pfirsichen essen, entsteht ein Gespräch über die deutsche Sprache. Diana kramt ein paar Worte hervor und die Frau aus dem Nebenzimmer tippt auf ihrem Handy, worauf er sie fragt, ob sie nach Übersetzungen suche. Sie schaut kurz auf: «No», und schüttelt den Kopf.

Als wir erwähnen, dass wir heute in die «Bisti Wilderness» fahren möchten, winkt Diana ab. Das sei unmöglich nach dem Regen, viel zu schlammig! Sie gibt uns jede Menge Tipps für Unternehmungen in der Nähe, doch so ganz glücklich machen uns die Alternativen nicht. Der letzte Vorschlag, zu «Chaco» zu fahren, gefällt uns schon besser. Diana ruft dort an, um für ihre Gäste aus der Schweiz(!) nach den Strassenverhältnissen zu fragen. Kein Problem, lautet die Antwort.

chaco culture national historical park (nm)

Der Chaco Canyon liegt zwischen Albuquerque und Farmington in New Mexico und war zwischen 850 und 1250 ein Zentrum der Pueblo-Kultur. Seit 1980 ist er ein «National Historical Park» der USA und seit 1987 Weltkulturerbe der UNESCO. Der Park repräsentiert einen wichtigen Teil des Kulturerbes Amerika. Er ist Teil des heiligen Landes der Pueblo-Indianer New Mexicos, der Hopi Arizonas und der erst Jahrhunderte später eingewanderten Diné. Zu sehen sind grosse Pueblos und weitere Bauten, die mehrere Jahrhunderte lang Mittelpunkt einer besonderen Ausprägung der Anasazi-Kultur – der Chaco-Canyon-Kultur – war. 2013 wurde der Park von der International Dark Sky Association als Lichtschutzgebiet ausgewiesen, das die astronomische Bedeutung und Funktion der Stätte dem Besucher erfahrbar erhalten soll.

Auf dem Weg zum 120 km entfernten Chaco Canyon folgen wir einem Wegweiser zum «Angel Peak Overlook». Wunderbar farbige Badlands sind neben dem Angel Peak von den Viewpoints aus zu sehen. Ausser uns interessiert sich nur ein Pick-up-Fahrer für dieses kleine Juwel. An einem der Parkbuchten steht ein Wohnwagen mit deutschem Kennzeichen und laufendem Generator. Sehen und hören können wir aber keine deutschen Staatsbürger, was uns nicht stört.

Ich bin froh über meine warme Jacke bei den frostigen Temperaturen und der steifen Brise. Nach einer ausgiebigen Fotosession setzen wir unseren Weg zum Chaco Canyon fort.

Im Visitor Center zeigen wir den Nationalparkpass, den wir im Great Sand Dunes National Park erworben hatten und bekommen dafür die Parkunterlagen ausgehändigt. Ich frage nach dem Strassenzustand zu der «Ah-Shi-Sle-Pah Wilderness». Meiner Erfahrung nach kann man Park Ranger alles fragen und sie geben kompetente, freundliche Auskunft. Doch entweder ist heute mein Englisch so unverständlich oder der Ranger kennt das sich in der Nähe befindliche Gebiet nicht. Er fragt, ob ich die «Bistis» meine, wartet meine Antwort nicht ab, sondern händigt mir eine Karte aus und erwähnt, dass das BLM-Gebiet sei, wofür er nicht zuständig sei. Besonders freundlich kommt er mir nicht vor, deshalb bedanke ich mich artig für die Karte und wir verlassen das Visitor Center um die eigentlichen Attraktionen in diesem Park zu besichtigen.

Von den gut erhaltenen Ruinen und deren riesigen Ausmassen bin ich tief beeindruckt. Dicke Mauern schützten wohl die Pueblo-Indianer vor der Hitze und der Kälte. Inzwischen ist es wärmer geworden und die Sonne schaut zwischen weissen Wolken hervor.

Auf dem Parkplatz zum Pueblo Del Arroyo werden wir von einem weiblichen Ranger um eine Beurteilung des Parks gebeten. Ich beantworte die Fragen so gut ich kann. Woher wir kämen, will sie wissen. Wir seien die ersten Schweizer dieses Jahr, freut sie sich. Sie hat es sich zum Hobby gemacht, eine Liste über die Nationalitäten der Besucher zu führen. Letztes Jahr waren es 22.

Obwohl immer mehr Wolken aufziehen, wollen wir nun versuchen, zu der Ah-Shi-Sle-Pah Wilderness zu kommen.

ah-shi-sle-pah wilderness study area (nm)

Das Schutzgebiet liegt zwischen dem Chaco Canyon und der Bisti/De-Na-Zin Wilderness. Es besteht aus vielfarbigen Badlands, Sandstein-Hoodoos, Petrified Wood und Dinosaurierknochen.

Die Anfahrt auf der teilweise recht schlammigen Piste erfüllt mich mit einem mulmigen Gefühl. Was ist, wenn wir hier steckenbleiben und nie mehr gefunden werden? Die weissen Schäfchenwolken, die sich über den gigantisch grossen Himmel ziehen, werden langsam dunkler. Wenn der Regen einsetzt, kommen wir hier nicht weiter – weder vor noch zurück. Trotzdem will ich zumindest einen Blick in das Gebiet werfen. Wir stellen das Auto an einer Stelle ab, wo wir nicht mehr weiterkommen und gehen ein paar Schritte, bis wir die gelben Hügel vor den weissen Hoodoos zu Gesicht bekommen. Zum Wandern habe ich wegen des drohenden Regens keine Nerven, aber wenigstens ein paar Fotos von oben bekomme ich hin, bevor wir uns wieder in Richtung Farmington begeben.

In Farmington setzen wir uns in Wandersachen ins «Mikasa Japanese Cuisine» und essen Sushi, eines unserer Lieblingsessen. Die Einrichtung des Restaurants ist eher die eines einfachen Diners, als eines japanischen Restaurants, aber die Dragon Roll ist ein Gedicht.

Beim Einbiegen zu unserem B&B, bevor es zu der kurzen Gravel Road geht, gucken uns ein paar Hirsche an, als ob wir hier überhaupt nicht hingehörten. Wir beobachten sie ein Weilchen und sie uns, bis wir einander passieren lassen.


tag 8 > farmington (do 19.05.2016)

Beim heutigen Frühstückstisch ist ein Paar aus Virginia anwesend. Sie ist Krankenschwester in einer grossen Klinik und er Food Scientist. Beruflich ist er oft in der Schweiz unterwegs. Die beiden sind sehr interessiert, kennen sich in vielen Themen gut aus und sind wie Diana Fan vom Schriftsteller Tony Hillermann sowie seiner Tochter Ann Hillermann, die wundervolle Landschaftsfotos macht. Ich hatte vorher noch nie was von Tony Hillermann gelesen, was ich nun nachholen werde. Er soll die Navajo-Nation so treffend beschrieben haben, dass selbst diese seine Bücher lesen.

Neben Hillermann liest Diana auch gerne Karl May. Gestern hatte sie mir aufgetragen, den anderen Gästen die Geschichte von Winnetou zu erzählen und über Karl May zu berichten. Ich dachte erst, es sei ein Test für mein Englisch, bis ich kapiert habe, dass die zwei Amerikaner weder Karl May noch Winnetou, den Helden meiner Kindheit, kannten.

Wir müssen haarklein berichten, was wir gestern unternommen hatten. Diana freut sich riesig, dass wir so einen schönen Tag hatten. In Farmington habe es den ganzen Tag ohne Unterbruch geregnet. Wir sind halt Glückskinder – oder wenn Engel reisen...

Heute wollen wir es nochmals mit den Bistis probieren. David gibt uns den Tipp, am Strassenrand stehen zu bleiben und von dort die Formationen anzuschauen, falls die Strassenverhältnisse sich nicht gebessert haben sollten.

bisti/de-na-zin wilderness (nm)

Bis auf ein paar Gräser und Büschel ist das Schutzgebiet ca. 60 km südlich von Farmington vegetationslos. Es gibt Fossilien aller Art, hauptsächlich versteinertes Holz und mit etwas Glück findet man einen versteinerten Knochen. Das Gebiet ist von skurrilen Felsformationen durchzogen.

Wir laden unsere Kameras und Salat in unser dreckiges Auto. Der Schlamm von gestern haftet wie Beton in den Radkasten, unter den Türen, am Rückspiegel ... eigentlich überall. Ich schäme mich ein bisschen, doch zum Autowaschen haben wir nun wirklich keine Zeit.

Es sieht nicht so aus, als ob es in den Bistis geregnet hätte. Der eher kurze unbefestigte Weg ist sehr gut zu befahren. Auf dem Parkplatz sind nur wenige Autos, als wir unseren Dreckspatz abstellen. Wir erkunden erst das Gebiet rechts und können uns kaum sattsehen. Es geht hoch und runter, zwischen Steinen hindurch und auf Felsen hinauf. Da unser GPS-Gerät nicht funktioniert, versuchen wir erst gar nicht, die «Cracked Eggs» zu finden, von denen so geschwärmt wird. Ein deutsches Paar geht strammen Schrittes an uns vorbei, den Kopf gesenkt, mit Blick auf das Navi-Display. So, nur langsamer, wären wir vermutlich auch gewandert, hätte unser GPS funktioniert. Irgendwie bin ich froh, dass dem nicht so ist, so haben wir den Blick frei für kleine Echsen oder Häschen, die zwischen den Felsen herumhuschen.

Nach ein paar Kilometern bei beachtlichen Temperaturen und schönstem Sonnenschein, kehren wir zum Auto zurück, um unseren mitgebrachten Salat zu essen. Der schmeckt so lecker und frisch, kaum zu glauben, dass wir ihn gestern abgepackt im Walmart gekauft hatten.

Auf der gestern erhaltenen Karte ist eine Strasse im südlichen Teil der Wilderness eingezeichnet. Die wollen wir nun fahren und schauen, was sie uns zu bieten hat. Wir begegnen vielen Kühen, ein paar Wildpferde kreuzen unseren Weg und der Himmel ist so weit, wie ich ihn noch nie gesehen habe, übersäht mit tausenden kleinen und grossen weissen Schäfchen.

Auf dem Weg zurück nach Farmington sehen wir ein Schild mit der Aufschrift «Peaceful Valley», dem wir gespannt folgen. Kaum eingebogen, flitzt ein suizidgefährdetes Erdhörnchen über die Strasse. Was heisst hier eins? Eins nach dem anderen versucht, noch näher an unsere Räder zu gelangen, aber keines schafft es ins Regenbogenland. Zumindest nicht durch unser Auto.

In Farmington überlegen wir uns, wo wir den Sonnenuntergang fotografieren könnten. Mit den Wolken müsste er wunderbar sein, aber bis zu den Bistis möchten wir nicht mehr fahren. Da fällt mir der gestrige Angel Peak Overlook ein. In der Hoffnung, dass die Sonne im richtigen Winkel steht, um die Badlands im goldenen Licht erstrahlen zu lassen, steuern wir diesen an. Ganz perfekt ist der besagte Winkel nicht, aber trotzdem erleben wir einen herrlichen Sonnenuntergang, den wir ganz für uns alleine haben. Einzig ein paar Greifvögel machen einen Heidenkrach, sind aber zu weit entfernt, um sie vernünftig abschiessen zu können – mit der Kamera, versteht sich, ich bin ja Pazifistin!


tag 9 > farmington – monument valley (fr 20.05.2016)

Heute bereitet Chantal, eine junge Frau in Ausbildung, das Frühstück zu. Diana hat ihren in Alaska lebenden Sohn zum Flughafen gefahren, damit er wieder nach Hause zurückfliegen kann. Bereits gestern erzählte sie, wie panisch sie deswegen sei. Nicht wegen der Fahrt zum Flughafen, sondern wegen seines Fluges.

Eine Frau und ihre zwei Töchter aus Tennessee sind heute mit am Tisch. Sie sind äusserst freundlich, aber nicht unsere Wellenlänge. Wir treiben ein bisschen Small Talk, aber warm werden wir nicht mit ihnen. Falls wir sie im Monument Valley sehen sollten, werden wir ihnen freundlich zuwinken. Aber da wir nicht auf direktem Weg hinzufahren gedenken, und sie am Abend wieder im B&B in Farmington sein wollen, ist es eher unwahrscheinlich, dass wir uns nochmals begegnen werden. Macht nichts.

Beim Auschecken und der von mir gewünschten Quittung ist David ein bisschen hilflos ohne seine Diana. Er beginnt von Hand aufzuschreiben, wieviel die Nächte gekostet haben, aber vergisst die Tax. Ah, die ist nicht im Preis enthalten? Er habe halt keinen Computer… Schliesslich erledigt Chantal die lästige Büroarbeit für ihn. Zwar auch von Hand, aber korrekt.

Mit vielen guten Wünschen verabschiedet sich David von uns und wir wissen wo wir das nächste Mal übernachten, falls wir wieder in der Gegend sein sollten. Die beiden waren fast wie Eltern zu uns, echt herzig.

Auf der Weiterfahrt müssen wir in Shiprock an einer Ampel warten, weil um die hundert Motorradfahrer von einem grossen Parkplatz in die Strasse einbiegen. Zuschauerscharen haben sich gebildet, die dieses Treiben mitansehen. Auf einem Parkplatz, ein paar wenige Meilen später, versammeln sich die Hobbyrocker wieder. Wir aber fahren weiter, unser Santa Fe hat da nichts zu suchen.

Wir überlegen uns, ob wir uns das Four Corners Monument ansehen möchten. Während wir abwägen, ob uns die einmalige Gelegenheit, in vier US-Staaten gleichzeitig zu stehen, viel bringt oder ob wir darauf verzichten wollen, wird uns unsere Entscheidung abgenommen. Gleich zwei Busse biegen zu dem von der Navajo Nation verwalteten Denkmal ab. Deswegen und weil wir keine Lust auf seltsame Verrenkungen unter Zuschauerblicken haben, fahren wir nach Bluff weiter.

bluff (ut)

Das Siedlungsgebiet wurde nur für Statistikwerte definiert. Es liegt zwischen Sandsteinfelsen und dem San Juan River an der Trail of the Ancients Scenic Byway. Es gibt eine Künstlergemeinschaft, Unterkünfte, Einkaufsmöglichkeiten und Restaurants in dem kleinen Örtchen.

Wir waren hier schon vor zwei Jahren, allerdings versäumten wir es damals, uns in der Trading Post umzusehen, was wir heute nachholen. Die Schmuckstücke und Bilder gefallen mir richtig gut. Etwas weniger schön finde ich die Preise. Ein einfaches, zwar sehr hübsch gearbeitetes, Silberarmband mit Türkisen soll über 800 US Dollar kosten. Das übersteigt mein Budget, da kann das Stück noch so schön sein. Wir schauen uns noch ein wenig um und fotografieren wie alle Touristen die Twin Rocks.

Obwohl wir letztes Mal schon durch das Valley of the Gods gefahren sind, lassen wir es uns auch dieses Mal nicht entgehen.

valley of the gods (ut)

Das «Tal der Götter» ist eine Ebene auf dem Colorado Plateau. Es befindet sich in der Nähe von Mexican Hat und ähnelt im Aussehen dem wesentlich bekannteren und touristisch erschlossenen Monument Valley, weshalb es auch als «Kleines Monument Valley» bezeichnet wird. Eine 17 Meilen lange Dirt Road, die teilweise steil und holprig ist, kann bei trockenem Wetter gut befahren werden.

Im Gegensatz zum letzten Mal sind in beiden Richtungen einige Autos unterwegs. Wir geniessen die Felsmonolithen und die wundervolle Landschaft, obwohl das Thermometer inzwischen 37°C anzeigt.

Am Ende der Dirt Road biegen wir nicht links in die UT-261 ein, sondern rechts, um gleich den Moki Dugway hochzusteigen. Von unten ist nicht zu erkennen, dass auf den Berg eine Strasse führt. Mit jeder Kehre wird der Blick auf das weite Tal fantastischer. Oben angekommen folgen wir dem Wegweiser «Muley Overlook». Unser AWD hat keinerlei Probleme mit der Sandpiste und so kommen wir unversehrt bei dem herrlichen Aussichtspunkt an. Der Blick auf die Goosenecks des San Juan Rivers und die geschwungenen Täler in der Tiefe ist atemberaubend. Am Horizont sind die Buttes des Monument Valley sichtbar und im Vordergrund ist der John’s Canyon zu erkennen.

monument valley (az)

Isolierte rote Tafel- und Restberge umgeben von einer sandigen Wüste prägen das Bild des Monument Valley. Für die Navajo Nation ist es ein heiliger Ort. Das Tal liegt im nördlichen Teil des grossen Reservats in der Four Corners Area an der südlichen Grenze des US-Bundesstaats Utah und Arizona. Der Navajo Name lautet: «Tse’Bii’Ndzisgaii», was so viel bedeutet wie: «Tal der Felsen».Die Ebene auf dem Colorado Plateau wird als Park von der Navajo Nation verwaltet. Der Eintritt beträgt 20$ pro Auto mit bis zu vier Personen (Stand: 2016). Auch eine Übernachtung im dazugehörigen «The View Hotel» entbindet den Besucher nicht vom Bezahlen des Eintrittspreises. Erlaubt ist eine Fahrt mit dem eigenen Wagen über einen 17 Meilen langen Scenic Drive, alle anderen Wege stehen nur für geführte Touren zur Verfügung, die vor Ort oder über das Internet gebucht werden können. Auch das Wandern auf eigene Faust ist nur auf dem «Wildcat Trail» rund um den «West Mitten Butte» erlaubt und dauert rund eineinhalb bis zwei Stunden.

Wir sind noch ein bisschen zu früh, versuchen trotzdem schon im The View Hotel einzuchecken. Die Navajo-Dame am Front Desk händigt uns ohne Diskussionen den Schlüssel zu unserem Zimmer aus und leiert ihr Sprüchlein herunter, das wir schon bei den Gästen vor uns gehört haben. Das Zimmer haut mich wieder um, obwohl wir schon vor zwei Jahren hier residiert hatten. Der Blick vom Balkon auf die Buttes ist traumhaft. Wir haben uns noch ein paar Dollar mehr geleistet und Premium View gebucht, damit wir freie Sicht auf die berühmten Steinformationen haben. Diese Sicht geniessen wir erstmal mit einem kühlen Getränk und etwas zu knabbern auf unserem Balkon.

Nach ein paar Minuten der Ruhe zieht es uns aber wieder auf die Strasse. Wir wollen den Loop fahren und machen uns darauf gefasst, dass es am Anfang ganz schön rumpeln wird. Aber was ist das? Keine Schlaglöcher, keine Spurrillen – eine feine, gut befahrbare Piste, die bei einem Wash sogar betoniert wurde, erwartet uns. Dabei hätten wir gewettet, dass nie etwas an der Strasse gemacht werden würde, um mehr ihrer Touren zu verkaufen.

Beim John Ford Point kommt uns ein Mädchen auf einem Pferd entgegen. Für ein paar Dollar kann das Pferd gemietet werden und der stolze Papi oder der treudoofe Ehemann darf ein Foto von Pferd und Reiterin – wahlweise natürlich auch Reiter - auf dem Felsen schiessen. Wäre da jetzt ein Cowboy oder Indianer gewesen, hätte ich das Foto auch gemacht, aber so nicht. Ich laufe vor zum Felsen und Reiner versucht, von mir ein Bild zu machen – ohne Pferd. Mal sehen, ob es was wird.

Wir halten an fast jedem Punkt an und verweilen ein bisschen. Bei einer Haltebucht steht ein Hund, der aussieht, als würde er beissen. Da steige ich nicht aus. Wir brauchen rund zwei Stunden für die Runde.

Nach einer heissen Dusche gehen wir essen. Letztes Mal hatte Reiner ein Steak, was lecker schmeckte und ich ein Navajo-Gericht, was ich nicht mochte. Deshalb will ich mir das Steak bestellen. Mein Steak entpuppt sich als dickes, paniertes Schnitzel mit Gravi, einer Pampe, die normalerweise zum Frühstück gereicht wird. Wie kann man eine Sauce zu etwas Paniertem servieren? Es ist okay, aber vom Hocker haut es mich nicht. Reiners Navajo-Burger hingegen ist ganz gut, aber so fettig, dass er ihn nicht schafft.


tag 10 > monument valley - page (sa 21.05.2016)

Als wir um 5:00 Uhr aufstehen, schliessen wir Wetten ab, ob der Himmel sich für einen spektakulären Sonnenaufgang eignen würde oder nicht. Reiner setzt dagegen, ich dafür. Für einmal brauchen wir keinen weiten Anfahrtsweg, der Balkon ist der perfekte Ort für Stativ und Kamera. Als der Himmel sich langsam erhellt, bin ich der Meinung, gewonnen zu haben und Reiner ist auch nicht unglücklich über seine Niederlage.

Punkt 6:00 Uhr starten wir mit unserem Santa Fe den Loop, um die goldene Stunde zu nutzen. Wir sind noch keine Meile gefahren, da hält uns ein Navajo an und behauptet, wir dürften hier noch nicht sein, die Strasse würde erst um 8:00 Uhr öffnen. Wir widersprechen vehement, denn ich hatte extra nachgeschaut, ab wann der Rundkurs befahren werden darf. Erst als er begreift, dass wir im The View Hotel nächtigten und den Eintrittspreis gestern bezahlt hatten, lässt er uns weiterfahren. Die Öffnungszeit des Parks gilt nur für Besucher, die von ausserhalb kommen.

Das goldene Licht ist kurz, aber intensiv. Wir haben die Strasse fast für uns alleine. Auch beim sonst eher vollen John Ford Point sind wir alleine – bis auf einen Hund. Der kommt zu mir und ich bitte Reiner panisch um Hilfe. Ich solle ganz ruhig bleiben und den Schäferhund ignorieren, meint er. Mit angehaltener Luft versuche ich seinen Rat zu befolgen und fotografiere mit einem Grummeln im Bauch weiter, ohne das Tier anzuschauen. Als ich nach Stunden – wohl eher Sekunden, aber sie kamen mir wie Stunden vor – wieder nachschaue, ist der süsse, sehr gepflegte deutsche Schäfer längst bei Reiner, holt sich ein paar Streicheleinheiten ab und spielt mit dessen Stativ. Ein bisschen peinlich ist es mir jetzt schon, solche Angst vor einem harmlosen Hündchen gehabt zu haben.

Beim Felsen vorne, wo John Wayne auf dem Pferd fehlt, bläst mich der Wind fast davon. Lange bleibe ich nicht an der Stelle, aber ein paar Fotos müssen es sein. Auch an den übrigen Viewpoints ist es ziemlich windig.

Nach dem Rundkurs frühstücken wir im The View Restaurant. Die Auswahl beim Buffet ist gut, Eier und Speck werden nach Bestellung frisch zubereitet serviert. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist für das Frühstück definitiv besser, als für das Übernachten.

Das Auschecken erfolgt emotionslos. Bei strahlendem Sonnenschein geht es für uns weiter Richtung Page. An Felsformationen, die wie Elefantenfüsse aussehen, bleiben wir stehen. Auch hier kommt ein Streuner zu uns. Dieser lässt sich aber nicht streicheln, vielmehr bettelt er nach Futter. Eine Familie, die auch am Parkplatz angehalten hat, bietet ihm Hundefutter an, welches er dankbar annimmt.

Reiner und ich diskutieren, ob wir den vor zwei Jahren verpassten Blue Canyon erneut ansteuern wollen. Damals war er eines unserer favorisierten Ziele, welches wir leider wegen einer für uns zu tiefen, sandigen Stelle nicht geschafft hatten. Clever wie wir sind, einigen wir uns darauf, es über die Südanfahrt zu probieren. Zwar ist der Weg sehr viel weiter, aber der Frust wäre grösser, wenn wir es von Norden wieder nicht schaffen würden.

blue canyon (az)

Der Blue Canyon liegt südöstlich von Tuba City in der Moenkopi Wash im Gebiet der Hopi Nation. Er besteht aus rot und weiss gefärbten Sandsteinformationen. Die beste Zeit zum Fotografieren ist der Sonnenuntergang oder bei Vollmond. Es gibt zwei Anfahrtswege: Von Norden zweigt die Indian Route 7 bei den Elefantenfüssen (GPS 36.321892 N, -110.939904 O) von der US-160 gegen Süden ab. Von Süden geht die Indian Route 7 bei GPS 35.971111 N, -110.829722 O von der AZ-264 Richtung Norden. Die Südanfahrt über die Dirt Road ist wesentlich einfacher, als die Nordanfahrt. High Clearance und ev. 4wd sind empfehlenswert.

Gesagt, getan! In Tuba City stoppen wir kurz für einen Einkauf im Diné-Supermarkt. Wir sind die einzigen Weissen und somit auch die Einzigen, die den vollen Preis für die Lebensmittel bezahlen müssen.

Die Südanfahrt ist einfach zu finden und die ungeteerte Indian Route 7 gut zu befahren. Ein sandiges Steilstück gilt es zu überwinden, was aber für unseren SUV kein Problem darstellt. Im Internet hatte ich gelesen, dass es nicht erlaubt sei, durch Hopi-Gebiet zu fahren und der Blue Canyon nur im Rahmen einer Tour-Buchung besucht werden darf. Wir sehen aber weder ein Verbotsschild noch sonst einen Hinweis, also sind wir ohne schlechtes Gewissen unterwegs.

Nach ein paar Meilen werden bläulich schimmernde Badlands sichtbar und daneben unglaubliche rote-weisse Steinformationen. Ich freue mich wie ein kleines Kind. Selbst wenn uns die Strasse auf den letzten Metern noch einen Strich durch die Rechnung machen möchte, so sind wir jetzt nahe genug, um zu den Zipfelmützen zu laufen. Aber die Strasse ist gnädig und wir kommen an eine Stelle, wo wir kein anderes Auto behindern. Wir stellen unseren roten – vormals dunkelgrauen – Santa Fe ab und nähern uns den Zipfelmützen. Wir passen auf Schlangen auf, denn im nahe gelegenen Coal Mine Canyon trafen wir letztes Mal auf eine dieser Gattung. Diesmal gibt es jedoch nichts, was uns oder was wir hätten stören können.

Nach einem Weilchen haben wir alles wegfotografiert, also für uns Zeit, aufzubrechen. Auch der Rückweg funktioniert prima und wieder sehen wir weder einen Menschen noch ein Auto. Erst auf der asphaltierten Strasse fängt die Zivilisation so langsam an und auf dem Highway 89 nach Page nimmt der Verkehr etwas zu.

page (az)

Page wurde 1957 zur Unterbringung der Bauarbeiter gegründet, die damals den Glen-Canyon-Staudamm errichtet hatten. Vorher lebten hier Angehörige des Diné-Volkes, die auch «Navajo» genannt werden. Viele der damaligen Häuser sind noch im «Old Historic Quartier» zu besichtigen. In der Nähe versorgt neben dem Wasserkraftwerk das Kohlekraftwerk «Navajo Generating Station» die Gegend mit Strom.Die Zahl der Einwohner nimmt ab. Während 1975 noch 9'000 Personen in Page lebten, waren es im Jahr 2000 nur noch 6'809 Einwohner.Die Lage im äussersten Norden von Arizona oberhalb des Colorado Rivers ist ideal als Ausgangspunkt für viele Wanderungen und Besichtigungen von Naturschönheiten wie dem «Horseshoe Bend», dem «Lake Powell» oder dem «Grand Staircase Escalante National Monument». Begünstigt wird der Tourismus auch durch den Umstand, dass sich im Umkreis von zig Kilometern rund um Page keine Unterkünfte befinden.

Wir checken im Courtyard Page at Lake Powell ein und sind begeistert von unserem Raum. Mit Sofa und französischem Balkon wirkt er wie ein Wohnzimmer. Die Aussicht ist trotz Ausrichtung gegen den Innenhof mit Pool sehr gut, denn wir können über die gegenüberliegende Hotelseite die Landschaft mit einem Fitzelchen des Lake Powell sehen.

Während ich es mir bereits gemütlich mache und für morgen eine Schifffahrt buche, holt Reiner unser Gepäck hoch und geht das Auto waschen. Als er zurückkommt, erzählt er, dass er im Lift einen verschwitzten und ausgepowerten Mann mit ausgelatschten Schuhen getroffen habe. Völlig fertig habe dieser erzählt, dass er gerade von einem 25-Meilen-Marsch komme. Ich bin beeindruckt, werde mich aber hüten, es ihm gleichzutun.

Trotz des in Tripadvisor bemängelten Plastikgeschirrs wollen wir heute Abend Big John’s Texas BBQ testen. Vorher drehen wir aber noch eine kleine Runde am Lake Powell entlang und ich fotografiere die Glen Canyon Dam Bridge, deren Konstruktion mir so gut gefällt.

Es ist unmöglich, einen Parkplatz im Quartier zu bekommen, denn auf dem Sportplatz der Page High School findet gerade ein grosser Event statt. Wir stellen unseren wie neu glänzenden Wagen beim Safeway ab und sehen schon von weitem den Rauch von den Smokern aufsteigen. Das Dach einer ehemaligen Tankstelle bietet Schutz für die einfachen Holztische und -bänke. Der Boden ist voller Erdnussschalen, die in Blecheimern auf den Tischen zum Knabbern angeboten werden. Auf der Bühne spielt eine vierköpfige Country-Band. Ich kann mich nicht zwischen Ribs, Brisket und Pulled Pork entscheiden, also bestelle ich gleich alles auf einmal. Dazu gibt es Bohnen und Cole Slaw oder Kartoffelsalat. Das Essen wird wie erwartet auf Plastiktellern serviert, schmeckt aber sehr lecker. Die Atmosphäre ist einmalig, ich würde hier wieder herkommen.


tag 11 > page (so 22.05.2016)

Wieder stehen wir früh auf und können die letzten Züge des Vollmonds beobachten. Es sieht nach gutem Wetter für unsere Bootsfahrt zur Rainbow Bridge aus.

Wir wollen uns für den Weg zur Wahweap Marina bei Starbucks einen Kaffee holen. Im Internet sind die Öffnungszeiten mit 5:30 Uhr angegeben, doch als wir um viertel vor sechs ankommen, putzt die Bedienung gemütlich die Kaffeemaschine und würdigt uns und die anderen Wartenden keines Blickes. Nach rund fünf Minuten bellt sie, dass sie erst um sechs öffnen würden und die zugeteilte Bedienung nicht erschienen sei. Bei der unfreundlichen Art habe ich keine Lust zu warten, also holen wir unser Frühstück bei McDonalds.

Beim Lake Powell Resorts & Marinas kommen wir viel zu früh an, doch die ersten sind wir bei weitem nicht. Die Leute sitzen bereits mit Kaffeebechern in der Hand in der Lobby und warten auf das Check In. Wir bleiben stehen, denn es ist kein Plätzchen mehr frei auf den Polstern. Auf einmal springt eine Frau auf und stellt sich vor uns. Erst jetzt bemerken wir, dass sich hinter uns eine lange Schlange gebildet hat und wir somit die zweitvordersten sind, die für die Bordkarte anstehen.

Auf dem Weg vom Hotel zum Bootssteg begegnen uns viele Hasen. Das Internet verrät uns, dass es sich hierbei wohl um «Baumwollschwanzkaninchen» handelt oder auf englisch «Cottontail rabbit». Wir schaffen es trotz grossem Andrang auf das obere sonnige Deck und steuern zwei freie Plätze an. Fast hätten wir damit ein Familiendrama ausgelöst, indem wir vier Personen auseinandergerissen hätten. Wir sind gnädig und setzen uns eine Reihe weiter vorne hin, um die Familie zusammenzulassen.

Unterwegs gibt es via Headset eine Menge interessanter Informationen. So erfahre ich den Unterschied zwischen Mesa und Butte. Mesa – spanisch für Tisch – ist ein flacher Berg, dessen horizontale Fläche breiter ist, als die Schenkellängen. Beim Butte ist es umgekehrt: Die Schenkellängen sind länger als die obere Fläche. Und ich weiss nun, dass es sich bei einem Arch um einen Steinbogen handelt, der durch Wind gebildet wurde, während die Bridge durch Wasser zum Bogen geformt wurde. Auch die tragische Geschichte der Navajo-Nation und ihre Legenden sind sehr interessant.

An und für sich habe ich einen optimalen Platz, um die vorbeiziehenden Felsen zu geniessen und zu fotografieren – wenn da nicht ein unsympatischer Mann gewesen wäre, der sich genau vor meine Nase gestellt hätte und meint, stundenlang filmen zu müssen. Seinem Gesicht nach zu urteilen tippe ich auf einen Spanier. Ich versuche ruhig zu bleiben, was mir aber schwerfällt.

Besser gefällt mir ein anderer Gast. Ein älterer Harley-Fahrer mit dicken Ringen an jedem Finger und Tatoos auf den Armen, fotografiert die Landschaft mit seinem iPad.

Das Schiff beschleunigt überraschend schnell, bremst jedoch in der Nähe von Hausbooten jeweils ab, damit diese bei hohem Wellengang keinen Schaden nehmen. Auch den Seitencanyon, von wo es zu Fuss weiter zur Rainbow Bridge geht, gleiten wir wegen der Enge des Seeweges in langsamer Fahrt entlang. Die Stewardess oder was es ist, ermahnt uns, in eineinhalb Stunden – sprich 90 Minuten – zurück auf dem Schiff zu sein. Sie will keine Zeit nennen, weil das zu verwirrend wäre. Wir sind in Arizona gestartet, wo die Uhren gegenüber von Utah oder dem Navajo-Gebiet um eine Stunde zurückgestellt werden und befinden uns jetzt aber in Utah mit Sommerzeit.

rainbow bridge national monument (ut)

Die Rainbow Bridge befindet sich in einem Seitencanyon des Lake Powell. Sie ist mit einer Spannweite von 82 Metern und einer Höhe von 88 Metern die grösste natürliche Steinbrücke der Welt. Für die Navajo-Indianer ist sie ein Heiligtum. Sie nennen sie «Nonnezoshi», was so viel wie «versteinerter Regenbogen» bedeutet.Ausser mit einer Genehmigung der Navajo-Nation für eine mehrtägige Wanderung durch anstrengendes Gelände im Wüstenklima, kann die Rainbow Bridge nur über den Wasserweg erreicht werden. Von der Anlegestelle ist sie ca. 2 Kilometer Fussweg entfernt.

An der Anlegestelle trennt sich die Spreu vom Weizen. Die einen rennen los auf den kurzen Wanderweg, als ob es kein Morgen mehr gäbe, die anderen suchen noch die sanitären Anlagen auf, während die letzten langsam lostrotten. Wir gehören zu denen, die es gemütlich nehmen. Höflich bleiben wir stehen, wenn jemand fotografiert, um nicht ins Bild zu laufen. Nur beim vermeintlichen Spanier, der allerdings mit seiner Familie akzentfreies Deutsch spricht, spazieren wir absichtlich vor die Linse. Ich weiss auch, dass das kindisch ist und nichts bringt, aber ein klein wenig Rache muss sein.

Kurz vor Ende des Wanderwegs gibt es eine gedeckte Bank auf der wir es uns bequem machen und warten, bis sich die Sonne zwischen den inzwischen aufgezogenen Wolken hervorgetraut. Die Natursteinbrücke ist von hier aus bestens zu sehen, nur das Licht ist nicht optimal. Als der Zeitpunkt gekommen ist, wo die Wolke die Sonne freilässt, springe ich auf und fotografiere das beeindruckende Naturwunder.

Wir kommen mit einem sehr sympathischen älteren Paar ins Gespräch. Sie kommen aus Bayern und wussten lange nicht, ob sie überhaupt würden reisen können, da beide eine neue Hüfte bekommen hätten und er sich ausserdem noch einer Herzoperation unterziehen lassen musste. Es ist sehr nett mit beiden über vergangene und künftige Reisepläne rund um die USA und Schwarzafrika, sowie Familiengeschichten zu plaudern.

Wieder beim Schiff angekommen gibt es riesige Diskussionen um die Sitzplätze. Bereits vor Verlassen des Boots hat die Frau gesagt, dass es keine reservierten Sitzplätze gäbe. Es gelte «first come, first served». Schliesslich findet doch jeder einen Platz und die Rückfahrt könnte losgehen – würden da nicht drei Passagiere fehlen. Die Crewmitglieder zählen mehrmals durch und kommen immer wieder darauf, dass wir drei Personen zu wenig sind.

Mit grosser Verzögerung wird das Schiff dann doch noch gestartet und wir peilen den Rückweg an. Doch das Problem mit den Vermissten scheint noch nicht gelöst zu sein. Jeder Passagier muss seinen Namen und die Anzahl der Personen, die mit ihm reisen, auf einen Zettel schreiben. Ob nun die drei evaluiert werden können oder nicht, erfahren wir dabei nicht oder ich habe es nicht gehört.

Wir kommen zu einer Stelle, die mir bei der Hinfahrt nicht aufgefallen ist. Sie ist durch mehrere Bojen abgetrennt und es gibt eine Anlegestelle. Aha, unser Schiff muss aufgetankt werden. Viele Leute steigen aus, wir aber bleiben und belauschen einen Österreicher, der einem Deutschen erklärt, dass ein halber Tag mehr als genügend Zeit sei, den Zion National Park zu erkunden.

Die zunehmende Wolkendecke und der Fahrtwind geben zusammen eine kühle Mischung, so dass ich langsam aber sicher zu frieren beginne. Sogar mit Regenjacke über dem T-Shirt schlottere ich letztendlich so sehr, dass ich ganz froh bin, als die ansonsten herrliche Fahrt zu Ende ist.

Im Auto kann ich mich schnell wieder aufwärmen, denn dieses stand den ganzen Tag in der prallen Sonne und auch die paar Wolken konnten dem nichts anhaben. Wir fahren zum Lone Rock Beach am Lake Powell und geniessen den Rest des Nachmittags.

Für das Abendessen suchen wir uns das El Tapatio aus. Tripadvisor meint, es handle sich um das drittbeste Restaurant in Page. Die Fotos versprechen eine kitschig kindliche Umgebung, trotzdem wollen wir da hin.

Mir gefällt das Ambiente richtig gut. Nicht, dass ich sowas zu Hause haben möchte, aber hier finde ich die bunten Rücklehnen der Bänke und Tischtücher super. Der Kellner ist äusserst zuvorkommend und witzig, sodass wir uns auf Anhieb wohl fühlen. Leider ist auch die zu den Taco Chips gereichte Salsa so lecker, dass wir uns bereits davon fast sattessen. Als die Margaritas kommen, fallen mir fast die Augen aus dem Kopf. Der Kellner grinst und murmelt etwas das so klang wie «viel Tequilla». Ja, viel Tequilla in einem riesigen Glas. Bei uns würde damit eine halbe Armee bedient werden.

Reiner getraut sich an Enchiladas mit Mole, einer Schokoladensauce, und ich bestelle einen Seafood Burrito. Die Grösse der Teller steht dem Margarita in nichts nach. Die Schokoladensauce ist extrem lecker und auch mein Seafood ist so zart und saftig, dass ich nicht aufhören kann zu essen, bis ich fast platze. Entweder haben wir Glück mit dem Essen oder wir haben mit dem El Tapatio eines der besten mexikanischen Restaurants gefunden, die es gibt.


tag 12 > page – bryce canyon (mo 23.05.2016)

Dass wir irgendwann wieder nach Page kommen, ist keine Frage. Deshalb ist es nicht so schlimm, viele Sehenswürdigkeiten in der Umgebung ausgelassen zu haben.

Im Safeway holen wir uns Salat fürs Mittagessen, ein ofenfrisches Rosinenbrötchen und etwas Käse fürs Frühstück unterwegs. Mein gestriger Groll gegenüber Starbucks ist schnell vergessen, also gibt es den Kaffee von dort. Trotz des überrissenen Preises mag ich den Latte Macchiato von Starbucks. Kaffeeliebhaber mögen mich deshalb lynchen, aber es ist halt so, dass ich sonst keinen Kaffee trinke.

Rund sechs Meilen südlich von Page liegt die Great Wall. Als Abschluss des diesjährigen Page-Besuchs wollen wir diese anschauen, doch der Zugang ist mit einem Gittertor versperrt. Darauf sind zwei Schilder angebracht, die den Durchgang ausdrücklich verbieten. Wir halten uns daran und werfen bloss einen Blick in den Water Holes Canyon, der allerdings noch im Schatten liegt.

Richtig Spass habe ich bei der Navajo Bridge, die über den Colorado River führt. Es sind sogar zwei der wunderschönen Stahlbogenbrücken. Die eine ist für den motorisierten Verkehr, die andere für die Fussgänger. Reiner fährt auf die andere Seite des Canyons und wartet dort auf mich, bis ich die Fussgängerbrücke überquert habe.

Auch wenn es verrückt ist, so wollen Reiner und ich zum North Rim des Grand Canyon. Am South Rim hat es uns vor zwei Jahren nicht ganz so gut gefallen, aber das nördliche Pendent soll viel schöner und weniger überlaufen sein. Wir wissen, dass es eine lange Anfahrt ist und genauso lange dauert, bis wir unser heutiges Etappenziel, den Bryce Canyon, erreicht haben werden.

grand canyon national park – north rim (az)

Der Grand Canyon ist eine steile, etwa 450 km lange Schlucht im Norden von Arizona, die während Jahrmillionen durch den Colorado River ins Gestein des Colorado-Plateaus gegraben wurde. Der Canyon zählt zu den grossen Naturwundern der Welt.Der North Rim liegt auf 2440 Metern Höhe und ist nur etwa zehn Meilen Luftlinie vom South Rim entfernt. Doch ein Wanderweg zwischen beiden Rims ist mindesten 21 Meilen lang. Es wird in der Regel eine Übernachtung am Canyongrund eingeplant.Im Gegensatz zum South Rim ist am North Rim des Grand Canyon National Parks mit besserer Fernsicht zu rechnen, weil es wegen der Höhe kühler ist. Es gibt mehr schattenspendende Bäume. Das Visitor Center befindet sich am Parkplatz vom Bright Angel Penisula bei den Grand Canyon Lodges.

Bei Jakob Lake biegen wir links in die AZ-67 ab. Auf dieser Strasse sehen wir auf der rechten Seite ein graues Tier auf Beutejagd. Im kleinen Visitor Center vergleichen wir unser Grautier mit einem Grey Fox und siehe da: Übereinstimmung! Allerdings spricht die Grösse doch eher für einen Kojoten. Egal, Hauptsache ein Tier.

Wir schauen uns noch weiter im kleinen, aber sehr hübschen Visitor Center um, als wir genauso den Kopf schütteln, wie ein Ranger. Zwei junge Frauen fragen nämlich nach kostenlosem WLAN. Da sind sie in einer der schönsten Gegenden der Welt und wollen im Internet surfen.

Richtig gut gefällt mir die Grand Canyon North Rim Lodge. Die grosse Lobby mit Blick aus drei riesigen Fenstern auf den Grand Canyon ist traumhaft. Daneben im Aussenbereich sind Liegestühle mit demselben Blick. Was für ein schöner Ort! Nächstes Mal muss ich unbedingt schauen, dass wir hier ein Zimmer bekommen, dieses Mal hat es leider nicht geklappt.

Wir laufen zum Bright Angel Point und ich bin platt, wie anders sich die Schlucht von dieser Seite des Canyons aus präsentiert. Vielleicht tragen auch die wesentlich sympathischeren Touristen auf dieser Seite dazu bei, dass es mir hier so viel besser gefällt.

Ein Paar bittet uns, es zu fotografieren und er bietet uns im Gegenzug, Fotos von uns zu schiessen. Sie, eine ursprüngliche New Yorkerin und er, der vor 40 Jahren in Deutschland im Militär stationiert war, kommen aus Virginia/Georgia. Ihr ist Reiners Käppi von der New Yorker Feuerwehr im Gedenken an 9/11 aufgefallen. Die beiden lieben die Schweiz, waren schon in Davos, Luzern, am Genfersee und sogar in Basel.

Nach einer Weile des Staunens setzen wir uns wieder ins Auto und steuern die Cape Royal Road an. Beim Cape Royal bietet sich uns wieder ein herrlicher Blick in den Canyon, der anders ist, als beim Bright Angel Point. Auf dem Weg vom Parkplatz bis zum Aussichtspunkt sind viele Informationstafeln über die hier vorkommende Pflanzen- und Tierwelt angebracht.

In der Nähe des Parkplatzes gibt es eine Picknick Area mit der wunderbaren Aussicht in den Grand Canyon. Dort packen wir die Salate aus unserer Kühltasche. Unser Sitznachbar, der sich mit seiner Frau aus einer Tüte Chips bedient, meint trocken: «Too healthy for me!», und fängt an zu grinsen. Wo wir uns einig sind ist aber, dass man kaum bei schönerer Aussicht das Mittagessen geniessen könnte.

Auch wenn wir nur ein paar wenige Meilen zu den View Points gelaufen sind, so hat sich für uns der Besuch zum North Rim absolut gelohnt. Ich habe mich richtig verliebt in diese Landschaft und der zweite Graufuchs oder Kojote sowie die Maultierhirsche am Strassenrand bei der Ausfahrt bilden das I-Tüpfelchen eines perfekten Ausflugs.

Die Fahrt zum Bryce Canyon zieht sich. Die Landschaften entlang der US-89 und der UT-12 – allen voran der Red Canyon - sind zwar sehr schön, aber für heute doch nicht so spektakulär, dass wir stehenbleiben wollen. Tiere sehen wir auch keine mehr, ausser zwei tote Hirsche am Strassenrand, auf die wir hätten verzichten können. So kommen wir ziemlich müde im Best Western Plus Ruby’s Inn an.

Ich hatte dieses Hotel wegen der Nähe zum Bryce Canyon National Park gebucht, erwarte aber nicht allzu viel, weil die Kritiken teilweise recht ernüchternd waren - zu Unrecht, wie ich finde. Der Empfang ist mehr wie herzlich, die Dame beim Check In ist sehr hilfsbereit. Der Kitsch des Souvenirladens sowie die Dekoration der Lobby und Gänge passt hierher und gibt dem Hotel ein ganz besonderes Flair. Auch das Zimmer ist sehr gemütlich und gross, wenn auch ein bisschen älter. Nur die Aussicht kann ich nicht rühmen, der Blick auf den Parkplatz ist nicht das, was den Aufenthalt hier ausmacht. Im Gang riecht es nach Chlor. Das sich über zwei Geschosse erstreckende Schwimmbad liegt wie ein Aquarium im Zentrum der Hotelanlage.

Trotz der Müdigkeit statten wir dem Bryce Canyon National Park einen kurzen Besuch ab.

bryce canyon national park (ut)

Der Nationalpark liegt im Südwesten von Utah. Beim Bryce Canyon handelt es sich eigentlich gar nicht um einen Canyon. Es sind farbige Felspyramiden – sogenannte «Hoodoos» - die die Abbruchkante des Paunsaugunt-Plateaus bilden. Es gibt Hoodoos, die bis zu 60 Meter hoch sind. Mehrere halbkreisförmige Felskessel (natürliche Amphitheater) öffnen sich gegen Osten. Das grösste Amphitheater «Bryce Canyon» ist 5 km, 19 km lang und fällt über 240 Meter gegenüber dem Plateau ab. In der Nacht ist die Luft meist so klar und dunkel, dass weit über 7500 Sterne mit blossem Auge gesehen werden können. An schönen Tagen sind Fernsichten von bis zu 320 km nach Arizona und sogar New Mexico möglich.

Wegen seiner Ostausrichtung ist jedoch das Abendlicht nicht besonders gut für die Fotografie geeignet. Doch wir gehen bloss etwas auf die Pirsch. Die Ausbeute sind ein paar Maultierhirsche und Pronghorns.

Wieder zurück im Hotelzimmer essen wir Fertiggerichte aus der Mikrowelle, die sehr, sehr bescheiden schmecken. Das bedarf auf jeden Fall keiner Wiederholung.


tag 13 > bryce canyon – escalante (di 24.05.2016)

Wir stehen bereits um 5:00 Uhr beim Sunset Point. Es ist windig, weshalb sich die 0°C noch kälter anfühlen, als sie es eh schon sind. Mit Schlauchtuch über dem Kopf, Schal um den Hals, Handschuhen und dicker Jacke bin ich aber gerüstet und halte es locker aus, bis sich die Sonne langsam zeigt. Nur wenige Fotografen und ein paar verliebte Pärchen haben sich für den Sonnenaufgang zum Sonnenuntergangspunkt verirrt. Damit ist unsere Rechnung aufgegangen.

Wir warten noch, bis die gegenüberliegende Seite in rotes Licht getaucht wird, dann fahren wir zum Hotel zurück, um auszuchecken. Der Bordcomputer zeigt für den hinteren linken Reifen zu wenig Luft an. Hoffentlich ist der Pneu nicht kaputt. An der nächsten Tankstelle pumpt Reiner das Rad wieder auf, bis der Computer zufrieden Ruhe gibt. Ich beobachte derweil ein paar Reiter, die im schönen Sonnenlicht mehrere Pferde Richtung Tal begleiten. Vermutlich werden die Rösschen für einen Ausritt bereitgestellt.

Unsere nächste Unterkunft befindet sich im gerade mal 76 km entfernten Escalante, also könnten wir es heute ein bisschen lockerer angehen. Doch der Wetterbericht kündigt für die nächsten Tage Regen an, was uns gar nicht gefällt. Wir haben nämlich für übermorgen zwei Nächte in Torrey gebucht, um das Cathedral Valley zu erkunden, aber dafür brauchen wir trockene Verhältnisse. Obwohl wir gestern bereits sehr viele Meilen gefahren sind, ziehen wir spontan dieses Vorhaben vor und düsen an Escalante vorbei zum Visitor Center im Capitol Reef National Park.

cathedral valley im capitol reef national park (UT)

Der nördliche Teil des Capitol Reef National Parks bietet spektakuläre Ausblicke auf freistehende Felsmonolithe. Sie erinnern an gotische, religiöse Architektur, was ihnen den Namen «Cathedral» gibt. Am interessantesten ist Lower Cathedral Valley mit den beiden bekanntesten Felsen «Temple of the Sun» und «Temple of the Moon». Das Upper Cathedral Valley ist über River Ford zugänglich und am Nachmittag am schönsten. Das Lower Cathedral Valley wird über die Caineville Wash Road erschlossen.

In Anbetracht der paar Wolken am Himmel fragen wir den Ranger im Visitor Center nach der Befahrbarkeit des Cathedral Valleys. Kein Problem, meint dieser. Der Fluss habe eine Wasserhöhe von nur 9 Inch. Ich will wissen, wieviel 9 Inch seien, da meint der Ranger «9 Inch are 9 Inch…!» Da hätte ich ja auch selber drauf kommen können.

Auch wenn die umgekehrte Fahrt das bessere Licht versprochen hätte, wollen wir erst den Fluss überqueren und bei Caineville den Loop beenden. Das hat den Vorteil, dass wir die Flussüberquerung auch ganz sicher schaffen und nicht plötzlich anstehen und die ganze Strecke zurückfahren müssen.

Die Flussüberquerung ist wesentlich einfacher, als befürchtet. Das Flussbett besteht aus grobem Kies, so dass die Bodenhaftung jederzeit gewährleistet ist. Auch die Ausfahrt in die sandige Hartnet Road funktioniert prima. Dass Reiner in Page unser Auto gewaschen hatte, sieht man nun nicht mehr allzu gut. Die Piste hat es in sich. Tiefe Spurrillen an manchen Stellen lassen das Auto hüpfen und ich hoffe bloss, dass wir keinen Achsbruch erleiden. Die Landschaft ist einfach traumhaft. Ich hatte eine schöne Strecke erwartet, aber sie ist noch viel schöner, als erhofft.

Die rot-weissen Bentonite Hills scheinen so unwirklich und mitten drin in der Wüste steht ein rostiger Truck. Etwas weiter stellen wir unser Auto beim Lower South Desert Overlook ab. Das Thermometer zeigt inzwischen 36°C und der Himmel ist leicht bewölkt. Wir gehen ein paar hundert Meter den Hang hinunter, um zum eigentlichen Aussichtspunkt zu gelangen. Einen richtigen Wanderweg können wir nicht erkennen, hätten aber trotzdem nicht gedacht, dass wir uns beim Zurückgehen verirren könnten. Doch nach dem Genuss des phantastischen Ausblicks wähnen wir uns zu weit links und korrigieren nach rechts. Es wird immer unwegsamer, bis wir unser Auto entdecken und merken, dass wir in die falsche Richtung korrigiert haben.

Zwei Dinge drängen uns vorwärts. Zum einen die Tatsache, dass wir bis um 21:00 Uhr im Motel in Escalante eingecheckt haben müssen und zum anderen die zunehmende Bewölkung. Deshalb, und weil beim Upper South Desert Overlook ein Zigarette rauchendes, deutsches Pärchen uns nicht besonders sympathisch ist, fahren wir dort nach einem kurzen Stopp zügig weiter.

Richtig gemein wird es beim Upper Cathedral Valley Overlook. Ein fetter Pick-up versperrt die Zufahrt, sodass wir hätten laufen müssen. Ein paar Schritte gehen wir auch, aber kehren schliesslich wieder um, damit wir noch vor dem Regen in Caineville ankommen.

Die Caineville Wash Road wird ziemlich heftig. Es geht steil bergab und wir fahren direkt auf eine schwarze Wolke zu. Die ersten Tropfen fallen bereits. So richtig wohl ist mir nicht bei dem Gedanken, denn ich habe immer im Kopf «Roads may become impassable due to weather». Dabei hatte ich mich doch am allermeisten auf die Monolithen gefreut und die lasse ich mir nun auch wegen ein paar Tropfen nicht entgehen.

Reiner stellt den Blinker nach rechts und schon sehe ich den grossen Temple of the Sun und den kleineren Temple of the Moon dahinter. Erst schauen wir uns den Glass Mountain an, der in der Nähe der beiden Monolithen liegt. Es handelt sich um einen grossen freiliegenden Hügel von Selenit-Kristallen. Das ist Gips in Form von glasigen Kristallen.

Das haben wir richtig gut gemacht, denn als wir beim Temple of the Sun ankommen, schiebt sich die Sonne zwischen den Wolken hervor und strahlt den Felsen wunderbar an. Unser Auto scheint sich bei der Rückfahrt mit mir darüber zu freuen. Auf jeden Fall macht es einen solchen Freudensprung, dass die Kühltasche bis an den Autohimmel fliegt. Die Achse bleibt zum Glück heil und wir haben eines der schönsten Abenteuer unserer Reise hinter uns.

Da wir eigentlich noch gar nicht im Capitol Reef National Park sind, durchqueren wir diesen ohne anzuhalten. Auf der UT-12 überholen uns drei Motorradfahrer. Zwei sitzen auf einer Goldwing und einer auf einer Strassenmaschine. Bis wir in Escalante ankommen, scheint bereits wieder die Sonne und die Wolken sind deutlich weniger geworden.

escalante (ut)

Auf einer Höhe von 1'774 Metern liegt das 782-Seelen-Örtchen «Escalante» an der Utah Scenic Byway 12. Der Escalante Petrified Forest State Park befindet sich im Westen der Stadt und die unbefestigte, legendäre «Hole-in-the-Rock Road» startet fünf Meilen östlich von Escalante.

Im Circle D Motel zeigen wir unserem Host einen Gutschein von Synatschke über 10%, wobei ich schon ein schlechtes Gewissen habe, weil das Motel eh schon ziemlich günstig ist. Er freut sich nicht besonders darüber und erklärt, dass 90% aller Deutschen mit diesem Gutschein ankämen. Wir erfahren dann auch, woher die meisten Gäste kommen. Die Deutschen haben nach Utah und ein paar anderen amerikanischer Staaten die Nase ganz weit vorn.

Da es schon recht spät ist und wir hungrig sind, gehen wir schnurstracks in die zum Motel gehörende Circle D Eatery. Der Raum ist ziemlich kühl, die Bedienung solala, aber die Spare Ribs und das Brisket sind richtig lecker. Am Nebentisch fallen mir drei Typen auf, die Burger und Bier geniessen. Jeder bekommt seine eigene Rechnung und ich schnappe auf, dass sie im Zimmer Nummer eins untergebracht sind. Als wir in unser Nachtlager marschieren fällt mir auf, dass auf dem Parkplatz vor dem Zimmer Nummer eins zwei Goldwings und eine Strassenmaschine stehen.


tag 14 > escalante (mi 25.05.2016)

Aus Bequemlichkeitsgründen und wegen der beachtlichen Grösse der Frühstückskarte, frühstücken wir in der Circle D Eatery. Der Service bekommt heute die volle Punktzahl, was ein Trinkgeld von 20% nach sich ziehen wird.

Ich habe schon im Zimmer die Egg Benedict auf der Karte gesehen und die ordere ich auch. Die Eier sind lecker, wenn auch etwas kalt. Am Nebentisch essen die drei Jungs von der Nummer eins. Wie gestern strecken sie lässig ihre Füsse von sich und liegen beinahe in ihren Stühlen.

Als nächstes statten wir dem Visitor Center von Escalante einen Besuch ab. Es ist recht neu und mir gefällt es sehr gut. Ebenfalls nett anzusehen ist der freundliche Ranger, der uns bestätigt, dass die Hole-in-the-Rock Road mit unserem Auto problemlos zu befahren ist. Ausserdem gibt er uns noch Tipps, was sich anzuschauen lohnt.

Im kleinen Laden von Escalante kaufen wir Salat fürs Mittagessen. Der Besitzer, wie ich vermute, sitzt an der Kasse und steckt sich grad den letzten Bissen seines Frühstücks in den Mund. Das kommentiert er mit einem Zwinkern von wegen, er sei beim Frühstück und wir würden schon ans Mittagessen denken. Ich finde es lustig, dass in Amerika oft unsere Einkäufe an der Kasse kommentiert werden. In der Schweiz ist ein guter Wunsch zum Abschied das höchste aller Gefühle.

hole-in-the-rock road, escalante (ut)

Die Hole-in-the-Rock Road bildet den 99 km langen westlichen Abschnitt des gleichnamigen Trails. Der Trail diente den Siedlern seit Mitte des 19. Jahrhunderts als Übergang vom Zentrum Utahs in ihr neues Siedlungsgebiet im Tal des Montezuma Creeks. Die Strasse bietet Zugang zum Canyons of the Escalante genannten mittleren Teil des Grand-Staircase-Escalante National Monument und dem abgelegenen Westteil der Glen Canyon National Recreation Area. Die unbefestigte Strecke kann bei trockenem Wetter zumindest bis zum Dancehall Rock auch mit normalen Fahrzeugen befahren werden. Nach längeren Regenfällen ist die Benutzung der Strecke nicht möglich. Zahlreiche Nebenstrassen gehen von der Hole-in-the-Rock Road ab, die wiederum Wanderwege zu verschiedenen Sehenswürdigkeiten bieten.

Die Hole-in-the-Rock Road ist bis auf ein bisschen Waschbrett ganz gut im Schuss. Scheinbar hat es hier länger nicht geregnet. Auch heute sieht das Wetter gut aus, es ist sonnig und warm.

Nach ein paar Meilen kommt uns eine gigantische Rinderherde entgegen. Wir stellen uns an den Strassenrand und beobachten minutenlang die Kühe und Kälbchen. Als ich denke, es hört nicht mehr auf, kommen noch ein Hund, zwei Cowboys und ein Cowgirl, die die Herde antreiben. Dabei geht die Frau nicht gerade zimperlich mit dem Vieh um.

Wir folgen einem Schild zu Harris Wash ohne zu wissen, was uns dort erwartet. Unterwegs sehen wir Leute, die wild campen. Der schattige Parkplatz am Ende der Stichstrasse ist ziemlich voll, aber wir können gerade noch ein Plätzchen ergattern. Der Wanderweg führt etwas durchs Gebüsch, dann treffen wir auf den breiten Wash. Wir haben keine Ahnung, ob wir nach links oder rechts wandern sollen. Da unser GPS-Gerät noch immer nicht funktioniert – inzwischen kennen wir den Grund, konnten den Fehler aber noch nicht beheben – haben wir ein bisschen Angst, den Ausgang aus dem Wash zum Parkplatz nicht mehr zu finden. Während wir ratlos herumstehen, kommt eine kleine Wandergruppe aus dem Gestrüpp und überquert schnurstracks den Wash. Die letzte der Gruppe fragt uns, was wir hier tun. Mir ist unser unprofessionelles Auftreten peinlich, so stottere ich, dass wir uns hier bloss etwas umsehen möchten. Die Frau folgt den anderen auf der anderen Seite aus dem Wash und ich ärgere mich über mich selber, dass ich sie nicht um Auskunft gebeten habe.

Darauf, dass man den Wash durchqueren und ihm gar nicht folgen muss, wäre ich nicht gekommen. Wir laufen in dieselbe Richtung wie die Wandergruppe. Das Gestrüpp lichtet sich sehr schnell und gibt einen Feldweg frei. Links und rechts wachsen die schönsten Blumen und in der Ferne weiden Kühe. Es ist sehr idyllisch hier. Nach ein paar Kilometern drehen wir um, kehren zum Auto zurück und fahren zum Devil’s Garden.

Noch bevor wir das Gebiet erkunden, packen wir unsere Kühltasche auf den obersten der Picknicktische und geniessen mit Blick auf die rot-weissen Sandsteinformationen unseren Salat. Zufrieden und satt gehen wir dann los, um uns ausgiebig umzusehen. Beim Metate Arch treffen wir auf ein nettes, deutsches Paar. Er ist eigentlich Amerikaner, lebt aber mit seiner Frau seit Jahren in Hannover. So oft es geht kommen sie nach Utah zu den roten Steinen, um sein Heimweh zu stillen. Übermorgen fliegen sie von Denver nach Deutschland zurück, haben keine Unterkünfte gebucht und sind trotzdem sehr entspannt. Mich würde es stressen, noch so weit fahren zu müssen und nicht zu wissen, wo ich am Abend schlafe. Wir stiefeln noch eine ganze Weile in dem Teufelsgarten herum.

Als nächstes fahren wir noch etwas weiter die Hole-in-the-Rock Road entlang bis zur Abzweigung Early Weed Bench. Die Stichstrasse führt auf eine Anhöhe, von wo aus wir einen super Blick auf die Ebene haben. Eigentlich hätte ich gern den Devil’s Garden im goldenen Licht fotografiert, doch der Himmel verspricht nichts Gutes, also beschliessen wir, den Rückweg anzutreten.

Am Abend ist es etwas kühler und ziemlich bewölkt. Ich schnappe mir eine Jacke und mein Tolino, um vor dem Motelzimmer noch etwas zu lesen. Zwei Türen weiter sitzt eine Frau und strickt. Neben ihr schläft ein dicker Hund vom Typ Berner Sennenhund. Auf einmal wackelt der Hund zu mir und lässt sich kraulen. Dem Frauchen ist das nicht recht, aber ich beschwichtige sie. Als ich ihr von unseren bisherigen Route erzähle, meint sie, dass sie aus der Region um Farmington stamme. Danach habe sie versucht, in Denver Fuss zu fassen. Die Stadt sei ihr aber zu voll gewesen. Zu viel Verkehr, zu gross, zu weit weg von den Bergen und zu viele Hurrikans in Denver seien Gründe für ihren Entschluss, nach Salt Lake City zu ziehen. So habe sie eine Stadt, die übersichtlich ist und trotzdem die Berge in der unmittelbaren Nähe.

Für heute Abend habe ich das Outfitters ausgesucht. Erst schauen wir im Laden, ob sie eine 4 GB Speicherkarte für das GPS-Gerät haben, weil unsere 8 GB-Karte den Fehler verursacht, aber wir werden nicht fündig. So setzen wir uns auf die Terrasse und treffen dort auf die Zimmernachbarin ohne Hund, dafür mit ihrem Vater.

Diesmal denken wir dran, dass die Pizzen in den USA nicht mit unseren vergleichbar sind und bestellen bloss eine für uns beide und je einen Salat. Der Salat ist riesig, so dass Reiner mir helfen muss, und auch die Pizza schaffen wir nicht ganz aufzuessen.


tag 15 > escalante - torrey (do 26.05.2016)

Erneut statten wir dem Escalante Interagency Visitor Center einen Besuch ab. Anstelle des hübschen Rangers von gestern gibt heute eine nicht minder freundliche ältere Frau Auskunft. Ich frage nach dem Zustand des Burr Trails, weil es heute ziemlich nach Regen aussieht. Sie gibt grünes Licht und meint zu meiner Überraschung, dass der grösste Teil der Strecke asphaltiert sei und der Rest eine sehr gute Gravel Road.

Ich meine, abenteuerliche YouTube Videos gesehen zu haben, aber vertraue der Aussage eines Rangers mehr, als einem Hobbyfilmer, den ich nicht mal kenne. Bevor wir jedoch in Boulder in den Burr Trail einbiegen, wollen wir uns ein Frühstück im berühmten Kiva Coffeehouse genehmigen. Was für eine Enttäuschung. Sehnsüchtig erinnere ich mich an das leckere Brot, welches wir vor zwei Jahren zu Suppe und Salat gereicht bekamen. Heute gibt es für uns bloss für viel Geld trockene Rühreier ohne Brot. Das Restaurant bietet eine tolle Aussicht auf das Grand-Staircase-Escalante National Monument, aber von der Aussicht alleine wird man auch nicht satt.

burr trail und notom-bullfrog road (ut)

Der Start des Burr Trail Scenic Backway ist in Boulder an der UT-12. Nach weniger als einer Meile erreicht die Strasse das Grand-Staircase-Escalante National Monument. Die Strasse wendet nach Osten und führt in einer scharfen Kurve in den 11 km langen Long Canyon und durch eine Lücke des Circle Cliffs in die White Canyon Flat. Mit Überschreiten der Grenze zum Capitol Reef National Park beginnt die unbefestigte Strecke. Der Burr Trail endet in Bullfrog in der Glen Canyon National Recreation Area. Richtung Norden verbindet die Notom Road den Burr Trail mit der UT-24, die den Capitol Reef National Park durchquert.

Der tatsächlich asphaltierte Burr Trail windet sich durch eine malerische Felslandschaft. Trotz schwarzen Regenwolken vor uns, versuchen wir die Weiterfahrt über die südliche Wolverine Loop Road, eine Dirt Road, wie sie uns gefällt. Die Landschaft verändert sich, wird offener und weniger felsig. Mir hat der Burr Trail besser gefallen. Als wir zu einem tiefen Schlammloch kommen, drehen wir um und sind bald wieder auf der befestigten Strasse. Inzwischen fallen die ersten Tropfen und in der Ferne zucken Blitze durch die schwarzen Wolken. Ich habe aber noch die Stimme des Rangers im Ohr, dass auch die unbefestigte Strasse gut zu befahren sei und mache mir nun keine Sorgen. Nur den Upper Muley Twist Canyon und Strike Valley Overlook lassen wir links liegen.

Auf der Notom-Bullfrog Road wirbeln wir mächtig Sand auf. Die Regentropfen mochten den Staub noch nicht binden, was aber den Fahrer eines weissen BMW-Cabrios und seinen Begleiter nicht zu stören scheint. Er lässt uns überholen, denkt aber nicht daran, das Verdeck zu schliessen.

In Anbetracht des verhangenen Himmels sind wir froh, dass wir das Cathedral Valley vorgezogen haben.

capitol reef national park (ut)

Der Name des Nationalparks stammt von einem Gebiet in der Nähe des Fremont River, das die ersten Pioniere an ein Riff erinnerte. Eine über 150 km lange geologische Formation namens «Waterpocket Fold», die sich von Norden nach Süden erstreckt, bildet das Herzstück des Parks. Neben dem Ort Fuita, das von mormonischen Siedlern gegründet wurde, gibt es ein gut ausgebautes Wanderwegnetz.

Auf dem Weg zum Hotel sehen wir uns links und rechts der UT-24 ein bisschen um und fahren den Scenic Drive bis zum Parkplatz zum Golden Throne Trail. Hier scheint gerade Aufbruchsstimmung vieler Familien und Wanderer zu sein. Amüsiert beobachten wir den Fahrer eines grossen Pick-ups, der riesige Mühe hat, aus seinem Parkplatz zu manövrieren. Eigentlich hätte er nur seinen Nachbarn in der kleinen Limousine ausparken lassen müssen und er wäre problemlos rausgekommen, aber er lässt es sich nicht nehmen, Zentimeter um Zentimeter zu sägen. Als er es endlich geschafft hat, macht er eine Siegespose, als hätte er einen Pokal gewonnen.

torrey (ut)

1880 wurde Torrey von mormonischen Siedlern etwa 13 Kilometer vom Capitol-Reef National Park entfernt gegründet. Es liegt auf einer Höhe von 2'084 Metern und zählte im Jahr 2000 gerade mal 171 Einwohner.

In Torrey checken wir als erstes im Broken Spur Inn & Steakhouse ein, wo wir bereits vor zwei Jahren logiert hatten. Wir bekommen ein sehr schönes Zimmer im oberen Geschoss, was für Reiner bedeutet, Koffer die Treppe hochschleppen. Er nimmt mir aber die Vorliebe für das obere Geschoss nicht übel, denn auch er möchte nicht, dass die Nachbarn auf unseren Köpfen herumtrampeln.

Nun wollen wir schauen, ob das Slackers wirklich so tolle Burger verkauft, wie behauptet wird. Der Parkplatz ist ziemlich voll, obwohl es noch gar nicht so spät ist. Drinnen finden wir allerdings noch ein Plätzchen, denn viele bestellen die legendären Burger «to go». Ich entscheide mich für einen double bacon cheese burger mit sweet potato fries. Wenn schon - denn schon. Und schon bald kommt der saftigste und leckerste Burger mit den knusprigsten Pommes frites, die man sich vorstellen kann, stilecht in einem Plastikkörbchen serviert.

Während wir versuchen, den Burger ohne zu kleckern zu essen, fragt Reiner, ob ich den Sheriff draussen auch gesehen hätte. Ja, auch mir ist das Auto mit der Aufschrift «Sheriff» am Strassenrand kurz vor dem Slackers aufgefallen. «Ich glaube, da drin ist eine Puppe.» Ich bin baff. Keine Sekunde hätte ich an der Echtheit gezweifelt. Beim Zurückfahren schaue ich genauer hin und tatsächlich, der Sheriff ist bloss eine Puppe mit Schnurrbart!


tag 16 > torrey (fr 27.05.2016)

Wir starten den Tag mit dem im Zimmerpreis enthaltenen Hotelfrühstück. Die Eier, Kartoffeln, Würstchen, French Toasts und ein süsser Auflauf sind heiss und sehr lecker. Der für das Frühstück zuständige Koch, ich glaube, sein Name ist Aaron, ist sehr bemüht, alles aufzufüllen und den Leuten zu Hilfe zu eilen, wenn sie die Servietten oder das Besteck nicht sofort finden können. Der einzige Wermutstropfen ist das hier immer noch übliche Plastikgeschirr.

Es ist ziemlich früh am Morgen, so dass die Felsen im Capitol Reef noch im Schatten liegen. Vielleicht haben wir am Gooseneck mehr Glück? Nein, haben wir nicht. Auch diese Schlucht wird noch nicht von der Sonne erreicht. Was wollen wir nun tun? Der für heute angesetzte Besuch des Cathedral Valleys haben wir ja vorgezogen und wäre nach dem gestrigen Regen auch keine Option gewesen. Ich schlage zaghaft vor, ob wir vielleicht zum Goblin Valley fahren wollen. Bevor ich mir selber widersprechen kann, weil es ganz schön weit ist, sehe ich bereits die drei Schwestern, die den Eingang des State Parks markieren.

goblin valley state park (ut)

Früher hiess der Park «Mushroom Valley». Durch Wind und Wasser geformte Figuren aus Sandstein erinnern an Gnome, Kobolde und Pilze. Nur wenige Pflanzen, die sich dem heissen, trockenen Wüstenklima und dem wehenden Sand angepasst haben, überleben in dem Tal.

Das Wetter ist herrlich bei angenehmen 20°C. Nur am Horizont beginnen sich wieder ein paar Wolken aufzutürmen. Auf dem Parkplatz ist noch nicht besonders viel los und auch die Kobolde sind mehr oder weniger unter sich. Wir steigen in das weite Tal herunter und geniessen die Ruhe zwischen den unzähligen Sandsteinfiguren. Erst stromern wir von Gnom zu Gnom, schauen hinter dieses Gebilde und jene Formation, blödeln ein bisschen rum, dann entdecken wir drei Leute, die vom Kamm der Bergkette, die das Tal in südöstlicher Richtung abschliesst, herunterrufen. Wie sind die da hochgekommen?

Reiner meint, ich könne mir die Kletterei aus dem Kopf schlagen, doch ich will ja «nur mal schauen». Klettern kann ich mit meinen Knien eh nicht. Auf der südlichen Seite flacht der Berg so weit ab, dass man ihn umrunden und auf die Rückseite gelangen kann. Das «Schauen» artet in Wandern und teilweise doch etwas Klettern aus. Wir gehen zwischen zwei Felswänden stetig aufwärts. Das eine oder andere Mal muss eine grössere Stufe überwunden werden. Wir schaffen es nicht bis ganz hoch auf die Krete, aber fast. Es ist eine wunderschöne Wanderung in einer surrealen Landschaft, doch als wir wieder beim Auto sind, bin ich nudelfertig.

Zum Picknicken gibt es heute nicht viel. Lediglich ein paar Äpfel und Knäckebrote geben unsere Vorräte noch her. Es ist trotzdem schön, auf der Bank zu sitzen und in das Tal zu schauen. Inzwischen sind auch mehr Leute und sehr viele Hunde hier. In Utahs Stateparks ist es erlaubt, Hunde an der Leine mitzuführen. Mir soll’s recht sein, solange ich weder gebissen werde, noch in einen Haufen trete.

Obwohl ich müde bin, möchte ich gerne zum nahe gelegenen Little Wild Horse Canyon. Die Wanderung wird als «einfach» beschrieben, das müsste doch zu schaffen sein.

Die Wolken haben sich vom Horizont bereits auf den gesamten Himmel ausgebreitet. Der Weg beginnt sehr moderat. Als er plötzlich an einer Felswand endet, stehe ich wie der Esel vor dem Berg. Von weitem hören wir Kindergeschrei. Mal sehen, was die machen. Wir stehen mit dem Rücken an den Berg gelehnt, da kommen auch schon die ersten etwa Siebenjähren und springen ohne zu zögern rechts auf einen Felsvorsprung und verschwinden aus den Augen, nicht aber aus den Ohren. Es folgen grössere Kinder, die auch rechts entlanggehen, sich jedoch ducken müssen, um unter einem weiteren Felsvorsprung hindurch zu passen oder aber sie klettern links hoch, wie auch alle Erwachsenen es tun. Ein Teenager ist besonders mutig und springt von einem Felsen auf den anderen. Dazwischen klaffen rund zweieinhalb Meter Breite und drei Meter Tiefe. Die Kleinen möchten es ihm nachmachen, aber sie werden in nicht besonders besorgtem Ton davon überzeugt, noch bisschen zu üben und zu warten, bis sie grösser sind.

Als letztes folgt ein Mann, der zwei Frauen via Räuberleiter hochhilft und uns fragt, ob er uns helfen könne. Ich frage ihn nach dem weiteren Weg und er gibt den Hinweis, dass es einfacher wäre, oben rumzugehen. Wir folgen seinem Rat, aber einen Canyon von oben zu sehen, ist nicht dasselbe.

Weil uns der Burger gestern bei Slackers so gut geschmeckt hat, beehren wir den Laden heute grad nochmals mit unserem Besuch. Derjenige, der uns gestern die Burger gebracht hat, erkennt uns sofort wieder. Ich glaube, es ist sogar der Besitzer. Er freut sich riesig über unser Kompliment. Wir verraten ihm nicht, dass es für eine sehr, sehr lange Zeit das letzte Mal ist, dass wir hier essen, was aber nicht an ihm, sondern an der Tatsache liegt, dass wir nicht ewig in Torrey bleiben können oder wollen.


tag 17 > torrey - monticello (sa 28.05.2016)

Ich stehe früh auf, mummle mich in warme Kleider, schnappe die Kamera und gehe raus, um den Sonnenaufgang zu fotografieren. Dabei bin ich nicht die erste. Ein dick eingepackter Asiate hat dieselben Absichten, wie ich. Seine Frau streckt den Kopf aus der Zimmertür, umschlingt ihren Körper mit beiden Armen und meint: «It’s so cold!». Kein Wunder, bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. Das scheint ein Amerikaner in Shorts und T-Shirt mit einer Tasse Kaffee in der Hand ganz anders zu sehen. Auf meine Frage, ob es ihm nicht zu kalt sei, erwidert er: «No, it’s so nice, nice, nice!!!» Beim Frühstück sitzt das asiatische Paar immer noch in Winterjacke, obwohl der Speiseraum gut beheizt ist.

Nach dem Auschecken fahren wir bei herrlichem Sonnenschein und 7°C zum Golden Throne Trailhead. Nur ein Pick-up steht hier, ansonsten ist der Parkplatz leer. Wir wandern gemütlich den Capitol Gorge Trail entlang. Links und rechts ragen durchlöcherte Felswände in den Himmel. Vögel fliegen von einem Loch ins nächste und Streifenhörnchen turnen auf den Felsen herum. Für heute haben wir vor, nur ganz moderat zu laufen, keine steilen Hänge zu erklimmen und keine Steinbrocken zu erklettern. Diese Vorsätze brechen wir ohne mit den Wimpern zu zucken, als ein Schild mit der Aufschrift «The Tanks» links hochzeigt. Angeblich sind es nur 0.3 Meilen, aber ich glaube, damit ist Luftlinie gemeint. Die kleine Anstrengung lohnt sich aber. Die Wasserlöcher, und besonders die Aussicht auf die Berge von dort, sind traumhaft.

Zurück im Gorge kommen uns immer mehr Familien entgegen. Besonders süss ist ein etwa dreijähriger Junge im Superman-Kostüm, der mit gesenktem Kopf seinen Eltern hinterher trottet. Als wir grüssen, hebt er den Kopf, grinst und ein laut und deutlich gesprochenes «Hi» kommt aus seinem Mund. Ein anderer Junge fragt seinen Vater: «What’s the time?». Die Antwort des Vaters: «Time to hike!».

Wir wollen uns bei der Weiterfahrt im Visitor Center ein bisschen umschauen. Doch der Parkplatz ist rappelvoll und überall wuseln Leute herum. Vor den Toilettenanlagen gibt es eine riesige Menschenschlange. Erst da fällt mir ein, dass heute das Memorial Day Weekend beginnt. Der Feiertag wirkt sich auch auf die Hickman Bridge aus, also lassen wir diese Wanderung ausfallen.

Auf Empfehlung hin halten wir beim Mesa Farm Market. Im winzigen Laden mit angrenzender Backstube treffen wir auf einen kleinen Mann in Latzhosen mit langen grauen Haaren, die er zu einem Rossschwanz zurückgebunden trägt. Er ist grad beim Brotbacken. Während wir bestellen, gesellen sich immer mehr Personen zu ihm in die Backstube und begutachten uns. Ich bestelle mir einen Apfel-Karotten-Randen-Saft und Reiner will einen Apfelsaft und dazu nehmen wir Zimtschnecken. Wir setzen uns mit den Zimtschnecken auf die Veranda und warten, bis das Gemüse und die Äpfel geschält, gewürfelt und entsaftet sind. Das Warten ist kurzweilig. Eine junge Frau kommt mit Blumentöpfen vorbei und erzählt, dass sie sich nicht entscheiden könne, wohin sie diese stellen möchte. Drei Hunde springen um das kleine Haus herum. Ein junger Mann sitzt in einer Hollywoodschaukel und schaut zu, wie alle anderen arbeiten.

Als die frisch gepressten Säfte kommen, sind die Zimtschnecken verputzt. Gut Ding will Weile haben. Wir verwenden zu Hause sowohl einen Entsafter wie auch einen Hochleistungsmixer für Smoothies, aber unsere Säfte werden nie so lecker cremig, wie diese hier. Beim Verabschieden meint der Besitzer, dass wir nun mit der UT-96 eine wunderschöne Strecke vor uns hätten.

Links und rechts der Strasse sehe ich nur Wüste. Auf einmal wird es bergiger und immer schöner. An der Hog Springs Picnic Area rasten wir und beobachten eine Gruppe mexikanischer Motorradfahrer, die sich gegenseitig vor ihren schweren BMWs fotografieren. Zwei Kletterer bereiten sich für eine Tour vor und an einem Nebentisch grillieren zwei Frauen auf einem Minigrill Gemüse.

Danach folgen mehrere View Points. An jedem müssen wir halten und fotografieren. Der Blick auf die tiefe Ebene, in der sich der glitzernde, von grünen Büschen gesäumte Colorado River schlängelt, ist atemberaubend. In der Ferne können wir eine Stahlbogenbrücke ausmachen, das ist etwas für mich.

Es ist 33°C warm, windig und leicht bewölkt. Bei der Weiterfahrt wird mir immer heisser. Die Klimaanlage läuft, trotzdem habe ich das Gefühl, ich sässe auf einem Ofen. Ich kontrolliere die Sitzheizung und tatsächlich steht sie auf höchster Stufe.

Eine zweite, noch grössere Gruppe mexikanischer Motorradfahrer folgt uns. Reiner lässt einen nach dem anderen vor. Auf dem Parkplatz bei der Hite Crossing Bridge, die wir eben noch aus der Ferne von oben gesehen haben, treffen wir sie wieder. Sie positionieren sich gerade für ein Gruppenfoto.

natural bridges national monument

Die drei namensgebenden natürlichen Steinbrücken heissen "Sipapu", "Kachina" und "Owachomo". Sie liegen im White und Armstron Canyon am östlichen Rand des Colorado-Plateaus. Sipapu Bridge ist die grösste und spektakulärste der drei Brücken. Sie ist 67 Meter hoch und hat eine Spannweite von 82 Meter. Die Kachina Bridge ist mit 64 Meter Höhe und 62 Meter Spannweite grösser, als Owachomo, welche eine Höhe von 32 Meter und eine Spannweite von 55 Meter aufweist.Natural Bridges National Monument wurde von der Sky Association als International Dark Sky Park ausgezeichnet und trägt seither den Namen "Natural Bridges International Dark Sky Park". Weiter sind sind Reste von Anasazi-Indianer-Siedlungen zu sehen.

Bis wir beim Natural Bridges National Monument ankommen, hat es auf 20°C abgekühlt und tröpfelt leicht. Wir fahren den Loop und bewundern die drei natürlichen Steinbrücken von oben.

monticello (ut)

Die Kleinstadt mit Status «City» liegt auf einer Höhe von 2'155 Metern. Nach Blanding ist es die zweitgrösste Stadt im San Juan County. Sie zählte 2010 1'972 Einwohner und liegt verkehrsgünstig, um «The Needles» im Canyonlands National Park zu besuchen.

Unser zehntes Bett dieser Reise steht im Inn at the Canyons in Monticello. Wir werden sehr freundlich in der netten Lobby empfangen und bekommen ein hübsches, geräumiges Zimmer im Obergeschoss. Neben dem Hotel gibt es eine Tankstelle mit integriertem Subway, bei dem wir auf einen schnellen Footlong vorbeischauen. Bevor wir aber bestellen können, müssen wir warten, bis eine asiatische Reisegruppe sich entschieden hat, was sie essen wollen. Zum Glück haben die meisten eine Fertigsuppe dabei, die sie mit heissem Wasser aus dem Automaten anrühren, so kommen wir doch heute noch zu unserem Abendessen.


tag 18 > monticello - moab (so 29.05.2016)

Das Bett ist sehr bequem und die Bettwäsche so kuschelig, dass ich am liebsten gar nicht aufgestanden wäre. Zum Frühstück gibt es das übliche Continental mit der Möglichkeit, selber Waffeln zu backen. Der Frühstücksraum ist mehr ein breiter Gang und der Angestellte ist noch müde.

Wir haben Monticello für die Nacht ausgewählt, um schnell bei den Needles im Canyonlands National Park zu sein. Schnell ist allerdings relativ, denn die Fahrt bis zum Visitor Center dauert knapp eine Stunde.

the needles im canyonlands national park (ut)

The Needles liegt im Südosten des Canyonlands National Parks. Sein Name trägt er wegen den rot und weiss gemaserten Felszacken, die wie Nadeln in die Höhe stehen. Daneben gibt es Canyons, Dolinen (schlot-, trichter- oder schüsselförmige Senke), Spalten und Steinbögen, wobei die Steinbögen nur mit dem Geländewagen oder über lange Wanderungen zu erreichen sind. Früher war die Gegend die Heimat der Pueblo-Indianer. Mit einer Höhe von 2170 Metern ist der «Cathedral Point» die höchste Erhebung.

Wir versuchen, zum Colorado River Overlook zu kommen, doch irgendwann wird uns die Strasse zu felsig, so drehen wir um und fahren zum Big Spring Canyon Overlook. An einen Felsen gelehnt stehen etwa ein Dutzend herrenlose Rucksäcke. Wir begnügen uns mit dem Erkunden der unmittelbaren Umgebung, wofür wir unseren Rucksack im Auto lassen können.

Der Blick in die Schlucht ist einmal mehr wundervoll. Wir klettern ein bisschen auf dem Felsen herum, danach geht es zum Pothole Point. Auf dem kurzen Wanderweg auf Slickrock hoffen wir, auf Urtierchen zu stossen. Doch bis auf zwei sind alle Potholes ausgetrocknet. Ausser Mücken sehen wir keine Tierchen im Wasser. Nach ein paar Minuten – vielleicht 20 oder 30 - sitzen wir wieder im Auto mit Ziel Elephant Hill. Wir haben nicht vor, diese steile Strasse selber zu fahren, für die es ein Permit und ein entsprechendes Fahrzeug braucht. Aber wir möchten zuschauen, wie andere diese Hürde meistern.

Schon der Weg dorthin gefällt mir sehr. Die Strasse ist ungeteert und windet sich ein paar Mal an farbigen Sandsteinnadeln entlang. Vor der eigentlichen Steigung gibt es einen Parkplatz. Ein Ranger weist die Autofahrer an, unterhalb zu parkieren, weil oben bereits alles besetzt ist. Wir warten und warten, sehen aber nur Wanderer und keine waghalsigen Autofahrer. Schliesslich wird es uns zu langweilig und wir treten den Rückweg an. Auf halber Strecke zurück zur befestigten Strasse kommen uns drei Offroader entgegen. Ärgerlich, aber deswegen drehen wir jetzt nicht mehr um.

Als nächstes fahren wir zum Cave Spring. Wir erwischen zwei Männer inflagranti, wie sie versuchen ein Auto aufzubrechen. Es ist sofort klar, dass es sich nicht um Diebe handelt, sondern sie lediglich verzweifelt versuchen, an den innen stecken gelassenen Schlüssel zu gelangen. Wir schauen nicht weiter zu, sondern wandern zu den kühlen Höhlen. Das Klima scheint auch zwei kleinen Mädchen zu gefallen, denn sie breiten dort ihr Picknick aus und die Eltern haben keine andere Wahl, als ebenfalls eine Rast einzulegen. Der Weg führt über zwei Leitern hoch und auf Slickrock wieder auf der anderen Seite hinunter zum Parkplatz. Den Männern scheint das Aufbrechen geglückt zu sein, denn das Auto steht nun mit offenen Türen da. Damit ist «The Needles» für uns Geschichte und es geht weiter nach Moab.

moab (ut)

Die Stadt mit Status «City» zählt gut 5'000 Einwohner und liegt auf einer Höhe von 1'227 Metern am Colorado River auf dem Colorado Plateau. Sie wurde von den Mormonen gegründet. In der Nähe gibt es den aussergewöhnlichen Arches National Park, den Canyonlands National Park und den kleinen Dead Horse Point State Park sowie weitere Naturschönheiten. Durch seine Lage ist der Tourismus der wichtigste Wirtschaftszweig des Orts.

In der Stadt wimmelt es von Leuten. Wir finden das Gonzo Inn sehr schnell und fragen, ob wir bereits einchecken können, obwohl es noch nicht vier Uhr ist. Unser Zimmer ist noch nicht fertig, aber die nette Frau an der Rezeption versucht alles, um ein anderes Zimmer für uns zu finden. Wir hätten so ein schönes Zimmer, ein solches steht aber leider nicht zur Verfügung, meint sie bedauernd. Sie bietet uns an, die Zeit am Pool zu überbrücken, doch staubig wie wir sind, lehnen wir dankend ab.

Stattdessen fahren wir zur Potash Road, die es in sich hat. Tiefe Spurrillen, grobe Steine und Sand wechseln sich ab. Landschaftlich gesehen ist es ein Traum. Wir kommen an grossen Becken, wo Pottasche (Kaliumkarbonat) abgebaut wird, vorbei. Danach steigt die Strasse etwas an und gibt den Blick auf den Goosenecks frei. Tief unten schmiegt sich der grüne Colorado River um den dicken Felsen. Anschliessend führt die Strasse zu den steilen Serpentinen des Shafer Trails. Die Aussicht ist gigantisch, aber die enge, steile, kurvige, unbefestigte Strasse ist nichts für schwache Nerven. Wir merken den meisten entgegenkommenden Fahrern die Angst an, wenn sie ausweichen müssen. Ein paar Zentimeter zu weit rechts und sie stürzen fast senkrecht in die Tiefe. Mir hat das Fahren dieser aussergewöhnlichen Strasse extrem viel Spass bereitet.

Für heute haben wir genügend rote Steine gesehen und Staub geschluckt. Über die UT-313 und USA-191 fahren wir zurück zum Hotel. Da wir beim Arches National Park vorbeikommen, wollen wir dort die Parkunterlagen abholen. Morgen soll es vor Sonnenaufgang in den Park gehen, da ist weder die Einfahrt noch das Visitor Center besetzt. Aber was ist das? Grosse rote Pylonen stehen auf dem Mittelstreifen und Besucher von Arches werden gebeten, einen grösseren Umweg zu fahren. Der Umweg lohnt sich nicht, denn wir sind bereits zu spät. Am Eingang ist kein Ranger mehr und das Visitor Center hat auch vor ein paar Minuten geschlossen. Nicht so schlimm, wir haben im Hotel ja WLAN und können uns die nötigen Informationen online besorgen.

Erneut treffen wir beim Gonzo Inn ein und werden sehr freundlich begrüsst. Unser Zimmer im Obergeschoss ist gross, sehr hell und aussergewöhnlich hoch mit Giebeldach. Im Giebel sind neben dem grossen Balkonfenster nochmals zwei kleinere Fensterchen. Der Balkon bietet Blick auf den Poolbereich. Auch das Bad hat seinen eigenen Style. Die Dusche ist bodeneben, die Wände gemauert, verputzt und in knalligem Hellgrün gestrichen. Nach ausgiebigem Benutzen dieser Dusche versuchen wir, im Sabaku Sushi einen Tisch zu ergattern.

Wir beeilen uns, um vor einer Vierergruppe beim Eingang zu sein und prompt bekommen wir an der Theke einen Platz. Wir können direkt bei einem der vier Sushi-Köchen ordern. Die sind ganz schön unter Strom und haben Mühe, die vielen Bestellungen zu bewältigen. Die Rollen sind sehr filigran mit viel Liebe gearbeitet und schmecken hervorragend.


tag 19 > moab (mo 30.05.2016)

arches national park (ut)

Der Arches National Park liegt im Norden des Colorado-Plateaus. Er beherbergt die grösste Konzentration an natürlichen Steinbögen. Über 2000 Arches mit Öffnungen von min. 90 Zentimeter sind zu finden. Die bekannteste Formation ist der Delicate Arch. Es handelt sich um einen 20 Meter hohen, alleinstehenden Steinbogen und ist über einen ca. einstündigen Fussmarsch erreichbar. Andere Sehenswürdigkeiten wie «The Three Gossips», der «Babel Tower» oder der «Balanced Rock» sind von der Strasse aus sichtbar. Am meisten markante Bögen gibt es im Devils Garden im Norden des Parks.

Der Nationalpark ist einer von Reiners Lieblingsparks, weshalb er sich wünscht, dort den Sonnenaufgang zu erleben. Gerne erfülle ich ihm den Wunsch, denn auch mir hat’s der Park mit den wunderschönen Gesteinsformationen angetan. So stehen wir um 5:00 Uhr am Arches Scenic Drive etwas unterhalb des Balance Rock, unserem heutigen Objekt der Begierde. Autofahrer rasen an uns vorbei, als ob es kein Morgen mehr gäbe. Ich hoffe bloss, dass sich kein Hirsch vor deren Stossstange verirrt. Es ist leicht bewölkt und schon bald verfärbt sich der Himmel in ein Orange, wie es Photoshop nicht schöner zaubern könnte.

Nun wollen wir schauen, ob wir im Devils Garden ein paar hübsche Fotomotive finden. Der Parkplatz ist noch fast leer, wir können unmittelbar neben dem Trailhead parkieren. Das sah vor zwei Jahren ganz anders aus, allerdings waren wir damals eindeutig zu spät dran.

Mit Stativen, Kameras und genügend Wasser bewaffnet wandern wir los. Bei der ersten Verzweigung biegen wir rechts ab und treffen beim Tunnel Arch auf ein Paar aus Las Vegas. Wir fotografieren uns gegenseitig vor dem hochgelegenen Steinbogen. Sie empfehlen uns, unbedingt zum Pine Tree Arch zu gehen, was wir eh vorhaben. Dieser kleine Arch gefällt mir richtig gut. Während wir fotografieren, kommen vier Deutsche, die aber nicht bemerken, dass auch wir deutschsprachig sind. Sie bemühen sich, mich in ihrem besten Englisch zu fragen, ob sie kurz dazwischen gehen dürfen und selbst bei meiner deutschen Antwort, bleiben sie beim Englisch.

Auf dem Weg springen viele süsse Streifenhörnchen herum. Reiner schafft es, eines richtig gut zu erwischen, sonst sind sie meist viel zu flink. Immer mehr Menschen begegnen uns. Wie viele andere grüsse ich auch ein fröhlich lachendes Paar zurück. Reiner fragt mich, ob ich sie nicht erkannt hätte. Es waren die beiden aus Las Vegas, die wir am Tunnel Arch fotografiert haben. Wieder einmal ist es mir peinlich, dass ich mir einfach keine Gesichter merken kann.

Der wegen seiner Spannweite von 92 Metern bekannte Landscape Arch reizt mich nicht so sehr. Auf Bildern finde ich ihn im Gegensatz zu anderen Bögen etwas langweilig. Als wir aber dort sind, bin ich tief beeindruckt. Kein Bild der Welt kann dieses filigrane, aber riesige Gebilde so widergeben, wie es in der Realität wirkt.

Inzwischen steht die Sonne schon ziemlich hoch am Himmel. Temperatur und Menschendichte nehmen zu, so dass wir langsam aber sicher den Rückzug antreten. Ich kann mir vorstellen, dass der Double Arch bei der Windows Section hübsch angeleuchtet wird. Wir können kaum glauben, was wir hier sehen. Die Menschen pilgern zum North Windows, dass es aussieht, wie eine Ameisenstrasse. So schnell, wie wir gekommen sind, sind wir schon wieder weg. Als wir links in den Arches Scenic Drive einbiegen wollen, sieht es aus wie auf einer Autobahn. Ein Auto nach dem anderen fährt die Strasse hoch, runter sind wir die einzigen. Wir stoppen bei der Park Avenue, wo sich die Menschenmassen noch in Grenzen halten. Ein Junge ist mit seinem Vater den Park Avenue Trail hochgerannt und nun sind beide völlig ausser Puste.

Wieder gegen den Strom fahren wir zum Parkausgang, wo sich die Autos weit zurück stauen. Trotz des grossen Andrangs sind im Visitor Center nur wenige Leute, weshalb wir uns dort ins Theater setzen und den interessanten Film schauen. Danach ist für uns Feierabend und wir fahren an der langen Kolonne vorbei Richtung Moab. Nun erschliesst sich uns auch der Sinn der gestern bemerkten Pylonen auf der US-191. Sie trennt die Memorial-Day-Besucher des Arches National Parks von denen, die geradeaus weiterfahren möchten. Nicht dumm und die Massnahme scheint zu nützen. Allerdings staut sich in Moab der Verkehr doch wieder sehr. Von der Überquerung des Colorado River bis zum City Market stehen die Autos auf einer Länge von über fünf Kilometern – zum Glück aber auf der anderen Strassenseite.

Wir machen uns heute einen faulen Nachmittag am Pool. Bei herrlichem Sonnenschein geniessen wir das kühle Nass und den Whirlpool. Letzterer ist jedoch so heiss eingestellt, dass ich einen roten Kopf bekomme und mich sofort wieder im Pool abkühlen muss. Ein Stress aber auch.

Weil das Fiesta Mexicana gleich gegenüber vom Hotel liegt, wählen wir dieses für unser Abendessen. Der Margarita ist lecker und nicht kleiner, als derjenige in Page, aber ansonsten gibt es nicht besonders viel zu loben. Das Essen ist okay und die Bedienung solala. Wäre kein Verlust gewesen, hier nicht vorbeigeschaut zu haben.


tag 20 > moab (di 31.05.2016)

Reiner kann mich überreden, auch für den heutigen Sonnenaufgang in den Arches National Park zu fahren. Eigentlich hätte ich den Mesa Arch fotografieren wollen, aber als ich Bilder vom North Window mit Turret Arch in der Öffnung sehe, gebe ich mich geschlagen. Meine Bedenken, dass wir vom North Window aus noch klettern müssen, wischt Reiner mit dem Argument beiseite, dass es zum Mesa Arch viel weiter und schwieriger zu laufen sei. Ich bezweifle das, sage aber nichts mehr.

Der Aufstieg zum North Window ist schnell bewältigt, aber damit ist es nicht getan. Wir müssen auf den gegenüberliegenden Felsen und das sieht nicht einfach aus. Wir gehen durch den Bogen und klettern auf der linken Seite hinunter, bis wir ein paar Meter unterhalb der Plattform stehen, auf die wir wollen und wo bereits ein Fotograf sein Stativ aufgestellt hat. Ich fluche leise und laut, dass ich doch lieber zum Mesa Arch gegangen wäre. Reiner sagt nichts. Braucht er auch nicht, denn ich schimpfe für zwei. Da fragt eine Stimme von oben, ob denn hier jemand sei. Der Fotograf gibt uns Tipps, welcher Weg am einfachsten ist. Ich klettere so gut es geht hoch und bin sehr froh, als der Fremde mir zur Hilfe seine Hand reicht.

Er ist wirklich sehr nett, schaut, dass ich den bestmöglichen Platz für Stativ und Kamera finde. Ich bin ein bisschen überrascht, dass Reiner so gut wie nichts sagt. Normalerweise zeigt er seine leichte Höhenangst, indem er dazu schaut, dass ich nicht zu nahe an den Abgrund gehe oder mich zu weit über ein Geländer lehne. Ach ja, es war ja seine Idee, hierher zu kommen.

Der Amerikaner sagt, er sei von hier. «From Moab?», frage ich ihn. Nein, er sei aus Salt Lake City, dreieinhalb Autostunden entfernt. Und wir erklären bereits im Nachbardorf «ich bin nicht von hier…». Ich erzähle von unserer Reise und woher wir kommen, da klettert ein älteres Pärchen in unsere Richtung. Erst jetzt sehe ich, dass es eine Art Weg gegeben hätte und wir gar nicht so tief hätten absteigen müssen. Auch so wäre uns ein bisschen Klettern nicht erspart geblieben, aber es wäre wesentlich einfacher gewesen.

Ihr Kopf erscheint schon bald hinter dem Felsen, der zu überwinden ist, um auf die Plattform zu gelangen. Ihr Mann getraut sich nicht weiter und kehrt um. Es stellt sich heraus, dass sie Australierin ist und sie auf einer fünfwöchigen USA-Reise sind. Sie wollen in den nächsten Tagen zum Yellowstone und werden dort vier Nächte verbringen, genau wie wir. Das und auch dass wir aus der Schweiz sind, erzählt der Amerikaner der Australierin.

Auf der linken Seite des North Windows versammeln sich immer mehr junge Menschen teilweise mit Hund, um den Sonnenaufgang zu geniessen. Als sich zwei davon längere Zeit im Bogen tummeln und einen Teil des Turret Arches verdecken, ruft die rüstige Australierin rüber, sie sollen abhauen. Nützen tut’s nichts, sorgt aber für einen Schmunzler meinerseits.

Zwei Mädchen, knapp 20 schätze ich, gesellen sich zu uns. Der Sonnenaufgang beziehungsweise das Licht, das die Bögen anstrahlt, ist phantastisch. Die kurze Klettereinlage hat sich also doch gelohnt. Nach einem Weilchen verlassen uns die beiden Mädchen, die das Spektakel still, auf einem Felsvorsprung kniend, mitverfolgt haben. Auch die Australierin verabschiedet mit der Begründung, dass ihr Mann sie sonst vermissen würde. Sie bekundet einige Mühe, von der Plattform auf den Felsen zu klettern und mir bereitet es beim Zuschauen Schmerzen, sie mit nackten Knien auf dem groben Stein zu sehen. Ich fürchte mich jetzt schon vor der Rückkehr. Der Amerikaner beschwichtigt, dass bloss das erste Stück etwas tricky sei, danach würde es einfacher. Dass auch er, der noch jung und sportlich ist, nicht mühelos über den Felsen kommt, trägt nicht gerade zu meiner Beruhigung bei.

Vorerst möchte ich aber noch ein bisschen bleiben, bis der Turret Arch vollständig von der Sonne angeschienen wird. Ein junges Pärchen klettert in unsere Richtung und setzt sich still hinter uns auf die Felsen. Nach einem Weilchen steigen die beiden bis zum Talboden ab und wieder hoch, wobei sie einiges trittfester ist, als er. Kurz bevor sie durch das North Window verschwinden, winkt sie uns noch zu.

Reiner mahnt mich zum Aufbruch, obwohl noch ein Teil des Bogens im Schatten liegt. Er befürchtet, dass immer mehr Leute kommen und dass die Kletterei dann schwieriger würde. Das Argument zieht und ich packe die Fotosachen zusammen. Ich bin überrascht, wie gut der Rückweg geht, das hätte ich nicht erwartet. Sogar der erste Teil auf den Felsen bewältige ich problemlos.

Wir verlassen den Nationalpark, der heute wesentlich weniger voll ist, als gestern. Auch die Pylonen auf der Strasse sind nicht mehr da. Bevor wir uns an den Pool legen, möchten wir dem Canyonlands National Park einen kurzen Besuch abstatten.

island in the sky im canyonlands national park (ut)

Island in the Sky ist über die US-191 zu erreichen. Er bietet viele spektakuläre Aussichten auf den White Rim, eine Sandsteinabbruchkante rund 360 Meter unterhalb des Plateaus, und auf Flussläufe weitere 300 Meter tiefer. Der White Rim Trail ist ein beliebter Weg. Es handelt sich um einen 160 km langen, unbefestigten Felspfad, der nur mit Geländewagen oder Mountain Bike befahrbar ist und eine Genehmigung der Parkverwaltung erfordert.

Weil ich eine Toilette aufsuchen muss, halten wir beim Visitor Center kurz an. Just in dem Moment steigt eine indische Familie aus ihrem Mehrplätzer und alle müssen mal. Um die Wartezeit zu überbrücken, schauen wir uns im Visitor Center und dem dazugehörigen Shop um. Für mich gibt es ein Käppi mit Aufschrift «Utah Rocks» und für Reiner eins, wo «Canyonlands» drauf steht. Danach fahren wir zum Mesa Arch.

Der Weg zum berühmten Felsbogen ist extrem weit und steil und gefährlich und schwierig. Nein, im ernst: Ein kurzer Fussmarsch und wir sind dort - nicht ohne dass Reiner seinen Spott abbekommen hätte. Die indische Familie schiesst eben noch die letzten Fotos von sich und dem Mesa Arch, dann habe ich den Felsbogen für kurze Zeit für mich alleine. Die Unterseite leuchtet noch immer orange, obwohl die Sonne bereits etwas höher steht, und der Blick auf die darunterliegende Ebene ist traumhaft. Ich bin glücklich und kann jetzt zum Upheaval Dome. Wieder treffen wir auf die Inder. Zwei Frauen - ich schätze, es sind Mutter und Grossmutter - und ein Mann geben alles, die sechs Kinder unter Kontrolle zu bekommen. Wie kleine Ziegen klettern sie auf jeden Felsen – sehr zum Leidwesen der Grossmutter. Sie ermahnt die Kinder immer wieder zur Vorsicht, doch als sogar die Mutter den anderen hinterherklettert, gibt sie resigniert auf.

Der Upheaval Dome besteht aus einem Krater von rund 1.4 km Durchmesser, der vermutlich durch einen Meteoriteneinschlag verursacht wurde. Wir wandern zum First Overlook und können von dort in den Krater schauen. Helle Bergspitzen durchziehen den Boden aus rotem Sandstein. Ich kann es kaum glauben, dass ein Meteorit diesen mächtigen und farbenprächtigen Krater hervorgebracht haben soll. Beim Rückweg warten wir, bis uns alle indischen Kinder springend und lachend überholt haben. Die Mutter entschuldigt sich unnötigerweise dafür bei uns. Wir amüsieren uns über die aufgeweckten Kinder und hoffen bloss, dass keines abstürzt.

Wir fahren noch zum Green River Overlook, den Rest des Parks absolvieren wir im «Carviewing-Modus». Das heisst, wir fahren zum Viewpunkt, stellen das Auto so hin, dass die Sehenswürdigkeit gut aus dem Seitenfenster zu sehen ist und fotografieren ohne Auszusteigen. Danach ist wieder Pool-Time, was ich ausserordentlich geniesse.


tag 21 > moab - vernal (mi 01.06.2016)

Damit der Weg von Moab nach Vernal nicht langweilig wird, bauen wir den Rim Rock Drive im Colorado National Monument mit ein. Vorher besuchen wir ein letztes Mal den City Market, um einen Salat fürs Mittagessen zu kaufen und stellen uns beim Starbucks für einen Latte Macchiato an. Vor uns wartet eine Frau um die 20, die mit ihrem Handy beschäftigt ist. Sie startet die Kamera und "klick", ist der Hintern ihres Vordermannes auf den Chip gebannt.

colorado national monument (co)

Das Colorado National Monument ist ein Naturschutzgebiet im Westen von Colorado. Die Halbwüste hat eine grosse Bedeutung für Greifvögel. Vielfarbige Sandsteinformationen erheben sich mehr als 610 Meter über dem Tal des Colorado River. Eine 23 Meilen lange Strasse, der "Rim Rock Drive" führt vom Westeingang in vielen Windungen und durch Tunnel steil zum Hochplateau hinauf, von wo man einen Blick über das breite Tal des Colorado hat. Die Strasse folgt dem Canyonrand, so dass man von vielen Aussichtspunkten in die Abbruchkante und auf Sandsteinformationen blicken kann.

Der Weg zur East (Grand Junction) Entrance ist nicht besonders spannend. Doch sobald wir den Rim Rock Drive erreicht haben, fängt die Natur wieder an, sich von ihrer schönsten Seite zu zeigen. Wir steigen hoch, an den "Dogs Tooth" vorbei – dabei handelt es sich um Kurven in der Form von Hundezähnen - und halten beim "Serpents Trail" an. Es ist noch früh am Morgen und doch steht bereits ein Auto auf dem Parkplatz. Wir spazieren etwas den Trail hinunter, da kommt uns ein Jogger entgegen, der ins Auto steigt und davonfährt. Es folgt eine weitere Joggerin, die sich auf dem Parkplatz kurz verschnauft und dann wieder hinunterrennt. Es ist aber auch schön hier. Würde ich joggen und würde ich hier wohnen, wäre das bestimmt auch meine Lieblingsstrecke. So aber bleibt mir nur, die beiden zu bewundern.

Zu einem anderen View Point führt ein Weg vorbei an einem Garten voller blühender Blumen und Pflanzen, die aussehen, als wären sie von einem Landschaftsgärtner gepflanzt worden. Eidechsen und Streifenhörnchen tummeln sich darin. Der perfekte Ort, um sich zu entspannen und der Hektik des Alltags zu entfliehen.

Von jedem Aussichtspunkt hat man einen anderen, noch schöneren Blick auf die bunten Felsen und die verschiedenen Canyons. An einer Stelle suchen wir die Felsnadeln ab, können aber keinen Adlerhorst oder sonst einen Greifvogel erkennen. Toll ist es trotzdem hier. Schade, dass wir schon wieder weitermüssen.

Der weitere Weg führt uns über den Douglas Pass. Wir hoffen, dass sich auf der Passhöhe ein hübscher Picknickplatz befindet, doch weit gefehlt. Der Punkt ist nicht einmal mit einer Tafel gekennzeichnet, also essen wir unseren Salat irgendwo unterwegs mit Blick auf eine wunderbare Landschaft voller Wiesen, Hügel und Berge.

fantasy canyon (ut)

Der Fantasy Canyon befindet sich im äussersten Nordosten von Utah, 27 Meilen südlich von Vernal. Er ist durch seltsame Steingebilde geprägt, die aussehen wie Figuren aus einem Fantasyfilm.Es gab einst einmal einen See, an dessen östlichem Ufer entlang sich der Fantasy Canyon befindet. Die Sedimente aus dem umliegenden Hochland erodierten. Abgelagerte Sedimente aus losem Sand, Schluff und Ton wurden zu Sandstein und Schiefer gepresst. Aufgrund der unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Verwitterung blieb der haltbarere Sandstein, während der leichtere Silt verwitterte und der Schiefer weggespült wurde. Das führte zu dieser spektakulären Landschaft. Irgendwann werden auch die heutigen zarten Gebilde zerfallen. Sie sind so zerbrechlich, dass die Fläche auch als "Nature's China Shop" bezeichnet wird.

Das nächste Etappenziel ist der Fantasy Canyon, doch die Anfahrt ist schwieriger, als gedacht. Wir geben die Koordinaten ins Navi ein. Es folgt ein Schild mit der vielversprechenden Aufschrift "Bonanza". Die Strassen werden immer schlechter und statt der Ponderosa-Ranch gibt es Ölförderung, ein Kohlekraftwerk und Asphaltabbau von Gilsonite. Die Gebäude sehen aus, als würden sie bald verfallen, aber sie werden noch genutzt. Die Lastwagen haben tiefe Furchen im inzwischen getrockneten Lehm der Strassen hinterlassen. Wir sehen nur wenig Verkehr, aber wenn ein Truck heranbraust, dann geschieht dies ohne Rücksicht auf Verluste. Die Gegend selbst ist trostlos und öd. Ausser Ölförderung ist hier nichts zu sehen. Auf einmal ist die Piste zu Ende. Auf dem Navi geht sie noch weiter, aber nicht in Natura, hier führt sie zu einer Erdöllagerstätte ohne Chance auf eine Weiterfahrt. Wir fahren zurück und biegen in die nächste, nicht im Navi eingezeichnete Strasse ein. Auch die und alle anderen führen zu Erdöllagerstätten. Aufgeben kommt aber nicht in Frage, zu sehr habe ich mich auf den Fantasy Canyon gefreut. Schlimmstenfalls fahren wir nach Vernal und versuchen unser Glück von dort, allerdings wäre dies schon ein riesiger Umweg.

Nun ist guter Rat teuer. Mir kommt die Idee, die Strasse so weit zurück zu fahren, bis eine Strasse abzweigt, die auch im Navi ersichtlich ist. Wir widerstehen dem Befehl „bitte wenden“ und fahren so lange auf dieser Strasse weiter, bis auch das Navi aufgibt. Irgendwann kommt sogar ein Wegweiser zum Fantasy Canyon, von da an ist es einfach.

Auf dem Parkplatz steht eine überdeckte Infotafel, ein Pick-up mit zwei Insassen und eine Toilettenanlage. Letztere suche ich auf. Es wird vor Pygmäen Klapperschlangen gewarnt, doch das sind leider bloss leere Versprechungen.

Die Sonne brennt erbarmungslos, als wir uns auf den Weg machen, die Figuren zu erkunden. Nägel im Boden tragen Aufschriften, doch ausser dem Kamel kann ich kaum eine benannte Kreatur erkennen. Deshalb lasse ich meiner eigenen Fantasie freien Lauf und benenne sie so, wie ich will. Auch das Paar aus dem Pick-up traut sich aus dem Auto und geht seinen Weg. Irgendwann haben wir gesehen, was wir sehen wollten und fahren den Schildern folgend Richtung Vernal. Wir sind kaum losgefahren, da treffen wir auf zwei Wildpferde, eine Stute und einen Hengst. Sie lassen sich von uns nicht beirren, haben aber auch bald keine Lust mehr auf ein Fotoshooting und trotten davon.

naples (ut)

Die knapp 2000 Einwohner grosse Stadt befindet sich im nördlichen Bereich des Colorado Plateau am Highway 191 und 40 auf 1594 Metern Höhe gelegen. Etwa 16 Meilen östlich liegt das Dinosaur National Monument. In der Umgebung wird Erdöl, Erdgas, Phosphat und Uintaite (besser bekannt als «Gilsonit») gefördert, aber auch der Tourismus boomt wegen der Route in den «Alten Westen» und vielen alten Fossilien von Dinosauriern.

Unser heutiges Hotel befindet sich in Naples, ein kleines Städtchen direkt neben dem etwas grösseren Vernal. Vor dem hoteleigenen Parkplatz rasen dutzende von Präriehunden in einer kleinen Wiese von einem Loch ins andere. Wir checken im Microtel Inn & Suites by Wyndham Vernal/Naples ein und sind überrascht über das gar nicht mickrige Zimmer. Es gibt neben den beiden Queensize-Betten ein Sofa und sogar eine Fenstersitzbank, allerdings mit Aussicht auf den Parkplatz.

Für das Abendessen bietet sich das gegenüberliegende Naples Country Cafe an, doch die Burger sind lediglich Mittelmass und Bier gibt es auch keins, wo wir doch bloss die Strasse zu überqueren brauchen.


tag 22 > vernal – rock springs (do 02.06.2016)

Wir können nicht abreisen, ohne uns von den Präriehunden zu verabschieden. Danach geht es erst mal ein paar Meilen zurück, um uns den Harper’s Corner im Dinosaur National Monument anzuschauen.

dinosaur national monument (ut/co)

Bei dem Dinosaur National Monument handelt es sich um ein Schutzgebiet im südöstlichen Ausläufer der Uinta Mountains, die wiederum ein Gebirgszug der Rocky Mountains darstellen. Es befindet sich sowohl in Utah wie auch in Colorado. Der Green River und der Yampa River fliessen zusammen. Hauptattraktionen sind die Schluchten von Green und Yampa River sowie die Dinosaurier-Fundstelle «Dinosaur Quarry».

Auf der US-40 bin ich völlig angespannt, denn ein Hörnchen nach dem anderen rast auf die Strasse. Ich trete wie eine Bekloppte auf die Bremse, doch als Beifahrerin hat dies überhaupt keine Wirkung. Reiner beruhigt mich, indem er behauptet, dass auch das nachfolgende Auto kein Hörnchen erwischt habe, doch so ganz überzeugt bin ich nicht.

Es folgt eine Baustelle und damit verbundene Wartezeit, bis unsere Blechlawine (zugegeben, es sind nur drei Autos vor uns) dem Follow me-Car folgen darf. Endlich sind wir in Dinosaur und somit wieder in Colorado, wo wir kurze Zeit später links in die Harpers Corner Road einbiegen. Auf einem kahlen Ast sitzt ein Greifvogel. Wir tippen auf einen Wanderfalken.

Den Escalante Overlook schenken wir uns, denn in diese Richtung ist es so dunstig, dass es sich nicht lohnt, ein Foto zu schiessen. Die Aussicht selber wäre schon sehr schön gewesen.

Beim Canyon Overlook sind wir uns einig, dass wir aus Zeitgründen auf den Echo Park verzichten. Doch unser Auto versteht uns nicht, setzt den rechten Blinker und schon befinden wir uns wieder auf einer staubigen, steilen Strasse, die in den wunderschönen Sand Canyon führt. Nach rund 13 km schauen wir uns die Historic Chew Ranch an, bevor wir am Ende der Strasse beim Echo Park, das Auto abstellen und zu der Stelle laufen, wo der Green River und der Yampa River sich beim Steamboat Rock treffen. Eine Künstlerin hält die Szenerie mit Pinsel auf Leinwand und ich mit der Kamera fest, wobei sie den Vorteil hat, dass sie das grelle Licht ignorieren kann.

Keine Sekunde bereuen wir es, die Strasse gefahren zu sein, denn die Gegend ist wunderschön. Auf der Weiterfahrt zu Harpers Corner können wir einige Hirsche und Pronghorns beobachten. Wir kommen uns vor wie auf der Pirsch in Afrika.

Der nächste Tagesordnungspunkt ist die Quarry Exhibit Hall, die sich wieder in Utah befindet. Das bedeutet, die ganze Harpers Corner Road zurück und auf der US-40 bis Jensen, wo es rechts zum Quarry Visitor Center geht.

Wir treffen gleichzeitig mit einer Rentner-Gruppe ein und ich befürchte, dass wir nicht alle in das Züglein passen, das uns zur Ausstellungshalle führt. Doch dies ist kein Problem. Oben angekommen, begeben sich die Rentner auf eine Wanderung, so dass die interessante Ausstellungshalle nicht überlaufen ist. Die Halle ist zweigeschossig. Sowohl die obere wie auch die untere Ebene ist von aussen zugänglich und innen über eine Rampe erschlossen. Eine Wand, die sich über beide Geschosse erstreckt, ist voller Dinosaurier-Knochen, das Highlight der Halle.

Für die Rückfahrt steigen wir ziemlich weit vorne ein und unterhalten uns mit der Fahrerin. Ihr gefällt mein Utah-Käppi und sie fragt, woher wir kämen. Als ein etwa 12-jähriger Junge hinter uns hört, dass wir aus der Schweiz sind, will er wissen, woher genau. Allerdings scheint Basel im Geografieunterricht nicht vorgekommen zu sein.

Bevor wir losfahren, sorgt eine kleine Maus für etwas Aufregung. Statt einzusteigen muss ein Amerikaner erst die Maus jedem zeigen, ob er will oder nicht.

Nun folgt eine etwas längere Strecke bis zur Flaming Gorge National Recreation Area.

flaming gorge national recreation area (ut/wy)

Das Gebiet liegt in der nordöstlichen Ecke von Utah und der südwestlichen Ecke von Wyoming. Es ist bekannt für seine Forellen. Zu den Sehenswürdigkeiten gehört die Swett Historic Ranch, ein Gehöft, das im National Register of Hirstoric Sites steht. Sehr beliebt ist der Red Canyon Overlook auf einer Höhe von 2256 Metern am südlichen Ende des Lake Flaming Gorge. Der Red Canyon ist ca. 213 Meter breit und fällt 427 Meter senkrecht nach unten. Ein befestigter, einfacher Weg führt zum Aussichtspunkt. Der Eintritt ist frei.

Als Brückenliebhaberin muss ich mir die Cart Creek Bridge ansehen. Dazu folgen wir der US-191 hinunter bis zur besagten Brücke. Leider ist es untersagt, sie zu Fuss zu überqueren. Wir kehren um und fahren auf der UT-44 weiter bis zum Red Canyon Visitor Center. Der Ausblick auf den Red Canyon ist gigantisch, doch wir müssen aufpassen, dass es uns nicht wegfegt, so stark geht der Wind.

Es geht auf der Westseite des Sees weiter Richtung Norden. Ich will unbedingt das Wyoming-Schild fotografieren, doch obwohl ich genau aufpasse, kommt keins. Ich bin enttäuscht, tröste mich aber damit, dass ich bestimmt noch Gelegenheit bekommen werde, ein solches Schild zu sehen.

Inzwischen macht sich mein Magen bemerkbar und auch Reiner könnte einen Bissen vertragen. Bis auf ein einfaches Hotelfrühstück haben wir heute noch nichts gegessen. Aus unserer Idee, am Nachmittag einen Lunner (Lunch + Dinner) zu genehmigen, wird leider mangels Möglichkeiten nichts. So konzentrieren wir uns auf die Aussichten und die Tierchen am Wegesrand, bis wir am späteren Abend in Rock Springs ankommen.

rock springs (wy)

Aus 56 Nationalitäten setzen sich die über 24'000 Einwohner in Rock Springs zusammen. Der Grund für die grosse Zuwanderung waren die Kohlegruben, die den Brennstoff für die Dampfloks der Union Pacific Railroad geliefert hatten. Es herrscht auf einer Höhe von 1'947 Metern ein semiarides Klima mit kalten, schneereichen Wintern und warmen Sommern.

Noch bevor wir im La Quinta Inn Rock Springs einchecken, fragen wir im asiatischen Restaurant Bonsai nach einem Tisch. Von aussen sieht das Lokal eher unscheinbar aus, innen ist es ganz hübsch. Wieder einmal sind die Augen grösser, als der Hunger und so schaffen wir es nicht, die gemischten Platten mit allerlei Leckereien aufzuessen.


tag 23 > rock springs - jackson (fr 03.06.2016)

Mal abgesehen von dem schäbigen Motel in Alamosa, ist dies unsere schlechteste Unterkunft seit Beginn unserer Tour. Das Zimmer ist in Ordnung, aber etwas älter und ringhörig. Das Frühstück ist so, wie man es kennt. Die Biscuits samt Gravi kann ich nicht mehr sehen, muss ich aber auch nicht nehmen.

Nur unweit von Rock Springs gibt es eine kleine, aber feine Sehenswürdigkeit, der Pilot Butte Wild Horse Scenic Loop.

pilot butte wild horse scenic loop

Die Strasse besteht zum grössten Teil aus Kies und führt über 24 Meilen durch eine dramatische Landschaft. Wilde Pferde, Pronghorns, Elche, Kojoten, Füchse, Hasen, Adler, Falken sind nur ein paar der Tiere, die dort beheimatet sind. Es gibt in Wyoming etwa 2490 – 3725 Wildpferde, davon 1100 – 1600 im öffentlichen Land, das vom Rock Springs Field Office verwaltet wird. Am meisten Wildpferde halten sich zwischen Green River und Pilot Butte auf.

Wir fahren auf der I-80 zurück nach Green River und von dort auf die Wild Horse Canyon Road. Die unbefestigte Strasse steigt gleich zu Beginn ziemlich an und schon bald befinden wir uns auf der Hügelkette mit Blick auf die soeben gefahrene Interstate. Die Aussicht ist wunderbar, aber wir konzentrieren uns auf die Pferde. Leider will sich einfach keines zeigen. Ich tröste mich damit, dass wir ja bereits einige Wildpferde haben beobachten dürfen, doch ein bisschen Enttäuschung bleibt.

Als wir fast auf der Höhe des Pilot Butte sind, entdeckt Reiner am Horizont eine Herde mit rund zehn Tieren. Zum Fotografieren sind sie viel zu weit weg. Etwas weiter rechts und näher ist eine weitere Herde mit fünf Pferden. Wir versuchen näher heranzukommen, indem Reiner den ausgewaschenen Weg zum Fuss des Pilot Butte fährt. Nun sind alle Pferde ausser Sichtweite, die Gegend ist hügliger, als man denkt. Zu Fuss gehe ich einen Weg in die Richtung, wo ich die Pferde vermute, doch ausser ein paar Hörnchen sehe ich nichts.

Wieder zurück auf dem Loop fahren wir ein Stück in die Richtung, aus der wir gekommen sind. Vielleicht sind die Pferde ja inzwischen etwas näher herangerückt? Und tatsächlich! Die grössere der beiden Herden rennt unmittelbar rechts vor uns den Hügel hinunter Richtung Strasse. Reiner gibt etwas Gas und so schaffen wir es genau zum Zeitpunkt der Strassenüberquerung zur Stelle zu sein.

Die Pferdchen machen uns noch mehr Freude, indem sie alle auf der linken Strassenseite stoppen, wo sich eine Wasserpfütze befindet. Zwei junge Hengste bäumen sich vor uns auf und kämpfen ein bisschen miteinander. Eine Stute säugt ihr Fohlen und alle nehmen einen guten Schluck aus der Pfütze. Wir stellen uns an den Strassenrand, beobachten die Pferde aus dem Auto heraus und sind glücklich.

Nach rund einer Viertelstunde Filmen und Fotografieren kommt ein SUV entgegen. Hoffentlich stellt der sich nicht zwischen uns und die Pferde. Nein, er verlangsamt das Tempo und kommt kaum merklich näher, bis er in gutem Abstand anhält. Aus jedem Fenster und sogar aus dem Schiebedach wird ein Kopf mit oder ohne Kamera gestreckt.

Inzwischen hat sich vom Hügel ein einzelner Hengst in Richtung der Herde aufgemacht. Als der Boss das sieht, vertreibt er das arme Pferdchen. Dieses pirscht sich jedoch immer wieder näher heran und wird vertrieben. Einmal glückt es ihm fast bis zur Herde vorzudringen, da hat der Chef endgültig die Nase voll und schickt die Konkurrenz in die Wüste.

Ein nächstes Auto kommt entgegen, die Insassen schauen kurz, machen ein paar Fotos und fahren weiter. Netterweise kreuzen sie uns auf unserer rechten Seite, damit sie nicht ins Bild fahren. So viel Rücksicht nehmen zwei weitere Fahrzeuge nicht, der eine braust so schnell an den Pferden vorbei, dass ich befürchte, diese würden davonrennen. Doch sie lassen sich noch ein bisschen Zeit, bis sie dann langsam Anstalten machen, weiterzuziehen. Vorher dürfen wir noch zweimal Zeuge einer Begattung werden, dann ist es auch für uns Zeit, weiterzufahren.

Wir werden von Pronghorns, Kühen und Pferden – diesmal domestizierte – begleitet, fahren an idyllischen grünen Wiesen und einem Bächlein vorbei. Dahinter sind Schneeberge und der Himmel ist voller Schäfchenwolken.

jackson (wy)

Das Tal «Jackson Hole» dient vielen Touristen als Durchgangsort in den Grand Teton National Park, den Yellowstone National Park und das National Elk Refuge. In der Nähe gibt es ein attraktives Skigebiet. Die Stadt im Teton County zählt rund 10'000 Einwohner und liegt auf einer Höhe von 1'901 Meter.

Dann kommen wir in Jackson an. Nach so viel Landschaft ist es fast ein bisschen befremdlich, wenn man auf einmal im Stau steht. Was ich vom Städtchen sehe, gefällt mir gut. Es ist kitschig, wie es sich für einen Skiort gehört, aber irgendwie auch richtig nett.

Mitten auf einer Kreuzung werden wir von der Polizei hoch zu Ross angehalten, damit ein Polizeiwagen und die Feuerwehr passieren können. Danach geht es im Schritttempo weiter, was mich nicht stört, so sehe ich etwas mehr vom Ort.

Unser Hotel, das Rustic Inn Creekside Resort & Spa at Jackson Hole, befindet sich am Ortsausgang. Die Lobby wirkt ziemlich nobel, darf sie auch, die Übernachtung kostet hier immerhin ein kleines Vermögen. Wir bekommen ein grosses, komfortables Zimmer, das mir erst auf den zweiten Blick so richtig gut gefällt. Beim Betreten ist es mir etwas zu dunkel mit dem ganzen Holz, aber dann bin ich mehr wie zufrieden mit unserer Wahl, es uns hier gutgehen zu lassen.


tag 24 > jackson (sa 04.06.2016)

Wir stehen um 4:30 Uhr auf und fahren ohne Frühstück ein erstes Mal in den Grand Teton National Park.

grand teton national park (wy)

Der Grand Teton National Park liegt im Westen von Wyoming, südlich des Yellowstone National Parks. Der Name kommt von der Teton-Kette, die sich in Nord-Süd-Richtung durch den Park zieht. Östlich der Berge liegt die weite Ebene Jackson Hole mit den Bergseen Jackson Lake, Leight Lake und Jenny Lake.

Was ist denn das? Die Sonne ist noch nicht einmal aufgegangen und trotzdem steht schon ein Stativ neben dem anderen, damit die dazugehörigen Fotografen die John Moulton Barn in der Mormon Row ablichten können. Ich finde noch ein Plätzchen und merke bald, dass die sich alle kennen. Vermutlich habe ich grad einen Fotoclub erwischt. Was soll’s, ich mache das Beste draus.

Der Augenblick, wenn die Sonne die Scheune in goldenes Licht tunkt und die Bergspitzen rosa anmalt, ist etwas ganz Besonderes. Die Stimmen verstummen, dafür beginnen die Klickgeräusche von den vielen Kameras. Dann kommt eine gewisse Hektik auf. Der eine oder andere schnappt sich sein Stativ und sucht sich eine andere Position – auch mal direkt vor meiner Nase. Wir fahren ins Hotel zurück, um zu frühstücken.

Der Frühstücksraum befindet sich im Obergeschoss. Zwei identische Buffets mit warmen und kalten Speisen sind aufgebaut. Wir geniessen die frischen Früchte, die leckeren Eier, Speck und Kartoffeln aus Porzellangeschirr und mit richtigem Besteck.

Erneut fahren wir Richtung Norden. Der Flat Creek liegt im Nebel, darüber scheint die Sonne, was der ganzen Szenerie eine mystische Stimmung verleiht.

Irgendwie bin ich müde und etwas lustlos. Habe ich etwa einen Ferienkoller? Sollen wir ins Jenny Lake Visitor Center? Ja oder doch nicht… Nein, wir fahren daran vorbei auf die Teton Park Road, schauen uns den Jenny Lake an und freuen uns über die Spiegelungen im Jackson Lake. Als nächstes geht die Fahrt weiter auf den Signal Mountain, von wo wir einen tollen Ausblick auf das Tal haben. Leider gefällt das nicht bloss uns, sondern auch Millionen von Mücken, also sausen wir schnell – in angemessenem Tempo selbstverständlich – wieder den Berg hinunter. Kein Bär, kein Elch, kein Wolf, kein Bison, nicht einmal einen Hirsch können wir entdecken. Was nun?

Komm, wir spienzeln schon mal ein bisschen in den Yellowstone, schlägt Reiner vor. Okay, vielleicht kommt da meine Reiselust wieder zurück.

yellowstone national park (wy)

Der Name des ältesten Nationalparks der Welt stammt vom gleichnamigen Fluss «Yellowstone River». Dieser Fluss ist auch der wichtigste des Parks, der aus rund 3'000 geothermischen Geysiren, Fumarolen, heissen Quellen und Schlammtöpfen besteht. Der höchste Punkt ist der Eagle Peak mit 3'462 Metern und der tiefste Punkt liegt am nördlichen Eingang auf 1'620 Metern Höhe. Seit 1978 ist der Yellowstone National Park UNESCO Weltnaturerbe. Es gibt 2'000 km markierte Wanderwege. Im Winter sind die Strassen nur mit Schneemobilen und Snow Coaches – das sind Busse mit Kettenbetrieb – befahrbar. Die Schneefahrzeuge dürfen jedoch nur von anerkannten Führern gefahren werden.Der Park ist auch bekannt für seine reiche Tierwelt. Er gilt als Rückzugsort für selten gewordene Tierarten wie Bisons und Gabelböcke. In tiefer gelegenen Gebieten leben Maultierhirsche, Pumas und Luchse und in den höheren Lagen sind Dickhornschafe und Schneeziegen heimisch. In der Gegend um Mammoth Hot Springs gibt es Wapitis. Weiter sind Elche, Schwarzbären, Grizzlybären, Wölfe, Kojoten, Streifenhörnchen, Grauhörnchen, Silberdachse, Biber, Murmeltiere, Baumstachler, Bisamratten, acht Fledermausarten und weitere 40 Arten von Säugetieren im Yellowstone zu Hause. Angriffe von Bären auf Menschen sind äusserst selten, da Bären die Nähe der Menschen meiden. Wölfe sind sehr scheu und deshalb nur schwer zu sichten. Die beste Chance besteht im Lamar Valley. Die häufigsten Unfälle mit Wildtieren passieren mit Bisons, weil sie oft von den Menschen unterschätzt werden. Die Tiere können bis 50 km/h beschleunigen und dieses Tempo für längere Zeit halten. Neben den Säugetieren gibt es auch 18 Fischarten, 318 Vogelarten, 6 Reptilien und 4 Amphibien. Die Zahl der Amphibien reduzierte sich zwischen 1992 und 2008 auf die Hälfte, weil die Teiche aufgrund der Klimaerwärmung austrockneten.Die Erschliessung des Parks erfolgt über mehrere Eingänge: Im Norden von Livingston und Gardiner (MT), im Nordosten von Red Loge und Cooke City über den Beartooth-Pass, im Osten von Cody, im Süden von Jackson und vom Grand-Teton Nationalpark über den John D Rockefeller, Jr. Memorial Parkway und im Westen von Idaho Falls und West Yellowstone.

Die Anfahrt ist doch etwas weiter, als gedacht und die Einfahrt in den wohl aussergewöhnlichsten Park der Welt ist nicht anders, als an anderen Orten auch. Ich bin fast ein bisschen enttäuscht. Was habe ich denn erwartet? Über die Parkgrenze und peng!, alles anders? Wir parkieren beim West Thumb Geyser Basin und laufen eine Runde vorbei an den verschiedenen Pools. Obwohl ich nun schon beeindruckt bin, entschliessen wir uns aufgrund meiner Müdigkeit zum Hotel zurückzufahren.

Dort angekommen, lege ich mich für zwei Stunden hin und siehe da, die Lebensgeister kehren zurück. Nicht nur die, auch der Hunger meldet sich zu Wort. Nach einer längeren Diskussion beschliessen wir, in die Stadt zu fahren. Im Bon Appe Thai gibt es dann für uns ein frühes Nacht- oder spätes Mittagessen. Der Kellner - oder ist er der Wirt? – ist ein etwas ruppiger Typ, aber auf seine schusslige Art liebenswert. Es gibt keine Suppe und kein Getränk, wo nicht ein Teil überschwappt. Das thailändische Essen ist nicht ganz authentisch und auch nicht scharf, aber ganz lecker zu vernünftigen Preisen.

Jetzt bin ich satt und voller Tatendrang. Das nutzen wir aus und düsen zu Schwabachers Landing. Das ist ein herrlich idyllischer Ort am Snake River. Wir spazieren dem Flüsschen entlang bis zu einem Biberdamm. Auf dem Weg begleiten uns Streifen- und Erdhörnchen sowie jede Menge Vögel. Kurz nach dem Damm gibt es ein kleines Plätzchen, von wo aus zwei ältere Herrschaften auf Campingstühlen den genüberliegenden Biberbau beobachten. Auf dem Weg zu ihnen, kommt ein kleiner Junge entgegen, der mir ganz aufgeregt erzählt, dass gerade ein Biber in sein Haus verschwunden sei. Er entdeckt auch noch einen zweiten, den ich nun auch sehe. Die Familie mit dem Jungen geht weiter und wir beobachten das Wasser und den Bau. Insgesamt können wir drei Biber erspähen, allerdings blendet das Gegenlicht so stark, dass ich bloss erahnen kann, dass es sich um Biber handelt.

Eine grosse Familie nutzt die traumhafte Gegend für ein Fotoshooting. Die Fotografin drapiert jedes Familienmitglied vor die Tetons und am Schluss, als alle ruhig in ihren Posen verharren, holt sie ein geistig behindertes Mädchen dazu, welches vor die Grosseltern gestellt wird. Sobald das Mädchen aufhört, herumzuzappeln, drückt die Fotografin auf den Auslöser. Ich bin sicher, das gibt ein richtig gutes Gruppenbild.

Unsere Fahrt geht weiter bis Moran und von dort nach links. Auf einmal sehen wir eine riesige Herde Bisons, die von rechts nach links über die Strasse rennen und dort über einen etwa 90 cm hohen Zaun springen. Viele kleine Bisönchen schaffen es nicht über den Zaun, die schlüpfen untendurch. Das ganze Spektakel dauert ein paar Minuten, dann setzen wir unsere Runde auch schon wieder fort bis zum Oxbow Bend, wo wir auf dieselbe Fotografengruppe treffen, die bereits am Morgen in der Mormon Row war.

So schön wie es hier auch ist und so prächtig sich der Snake River im letzten Tageslicht präsentiert, so sehr hasse ich die Mücken, die mich stechen, als gäbe es keine anderen Opfer. Auch Reiner bleibt nicht verschont und der Mückenspray liegt im Hotelzimmer. Wir lassen den Sonnenuntergang draussen, versuchen den Mückenschwarm aus dem Auto zu bugsieren und fahren ganz gemächlich über die Teton Park Road Richtung Jackson. Eine riesige Leuchttafel macht auf grosses Bären- und Wolfsaufkommen aufmerksam, doch das sind alles nur leere Versprechungen.


tag 25 > jackson - yellowstone (so 05.06.2016)

Weil es gestern so schön war, wollen wir zum Abschied vom Grand Teton nochmals beim Schwabachers Landing die Biber besuchen. Vorher frühstücken wir ordentlich, wer weiss, wann es wieder so ein leckeres Morgenessen gibt.

Das Wasser bei Schwabachers Landing ist komplett ruhig. Es ist so friedlich und erholsam hier, dass ich mich nicht gräme, keinen Biber zu sehen. Ausser uns sind noch drei Frauen da, um die Gegend zu fotografieren. Die eine erzählt mir, dass sie letzten Freitag um diese Zeit hier mehrere Elche beobachten konnte. Schade, die hätte ich gerne angetroffen.

Auf der Weiterfahrt gibt es auf einmal einen riesigen Stau. Die Leute strömen mit Kameras bewaffnet nach vorn. Ich schicke auch Reiner los, damit er mit einer Speicherkarte voller Bärenbilder zurückkommen kann. Für den Fall, dass sich der Stau auflöst, setze ich mich auf die Fahrerseite. Nach ein paar Minuten kommt Reiner zurück, ohne etwas Besonderes gesehen zu haben. Auf einmal löst sich die Blechlawine auf und wir haben keine Ahnung, was der Auslöser war.

Um am Jackson Lake nochmals die schönen Spiegelungen der Tetons zu fotografieren, fahre ich nach links in die Teton Park Road. Gleich nach dem Jackson Lake Dam kommt uns ein Auto entgegen, wo die Beifahrerin ein Handy durch das geöffnete Schiebedachfenster streckt. „Das macht die doch nicht ohne Grund“, denke ich und schaue rechts zum Wasser. „Ein Bär!“, rufe ich aufgeregt und halte am Strassenrand an. Noch bevor Reiner die Kamera zücken kann, kommt eine Rangerin entgegen, die aus dem offenen Fenster brüllt, dass ich weiterfahren muss. Schweren Herzens gehorche ich ihr und rolle langsam weiter. Kaum ist sie aus dem Blickfeld, stoppe ich erneut und Reiner kann ein kurzes Video vom Schwarzbären drehen, wie er sich erfrischt.

Beim Jackson Lake fragt uns eine Frau, die auch den See fotografiert, ob wir den Bären gesehen hätten. Ich erzähle ihr, dass uns „the ranger“ fortgejagt habe und dass dies unser erster Bär in freier Wildbahn gewesen sei. Sie hat ein bisschen Bedauern, merkt aber an, dass es sich an der Stelle um eine gefährliche Kurve handle. Es folgt die übliche Frage, woher wir seien. Sie fände es grossartig, wieviele Menschen unterschiedlichster Länder hier unterwegs seien. Sie selber komme aus Arizona, lebe und arbeite nun aber hier. Hier im Park? Ich kann sie mir sehr gut als Souvenirverkäuferin vorstellen. „Yes, I’m a park ranger!“, und grinst über beide Ohren. Heute sei sie aber als Touristin unterwegs und zeigt auf ihren Fotoapparat. Es sei „funny“, mal selber zu fotografieren.

Auf der Rückfahrt zur US-191 strecke ich – nun wieder als Beifahrerin, das kann ich nämlich viel besser, als Reiner – meinen Hals, finde den Bären aber nicht mehr. Die Strecke zum Südeingang des Yellowstone National Park kenne ich schon von gestern. Nur dass heute wesentlich mehr auf der Strasse los ist, so dass sich eine Autokolonne vor der Entrance Station gebildet hat. Ich steige aus und laufe zum leeren Parkplatz beim Parkschild. Normalerweise hat man Mühe, ein menschenfreies Foto davon zu schiessen, heute überhaupt nicht. Mir folgt eine Inderin und noch ein paar wenige Leute tun es mir gleich. Ich warte derweil, bis Reiner heranrollt, um wieder einsteigen zu können. Ich kann es kaum erwarten, bis er endlich ankommt. Ein Schwarm Mücken hat mich für das Mittagessen auserkoren, so dass ich komplett zerstochen bin.

Wir statten dem Visitor Center Grant Village einen Besuch ab und kaufen in einem General Store ein Sandwich, welches wir auf dem Picknickplatz beim West Thumb Geyser Basin essen. Ein Highlight stellt diese Nahrungsaufnahme nicht dar – weder kulinarisch, noch wegen der Lage, denn der Blick auf die Toilettenanlagen ist nicht besonders erbauend. Ein hinter den Bäumen versteckter Hirsch, der sich ebenfalls verpflegt, weckt unsere Aufmerksamkeit. Dem schauen wir zu, bis wir den letzten Bissen vertilgt haben, dann klappern wir jeden Pool ab, den wir gestern ausgelassen haben. Besonders schön finde ich die blauen und diejenigen, die aussehen, als würde rostige Farbe auslaufen. Auch die Lage des gesamten Beckens am Yellowstone Lake bei strahlendem Sonnenschein ist herrlich.

Zurück beim Auto äst der vorher gesichtete Hirsch fast unbeachtet nur wenige Meter vor unserem Parkplatz. Um den Seeblick noch etwas länger geniessen zu können, fahren wir den Gull Point Drive und anschliessend am Yellowstone River entlang ins Hayden Valley. Am linken Strassenrand grasen friedlich zwei Bisons. Das eine überquert vor uns die Strasse, wofür wir anhalten. Einem Wohnmobilfahrer scheint es zu blöd zu sein, für zwei Bisons zu stoppen und überholt uns so weit links, dass er das zweite Bison streift. Weit kommt er jedoch nicht, denn das erste Bison steht mitten auf der Strasse. Das zweite Bison nähert sich nun dem Camper, nimmt Anlauf und stoppt zu dessen Glück unmittelbar vor seinem Auto.

Nach diesem eindrücklichen Schauspiel geht es für uns zu Mud Vulcano. Ein Geruch von faulen Eiern steigt mir in die Nase, allerdings nicht so schlimm, wie ich es befürchtet hatte. Eigentlich würde ein Rundweg im Uhrzeigersinn an den Schlammtöpfen vorbeiführen, doch ein Teilstück ist wegen Bauarbeiten gesperrt, weswegen wir zuerst den einen und dann den anderen Weg hochlaufen dürfen. Das Dragon's Mouth fasziniert mich am meisten. Ich hätte nicht gedacht, dass ich es spannend finden könnte, einem "rauchenden Felsen" oder brodelndem Schlamm zuzusehen.

Inzwischen ist es fast Zeit, in Canyon Lodge & Cabins einzuchecken, wo wir die Western Cabins gebucht hatten. Wir stellen uns ein Weilchen bei der Registration an um zu erfahren, dass die Zimmer noch nicht bereit seien, wir noch mindestens eine oder anderthalb Stunden warten müssten. Ja gut, dann schauen wir uns halt mal ein wenig um. Im Visitor Center kommen wir just in dem Moment, wo der informative Parkfilm beginnt. Als wir danach wieder zur Registration kommen, hat sich die Warteschlange deutlich verlängert. Brav stellen wir uns an, da fragt mich ein unschlüssiger Tourist, wofür wir denn anstehen würden und ob wir die Zimmer bereits gebucht hätten. Als er hört, dass wir dies schon 13 Monate im Voraus taten, fallen ihm fast die Augen aus dem Kopf.

Unsere Cabin ist in Ordnung, hat alles, was wir brauchen (ausser WLAN) und ist genügend gross, um sich gut zwischen Koffern und Bett bewegen zu können.

Vom Essen im Nationalpark hatte ich nicht viel Gutes gelesen, trotzdem probieren wir den Canyon Lodge Dining Room aus. Das Personal ist äusserst unprofessionell. Dass wir nicht gleich einen Tisch bekommen, ist nicht schlimm, aber vom Platzzuweiser bis zum Kellner wirken alle völlig unmotiviert und schludrig. So dauert es auch ewig, bis wir chlorhaltiges Wasser eingeschenkt kriegen und noch länger, bis wir endlich bestellen dürfen. Das Essen selbst ist ganz passabel.

Zum Abschluss des Tages machen wir nochmals einen kurzen Abstecher ins Hayden Valley und werden mit einem Wahnsinns-Sonnenuntergang belohnt. Der Himmel ist mit schweren Wolken überzogen. Im Westen hat er sich gelichtet, so dass die Wolken orange zu brennen scheinen. Einzig die Killermückenattacken vermögen das wunderbare Erlebnis etwas zu trüben.


tag 26 > yellowstone (mo 06.06.2016)

Unser ambitionierter Plan für heute ist, Bären, Wölfe und Elche zu sichten. Dafür verlassen wir das Canyon Village über den Dunraven Pass in Richtung Lamar Valley. Auf dem Weg halten wir bei den Tower Falls, auf deren Parkplatz erst ein Auto steht und die dazugehörigen Insassen auf einer Parkbank dösen. Der Wasserfall inmitten von Felsspitzen – daher der Name – ist sehr schön anzusehen und der Umstand, dass wir alleine auf der Aussichtsplattform sind, macht ihn grad nochmals schöner.

Bei der für die Saison noch nicht geöffneten Roosevelt Lodge biegen wir rechts ab. Auf einer Anhöhe linker Hand können wir eine Menschengruppe erkennen, die ihre Fernrohre Richtung gegenüberliegenden Hang ausgerichtet haben. In der Hoffnung, auch ohne Fernrohr ein Wolfsrudel oder mindestens einen Bären zu sehen, biegen wir in die Slough Creek Road ab. Mehrere Safaribusse haben sich hier stationiert und ein Frühstücksbuffet aufgebaut. Ich merke, dass mir der Magen knurrt. Als wir loszogen, hatte noch kein General Store geöffnet.

Ganz langsam fahren wir die Gravel Road bis ans Ende und wieder zurück, ohne ein Tier gesehen zu haben. Zum Parkieren gibt es kein freies Plätzchen. Ich glaube, die Safaribusunternehmen haben auf dem Parkplatz Exklusivrecht.

Dann suchen wir halt im Lamar Valley weiter. Landschaftlich gefällt es mir, tiermässig ist leider nicht so viel los. In einiger Entfernung sehen wir eine riesige Bisonherde und eine Pronghorn-Mutter säugt ihr Baby, das ist alles. Auf dem Rückweg, kurz vor der Tower Junction haben wir dann aber doch noch ein bisschen Glück. Elf Bighorn Sheeps tummeln sich am Abhang nahe der Strasse.

Wir setzen uns ein einfacheres Ziel: Die Mammot Hot Springs. Auf dem Weg dahin sehen wir einen Wegweiser zum Petrified Tree, dem wir folgen. Beim Petrified Tree handelt es sich um einen gut erhaltenen Baumstumpf, der senkrecht geschätzte drei bis vier Meter in die Höhe ragt. Um ihn vor Beschädigungen zu schützen, ist er eingezäunt.

Kurz nach dem Floating Island Lake stehen jede Menge Autos auf einer Ausbuchtung und am Strassenrand. Leute mit Ferngläser und grossen Objektiven sind zu sehen. Wir schaffen es, etwas weiter vorne ein Plätzchen am Strassenrand zu ergattern und laufen zu der voll besetzten Parkbucht. Ein Mann erklärt mir, dass am Waldrand eine Schwarzbärenmutter mit zwei Cubs wäre. Die Mutter sehe ich, die Jungen, die auf einem Baum herumklettern sollen, kann ich einfach nicht erkennen.

Wir folgen ein paar Leuten den Hang hoch, um einen besseren Blick auf die Bärenmama zu haben. Der Ranger, der bereits vor unserer Ankunft die Situation beobachtet, lässt uns gewähren, denn wir halten den empfohlenen Mindestabstand von 100 Yards (91 m) längstens ein. Nach einer Weile kommt er zu uns hoch und bittet uns in freundlichem Ton, so langsam wieder zur Strasse zurückzukehren und wegzufahren. Alle ohne Ausnahme leisten seiner Bitte Folge und so haben die Bären wieder ihre Ruhe.

Nur wenig später wandert eine andere Bärenmutter mit ihrem Jungen den Hang hoch. Als sie aus unseren Augen verschwunden ist, fahren wir weiter. Links führt eine Strasse zur Blacktail Plateau Drive. Ein Schild am Anfang dieser sechs Meilen langen, unbefestigten Einbahnstrasse verspricht Bären. Der Weg führt mehr oder weniger parallel zu der Strasse zurück, auf der wir gekommen sind. Mit etwas Glück sehen wir die beiden Bären von vorhin nochmals. Wir fahren mit 10 – 15 mph, wir sind nämlich auf der Pirsch und nicht auf der Flucht.

Auf einmal steht ein Felsgebirgshuhn (Dusky grouse) vor uns. Reiner hält an, das Huhn watschelt auf meine Seite und bettelt mich an, dabei gibt es seltsame Töne von sich. Selbst wenn ich etwas gehabt hätte, so hätte es nichts gegeben, also fahren wir weiter, sobald sichergestellt ist, dass das Huhn nicht unter die Räder kommen kann. Nun steht das Federvieh einem hinter uns fahrenden SUV vor der Stossstange und spielt dasselbe Spiel mit ihm.

Kurz vor der Abzweigung zum Petriefied Tree treffen wir wieder auf der Grand Loop Road. Somit kommen wir nochmals an den Stellen vorbei, wo sich vorher die Bären tummelten. Doch diesmal ist nichts mit Meister Petz. So kommen wir um die Mittagszeit immer noch hungrig bei Mammoth Hot Springs an. In der dortigen Cafeteria essen wir erst mal eine Kleinigkeit, bevor wir uns zu den Kalksteinterrassen aufmachen. Der erste Parkplatz ist voll, aber auf dem zweiten sind noch einige Plätze frei.

Der Bordcomputer zeigt 31°C, dazu gibt es herrlichen Sonnenschein. Besonders schön sind die Minerva Terrace in ihrem strahlenden Weiss und leuchtenden Orange. Das darüber fliessende Wasser glitzert in der Sonne. Lange halten wir es nicht aus. Die oberen Terrassen schauen wir uns vom klimatisierten Auto aus an.

Als nächstes fahren wir bis Norris und von dort auf die Norris Canyon Road. Wir biegen rechts in eine schmale Einbahnstrasse ab, die sich am Gibbon River entlang schlängelt und an der Virginia Cascade vorbeiführt. Auf einmal, wir sind schon fast beim Canyon Village, streift ein Coyote im Gras umher. Wir beobachten ihn solange, bis er im hohen Gras verschwindet. Auf der anderen Strassenseite können wir Wapitis, Pronghorns (Gabelböcke) und ein paar Bisons ausmachen.

Im Canyon Village nehmen wir an einem Ranger-Programm teil, wo es um den Umgang mit Wildtieren im Allgemeinen, Bären im Speziellen geht. Ein paar aufgeweckte Kinder sitzen auf dem Boden, daneben stehen die Erwachsenen, zu denen wir uns gesellen. Vor uns wartet der Ranger mit Blick auf die Uhr, bis der Zeiger auf vier Uhr springt, dann beginnt er mit seiner äusserst interessanten und anschaulichen Präsentation. Dabei bindet er vor allem die Kinder in sein Programm mit ein.

Um zu illustrieren, wie weit 25 Yards sind – das ist der Abstand, den man zu allen Wildtieren ausser Bären und Wölfen mindestens einhalten muss - lässt er einen Jungen mit dem einen Ende eines Seils diese Distanz zurücklaufen, während er das aufgewickelte andere Ende in seinen Händen hält. Auch die 100 Yards Mindestabstand zu Bären und Wölfen demonstriert er mit einem Beispiel. Weiter zeigt er die Handhabung eines Bärensprays und gibt viele nützliche Informationen zum Umgang mit Wildtieren. Zwischendurch fragt er die Kinder ab, die im Chor antworten. Es ist süss, die Knöpfe so eifrig bei der Sache zu sehen und ich bin überzeugt, dass sie die Erwachsenen in die Schranken weisen, wenn die sich nicht an die Regeln halten. Schade nur, dass viele Besucher solche Programme und Parkanweisungen ignorieren.

Wir ruhen uns ein bisschen aus, dann machen wir uns nochmals auf, im Lamar Valley auf Pirsch zu gehen. Erwähnenswerte Tiersichtungen - abgesehen von ein paar Bisons und Pronghorns - gibt es keine mehr, dafür einen schönen Sonnenuntergang beim Dunraven Pass, wenn auch nicht so spektakulär, wie gestern.


tag 27 > yellowstone (di 07.06.2016)

Für heute stehen Geysire auf dem Programm. Wir nehmen dazu den weiteren Weg über das Hayden Valley. Dort steht am linken Strassenrand ein Wapiti beim Äsen. Reiner hält an und ich steige aus, um ihn zu fotografieren. Er nimmt keinerlei Notiz von mir. Ich will einen besseren Winkel, also mache ich noch ein paar Schritte auf ihn zu. Auf halber Strasse ruft Reiner mir zu, dass ich nicht näher rangehen soll. Da wird mir bewusst, welche Dummheit ich eben begehen will und bereits getan habe. Noch gestern habe ich mich so über die Unvernunft der Leute geärgert, die den Tieren auf die Pelle rücken und ich mache genau dasselbe. Sofort trete ich den Rückzug an und steige in das Auto ein. Zwar war die Situation keinen Augenblick lang brenzlig, aber man weiss ja nie, wie so ein Tier reagiert, wenn es sich bedroht fühlt.

Auf der Weiterfahrt begegnen wir einigen Gänsen und Trompetenschwänen. Um 7:53 Uhr sind wir beim Old Faithful. Als erstes möchten wir ins Visitor Center die Ausbruchszeiten der Geysire checken, doch dieses hat noch geschlossen. Es gibt einen handgeschriebenen Aushang der besagt, dass der Ausbruch des Old Faithful um 8:04 Uhr stattfinden soll. Das ist ja mal ein Timing!

Halbkreisförmig um den Old Faithful sind von West über Süd bis Ost Holzbänke in zwei Reihen angebracht. Wir entscheiden uns für die Südseite, damit die Sonne von rechts in den Geysir scheinen wird. Ausser uns sind nur relativ wenig Leute vor Ort. Ich schätze, rund ein Viertel der Bänke sind besetzt. "Der Getreue" verspätet sich um rund zehn Minuten, dann stösst er erst etwas Dampf aus und ein paar kleinere Spritzer, um kurze Zeit später in die Höhe zu schiessen. Das Spektakel dauert ein paar Minuten, dann zieht sich der Wasserstrahl wieder zurück.

Inzwischen hat das Visitor Center geöffnet, welchem wir einen Besuch abstatten. Kaum sind wir da, kommt per Lautsprecher die Durchsage, dass gleich der Beehive Geysere ausbrechen werde. Wir werfen zur Orientierung einen kurzen Blick auf die Tafel und folgen den Leuten zum "Bienenstock". Wir schaffen es nicht ganz bis hin, da schiesst die Fontäne bereits in die Luft. Dieser kleine Geysir gefällt mir fast besser, als der Old Faithful, weil er einen höheren Druck hat. Obwohl wir uns am Durchgangsweg platzieren, sind die Leute, die vorbeigehen extrem rücksichtsvoll. Sie ducken sich unter der Kamera durch, um nicht ins Bild zu laufen.

Nun ist aber Zeit für ein Frühstück, welches wir in der Cafeteria der Old Faithful Lodge zu uns nehmen wollen. Doch diese hat noch geschlossen, also gibt es eine viel zu süsse heisse Schokolade und ein Sandwich in der Lobby. Wir holen die abgebrochene Besichtigung des Visitor Centers nach und notieren uns die Ausbruchszeiten der anderen Geysire. Da inzwischen bereits der nächste Ausbruch des Old Faithful ansteht, setzen wir uns neben einen jungen Mann auf der Ostseite. Diesmal sind die Bänke bereits ganz gut gefüllt. Mein Sitznachbar fragt mich, wann der Ausbruch stattfindet und woher wir kämen. Es stellt sich heraus, dass er Rene heisst und aus Erfurt kommt. Er ist im Rahmen eines "Travel and Work"-Programms ein Jahr lang von Argentinien bis Kanada unterwegs. Mit Grenzübertritt in die USA hat er sich ein Auto gekauft und nun ist er hier.

Der diesmalige Ausbruch ist etwas kürzer und weniger spektakulär, aber trotzdem sehenwert. Wir verabschieden uns von Rene und schwimmen mit dem Strom der Leute. In ein paar Minuten soll Daisy ausbrechen, aber ich glaube, die schaffen wir nicht mehr. Ich mag nicht hetzen. Für den Riverside Geysir reicht die Zeit, insbesondere, wenn wir ihn von Norden her ansteuern. Das bedeutet, dass wir uns ins Auto setzen und zum Biscuit Basin fahren.

Selbst beim Parkplatz blubbert und dampft es und ein Mini-Geysir bricht gerade aus. Wir überqueren die Strasse und laufen Richtung Upper Geyser Basin. Dazu müssen wir einen Umweg gehen, denn der ursprüngliche Weg ist wegen thermischer Aktivität gesperrt. Die Sonne hat die anfänglich kühle Luft inzwischen komplett aufgeheizt, so dass es eine Wohltat ist, im Wald zu wandern. Wir kommen am Mirror Pool, Gem Pool, Atomizer Geyser und dem wunderprächtigen Artemisia Geyser vorbei. Danach folgt ein längeres poolarmes Teilstück, bis wir in Begleitung von Vogelgezwischter beim farbenfrohen Morning Glory Pool angelangen. Dort treffen wir auf einige Leute, die sich das Naturschauspiel ebenfalls nicht entgehen lassen möchten. Ich glaube, dieser Pool ist für viele die Endstation, wenn sie vom Old Faithful her das Upper Geyser Basin erkunden.

Nach ein paar Schritten sind wir beim Riverside Geyser. Obwohl es bis zum Ausbruch noch etwas dauern soll, haben sich bereits einige Leute hier eingefunden, um in praller Sonne zu warten. Im Hintergrund sind noch die letzten Züge der Daisy-Eruption auszumachen.

Der sich unmittelbar am Fluss befindende Geysir lässt uns ziemlich lang schmoren. Endlich fängt er an zu dampfen und schliesslich schiesst eine Wasserfontaine in hohem Bogen über den Fluss. Die Sonne macht mir ganz schön zu schaffen. Zum Glück können wir beim Rückweg wieder durch den Wald spazieren.

Beim Artemisia Geyser kommen uns drei Amerikanerinnen entgegen. Sie wirken etwas verwirrt, denn obwohl es eigentlich nur einen Weg gibt, wollen sie quer dazu hochklettern, weil sie dort den Morning Glory Pool vermuten. Nach viel Gekichere fragt mich eine von ihnen, was für eine Sprache ich sprechen würde. Ah, die eine von ihnen könne perfekt deutsch! Sie wird gerufen und sie soll mich fragen, wo es weitergehe, aber sie ziert sich. Schliesslich ist "ich liebe dich" das einzige, was sie rausbekommt, natürlich gefolgt von einem riesigen Gelächter. Ich erbarme mich ihnen und erkläre auf englisch, dass sie bloss rund einen Kilometer den Weg entlanglaufen müssten.

Der Parkplatz beim Midway Geyser Basin ist so voll, dass wir die Besichtigung des Grand Prismatic Spring auf morgen verschieben. Stattdessen fahren wir den Firehole Lake Drive. Dort gibt es mehrere hübsche Pools und den Great Fountain Geyser. Mein Traum wäre es, diesen beim Sonnenuntergang ausbrechen zu sehen, doch voraussichtlich sollte seine Eruption erst gegen elf Uhr abends sein. Mir gefällt er aber auch ohne Fontäne, denn in den kleinen Terrassen sind hübsche Spiegelungen zu sehen. Vom Firehole Lake selber sehe ich kaum etwas, so sehr dampft er.

Kurz vor Madison biegen wir links in den Firehole Canyon Drive ein und kommen so durch wunderschöne Landschaft und an den Firehole Falls vorbei. Auch die Gibbon Falls nehmen wir mit. Leider tröpfelt es jetzt leicht, so lassen wir die Artists Paintpots und das Norris Geyser Basin ausfallen und fahren in die Unterkunft zurück, um uns etwas auszuruhen.

So richtig regnen will es nicht, aber dunkle Wolken am Himmel versprechen nichts Gutes. Trotzdem fahren wir gegen Abend zum North Rim des Grand Canyon of the Yellowstone. Beim Lookout Point haben wir einen wunderschönen Blick auf den Wasserfall. Auf dem kurzen Weg zu dem Aussichtsplatz fotografiert und beobachtet ein Paar die Felsen in Richtung Nordosten. Erst können wir nichts erkennen, doch dann sehen wir zumindest mit vollausgefahrenem Zoom der Kompaktkamera einen Adlerhorst mit einem Fischadlerweibchen beim Brüten.

Als wir uns aufmachen, im Hayden Valley nach Tieren zu schauen, öffnet Petrus die Schleusen. Ein heftiges Gewitter bricht über uns herein und verscheucht sämtliches Wild, so dass wir ausser ein paar nassen Bisons nichts sehen können. Wir brechen die Übung ab und gehen in der Cafeteria der Canyon Lodge essen. Ich bestelle eine Gemüselasagne und kann zwischen Kartoffeln, Reis und Spinat als Beilage wählen. Seltsame kulinarische Sitten haben die hier. Es gibt Spinat dazu, zum einen, weil ich der Meinung bin, dass dies das einzige ist, was zu Lasagne passt und zum anderen, weil das eines meiner Lieblingsgemüse ist. Mit etwas Salz und Pfeffer schmeckt der dann auch richtig lecker. Am liebsten hätte ich eine zweite Portion davon gehabt.


tag 28 > yellowstone (mi 08.06.2016)

Ein neuer Tag bricht an. Es ist sehr neblig. Auf dem Weg Richtung Norris lichtet sich der Nebel und ein herrlicher zarter Regenbogen ist in den verbleibenden Nebelschwaden zu sehen. Das Norris Geyser Basin ist gesperrt, aber wir wollen sowieso zum Grand Prismatic Spring.

"Lass uns vorher noch schauen, wann der Great Fountain Geyser das nächste Mal ausbricht, es wäre ja schade, wenn wir später merken würden, dass wir genau zu der Zeit daran vorbeigefahren sind." Reiner ist einverstanden und was sehe ich? Der Geysir spuckt grad die ersten Wassertropfen aus. Ich schaffe es eben noch meine Kamera zu schnappen und aus dem Auto zu hüpfen, da bricht er auch schon aus. Die Sonne kommt allerdings von der falschen Seite, ein Erlebnis ist es trotzdem. Die Eruption wird kleiner und schliesslich stoppt der Wasserstrahl. Ein paar der wenigen Leute, die bereits vor Ort sind, verlassen den Schauplatz, andere kommen neu hinzu. Ich bedaure sie, weil sie das Spektakel verpasst haben und steige zu Reiner ins Auto ein, der am Strassenrand steht und die Szene auf Film festgehalten hat. In dem Moment schiesst wieder eine Fontäne hoch. Ich reisse die Tür auf und bin bereits wieder am Rand des Geysirs. Nach diesem Ausbruch ist aber endgültig Schluss und wir können weiterfahren. Der White Dome Geyser zeigt auch einen prächtigen Ausbruch und der Firehole Lake dampft noch mehr, als gestern.

Obwohl wir noch immer ziemlich früh dran sind, herrscht auf dem Parkplatz beim Midway Geyser Basin ein mittleres Chaos. Das liegt jedoch nicht daran, dass kein Parkplatz mehr frei wäre, sondern weil die Autofahrer ewig darauf warten, dass ein anderer aus der Parklücke fährt, um zu erben. Schliesslich steht unser Auto auf einem Platz und wir laufen den Holzsteg entlang. Im Gegenlicht sehen wir die Silhouetten von anderen Besuchern, was gemeinsam mit dem Dampf der Pools ein hübsches Bild abgibt.

Der Weg ist ziemlich lang, so dass sich die zahlreichen Besucher gut verteilen und sich nicht auf den Füssen herumtreten, wie ich erst befürchtet hatte. Mir gefällt das Areal sehr gut und auch die orange glitzernden Ausläufer des Grand Prismatic Springs finde ich wunderschön. Ein bisschen schade finde ich es, dass der Weg auf den Hügel wegen einer Baustelle gesperrt ist, und deshalb der berühmte Pool nicht von oben betrachtet werden kann. Dafür steht uns, wenn wir in ein paar Jahren wieder zurückkommen, ein offizieller Weg hoch auf den Hügel zur Verfügung.

Da wir gestern das Upper Geyser Basin ausgelassen haben, wollen wir das jetzt nachholen. Beim Old Faithful ist die Hölle los. Der Geysir ist mitten in seiner Eruption und Tausende von Zuschauern wohnen dem Naturphänomen bei. Rund 50 Kinder tragen dieselben pinken T-Shirts, vermutlich eine Schule oder so was. Wir ziehen es vor, eine Runde zu laufen, auf welcher wir den Ausbruch des Beehive wahrnehmen, den wir bereits von gestern kennen.

Der Castle Geyser soll in rund sechs Stunden ausbrechen. Ich setze mich hin und witzle, dass ich jetzt darauf warten werde. Denselben Witz höre ich auch von anderen – er bietet sich einfach an.

Bis hoch zum Riverside Geyser kommen wir an vielen blauen oder bunten Pools und kleineren oder grösseren Geysiren im Ruhezustand vorbei. Beim Beauty Pool entdeckt Reiner eine Gelbbauchmurmeltier-Mutter mit Baby. Wir setzen uns auf eine Bank und beobachten die Tierchen. Keiner der vorbeigehenden Menschen entdeckt die Marmots. Hinter uns bricht Daisy aus, doch wir haben nur Augen für die herumtollenden Murmeltiere. Eine Familie mit zwei Kindern kommt uns entgegen. Der Vater zeigt auf den Geysir und ich zeige ihm die Murmeli. Erst kapiert er nicht und will mich fast zwingen, in die andere Richtung zu schauen, aber dann flippt er fast aus. Er zeigt sie seinen Kindern und bedeutet dem Jungen, still zu sein. Andächtig schauen wir nun zu sechst bis die Tiere in einer Felsspalte verschwinden.

Die Lion Group, ein weiterer Geysir im Geyser Hill, bricht just in dem Moment aus, wo wir ihn passieren. Wir beobachten ihn ein bisschen und gehen dann weiter. Plötzlich kreischt es in unserem Rücken. Eine Frauengruppe hat eine Dusche verpasst bekommen, was sie aber in Anbetracht des schönen Wetters nicht weiter zu stören scheint.

Für mich ist nun die Geysir-Saison abgeschlossen. Den Ausbruch des Old Faithful nehmen wir noch mit. Vom Geyser Hill aus ist er viel schöner, als von der Lodge aus. Das muss ich mir auf alle Fälle für ein nächstes Mal merken. Als nächstes schauen wir uns das Old Faithful Inn an. Die grosse Lobby mit dem steinernen Kamin ist sehr beeindruckend. Angeblich handelt es sich um das grösste Blockhaus der Welt.

Jetzt müssen wir dringend etwas gegen den knurrenden Magen unternehmen. Da in der Cabin weder ein Kühlschrank noch eine Mikrowelle vorhanden ist und zu unseren Abfahrtszeiten die Restaurants noch nicht geöffnet haben, müssen wir wohl oder übel jeweils ohne Frühstück los. Wie gestern versuchen wir unser Glück in der Cafeteria der Old Faithful Lodge. Das Gittertor ist offen und die Menschen stehen bereits an. Auf einer Tafel ist grafisch dargestellt, welche Ausgabestationen welche Speisen anbieten und wo sich die Kassen befinden. Reiner und ich trennen uns. Ich habe Lust auf eine Teriyaki-Schüssel und Reiner will sich ein Chili holen. Ich bin die erste an dieser Station. "Give me a second", bittet der junge Mann an der Ausgabe. Dass ich ihm zwei gewähre, findet er sehr nett von mir – sagt er zumindest und grinst breit. An der Kasse bekomme ich einen Schreck. Diese Schüssel mit Nudeln, Pilzen und Gemüse und ein Getränk soll über 28 US-Dollar kosten. Ich frage nach und der Kassier bestätigt den Betrag. Erst jetzt kapiert er, dass die beiden Asiaten hinter mir nicht zu mir gehören und rechnet den Preis deren Speisen ab.

Sowohl mein wie auch Reiners Essen schmecken wider Erwarten gut. Das Ambiente finde ich auch ganz nett für ein kantineähnliches Restaurant. Nur die Abräumer haben ihren Job nicht besonders im Griff. Anstatt mit ihrem Wagen der Reihe nach die Tische abzuräumen, stellen sie das Gefährt irgendwohin und holen lose Teller, Schüsseln und Tabletts, um diese auf zu ihren Wagen zu tragen.

Nach so vielen heissen Quellen und gefülltem Bauch brauche ich jetzt einen Bären - am liebsten einen Grizzly. Die grösste Erfolgschancen rechne ich mir auf der Strecke zwischen Mammoth Hot Springs und Tower aus, weil wir da bereits zweimal eine Bärensichtung hatten.

Bei Mammoth Hot Springs genehmigen wir uns noch ein leckeres Eis. Bekannt ist im Park das Huckberry-Ice, doch wenn ich Saltet Carmel sehe, dann kommt keine andere Geschmacksrichtung in Frage.

Beim Verlassen von Mammoth Hot Springs befinden sich auf und neben der Kreuzung viele Weisswedelhirsche. Ranger weisen die Fussgänger an, sich nicht den Tieren zu nähern. Entweder müssen sie anhalten und warten oder einen Umweg unter die Füsse nehmen.

Weil die Strecke so wunderbar schön ist und unser Auto bereits Entzugserscheinungen wegen Gravel Road-Mangels zeigt, fahren wir wie vorgestern den Blacktail Plateau Drive. Kaum sieht Reiner ein Auto hinter uns, hält er bei nächster Gelegenheit an und lässt es vor. Meist wollen die anderen auch nicht schneller fahren und lassen ihrerseits ebenfalls alle überholen. Oft kommt es vor, dass wir für so ein Manöver stoppen und der Hinterherfahrende hält auch und schaut, was wir denn schönes erblicken.

Leider gibt es wieder keinen Bären, also begnügen wir uns mit zwei Wapitis. Wir laufen sogar einen Hügel hoch, um sie etwas näher zu sehen, doch auch von dort ist die Distanz noch ziemlich gross. Der Hügel ist komplett mit Löchern durchsetzt. Hin und wieder flitzt ein Mäuschen oder ein Erdhörnchen von einem Loch ins nächste. Zurück auf der Strasse teilen wir einem erwartungsvollen Autofahrer mit, dass es sich bei den Tieren "bloss" um "Elks" handle, wonach sie enttäuscht davonrauschen.

Trotz des langsamen Tempos und wiederholten Aussteigens ist die Runde bereits wieder zu Ende. Das schreit nach einer Wiederholung und zudem waren die Bären vorgestern auf der Strecke, die wir durch den Drive verpasst haben. Nach ein paar Meilen auf der geteerten Strasse erkenne ich auf meiner Seite am Abhang einen Schwarzbären. Wir haben keine Chance anzuhalten zumal ein Ranger bereits vor Ort ist und "Falschparker" wegweist. Eine Familie steht an der nächsten Haltebucht und lässt ihren kleinen Jungen aussteigen, damit er zum Bären laufen kann, worauf der Ranger sie anschreit, dass sie das gefälligst unterlassen sollen. Da wir weiterfahren müssen, kann ich nicht sagen, ob der Bub wieder eingestiegen oder trotz Anweisungen des Rangers zum Bären gegangen ist. Um das Tier zu sehen, hätte man einen Abstand von maximal drei oder vier Meter gehabt!

Über den Blacktail Plateau Drive, Tower, einen kurzen Abstecher ins Lamar Valley und den Dunraven Pass gelangen wir zurück zum Canyon Village für unsere übliche Siesta. Von der Roosevelt Lodge ausgehend sehen wir ein paar Reiter auf ihrem Ausflug und im Lamar Valley begegnen wir erneut ein paar Bighornsheeps. Auch Pronghorns grasen am Wegrand - nur die verflixten Grizzlys suchen wir vergebens.

Die heutige Abendsafari beginnen wir mit dem South Rim des Grand Canyon of the Yellowstone mit Ziel Artist Point. Die Menschenmassen haben bereits das Weite gesucht, so können wir die herrliche Aussicht auf die Lower Falls fast alleine geniessen.

Für den Sonnenuntergang haben wir bereits im Vorfeld ein Plätzchen am Yellowstone River ausgesucht, doch der Parkplatz ist bereits voll und es sieht nicht so aus, als ob sich da jemand wegbewegen würde. Enttäuscht drehen wir um und fahren ins Norris Geyser Basin. Die Strasse, die am Morgen noch gesperrt war, ist wieder frei. Nur einzelne Autos befinden sich noch auf dem Parkplatz. Beim Steam Vent montiert Reiner seine Kompaktkamera auf das Stativ und richtet sie für einen Timelapse ein. Ich wandere mit dem zweiten Stativ und der Spiegelreflex ein bisschen herum, um eine geeignete Position zu finden. Alles wäre wunderbar, wären da nicht wieder diese äusserst aggressiven Mücken. Sie stechen sogar durch die Kleidung, sowas habe ich noch nicht erlebt.

Während ich auf Reiners Installation aufpasse, geht er zum Auto zurück und holt den Mückenspray. Unterdessen unterhalte ich mich mit einem jungen Asiaten. Er kommt aus Hong Kong und ist neugierig, was für Tiere es in der Schweiz gibt. Dass wir letztes Jahr in Hong Kong waren und uns die Stadt sehr gefallen hat, freut ihn. Dann verabschiedet er sich und geht ebenfalls Richtung Parkplatz hoch.

Reiner kommt mit dem Mückenspray und ich bin froh, dass er die Plagegeister wenigstens ein bisschen abhält. Der Dampf des Steam Vent ändert ständig die Richtung. Mal verdeckt er die Sonne, dann lässt er sie wieder durch. Ob meine Belichtungsreihen zu HDR zusammengebaut werden können, sehe ich dann noch. Ansonsten ist es einfach schön, hier zu sein. Der Hong Kong-Chinese kommt zurück. An der Hand führt er ein sehr jung aussehendes Mädchen, das eine rosarote Kamera wie eine Handtasche mit sich führt. Er redet ein paar Worte mit uns, sie steht schüchtern daneben. Händchenhaltend schlendert das süsse Pärchen weiter und kommt nach Sonnenuntergang wieder zurück. Wir warten noch, bis die Fotos für den Timelapse fertig sind, dann brechen wir ebenfalls auf.


tag 29 > yellowstone - greybull (do 09.06.2016)

Wir frühstücken in der Cafeteria der Canyon Lodge. Lecker ist anders, aber satt sind wir. Beim Check-out sind sie sehr freundlich.

Heute bin ich etwas wehmütig, diesen wunderbaren Park verlassen zu müssen. Die Kombination aus heissen, bunten Quellen, prächtigen Landschaften und wilden Tieren übt auf mich eine Faszination aus, die ich in dieser Heftigkeit nicht erwartet hätte. Ausserdem habe ich das Gefühl, dass nun die Ferien gelaufen sind, obwohl wir noch über eine Woche in weiteren schönen Regionen vor uns haben.

Ein letztes Mal fahren wir durch das Lamar Valley. Die Wölfeler sind bereits abgezogen oder haben sich heute nicht hier eingefunden. Wieder ist es uns nicht vergönnt, einem Grizzly zu begegnen und mit der Parkausfahrt im Nordosten des Nationalparks sinkt die Chance darauf für diese Reise wohl gegen Null.

Kurz nach Cooke City, bereits im Staat Montana, sagt Reiner plötzlich, er habe Elche gesehen. Er dreht um und fährt zu einer Ausbuchtung, wo bereits zwei andere Autos stehen. Eine Frau fotografiert die markante Spitze des Pilot Peak und ein Mann schaut mit seinem Fernglas in Richtung Fluss, dort wo Reiner die Elche erspäht hat. Und tatsächlich kann ich hinter Gestrüpp und ziemlich weit entfernt eine Elchkuh mit ihrem Jungen ausmachen.

Ein Fahrer aus einem weiteren Auto fragt uns, was wir sehen und freut sich über "the Moose" am Fluss. Wir sind aus der Schweiz? Er kommt aus Wyoming, kann noch ein bisschen deutsch, denn er war Sportler in Stuttgart Feuerbach und geht gerne nach Ischgl Skifahren. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob er den Unterschied zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz kennt, aber es bereitet ihm auf jeden Fall Freude, etwas über alte Zeiten zu plaudern.

Im weiteren Verlauf der Strecke steigt der Beartooth Highway an und bietet spektakuläre Aussichten. Gerne würde ich mal von der anderen Richtung herkommen, immer den Pilot Peak vor Augen. Je höher wir steigen, desto mehr Schnee liegt seitlich an der Strasse. Die Seen, an denen wir vorbeifahren, sind noch gefroren. Wenn wir an einem Aussichtspunkt einen Fotostopp einlegen, pfeift ein heftiger Wind um die Ohren, so dass sich die 20°C kühler anfühlen, als sie sind.

Mit dem Beartooth Pass erreichen wir eine Höhe von 3336 Meter. Auf der anderen Seite windet sich die Beartooth National Scenic Byway hinunter bis Red Lodge, welches auf einer Höhe von 1951 Meter liegt. Entsprechend ist die Temperatur auf 38°C angestiegen, der Wind bläst noch immer – nur wärmer. Am Horizont sind rabenschwarze Wolken, die immer näherkommen.

In einem kleinen Kaff namens Cowley fährt ein Motorradfahrer vor uns und ein Polizeiwagen kommt uns entgegen. Als die Polizisten auf unserer Höhe sind, wenden sie und fahren bis zum Ortsausgang hinter uns her, um dort erneut zu wenden. Ich kann mir ihre Enttäuschung darüber vorstellen, dass sowohl der Töfffahrer wie auch wir uns brav an die Vorschriften halten.

Auf dem Weg nach Greybull, wo wir ein Motel für die Nacht gebucht hatten, liegt Lovell, von wo aus es nicht allzu weit zur Bighorn Canyon National Recreation Area ist. Doch spätestens, als es "Cats and Dogs" regnet, überlegen wir uns keine Sekunde mehr, den Bighorn Canyon zu besuchen, sondern gleich zum Motel zu fahren.

greybull (wy)

Fünf Kilometer von dem 1’850-Seelen-Ort entfernt befindet sich die Red Gulch Dinosaur Tracksite. Weiter gibt es in Greybull ein «Museum of Flight and Aerial Firefighting» und das «Bighorn Basin GeoScience Center».

Wir haben Glück. Bis zur Ankunft in Greybull hat der Regen nachgelassen, nur noch ein paar Resttropfen fallen vom dunklen Himmel. Von aussen sieht das Greybull Motel sehr einladend aus. Überall wachsen farbenprächtige Blumen. Man spürt, dass hier jemand mit einem grünen Daumen zum Rechten sieht. Im Office erwartet uns eine ältere Dame und ein Mädchen um die zehn mit langen blonden Haaren. Ich schätze, dass es sich um die Enkelin der Motelbesitzerin handelt. So herzlich wurden wir noch nie begrüsst. Dem Mädchen erklärt die Dame, dass wir aus der Schweiz kämen. Ich frage es, ob es wisse, wo das sei, aber es verneint. In Europa, sage ich und die Oma ergänzt, dass es neben Frankreich in der Nähe von Paris liege. Da bekommt die Kleine ganz grosse Augen – so süss.

Wir erhalten den Schlüssel mit der Empfehlung, im Historic Greybull Motel essen zu gehen und allenfalls beim kleinen Stadtfest mit Tauziehen vorbeizuschauen. Ausserdem macht sie uns darauf aufmerksam, dass wir ein kleines inkludiertes Frühstück bekommen, obwohl in der Buchung „keine Mahlzeiten“ steht. Das Zimmer selber ist sehr in die Jahre gekommen, der Tisch wackelt und ein neuer Teppich würde dem auch guttun, aber die Blumen und die Herzlichkeit lassen mich über solche Mängel grosszügig hinwegsehen.


tag 30 > greybull – sundance (fr 10.06.2016)

Gestern habe ich in einem Reisebericht gelesen, dass letzten Dienstag ein junger Mann im Norris Geyser Basin ums Leben gekommen ist, weil er sich abseits des Boardwalks begeben hat und in einen Geysir gefallen ist. Unfälle geschehen jeden Tag und vor allem solche, die aus Unvernunft der Menschen passieren. Da ich mich aber zur selben Zeit fast am selben Ort befunden habe, beschäftigt mich dieser Tod mehr als andere, die weit weg geschehen.

Das Gewitter von gestern hat die Luft reingewaschen, so, dass wir bei strahlend blauem Himmel starten können. Erst bedienen wir uns im Motel-Office mit Tee, Kaffee und vakuumverpackten Blueberry Muffins. Frauen in drei Generationen sind im und ums Haus beschäftigt. Die Oma hütet nach wie vor das Office und überschüttet einen mit ihrer Herzlichkeit, die Tochter pflegt die Blumen und die Kleine hilft da und dort mit. Am liebsten hätten wir das Frühstück am hübschen Tisch auf dem Rasen in der Mitte der Motelanlage eingenommen, doch leider sind die Sitzkissen so versifft vom Regen, dass wir es vorziehen, uns an den klapprigen Tisch vor unserem Zimmer zu setzen.

Anschliessend checken wir aus und begleitet von vielen guten Wünschen begeben wir uns auf den Weg in die Bighorn Canyon Recreation Area.

bighorn canyon national recreation area (wy/mt)

Das Erholungsgebiet rund um den Bighorn River liegt an der Grenze der US-Bundesstaaten Wyoming und Montana. Es gibt diverse touristische Aktivitäten am und im Wasser, historische Ranches und eine grosse Bandbreite an Tieren, weil fünf klimatische Zonen – von alpinen Gebieten bis Hochwüsten - vorherrschen. Es gibt jeweils ein Besucherzentrum in Lovell (Wyoming) und eines an der Yellowtail-Talsperre (Montana). Der Devil Canyon Overlook bietet einen Blick in den hunderte Meter tiefer liegenden Bighorn Lake.

Einem Schild zum Horseshoe Bend folgend müssen wir enttäuscht feststellen, dass dieser nichts mit dem Horseshoe Bend bei Page zu tun hat. Es handelt sich vielmehr um eine Bootsanlegestelle. Irgendwie hat sich der Abstecher doch gelohnt, denn beim Zurückfahren bekommen wir einen langohrigen Hirsch zu Gesicht.

Dafür ist der Devil Canyon Overlook umso spektakulärer. Der Blick auf den Bighorn Lake ist umwerfend. Wir starten auf der linken Seite und marschieren am Maschendrahtzaun entlang bis ganz nach rechts, wo ein Gooseneck auf uns wartet.

Die historischen Bauten und Barry's Landing auf dem weiteren Strassenverlauf hätten wir uns sparen können. Einzig die vielen Informationstafeln über die wilden Mustangs haben uns interessiert. Noch lieber hätten wir die Wildpferde selbst gesehen, aber die wollen sich heute nicht zeigen.

Den Bighorn National Forest durchqueren wir auf der alten US-14 und sind begeistert von der Aussicht, die sich uns bietet. Immer wieder gibt es Ausstellplätze mit wundervollen Wildblumen und einem tollen Blick auf das Tal. Zwar müssen wir wegen der Stopps einen Lastwagen und einen Wohnwagen mehrfach überholen, doch das macht nichts.

Da das Bighorn Medicine Wheel erst ab Mitte Juni öffnet, lassen wir dieses links liegen. Ich glaube, dass dies ein Fehler ist – wir hätten zumindest nachschauen können. Auch ohne diese Kultstätte geniessen wir die Windungen der malerischen Strasse in vollen Zügen.

Etwas weiter äsen drei Maultierhirschkühe am Strassenrand. Reiner stellt das Auto an der dortigen Parkbucht ab, steigt aus und nähert sich den Hirschen. Sie schauen auf, Reiner bleibt stehen, sie fressen weiter. Reiner nähert sich, sie schauen auf, er stoppt und sie senken ihre Köpfe zum weiteräsen. Beim nächsten Versuch, etwas näher an die Tiere zu kommen, rennen sie weg und Reiner kommt zurück. Kaum hat er sich umgedreht, sind die drei kamerascheuen Damen auch schon wieder da beim Grasen.

Kurz vor Sheridan brauchen wir eine Pipi-Pause und steuern dafür einen McDonalds an. Die Auswahl an Speisen und Getränken ist hier dieselbe, wie in anderen Läden dieser Kette auch, aber es gibt auf den Tischen kleine Vasen mit echten Blümchen drin und das Essen wird an die Tische serviert. Ein Fensterputzer ist grad bei der Arbeit und fragt uns, ob er weitermachen dürfe. Wir erlauben es ihm. Trotzdem ist dies kein Ort, wo wir uns lange aufhalten wollen, also geht die Reise weiter zum Devils Tower National Monument.

devils tower national monument (wy)

Der turmartige, 265 Meter hohe Härtling magmatischen Ursprungs liegt am Nordwestrand der Bear Lodge Mountains im Nordosten von Wyoming. Er wird von mehreren Völkern der Prärieindianer als Wohnsitz der Grizzlybären angesehen. Für sie ist es ein heiliger Ort. Wegen seiner auffallenden Form ist er Gegenstand von indianischen Mythen. Die Kiowa-Indianer nennen den Devils Tower Mateo Tepee (engl. Bear Lodge, dt. Heim des Grizzly-Bären). Ihrer Sage nach entstand Mateo Tepee, als ihre Vorfahren in dieser Gegend ein Dorf errichteten. Eines Tages spielten sieben kleine Indianermädchen in einiger Entfernung zum Dorf. Sie wurden von mehreren Bären entdeckt und die Mädchen eilten zum Dorf. Die Bären jedoch erreichten die Mädchen weit vor dem Dorf. In ihrer Not kletterten die Mädchen auf einen kleinen Felsbrocken. Sie flehten den Stein an: "Fels, habe Mitleid mit uns, Fels rette uns". Der Fels erhörte die Mädchen und fing an in die Höhe zu wachsen. Die Bären sprangen den Felsen in ihrer Wut an, brachen riesige Felsbrocken aus ihm heraus und kratzten mit ihren Krallen tiefe Rillen und Spalten in den Felsen, jedoch konnten sie die Mädchen nicht erreichen. Der Fels wuchs und wuchs bis in den Himmel hinein. Die Mädchen sind noch immer im Himmel, als sieben kleine Sterne am Firmament: die Plejaden. (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Devils_Tower_National_Monument)

Schon von weitem kann man den imposanten Berg erkennen. Wir sparen uns die Prairie Dog Town für den Rückweg auf und parkieren beim Visitor Center. Bei 37°C hat Reiner keine Lust auf den Tower Trail und auch ich komme nach ein paar Minuten wieder zum klimatisierten Auto zurück.

Nun sind aber die possierlichen Tierchen am Eingang fällig. Einem der vielen Präriehunden komme ich wohl zu nahe, denn er stellt sich hin und pfeift sich die Seele aus dem Leib. Schliesslich muss er einsehen, dass meine Geduld grösser ist, als seine, und er zieht sich in sein Erdloch zurück. Es ist ein ständiges Kommen und Gehen. Wenn einer in einem Loch verschwindet, so schaut ein nächster aus einem anderen Loch heraus. Es ist eine wahre Freude, den Nagern zuzusehen.

sundance (wy)

Angeblich bekam das «Sundance Kid» von «Butch Cassidy and the Sundance Kid movie fame» seinen Namen von dieser Stadt. Er hatte ein Pferd, Sattel und Revolver aus Western Ranches Ltd (Besitzer der Three V’s Ranch in der Nähe von Sundance) gestohlen und wurde zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt, bevor er 1889 begnadigt wurde. Der Ort selber bekam seinen Namen von den «Sun Dance», die verschiedene Natives praktizieren. Er liegt in den Wyoming Black Hills und es gibt viel Touristenverkehr. Neben einer Statue des «Sundance Kid» sind das «Devils Tower National Monument» und der «Keyhole State Park» Sehenswürdigkeiten in der Umgebung von Sundance.

Für die heutige Nacht haben wir das Bear Lodge Motel in Sundance gebucht. Wir fahren durch einen Durchgang in den Innenhof des Motels, der als Parkplatz fungiert. Im kleinen Office ist die Besitzerin grad mit der Abrechnung beschäftigt und lacht über ihr Chaos. Sie ist sehr nett und empfiehlt uns den Longhorn Saloon & Grill auf der gegenüberliegenden Strassenseite.

Wir nehmen die Empfehlung an und werden nicht enttäuscht. Reiner schmeckt sein Ribeye Steak und ich bin glücklich mit Steak Tips & Shrimps. Für einmal ist meins wesentlich leckerer, als Reiners, aber er sieht das anders - und das ist gut so!


tag 31 > sundance – rapid city (sa 11.06.2016)

Hier ist das Frühstück inklusive und wird in der kleinen urigen Lobby mit Tierköpfen an der Wand serviert. Es gibt in Folie eingeschweisste Sandwichs, die in der Mikrowelle warm gemacht werden. Ein nerviger Junge will diese Mikrowelle einfach nicht freigeben und auch als er fertig ist, besetzt er das Gerät noch für seine Familienmitglieder, die gar nicht möchten. Ich nutze die Gunst der Stunde, schiebe mein Ding in den Ofen und programmiere ihn auf 90 Sekunden, wie es auf der Verpackung steht. Nach 45 Sekunden steht die Mutter des Görs da und redet auf mich ein, dass der Käse schon geschmolzen sei, das Sandwich lediglich 30 Sekunden brauchen würde. Na dann halt...

Heute sind Office und Frühstückraum durch einen Mann besetzt. Wir fragen ihn, ob er wisse, wo sich die Statue des Sundance Kid befinde. Statt einer Antwort geht er zur Tür, wir und ein anderer Gast, der grad auschecken will, folgen ihm. Ich erwarte, dass er jetzt eine Wegbeschreibung abgibt, doch er deutet auf die andere Strassenseite und tatsächlich, dort sitzt der Ganove in seiner Gefängniszelle. Dass wir das gestern nicht gesehen haben, als wir essen gegangen sind.

Durch die starke Sonne ist die Statue sehr schwierig zu fotografieren. Ich probiere das beste aus der Situation herauszuholen, dann fahren wir über Four Corner und Custer zum Mount Rushmore. Auf dem Weg durch die Black Hills begegnen wir Pferden, Kühen, Hirschen, Pronghorns und Bisons. Das unvollendete Crazy Horse Memorial schauen wir uns aus der Ferne an und halten nicht mal an für ein Foto.

mount rushmore national memorial (sd)

Beim Mount Rushmore National Memorial handelt es sich um einen Berg in den Black Hills, in welchen die Köpfe der vier Präsidenten George Washington, Thomas Jefferson, Theodore Roosevelt und Abraham Lincoln gehauen sind. Jedes Portrait ist 18 Meter hoch. Vor dem Denkmal können auf Schrifttafeln Ausschnitte aus berühmten Reden der vier Präsidenten gelesen werden.

Seit ich den Film "Der unsichtbare Dritte" von Alfred Hitchcock gesehen hatte, wollte ich zu diesen berühmten Köpfen. Als ich mich im Rahmen der Reisevorbereitungen über das Denkmal informierte, verblasste dieser Wunsch etwas.

Jetzt, wo wir in der Nähe sind, bin ich schon gespannt, wie das Kunstwerk wirkt. So gross wie es ist, müsste es doch so langsam ersichtlich sein. Aber nein, dazu müssen wir erst auf die andere Seite des Bergs kommen und dann befindet man sich bereits fast im Parking, für welches wir 11 US-Dollar bezahlen. Dafür dürfen wir unser Auto jetzt ein Jahr lang hier parken. Der Zugang zum Memorial selber ist kostenlos.

Es ist heiss und wie es für einen Samstag nicht anders zu erwarten war, hatten viele Leute dieselbe Idee, wie wir. Entsprechend voll ist es. Gut gemacht finde ich die Säulen auf dem Zugang zum Fotopunkt, an deren vier Seiten je die Flagge eines US-Bundesstaates prangt. Dazu gibt es auf einer Messingtafel die Information, wann der Staat zur USA gekommen ist. Am Ende dieses Wegs ist ein schmaler überdachter Bereich. Dort stellen wir uns in den Schatten und haben einen guten Blick auf die Präsidenten. Obwohl absolutes Hundeverbot herrscht, ist neben uns ein Mann mit einem Hund. Der Hund soll die Leine hochheben, folgt dem Befehl auch, bricht jedoch jeden Versuch sofort wieder ab. Schliesslich muss das Herrchen, das offensichtlich den Hund für jemand Gebrechliches trainiert oder selber gebrechlich ist, die Leine selber hochheben.

Nach der Besichtigung schlecken wir ein Glace vom Memorial Team Ice Cream. Es ist lecker und kühlt für den Moment. Wir setzen uns dazu auf die Terrasse des Cafés mit Blick auf das Denkmal und wundern uns darüber, dass zur Mittagszeit so wenig Leute hier sind. Denen ist es draussen zu warm. Sie haben sich alle zum Essen in das klimatisierte Restaurant zurückgezogen.

rapid city (sd)

Die zweitgrösste Stadt South Dakotas zählt ca. 68'000 Einwohner und liegt auf einer Höhe von 976 Metern. Beim Canyon-Lake-Dammbruch 1972 wurde sie schwer verwüstet und 238 Menschen kamen dabei ums Leben. Bronzestatuen aller bisherigen 43 US-Präsidenten in Lebensgrösse zieren die Kreuzungen entlang der Main Street und der Saint Joseph Street zwischen der 4th und der 9th Street. Bald wird sich auch Barack Obama zu ihnen gesellen. Informationen zum Rundgang gibt es im «President’s Information Center» an der Main Street Ecke 7th Street.

Der nächste Programmpunkt ist Rapid City. Gerne hätte ich die Bronzestatuen der Präsidenten fotografiert, doch bei über 40°C ist der Gedanke, in einer nicht besonders attraktiven Stadt – um es mal nett auszudrücken - auf Asphalt herumzulaufen nicht wirklich erstrebenswert. Stattdessen geben wir die Adresse der Chapel in the Hills ins Navi ein und landen auf einem Parkplatz, wo gerade drei Harleyfahrer ihre Maschinen abstellen.

chapel in the hills, rapid city (sd)

Die Kirche ist eine Replik der Stabskirche von Borgund in Norwegen. Sie befindet sich am Fuss der Black Hills im Westen von Rapid City und wurde 1969 für die Lutheraner erbaut. Statt der in Amerika nicht verfügbaren speziellen Tannenart wurde für die Kopie Douglasie verwendet, welche im pazifischen Nordwesten Amerikas heimisch ist.Der Name Stabskirche kommt daher, dass lange Stäbe für die Konstruktion verwendet wurden. Fundiert ist sie auf flachen Steinen, um die Fundamentbalken vor der Bodenfeuchtigkeit zu schützen. Das einzige Metall wurde für die reich verzierten Türen und Schlösser verwendet. Das kann der Grund dafür sein, dass das Original seit über 800 Jahren hält, denn Holzdübel erlauben dem Gebäude, sich mit den Temperaturveränderungen auszudehnen und zusammenzuziehen.Ein weiteres Merkmal ist die Holzschnitzerei, die in der norwegischen Architektur traditionell war. Die Wikinger brachten die Fähigkeiten der Holzschnitzerei und der Holzkonstruktion zusammen.

Die drei Herren älteren Semesters besichtigen im Eilzugstempo die Kirche und bitten Reiner, ein Gruppenfoto von ihnen zu machen. Lustigerweise wollen sie dabei nicht die Kirche im Hintergrund haben. Ob sie ihnen nicht gefallen hat?

Ich hatte mir die Kapelle grösser und die Holzschnitzereien filigraner vorgestellt. Zumindest ist sie eine Besonderheit und einen Abstecher wert, auch wenn sie nicht ganz meinem Geschmack entspricht.

Wir fahren in die Stadt zurück, um im Avanti Motel einzuchecken. Die Fassade könnte einen Anstrich vertragen, ansonsten ist es von aussen ganz okay. Die Rezeptionistin scheint etwas schüchtern zu sein, händigt uns aber den Schlüssel ohne Probleme bereits vor der angegebenen Zeit aus. Wir wohnen wieder mal im oberen Geschoss, was bedeutet, dass wir unsere Siebensachen die Treppe hochhieven müssen. Vom Zimmer bin ich positiv überrascht. Es ist sehr geräumig mit einem kleinen Tisch und zwei Stühlen und die Betten sind mit satinierter Bettwäsche bezogen. Da lässt es sich die nächsten drei Nächte gut ausharren.

Das heisst, wir haben zwei volle Tage, an denen wir früh los möchten. Deshalb brauchen wir Frühstück und Mittagessen zum Mitnehmen, wofür wir zum Walmart fahren. Auf dem kurzen Stück vom Parkplatz zum Laden erschlägt mich die Hitze beinahe. Drinnen ist es angenehm kühl, so dass selbst ich als Einkaufsmuffel es gut aushalte.

Wir staunen nicht schlecht, was hier alles frei rumläuft. Eine Frau im knappen Bikini sucht sich Obst aus und eine andere hat sich wenigstens ein kleines Badetuch um die Hüften geschlungen. Für die Behinderten und die ganz faulen Leute gibt es Elektroscooter, mit denen eingekauft werden können. In diversen Einkaufswägen, die mindestens doppelt so gross sind, wie in unserem Coop oder Migros, lagert eine Riesenwurst. Der Inhalt dieser Wurst sind 10 Kilogramm Hackfleisch. Das müsste reichen für das kleine Hüngerchen.

Wir decken uns mit Gemüse, Früchten, Salat, Frühstücksflocken, Milch und Getränken ein, vergleichen manche Preise und legen zu teure Dinge wieder zurück. Walmart heisst nicht immer billig. An der Kasse stutzt die Verkäuferin auf einmal und meint, dass die Kirschen aber teuer seien. Ach ja, sie sind halt auch BIO. Wir zahlen und Reiner schaut den Kassenbon durch. Die 300 Gramm Kirschen haben über 8 US-Dollar gekostet. Deren Preis haben wir wohl übersehen, dafür müssen wir sie jetzt umso mehr geniessen.

In der Nähe des Motels sehen wir einen Domino Pizza. Die Kette gibt es in der Schweiz auch, hat mich aber noch nie gereizt. Statt lange zu suchen gehen wir da hin, wählen Art des Bodens und den Belag aus und warten rund 20 Minuten, bis die Pizza fertig ist. Währenddessen geht es zu wie in einem Taubenschlag. Fast im Sekundentakt kommen neue Bestellungen herein, Pizzaboten kommen von ihrer Tour, packen ihre Taschen für die nächste und fahren in klapprigen Autos davon. Die Pizza selber schmeckt aussergewöhnlich lecker, das hätte ich nicht gedacht. Ob die bei uns auch so sind?


tag 32 > rapid city (so 12.06.2016)

Zum Frühstück gibt es eine Schale Kellogg's Special K Almonds mit kalter Milch. Die sind ja lecker. (Gibt es die in der Schweiz oder in Deutschland auch zu kaufen?) Danach brausen wir auf der I-90 an Wall vorbei bis zum Osteingang des Badlands National Park.

badlands national park (sd)

Der Nationalpark befindet sich im Südwesten von South Dakota. Weil die Verwitterungslandschaft für die Landwirtschaft ungeeignet war, nannte man sie "Badlands" (schlechtes Land). Es ist eine geschützte Gras-Prärie, die in zwei Einheiten unterteilt ist: Die grosse Stronghold Unit und die Palmer Creek Unit, welche wie eine Insel östlich des südwestlichen Zipfels der Stronghold Unit liegt. Seit 2012 gibt es eine Kooperation zwischen dem National Park Service und den Oglala-Lakota für die Verwaltung der beiden südlichen Gebiete als "National Tribal Park". Dazu werden bevorzugt Sioux-Indianer als Ranger und Park-Wissenschaftler ausgebildet und eingestellt.

Gut zwei Meilen vor der Northeast Entrance statten wir der Prairie Dog Town des "The Ranch Store of the Badlands" einen Besuch ab. Es gibt ungesalzene und ungeschälte Erdnüsse für die kleinen Racker zu kaufen. Die scheuen Präriehunde sind jedoch nicht ganz so einfach zu locken. Besonders die kleinen, dünnen Kerlchen getrauen sich nicht an die Menschen heran. Am frechsten sind die grossen, dicken Prairie Dogs. Die holen sich die Nuss und setzen sich vor einen hin, um sie zu öffnen und genüsslich zu verspeisen. Anfassen würde wohl nicht gehen, probieren wir aber auch nicht, denn die haben nicht nur sehr scharfe Zähne, sondern auch lange, kräftige Krallen, mit denen sie die Löcher in die Erde buddeln.

Nach diesem Highlight geht es in den Park und gleich zum ersten Aussichtspunkt, dem Big Badlands Overlook. Ein Bus mit rund 20 asiatischen Touristen ist bereits hier. Wir haben wohl bei den Präriehunden zu viel Zeit verstreichen lassen. Sie sind jedoch bereits beim Gehen und benehmen sich sehr anständig. Der Blick ist gigantisch. Farbige Hügel, soweit das Auge reicht.

Der Himmel verspricht leider nichts Gutes, deshalb beeilen wir uns ein bisschen. Im Ben Reifel Visitor Center fragen wir den Ranger, ob die Sage Creek Rim Road gefahren werden kann, auch wenn es regnen sollte. Er meint, dass es gehen müsste und falls es nass sei, würde die Strasse eh gesperrt. Na dann schauen wir, dass wir dort ankommen, bevor das Gatter zu ist.

Rechter Hand turnen drei Dickhornschafböcke mit ihren imposanten Hörnern auf einem Berg herum und dahinter tun es ihnen ein paar Kinder gleich. Auch das ist natürlich wieder ein Grund anzuhalten und die Kletterprofis zu beobachten. Die Schafe erinnern mich an unsere Steinböcke. Auch die erklimmen mühelos steile Felsen und versetzen mich damit immer wieder in Erstaunen.

Wir laufen den Fossil Exhibit Trail, das ist ein Holzsteg gespickt mit Tafeln, die über Fossilien informieren. Eine Frau in Shorts und Top schlottert, denn wegen des Windes hat sich die Luft merklich abgekühlt. Fossilien können wir in dem trockenen Boden keine entdecken, dafür ein Häschen, das dort unbemerkt rumhoppelt.

Jeder Overlook für sich hat seine eigene Qualität. Die bunten Falten unterscheiden sich in ihrer Form und Farbe. Ich kann mich kaum sattsehen, obwohl bereits die ersten Tropfen fallen.

Mit dem Pinnacles Overlook schliessen wir die Badlands Loop Road ab und ich hoffe, dass das Tor zur Sage Creek Rim Road offensteht. Ja, Glück gehabt! Wir fahren auf die Gravel Road und müssen bereits wieder halten, weil sich elf Bighorn Sheeps neben und auf der Strasse befinden. Diesmal haben wir es mit der weiblichen Form zu tun.

Nach zwei weiteren Aussichtspunkten kommen wir zu Roberts Prairie Dog Town. Hier sind die Tierchen jedoch wesentlich scheuer als die, die wir bisher gesehen haben. So lassen wir sie bald in Ruhe und folgen der Strasse, bis sie in die befestigte SD-44 einbiegt. Diese verlassen wir aber sofort wieder, um zum White River Visitor Center zu gelangen. Dort sehe ich zum ersten Mal einen Sioux-Indianer live und in Farbe. Seine Gesichtsform unterscheidet sich massiv von dem eines Navajo was zeigt, dass Indianer nicht gleich Indianer ist.

Er fungiert als Ranger, hat aber in seiner Funktion kaum etwas zu tun, denn es haben sich nur ein paar wenige Leute in den südlichen Teil des Parks verirrt. Das Visitor Center ist klein, aber hübsch gemacht. Wir essen unseren mitgebrachten Salat und fahren danach auf unbefestigter Strasse Richtung Westen. Die Strasse geht meilenweit fast nur geradeaus. Anfänglich ist sie gut im Schuss, dann verschlechtert sie sich. Hoffentlich müssen wir nicht mitten auf der Strecke umkehren. An einer Stelle gibt es eine Baustelle, die müssen wir auf einer improvisierten Piste umfahren, aber alles kein Problem. Auf einem Hügel weiden Kühe, sonst ist hier nichts.

Nach einer gefühlten Ewigkeit und einem immer leerer werdenden Tank kommen wir endlich auf die SD-79, wo wir südwärts fahren und uns freuen, eine Tankstelle zu sehen. Jetzt ist unser Auto wieder voller Energie und wir zu allen Schandtaten bereit. Das Wetter hat sich auch gebessert, die Wolkendecke zeigt einige Lücken. Als nächstes führt uns die Reise durch das süsse Städtchen Hot Springs in den Wind Cave National Park.

wind cave national park (sd)

Der Wind Cave National Park liegt im Westen von South Dakota. Der Parkzugang ist kostenlos, lediglich für den Besuch der namensgebenden Höhle "Wind Cave" muss bezahlt werden. Mit über 200 km erforschten Wegen zählt sie zu den längsten Höhlen der Welt. Sie ist bekannt für Calcium-Formationen (Boxwork), die sich wie Bienenwaben an den Wänden ausbreiten. In der Prärie des Nationalparks gibt es ein grosses Aufkommen an Bisons, Wapiti-Hirschen, Gabelböcken und Präriehunden.

Wir haben keine Lust, in feuchten Höhlen herumzukriechen, deshalb hatten wir den Park im Vorfeld aus unseren Reisevorbereitungen gestrichen. Dass wir ihn jetzt doch besuchen, ist dem Wetter geschuldet, das uns früher aus den Badlands katapultiert hat, als wir geplant hatten.

Uns erwarten saftige Wiesen, ein Kojote, der in einiger Distanz durch das Gras streift und Bisonherden. Die kurvige Strasse führt über eine sehr hübsche alte Steinbrücke. Ein einzelner Bison trottet gemächlich vor uns her. Als er zur Seite geht, überholen wir ganz langsam, was dem Tier jedoch nicht gefällt, denn es macht Anstalten, uns anzugreifen.

Für heute haben wir genug gesehen und erlebt, deshalb entscheiden wir uns, auf der östlichen Seite des angrenzenden Custer State Parks nach Rapid City zu fahren. Wieder kommen wir an einer Prairie Dog Town vorbei und zwei Hirsche rennen vor uns über die Strasse. Zurück im Motel ruhen wir uns ein bisschen aus, machen wir uns frisch und gehen anschliessend im Red Lobster leckere Meeresfrüchte essen.


tag 33 > rapid city (mo 13.06.2016)

Wieder gibt es diese leckeren Flocken zum Frühstück, danach begeben wir uns auf den Weg in den Custer State Park. Begleitet werden wir wie immer – sofern wir Empfang haben - von einem Rocksender im Autoradio. Bereits die letzten Tage hörten wir öfters von schweren Unwettern in North Carolina. Heute ist von 50 Toten in Orlando die Rede. Ich bringe die beiden Nachrichten in einen Zusammenhang bis ich merke, dass es sich beim Ereignis von Florida um einen Anschlag in einem Nachtclub handelt. Von nun an fällt mir auf, dass die amerikanischen Flaggen an offiziellen Orten auf Halbmast stehen.

custer state park (sd)

Der Custer State Park – auch Wildlife reserve - liegt in den Black Hills im Südwesten von South Dakota. Er ist der erste und grösste Park von South Dakota und besteht aus hügligem Land mit vielen Wildtieren. Scenic Drives durch die berühmte Landschaft bietet Blick auf riesige Bisonherden und Präriehundebehausungen.

Vor dem Parkeingang kreuzt ein kleiner Truthahn die Strasse. Er verschwindet im Gebüsch, bevor ich ihn mit der Kamera richtig erwische und kommt da auch nicht mehr hervor.

Wir fahren die Wildlife Loop Road und ich freue mich schon auf die vielen wilden Tiere. Ein paar Pronghorns und Buffalos, wie hier die Bisons genannt werden, geben sich die Ehre. Auf einem grösseren Parkplatz kurz bevor die Strasse wieder ansteigt, sind die berühmt berüchtigten begging Burros – bettelnde, ausgewilderte Maulesel, eine besondere Parkattraktion.

Eine Frau mit einem Plastiksack voller Obst veräppelt die Tiere indem sie ihnen Früchte vor das Maul hält und wieder wegzieht. Dabei hüpft sie rum und quietscht so laut, dass auch der Hinterletzte auf sie aufmerksam wird. Ihr Mann filmt sie dabei und findet die Szenerie furchtbar lustig, bis ihn ein verärgerter Esel beisst. Daraufhin hat der Mann genug, setzt sich ins Auto, aber die Frau macht mit ihrem Spiel weiter.

Darf man nun die Esel füttern oder nicht? Es ist – zurecht, wie ich meine – verboten, Wildtiere zu füttern, doch sind die Esel nun wild oder nicht? Ich hadere noch ein bisschen mit mir, komme aber zum Schluss, dass das Füttern mit der nötigen Vorsicht erlaubt sein müsste und opfere ein paar unserer Äpfel. Die Esel sind sehr lieb, lassen sich wegschieben, wenn sie zu nahe kommen und so habe ich meinen Spass, ohne die Tiere zu verärgern, wie die andere dumme Henne.

In einiger Entfernung liegt ein Hügel, der übersäht ist von schwarzen, sich bewegenden Punkten. Das ist nun die Bisonherde, für die der Park unter anderem berühmt ist. Viel näher sind einige Pronghorns auszumachen und ein Hirsch rennt schwanzwedelnd davon.

Als wir ein Auto sehen, das auf eine Gravel Road abbiegt, kann unser SUV nicht anders, er muss hinterher. Wir erkunden die Gegend bei der French Creek Natural Area. Ein quietschgelber Vogel sitzt auf einem Baum, will aber nicht wirklich fotografiert werden. Die Präriehunde, denen wir erneut begegnen, zieren sich da weniger.

In der Broschüre, die beim Parkeintritt abgegeben wird, sind wunderschöne, weisse Bergziegen abgebildet. Solche möchte ich gern in Natura sehen. Wir begeben uns in das im Mai neu eröffnete Visitor Center. Der Stolz ist eine grosse interaktive Parkkarte, die wir uns interessiert anschauen. Ein Ranger, der bestimmt bereits das Pensionsalter erreicht hat, will uns behilflich sein, also frage ich ihn nach diesen Ziegen. Er ist sehr gesprächig, zückt sein Handy und zeigt Fotos von Bergziegen, die er selber gesehen hat. Sie seien aber sehr, sehr selten und eigentlich kaum zu sehen. Beim Mount Rushmore seien mal welche gesichtet worden, wo die armen Tiere von Touristenhorden regelrecht gejagt worden seien.

Das Visitor Center liegt an einem Flüsschen, über welches ein Steg zu einem Picknickplatz führt. Mehrere teilweise überdeckte Tische stehen auf einer Wiese. Eine Gruppe Südamerikaner haben zwei der Tische in Beschlag genommen und veranstalten ein riesiges Gelage. Wir packen wir unsere Leckereien an einem der anderen Tische aus. Es gibt Gemüse mit Ranch Dressing, eingelegten Mozzarella, kanadischen Bacon und Cracker. Leider konnten wir das tolle Knäckebrot, das wir am Anfang unserer Reise gekauft hatten, nirgends mehr finden und uns fällt auch nicht mehr ein, in was für einem Laden wir es erstanden hatten. Es schmeckte fast wie das selbstgebackene von Reiner, leider ist es seit Wochen alle.

Als nächstes nehmen wir den Needles Highway Scenic Drive in Angriff. Der Name macht der Strasse alle Ehre. Hohe Felsnadeln stehen neben den Serpentinen, die von diversen View Points aus fotografiert werden wollen. Das Highlight ist der Needles Eye Tunnel. Der Tunnel ist sehr eng, so dass nur ein Auto hindurchpasst. Kommt man von der Wildlife Loop Road, sieht man nicht, ob sich jemand im Tunnel befindet, ausser man fährt links ran. Auf der anderen Seite stehen die Touristen und filmen die Durchfahrt ihrer Angehörigen und Freunde.

Auch wenn das Wetter nicht ganz mitmacht, bin ich vom Custer State Park hellauf begeistert und stelle ihn ziemlich weit oben auf meine persönlichen Liste der Lieblingsparks. An oberster Stelle steht neu der Yellowstone National Park, der damit das diesmal nicht besuchte Death Valley an der Spitze ablöst.

Auf dem Rückweg nach Rapid City kommen wir wieder am Mount Rushmore vorbei. Auf einmal erkenne ich das Profil von George Washington, welches mir vorgestern nicht aufgefallen ist. Es gibt sogar eine Haltebucht, von wo aus dieser Teil des Denkmals fotografiert werden kann. Obwohl wir über ein gültiges Parkticket verfügen, fahren wir am Memorial selber vorbei. In der Ferne zucken bereits die ersten Blitze. Wir schaffen es gerade noch zum Motel, bevor der Regen einsetzt. Bei so einem heftigen Gewitter schickt man keinen Hund vor die Tür. Wir machen uns einen faulen Nachmittag im Zimmer und schauen dem Weltuntergang zu.


tag 34 > rapid city - cheyenne (di 14.06.2016)

Ein letztes Mal gibt es das Frühstück von K. Wir schneiden ein paar Äpfel für die begging Burros klein, machen klar schiff und verlassen Rapid City über den Needles Highway. An einer Haltebucht wuseln drei Streifenhörnchen umher und jagen sich gegenseitig das Futter ab.

Bereits gestern habe ich mich über das Militär in einem State Park gewundert und auch heute kommen uns Armeefahrzeuge entgegen. Kurz nach der Entrance Station bauen Soldaten eine Brücke. Das heisst, ein paar bauen, die anderen stehen bewaffnet um die Baustelle herum. Besonders amüsant finde ich es, dass sie dafür nicht bloss bewaffnet und im Kampfanzug sind, sondern auch noch Tarnfarbe im Gesicht und grüne Büschel auf dem Helm tragen.

Für einmal fahre ich und Reiner sitzt daneben. Auf einmal staut sich der Verkehr. Eine grössere Herde Pronghorns grast auf der linken Seite und unzählige Buffalos überqueren vom linken Hügel herkommend die Strasse. Wir haben im Yellowstone einige Bisons gesehen, aber dies hier übersteigt alles. Den Motor kann ich abstellen, denn es ist offensichtlich, dass es ein Weilchen dauern wird, bis alle Bisons den Weg auf die rechte Seite gefunden haben. Dort ist auch noch eine Wasserlache, in welcher sich die einen baden müssen und die anderen einen grossen Schluck davon gönnen.

Inzwischen überqueren auch die Gabelböcke die Strasse und verschwinden auf der rechten Seite am Horizont. Irgendwann gibt es eine Lücke, die genügend gross ist, um an den Kolossen vorbeizufahren. Der Platz, wo gestern die bettelnden Esel waren, ist heute voller Bisons. Die haben wohl die Burros vertrieben. Schade, wir haben doch extra Apfelviertel eingepackt, um sie den Grautieren zu füttern.

Immer wieder muss ich wegen Bisons stoppen. Insgesamt stehe ich wegen den Tieren rund eineinhalb Stunden auf der Strasse herum, habe aber riesigen Spass daran. Nicht nur die imposante Grösse der Tiere, sondern auch die Anzahl ist beeindruckend.

Nach einer Kurve sehe ich doch noch die Esel. Hier zu halten wäre zu gefährlich, deshalb fahre ich an ihnen vorbei. Als dann aber auf einer Geraden ein paar weitere entgegenkommen, stelle ich den Warnblinker und fahre rechts ran. Ein Esel sieht das und steuert auf mich zu. Ich füttere ihm einen Apfel und der niest mich voll an. Das ist ziemlich eklig, trotzdem mache ich weiter, bis kein Obststück mehr da ist. Zum Glück haben wir Taschentücher und Wasser da, das eigentlich zum Trinken gedacht ist. So kann ich mich von der Eselsspucke befreien und fühle mich wieder einigermassen sauber.

Im Süden verlassen wir den Park mit vielen unvergesslichen Eindrücken im Gepäck. Wieder führt uns der Weg durch den Wind Cave National Park, diesmal in die umgekehrte Richtung. Kurz vor dem Visitor Center gibt es eine Picnic area, wo wir unser Mittagessen einnehmen. Eine Gruppe kommt zu Fuss vom Visitor Center her, um eine kleine Wanderung zu unternehmen. Es scheint sich um zwei Familien und ein Paar zu handeln. Das Paar und die eine Familie sind für eine Wanderung viel zu chic angezogen und haben keinen Plan, wo sie entlanglaufen sollen. Nach einigem hin und her kehren sie um und gehen wieder zurück.

Wir fahren weiter über Hot Springs, das hübsche Städtchen, das uns schon vorgestern aufgefallen ist. Von nun an wird es langweilig. Links und rechts nur Wiesen. Einzig ein Kojote, der über die US-385 ins grüne Feld rennt, bietet etwas Abwechslung. Wir kommen in Nebraska an, dem achten und letzten Staat unserer Tour. Für das Schild gibt es extra eine Aus- und Einfahrt. Es geht weiter mit Feldern, Kühen, Wiesen, Kühen, Feldern, sanften Hügeln und nochmals Kühen. Die Kühe haben riesige Weiden, trotzdem stehen immer alle auf einem Haufen herum.

Teilweise stinkt es bestialisch. Ob die hier Biogas produzieren? Ich kann zwar keine Anlagen erkennen, aber der Gestank muss ja irgendwoher kommen. Wir haben inzwischen 29°C und der Himmel ist voller Schäfchenwolken. Wie damals in New Mexico verdeutlicht der Himmel die unendliche Weite dieses Landes.

In Alliance machen wir einen Abstecher zu Carhenge.

carhenge (ne)

Carhenge ist ein Kunstwerk aus alten Autos in der Nähe von Alliance, einer Stadt in Nebraska. Als Vorbild dienten die steinzeitlichen Megalithkreise von Stonehenge. Das Projekt von Jim Reinders wurde während der Sommersonnenwende 1987 eingeweiht und 2006 ein Besucherzentrum eröffnet. Statt aus Steinen besteht Carhenge aus amerikanischen Autos, die mit grauer Farbe besprüht sind. 38 Oldtimer stehen in einem Kreis von 29 Metern. Einige Autos wurden senkrecht 1.5 Meter im Boden verankert aufgestellt und zum Teil über waagrecht aufliegende Autos miteinander verschweisst.

Als erstes suche ich eine Box, um den Eintritt zu bezahlen, werde aber nicht fündig. So gehen wir mit Kameras bewaffnet zu der coolen Installation. Reiner stellt sich in den Kreis und versucht ein 360° Panorama mit seinem Handy. Er meint, es habe ein paar Schwächen, doch ich finde es gelungen. Das Gelände ist recht klein und somit schnell besichtigt. Nun besuchen wir den kleinen Shop. Ausser uns sind noch zwei andere Besucher hier. Die Kassiererin unterhält sich mit ihnen und bezieht mich ins Gespräch mit ein. Als sich herausstellt, dass ich nicht zu den anderen gehöre, fragt sie wie üblich nach meiner Herkunft. Oh, aus der Schweiz, dann soll ich doch bitte etwas ins Gästebuch schreiben. Klar, mache ich doch gerne.

Auf der Weiterfahrt kommen noch mehr Kühe. Manche haben es nicht so schön wie die anderen. Die haben wesentlich weniger Platz und manchmal kein bisschen Grün. Dann kommen wir wieder mal an einem gigantisch langen Zug vorbei. Wie ein kleines Kind muss ich die Wagen zählen. Es sind vorne 4 Lokomotiven gefolgt von 146 Wagen und abschliessend eine weitere Lokomotive. Die Wagen sind alle mit Kohle gefüllt. Da kann man nur hoffen, nicht an einem Bahnübergang stehen zu müssen, wenn so ein Zug vorbeifährt.

scottsbluff national monument (ne)

Das markante Kliff diente den Pionieren im Wilden Westen als wichtige Wegmarke für ihren Weg über die Rocky Mountains. Der Kern des Schutzgebiets ist eine Klippe aus Sandstein am Südufer des North Platte River. Es liegt an den als National Historic Trail ausgewiesenen und markierten Routen Oregon Trail, California Trail und Mormon Trail. Picknickplätze und Wanderwege sind von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang geöffnet.

Kaum sind die Schilder zum Scottsbluff National Monument zu sehen, überrascht die Landschaft mit Kliffen, die aus der Ebene stossen. Wir fahren durch zwei Tunnels auf die Klippe hoch und laufen zum South Overlook. Ein phantastischer Blick über die Ebene bietet sich uns.

Reiner schlägt vor, im Städtchen Scottsbluff etwas essen zu gehen. Mir gefällt die Idee. Wir fahren ein bisschen durch den Ort, werden aber nicht fündig. Ohne Internet ist es auch etwas schwierig, also fahren wir auf den Parkplatz eines McDonalds, um in dessen WLAN nach einem gescheiten Restaurant zu suchen. Unsere Wahl fällt auf das Whiskey Creek Saloon Steakhouse & Grill.

Das Navi führt uns zielsicher zu dem Lokal, das gut besucht ist. Auf den Tischen stehen Blecheimer mit Erdnüssen und die Schalen liegen auf dem Boden - sehr gewöhnungsbedürftig, aber irgendwie auch cool. Die Erdnüsse schmecken phantastisch. Sie werden in einer grossen Tonne geröstet und mitsamt Schale gewürzt. Für unseren Kellner sind wir die ersten Schweizer. Einmal habe er einen Polen bedient, sonst noch keine Europäer. Die Premium Rip Steaks sind sehr lecker und die Atmosphäre des Ladens gefällt mir.

Kurz nach Scottsbluff fährt ein Auto auf die falsche Fahrspur, wendet jedoch sofort, so dass nichts passiert. Ich kann mir vorstellen, welch ein Schreck dem Fahrer widerfahren ist, als er gemerkt hat, dass er als Geisterfahrer unterwegs ist.

So langsam geht die Sonne unter und taucht die Felder in ein goldiges Licht. Bis wir in Cheyenne ankommen, ist sie am Horizont verschwunden.

cheyenne (wy)

Die Hauptstadt von Wyoming zählt rund 60'000 Einwohner und liegt am Rande der Laramie Mountains auf 1'848 Metern Höhe. Auch heute noch ist es das Zentrum der Viehzucht (Cowboy Capital). Seit 1897 finden jährlich das Festspiel «Frontier Days» statt, das über 300'000 Besucher anlockt.

Wir checken im Fairfield Inn & Suites ein. Wir können wählen, ob wir im ersten oder zweiten Stock schlafen wollen. Dass wir uns für das obere Geschoss entscheiden, ist wohl überflüssig zu erwähnen. Diesmal gibt es aber einen Lift. Gleich neben unserem Zimmer ist eine Gästewaschmaschine, die wir noch in Betrieb nehmen, bevor endgültig Nachtruhe ist.


tag 35 > cheyenne - denver (mi 15.06.2016)

Nach einem ganz passablen hot Breakfast im Motel fahren wir in das Historic District von Cheyenne. Das Viertel, das rund um den Bahnhof der Union Pacific Railroad erbaut ist, trifft voll meinem Geschmack. Ein etwas schäbiger, leicht heruntergekommener Industrielook ist genau das, was ich gerne mag. Auch der Platz mit seinen überdimensionierten Cowboystiefeln finde ich ganz spannend, auch wenn er sich gerade "under construction" befindet.

Next Stopp: Outlet in Loveland. Ich mag kein Shopping. Am liebsten hätte ich es, wenn mir viele neue Sachen einfach so zufliegen würden, ohne das blöde An- und Ausziehen und stundenlang durch Läden zu streifen. Ausserdem zieht es mich in die Natur, ich will zum Rocky Mountains National Park. Na mit der Einstellung wird das logischerweise nichts mit Einkaufen. Wenigstens Reiner findet für sich ein paar Nike.

rocky mountains national park (co)

Nordwestlich von Boulder in Colorado liegt der Rocky Mountains National Park. Bekannt für seine Ausblicke auf die Rocky Mountains sowie seine Tier- und Pflanzenwelt, ist er ganzjährig stark frequentiert. Er bietet ein ausgedehntes Wanderwegnetz. Die kontinentale Wasserscheide und der Colorado River verlaufen durch den Nationalpark.Die Scenic Drive "Old Fall River Road" ist der Zugang zum Hochland des Parks. Sie führt vom Horseshoe Park durch die Wildnis des Parks zum Fall River Pass, der auf einer Höhe von 3595 Meter liegt. Die 17.7 km lange Gravel Road mit vielen Serpentinen kann nur von Osten nach Westen befahren werden und ist im Winter geschlossen. Die Geschwindigkeit ist auf 15 mph beschränkt.Ein weiterer Scenic Drive mit gigantischen Aussichten ist die "Trail Ridge Road". Die befestigte Strasse zwischen Estes Park im Osten und Grand Lake im Westen ist 77 km lang und stark befahren. Der höchste Punkt liegt auf 3713 Meter. Die windige Bergwelt ähnelt derjenigen von Kanada oder von Alaska. In der Tundra leben Pikas, Murmeltiere, Schneehühner und Dickhornschafe.

Bereits in Estes Park ist es ziemlich voll, womit ich gerechnet habe, also kann ich gut damit leben. Dass wir aber am Bear Lake Trailhead kein Parkplatz finden ist schon ein bisschen schade. Etwas Wandern hätte gut getan. Aber ich freue mich ja ganz besonders auf die letzte ungeteerte Strasse dieser Ferien, die Old Fall River Road. Doch was müssen meine müden Augen lesen: Strasse gesperrt? Das kann doch nicht sein, die haben bestimmt vergessen, das Schild zu entfernen. Ich glaube es erst, als noch zwei weitere Schilder mit derselben schrecklichen Botschaft folgen. Jammern hilft nichts, als Alternative fahren wir halt die Trail Ridge Road, die soll ja auch schön sein.

Und das ist sie auch. Herrliche Aussichten bieten sich uns an den diversen Aussichtspunkten. Teilweise sind die Parkbuchten ziemlich voll, so dass man schauen muss, noch ein Plätzchen zu finden. Besonders viele Leute sind beim Forest Canyon. Mein Puls rast, als ich das kurze Stück zum Aussichtspunkt gehe, die dünne Luft in dieser Höhe macht mir ganz schön zu schaffen. Der Aussichtspunkt ist durch eine Brüstungsmauer absturzgesichert, doch drei Kinder klettern auf die Mauer und beugen sich weit über diese hinaus, ohne dass ihre Eltern eingeschritten wären. Ganz aufgeregt reden sie von "Marmots" und als ich auch endlich zur Mauer vordringen kann, muss ich mich weit vorlehnen, um die drei dicken Murmeltiere in den Steinbrocken unterhalb dieser Mauer sehen zu können.

Mit jeder Kurve steigen wir noch mehr dem Himmel entgegen, bis wir auf 3713 Meter Höhe ankommen, wo uns kurz darauf bei der Gore Range ein kühler, heftiger Wind um die Ohren pfeift. Das Thermometer im Auto zeigt noch immer 15°C an, aber es fühlt sich deutlich kälter an. Zum Glück habe ich meine Jacke auf dem Rücksitz liegen. An den Strassenrändern liegen teilweise hohe Schneewalme, so dass ich mir nun vorstellen kann, weshalb die Old Fall River Road noch geschlossen ist.

Manche meinen, als Mitteleuropäer müsse man nicht in diesen Park fahren, weil die Gegend aussieht, wie zu Hause. Ein bisschen stimmt es schon, aber erstens brauchen wir von Basel auch ein paar Stündchen, bis wir richtig in den Bergen sind und zweitens gibt es keine Strassen in dieser Höhe. Ausserdem ist es ja nicht falsch, etwas, das zu Hause schön ist, auch im Ausland zu geniessen.

Vom Alpine Visitor Center bin ich ein bisschen enttäuscht. Die Toilettenanlagen sind schmutzig, was bestimmt auch am grossen Besucherandrang liegt, aber auch sonst haben wir schon attraktivere Besucher-Center gesehen.

Für die Weiterfahrt ist die Motorenbremse gefordert, denn es geht ziemlich steil bergab. Bei der Holzwarth Historic Site haben wir das Glück, eine ganze Herde Hirsche beobachten zu dürfen wie sie äsen oder gemütlich in der Sonne baden. Wir laufen dazu durch das hohe Gras - müssen aufpassen, nicht in Hirschkot zu treten - und stellen uns in den Schatten eines Baums. Ein anderes Paar findet das wohl eine gute Idee und folgt uns.

Kaum erreichen wir die US-40, schlägt das Wetter um. Statt weisse Quellwolken versteckt sich die Sonne nun hinter dicken, schwarzen Wolken. Beim Verlassen der US-40 auf die I-70 ist es wieder schön, als ob auf der US-40 ein Fluch läge.

Mit jeder Meile, die wir uns Denver nähern, wird es wärmer. Selbst abends um 19:00 Uhr ist es in Colorados Hauptstadt noch 36°C.

denver (co)

Die Hauptstadt von Colorado trägt den Spitznamen «Mile High City», weil sie sich genau eine Meile über Meeresspiegel befindet. Die Stadt selber hat etwa 600'000 Einwohner und in der Metropolregion Denver-Aurora-Broomfield leben rund 2.5 Millionen Einwohner. Früher war Denver, das am östlichen Fuss der Rocky Mountains liegt, eine Goldgräbermetropole. Heute gibt es in Denver den zweitgrössten Akademikeranteil (nach Boston) der USA. Bergbauunternehmen, Energieversorgung, Logistik und Telekommunikationsunternehmen wie Qwest sind hier angesiedelt. Sport Clubs haben einen hohen Stellenwert. Die Denver Broncos, die dieses Jahr den Super Ball gewonnen haben, sind genauso Denvers Stolz wie die Denver Nuggets (NBA), Colorado Rockies (MLB) und Colorado Avalanche (NHL).Es herrscht ein weltoffenes, liberales Flair. Seit 2014 ist der Marihuana-Verbrauch legal. Ursprünglich war es das Gebiet der Sioux, Cheyenne, Arapaho, Apache und Ute. Im 16. Jahrhundert wurde es von spanischen Expeditionen erkundet und 1706 zur spanischen Kolonie. 1803 erwarben die vereinigten Staaten das Territorium und 1858 entstanden erste weisse Siedlungen während des Pikes Peak Gold Rush.

Wir streifen die eigentliche Stadt nur knapp, denn unser letztes Hotel der Reise ist in Westminster, einem Vorort nördlich von Denver. Bevor wir einchecken, teilen wir uns bei Dickey's Barbecue Pit ein Full Slab of Ribs. Reiner testet einmal mehr seinen heiss geliebten Cole Slaw und muss auch hier feststellen, dass er wieder anders schmeckt, als an den anderen Orten. Scheinbar hat jeder sein eigenes Rezept für diesen amerikanischen Krautsalat. Die Rippchen schmecken himmlisch und von der BBQ-Sauce hätte ich gerne das Rezept.

Nun ist es Zeit unser Zimmer im Hampton Inn Denver/Northwest/Westminster zu beziehen. Die Rezeptionistin ist sehr freundlich. Sie empfiehlt uns ein Steakhouse und als wir ihr erzählen, dass wir bei Dickey's waren, gibt sie einen Tipp, wie wir da am schnellsten hinkommen. Das ist zwar zu spät, denn auch wenn es lecker war, möchten wir morgen an einem anderen Ort essen gehen.

Unser Zimmer gefällt mir sehr gut. Vor allem den Lesesessel finde ich äusserst bequem. Dort stöbere ich noch ein bisschen in Reiseberichten, bis ich die nötige Bettschwere habe für die vorletzte Nacht in den USA.


tag 36 > denver (do 16.06.2016)

Das Frühstück sieht gut aus. Reiner macht uns Waffeln und ich freue mich auf die frischen Früchte. Die Waffeln schmecken aber überhaupt nicht und die Früchte sind steinhart gefroren. Ich bin masslos enttäuscht. Am Fernseher läuft irgendein EM-Spiel, was zwei spanisch oder portugiesisch sprechende Männer interessiert verfolgen.

Der Couch eines Football Teams schmiert das Gesicht seines Sohnes mit Sonnencrème ein, weswegen dieser sein Gesicht verzieht, wie meine Brüder und ich es vor vierzig Jahren taten, als unsere Mutter dies bei uns machte.

Wir wollen nochmals einen Versuch wagen, ein paar Klamotten und vielleicht eine Handtasche für mich zu kaufen. Dafür fahren wir bei dichtem Verkehr durch Denver ins Outlets at Castle Rock zum Extreme-Shopping. Wir brauchen ausserdem einen neuen Fotorucksack, weil der alte gerissen ist und fragen bei Samsonite nach. Leider haben sie keinen, aber die Verkäuferin ist unheimlich nett und gibt uns Tipps und Wegbeschreibungen zu Fotogeschäften, die eventuell welche im Angebot haben könnten.

Vollgepackt mit Tüten und glühender Kreditkarte fahren wir nach Denver zurück. Reiner ist noch immer überrascht, dass ich es so lange ohne zu Murren ausgehalten habe. Selbst bei Mike's Camera in Denver, bin ich geduldig bei der Auswahl eines geeigneten Modells. Der Laden selber ist super, nur der Verkäufer etwas aufdringlich. Wir werden schliesslich fündig und shoppen schliesslich in der Cherry Creek Mall weiter.

Nun haben wir aber genug Klimaanlagen genossen, ein bisschen etwas möchte ich noch von der Stadt sehen, auch wenn draussen knackige 42°C herrschen. In der Nähe des Denver Art Museum von Daniel Libeskind finden wir einen Parkplatz für eine Tagespauschale von 10 US-Dollar. Als erstes schauen wir uns das Museum an, vor welchem ein paar junge Leute Unterschriften für Greenpeace sammeln. Sehr motiviert sind sie nicht, in der Hitze wildfremde Menschen anzusprechen und ihnen ein Autogramm abzuschwatzen. Unseres wollen sie komischerweise nicht, nachdem wir ihnen erklärt haben, dass wir aus Switzerland sind.

Den grossen Civic Center Park zwischen Colorado State Capitol und Denver City Council teilen sich unzählige Eichhörnchen und Kiffer. Wir schauen uns erst das Capitol an, dann spazieren wir zwischen den Rauchwölkchen hindurch zum City Council und das alles bei tropischen Temperaturen. Zum Glück mag ich den süssen Duft und zum Pöbeln sind die Leute eh viel zu fertig, was selbstverständlich nur dem Wetter geschuldet ist.

Nach ein paar Stündchen in der Stadt fahren wir zum Hotel zurück. Die Interstate ist dicht, wir sind voll in den Berufsverkehr geraten. Mir macht das nichts aus. Ich kurble – okay, ist heutzutage elektrisch – das Fenster hinunter und werfe einen letzten Blick auf die Stadt und das Stadion. Das war’s dann also, so schnell können fünf Wochen vergehen.

Im Hotel machen wir uns frisch und ich schaue nach dem nächsten Sushi-Restaurant, um nicht mehr weit fahren zu müssen. Ich werde fündig. Auf dem Parkplatz des Sakana Sushi & Ramen in Westminster stehen keine Autos und das Lokal scheint geschlossen zu sein. Reiner guckt nach, während ich im Auto sitzenbleibe. Wider Erwarten hat es geöffnet. Zögernd gehen wir rein und setzen uns an einen der vier Tische. Wir sind die einzigen, aber kurz darauf gesellen sich weitere Gäste dazu. Ich kann mich nicht zwischen Ramen und Sushi entscheiden, wähle dann doch meine geliebten Rolls, ohne es zu bereuen.


tag 37 > denver – basel (fr 17.06.2016)

Da ist er nun, der letzte Tag und ich fühle mich seltsam leer. Keine Wehmut, dass es schon zu Ende ist, aber auch keine Freude auf zu Hause kann ich empfinden.

Wir lassen das Hotelfrühstück sausen, auf gefrorene Erdbeeren kann ich verzichten. Wir müssen erst um 12:00 Uhr das Zimmer räumen, also trödeln wir herum und bleiben da bis zum bitteren Ende. Wir räumen die Rucksäcke aus und verstauen alles Unnötige, Gefährliche und Flüssige wie den Mückenspray oder das Taschenmesser in die Koffer.

Fünf vor zwölf stehen wir an der Rezeption einer furchtbar netten älteren Dame gegenüber. Wir plaudern noch ein bisschen über ihren „armen“ Bruder, der Pilot ist und so um die ganze Welt reisen „muss“, dann steuert Reiner das Auto Richtung Flughafen. Dort angekommen, müssen wir - wie viele andere auch - erst volltanken. Überraschenderweise sind die Preise für das Benzin trotzdem human.

Beim Car-return wird vor uns ein Auto eben weggebracht und hinter uns warten Deutsche darauf, ihres abzugeben. Der junge Mann von Alamo checkt kurz unseren Meilenstand und schon halte ich eine Quittung in der Hand. Moment mal, was sind denn das für Beträge? Der Alamo-Mitarbeiter ist bereits bei den Deutschen, da frage ich ihn danach. Das eine sei die zusätzliche Woche, dann der Zusatzfahrer und Toll ist mir selber klar. Komisch, steht doch alles bis auf den Toll auf der Rechnung und wurde der Kreditkarte bereits bei Reiseantritt belastet. Das muss ich zu Hause checken. Ich kann hier schon vorausschicken, dass alles seine Richtigkeit hat. Statt eines Gesamtbetrags hat Alamo drei Pakete geschnürt: Das erste Paket sind vier Wochen Miete, was wohl eigentlich das Maximum an Mietdauer ist, dann als zweites die Zusatzwoche, den Zusatztag (36 Tage = 4 Wochen + 1 Woche + 1 Tag) und der Zusatzfahrer und als letztes noch die Maut, die wir von Denver bis Colorado Springs «erwischt» haben.

Wir steigen in den Shuttle-Bus zum Flughafen ein und zu uns gesellt sich die deutsche Familie in drei Generationen mit Kinderwagen. Wenn ich es recht verstehe, wohnt die junge Familie mit Baby in den USA und die Eltern von ihm fliegen über München nach Berlin zurück. Ich wundere mich, dass sie nicht direkt fliegen, da erklären sie lachend, dass sie ja gar keinen Flughafen hätten. Da fällt mir ein, dass da ja noch was war...

Wir kommen am Flughafen an, aber noch nicht bei Lufthansa. Der Busfahrer räumt für einen anderen Passagier die Koffer zur Seite, da ruft die Berlinerin entsetzt: „No!!!“ und will aufspringen. Ihr Sohn beschwichtigt sie: „Mama!“ Ist wohl überall dasselbe, dass die aufgeregten Mütter überreagieren.

Wir sind viel zu früh, so, dass wir es ruhig angehen lassen können. Irgendwann stehen wir in der Schlange für den Sicherheitscheck. Reiner schiebt seinen Fotorucksack zum Röntgen und ich den Rucksack mit dem 50/500er Objektiv darin hinterher. Mein Rucksack bleibt stecken. Ich muss mit einem freundlichen Beamten zum Tisch. Er fragt, ob er die Fächer öffnen dürfe – hätte ich verneinen können? – und nimmt von jedem einen Abstrich. Ich frage ihn, was er tue und er erklärt mir, dass er einen Chemietest mache. Das Objektiv, das auf dem Röntgenbild riesig wirkt, interessiert ihn nicht besonders, er fragt lediglich, ob ich gerne fotografieren würde. Er sucht etwas in der Aussentasche und zieht meine teure Sonnencrème hervor. „Oh no!“, wie konnte mir das passieren? Ich sehe das gute Stück im Mülleimer verschwinden, da zwinkert mir der Sicherheitsbeamte zu und steckt die Tube in den Rucksack zurück. Wow, es lohnt sich halt, freundlich zu bleiben. Zum Abschied winkt er mir sogar noch nach.

Das lange Warten überbrücken wir mit Essen im Panda Express. Reiner wählt zur Verwunderung der Angestellten nur Gemüse aus. So versucht er etwas den Heisshunger auf Vitamine zu reduzieren. Besonders lecker ist es nicht, aber die Alternativen sind auch nicht besser.

Irgendwann ist es dann soweit, das Boarding beginnt. Wir dürfen wieder in der Premium Economy Platz nehmen, wo bereits Wasser in den Haltern bereitsteht. Ein Mann stellt seinen Handgepäckkoffer vor uns auf den Sitz und wandert herum, kommt zurück und stellt das Gepäckstück auf einen anderen Sitz. Es gibt ein kleines Getuschel, dann verschwindet er mit Köfferchen nach vorne. Ich vermute mal, dass er soeben in die Business Class umgebucht wurde.

Alle haben Platz genommen, die Gepäckablagen sind geschlossen und auch der Pilot ist bereit für den Abflug, wie er durchgibt, wäre es nicht einem Passagier in den Sinn gekommen, wieder auszusteigen. Jetzt müsse sein Gepäck rausgeholt werden, das bereits gefunden werden konnte. Von wegen Business Class...

Reisen wäre so schön, wenn das blöde Fliegen nicht wäre. Das Essen haut mich auch nicht vom Hocker und auf Filme schauen habe ich keine Lust. Ich versuche zu schlafen, was mir nicht wirklich gut gelingt. Endlich wird das Flugzeug auf den Landeanflug vorbereitet. Wir kommen etwas früher in Frankfurt an, als geplant. Uns nützt das nicht viel, denn unser Flug nach Basel geht deswegen nicht eher.

Im Gegenteil, auch hier gibt es eine Verzögerung, weil wir wohl mit unserem kleinen Flieger keine Priorität zum Starten haben. Der Flugkapitän informiert uns derweil über das Wetter daheim. Es sei gleich wie in Frankfurt (bewölkt und kühl) nur dass es regne. Na super. In Basel geht es schnell. Statt des Busses leisten wir uns ein Taxi, obwohl es grad nicht regnet. So kommen wir müde zu Hause an und werden von unseren beiden verschmusten Katern begrüsst.

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